E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - RechtEck: Aktuelle Entwicklungen bei Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

RechtEck: Aktuelle Entwicklungen bei Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten

Die Pflichten zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung werden ausgeweitet. Was das für Unternehmen und Versorger bedeutet, fassenTobias Sengenberger und Christoph Lamy* zusammen.
Das Akronym ESG − stellvertretend für Environmental, Social und Governance, zu deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung − gewinnt zunehmend an Bedeutung. In gleichem Maße rückt auch die Unternehmensberichterstattung über diesen Dreiklang in den Fokus. Dies jedoch nicht zwingend, weil Unternehmen Gutes tun und darüber reden wollen, sondern vor allem weil die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung schrittweise ausgeweitet werden.

Schaut man sich die gegenwärtige Rechtslage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an, fällt der Blick zunächst auf das Handelsgesetzbuch (HGB). In Anwendung der CSR-Richtlinie (Corporate Social Responsibility) hat der deutsche Gesetzgeber nämlich schon 2017 festgelegt, dass bestimmte kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet sind, die auch auf Umwelt- beziehungsweise Nachhaltigkeitsaspekte eingehen soll (vgl. §§ 289b ff. HGB). Im Detail sind diese gesetzlichen Vorgaben allerdings wenig konkret. Außerdem gibt es keine verpflichtenden Berichterstattungsstandards, was einen Vergleich zwischen den berichterstattenden Unternehmen erheblich erschwert. Das ist der Transparenz − die gerade beabsichtigt ist − nicht zuträglich.

Abhilfe schaffen mag da die Taxonomie-Verordnung der EU, die faktisch seit dem 1. Januar unmittelbar in Deutschland anzuwenden ist. Sie sieht nämlich vor, dass Unternehmen darüber berichterstatten müssen, in welchem Umfang sie mit „ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten“ verbunden sind. Wer meint, dass das ebenfalls nicht konkret wäre, der täuscht sich. Denn ein Kernaspekt der Taxonomie-Verordnung ist gerade die Definition dessen, was eine Wirtschaftstätigkeit als „ökologisch nachhaltig“ ausmacht; diese Definition erstreckt sich, stand heute, über rund 500 ausgedruckte DIN-A4-Seiten. Konkreter geht es also kaum. Zudem sieht die Taxonomie-Verordnung vor, dass eine bestimmte Form der Berichterstattung eingehalten werden muss. Es ist also auch für Standardisierung gesorgt.

Der Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung deckt sich gegenwärtig mit den gesetzlichen Vorgaben aus dem HGB. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die Taxonomie-Verordnung unmittelbar auf den Adressatenkreis der CSR-Richtlinie verweist. Damit sind auf den ersten Blick nur wenige Unternehmen betroffen − in Deutschland wohl eine mittlere dreistellige Zahl. Allerdings laufen auf EU-Ebene seit einiger Zeit die Planungen auf Hochtouren, um den Adressatenkreis deutlich zu erweitern. So liegt seit etwa einem Jahr der Entwurf einer „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), also einer Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie, vor, die noch in diesem Jahr final verabschiedet werden soll.

Was sind die (absehbaren) Kerninhalte der CSRD? Zukünftig sollen alle kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften (ausgenommen Kleinstunternehmen) sowie alle großen Kapitalgesellschaften verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht in ihren Lagebericht zu integrieren; die nichtfinanzielle Erklärung entfällt dann also. Damit sind bereits, unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung, alle großen Kapitalgesellschaften mit mehr als 250 Mitarbeitern betroffen. Interessant ist, dass das EU-Parlament, das Änderungen am ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission vorgeschlagen hat, empfiehlt, den Anwendungsbereich zusätzlich auf Kapitalgesellschaften mit mehr als 50 Mitarbeitern auszuweiten, soweit diese einer „Hochrisikobranche“ angehören. Wie genau der Begriff der „Hochrisikobranche“ zu verstehen ist, soll allerdings erst noch definiert werden.

Eine weitere absehbare wichtige Änderung, die die CSRD mit sich bringen dürfte, ist die zunehmende Pflicht von Unternehmen zur Nutzung von Berichterstattungsstandards. Dazu hat die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group), die mit der Erstellung der Standards betraut ist, Anfang 2022 (nicht gerade einfach zu handhabende) Entwürfe vorgelegt.

Ein weiteres Ziel der CSRD ist es, die Berichterstattungspflichten nach der CSRD einerseits und nach der Taxonomie-Verordnung andererseits zu harmonisieren. Auch dies wäre den Zielen der Transparenz und Einheitlichkeit sicher zuträglich. Angedacht ist in diesem Zusammenhang, dass die CSRD hinsichtlich des Umweltaspekts (Environmental) auf die dezidierten Vorgaben der Taxonomie-Verordnung zurückgreift und nur im Übrigen, das heißt zu den Aspekten Social und Governance, nähere Vorgaben macht.

Angesichts des zumindest seitens der EU-Kommission sehr ambitionierten Zeitplans der rückwirkenden Umsetzung der CSRD ab dem Berichtsjahr 2023 würde man sich eine zeitnahe Verabschiedung der finalen Rechtsakte wünschen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass − entsprechend dem Vorschlag des EU-Parlaments und des Rates der EU − die neuen Vorgaben erst ab 2024 oder 2025 gelten werden.

Wann auch immer der Startschuss genau fällt: Für Unternehmen ist wichtig, dass sie das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung mit wachem Blick verfolgen. Dies gilt auch dann, wenn sie auf den ersten Blick nicht vom Adressatenkreis der CSRD umfasst sein werden. Denn in der Praxis merkt man, dass immer mehr Unternehmen von ihren jeweiligen Geschäftspartnern belastbare nachhaltigkeitsbezogene Angaben verlangen. Da liegt es nahe, sich „freiwillig“ an gesetzliche Standards zu halten.

* Tobias Sengenberger und Christoph Lamy, Kanzlei Becker Büttner Held, Berlin

Mittwoch, 8.06.2022, 09:58 Uhr
Redaktion
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe - RechtEck: Aktuelle Entwicklungen bei Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe
RechtEck: Aktuelle Entwicklungen bei Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten
Die Pflichten zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung werden ausgeweitet. Was das für Unternehmen und Versorger bedeutet, fassenTobias Sengenberger und Christoph Lamy* zusammen.
Das Akronym ESG − stellvertretend für Environmental, Social und Governance, zu deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung − gewinnt zunehmend an Bedeutung. In gleichem Maße rückt auch die Unternehmensberichterstattung über diesen Dreiklang in den Fokus. Dies jedoch nicht zwingend, weil Unternehmen Gutes tun und darüber reden wollen, sondern vor allem weil die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung schrittweise ausgeweitet werden.

Schaut man sich die gegenwärtige Rechtslage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an, fällt der Blick zunächst auf das Handelsgesetzbuch (HGB). In Anwendung der CSR-Richtlinie (Corporate Social Responsibility) hat der deutsche Gesetzgeber nämlich schon 2017 festgelegt, dass bestimmte kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet sind, die auch auf Umwelt- beziehungsweise Nachhaltigkeitsaspekte eingehen soll (vgl. §§ 289b ff. HGB). Im Detail sind diese gesetzlichen Vorgaben allerdings wenig konkret. Außerdem gibt es keine verpflichtenden Berichterstattungsstandards, was einen Vergleich zwischen den berichterstattenden Unternehmen erheblich erschwert. Das ist der Transparenz − die gerade beabsichtigt ist − nicht zuträglich.

Abhilfe schaffen mag da die Taxonomie-Verordnung der EU, die faktisch seit dem 1. Januar unmittelbar in Deutschland anzuwenden ist. Sie sieht nämlich vor, dass Unternehmen darüber berichterstatten müssen, in welchem Umfang sie mit „ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten“ verbunden sind. Wer meint, dass das ebenfalls nicht konkret wäre, der täuscht sich. Denn ein Kernaspekt der Taxonomie-Verordnung ist gerade die Definition dessen, was eine Wirtschaftstätigkeit als „ökologisch nachhaltig“ ausmacht; diese Definition erstreckt sich, stand heute, über rund 500 ausgedruckte DIN-A4-Seiten. Konkreter geht es also kaum. Zudem sieht die Taxonomie-Verordnung vor, dass eine bestimmte Form der Berichterstattung eingehalten werden muss. Es ist also auch für Standardisierung gesorgt.

Der Anwendungsbereich der Taxonomie-Verordnung deckt sich gegenwärtig mit den gesetzlichen Vorgaben aus dem HGB. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die Taxonomie-Verordnung unmittelbar auf den Adressatenkreis der CSR-Richtlinie verweist. Damit sind auf den ersten Blick nur wenige Unternehmen betroffen − in Deutschland wohl eine mittlere dreistellige Zahl. Allerdings laufen auf EU-Ebene seit einiger Zeit die Planungen auf Hochtouren, um den Adressatenkreis deutlich zu erweitern. So liegt seit etwa einem Jahr der Entwurf einer „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), also einer Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie, vor, die noch in diesem Jahr final verabschiedet werden soll.

Was sind die (absehbaren) Kerninhalte der CSRD? Zukünftig sollen alle kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften (ausgenommen Kleinstunternehmen) sowie alle großen Kapitalgesellschaften verpflichtet sein, einen Nachhaltigkeitsbericht in ihren Lagebericht zu integrieren; die nichtfinanzielle Erklärung entfällt dann also. Damit sind bereits, unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung, alle großen Kapitalgesellschaften mit mehr als 250 Mitarbeitern betroffen. Interessant ist, dass das EU-Parlament, das Änderungen am ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission vorgeschlagen hat, empfiehlt, den Anwendungsbereich zusätzlich auf Kapitalgesellschaften mit mehr als 50 Mitarbeitern auszuweiten, soweit diese einer „Hochrisikobranche“ angehören. Wie genau der Begriff der „Hochrisikobranche“ zu verstehen ist, soll allerdings erst noch definiert werden.

Eine weitere absehbare wichtige Änderung, die die CSRD mit sich bringen dürfte, ist die zunehmende Pflicht von Unternehmen zur Nutzung von Berichterstattungsstandards. Dazu hat die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group), die mit der Erstellung der Standards betraut ist, Anfang 2022 (nicht gerade einfach zu handhabende) Entwürfe vorgelegt.

Ein weiteres Ziel der CSRD ist es, die Berichterstattungspflichten nach der CSRD einerseits und nach der Taxonomie-Verordnung andererseits zu harmonisieren. Auch dies wäre den Zielen der Transparenz und Einheitlichkeit sicher zuträglich. Angedacht ist in diesem Zusammenhang, dass die CSRD hinsichtlich des Umweltaspekts (Environmental) auf die dezidierten Vorgaben der Taxonomie-Verordnung zurückgreift und nur im Übrigen, das heißt zu den Aspekten Social und Governance, nähere Vorgaben macht.

Angesichts des zumindest seitens der EU-Kommission sehr ambitionierten Zeitplans der rückwirkenden Umsetzung der CSRD ab dem Berichtsjahr 2023 würde man sich eine zeitnahe Verabschiedung der finalen Rechtsakte wünschen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass − entsprechend dem Vorschlag des EU-Parlaments und des Rates der EU − die neuen Vorgaben erst ab 2024 oder 2025 gelten werden.

Wann auch immer der Startschuss genau fällt: Für Unternehmen ist wichtig, dass sie das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung mit wachem Blick verfolgen. Dies gilt auch dann, wenn sie auf den ersten Blick nicht vom Adressatenkreis der CSRD umfasst sein werden. Denn in der Praxis merkt man, dass immer mehr Unternehmen von ihren jeweiligen Geschäftspartnern belastbare nachhaltigkeitsbezogene Angaben verlangen. Da liegt es nahe, sich „freiwillig“ an gesetzliche Standards zu halten.

* Tobias Sengenberger und Christoph Lamy, Kanzlei Becker Büttner Held, Berlin

Mittwoch, 8.06.2022, 09:58 Uhr
Redaktion

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.