E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Österreich - PV-Boom bringt Netzbetreiber unter Druck
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

PV-Boom bringt Netzbetreiber unter Druck

Ein Antragshoch für den Netzanschluss von Photovoltaikanlagen sorgt für Kapazitätsprobleme. Oft können die Verteilnetze nicht rasch genug verstärkt oder erweitert werden.
Der Ausbau der Photovoltaik bringt die österreichischen Verteilernetzbetreiber unter Druck. Das berichtete der Geschäftsführer der Linz Netz, Johannes Zimmerberger, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 5. Mai. Sein Unternehmen versorgt über ein rund 8.300 km langes Netz mit 28 Umspannwerken und knapp 3.000 Trafostationen etwa 288.000 Netzanschlüsse in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz und im nordöstlich davon gelegenen Mühlviertel.

Zimmerberger zufolge verzeichnete die Linz Netz den vergangenen Jahren im Durchschnitt rund 1.000 Anträge auf Anschluss einer PV-Anlage. Im Jahr 2021 seien es etwa drei Mal so viele gewesen, „und heuer hatten wir schon im ersten Quartal 1.902 Anträge. Wenn das so weitergeht, kommen wir bis Jahresende auf etwa 7.600“. Erhebliche Zuwächse bei den Anträgen meldeten auch andere Verteilernetzbetreiber. Bei der Netz Oberösterreich etwa waren es im Jahr 2021 insgesamt rund 8.700, allein im ersten Quartal 2022 aber schon knapp 6.000. Die Netz Niederösterreich wiederum registrierte 2021 insgesamt etwa 16.500 Anträge, verglichen mit 7.900 im ersten Quartal des heurigen Jahres.
 
Boom bringt gleich mehrere Probleme

Und dieser „PV-Antragsboom“ bringt laut Zimmerberger mehrere Probleme mit sich. Die Förderanträge für die Anlagen können aufgrund der Rechtslage nur an vier Stichtagen pro Jahr gestellt werden. In der Zeit vor den Stichtagen aber häufen sich bei den Netzbetreibern die Anträge auf Gewährung des Netzanschlusses. Der Grund: Um einen Förderantrag stellen zu dürfen, muss ein Subventionswerber nachweisen, dass er über die Zusage des Netzbetreibers zum Anschluss seiner Anlage verfügt.

Zwar ist diese bei Anlagen mit weniger als 20 kW Leistung ohnehin zu erteilen, aber auch das bindet Personalressourcen. Ferner sind die Unternehmen verpflichtet, die Netzeinspeisung jeder PV-Anlage mit voller Leistung spätestens ein Jahr nach ihrer Errichtung sicherzustellen, selbst wenn sie dafür das Netz verstärken oder erweitern müssen. Zurzeit sehen sich die Netzbetreiber indessen mit Lieferengpässen und entsprechend langen Lieferzeiten für die erforderlichen Anlagen konfrontiert, konstatierte Zimmerberger: „Auf einen neuen Trafo warten wir manchmal rund 70 Wochen, also eineindrittel Jahre.“ Damit sei die Jahresfrist hinfällig.

Und nicht nur das: Die Größe der einzelnen PV-Anlagen nimmt immer mehr zu, gelegentlich werden 20 bis 25 MW erreicht. Schon derzeit macht die PV mit etwa 100 MW rund ein Viertel der Netzlast im Versorgungsgebiet der Linz Netz aus. Bis Jahresende dürfte sich dieser Wert auf 200 MW verdoppeln. In manchen Regionen des Versorgungsgebiets der Linz Netz droht der Ausbau der PV die Einhaltung der N-1-Sicherheit zu gefährden.

Die betroffenen Umspannwerke und Trafostationen müssen laut Zimmerberger daher dringend verstärkt werden – was aufgrund der genannten Lieferengpässe alles andere als einfach ist. Selbst Kabel seien mittlerweile „Mangelware und werden zu Apothekerpreisen verkauft“. Hinzu kommt das Fehlen von Fachkräften für die Montagen. Mit ähnlichen Problemen sehen sich die Betreiber von PV-Projekten konfrontiert. Bisweilen sei es schwierig, die Anlagen binnen jener sechs Monate plus drei Monate Nachfrist zu errichten, die eingehalten werden müssen, um die Förderung nicht zu verlieren.

Fristen aussetzen, Stichtage abschaffen

Laut Zimmerberger wäre es daher sinnvoll, angesichts der derzeitigen Verwerfungen auf den Märkten die Frist für die Errichtung der Anlagen bis auf Weiteres auszusetzen: „Natürlich: Wenn jemand nach fünf Jahren seine Anlage immer noch nicht installiert hat, wird man nachschauen müssen, was da los ist.“ Ebenfalls überdenken sollte der Gesetzgeber die Stichtagsregelung für das Stellen der Förderanträge. Würde diese abgeschafft, ließe sich auch das Problem des Spitzenaufkommens bei den Anträgen auf Gewährung des Netzzugangs entschärfen: „So, wie es derzeit ist, könnten wir viermal pro Jahr jeweils für ein paar Wochen fünfmal so viele Leute einstellen und kämen damit immer noch nicht aus.“

Änderungen sollte es laut Zimmerberger schließlich auch bei der Pflicht der Netzbetreiber geben, die volle Einspeiseleistung jeder PV-Anlage zu übernehmen. Würde diese Pflicht auf 95 % der Leistung begrenzt, verlöre der Anlagenbetreiber Zimmerberger zufolge nur rund 0,6 % seines Jahresertrags. Im Gegenzug wäre es indessen möglich, mehr Anlagen an das Netz anzuschließen. Das käme der Energiewende in Österreich insgesamt zugute.
 

Donnerstag, 5.05.2022, 12:36 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - PV-Boom bringt Netzbetreiber unter Druck
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich
PV-Boom bringt Netzbetreiber unter Druck
Ein Antragshoch für den Netzanschluss von Photovoltaikanlagen sorgt für Kapazitätsprobleme. Oft können die Verteilnetze nicht rasch genug verstärkt oder erweitert werden.
Der Ausbau der Photovoltaik bringt die österreichischen Verteilernetzbetreiber unter Druck. Das berichtete der Geschäftsführer der Linz Netz, Johannes Zimmerberger, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 5. Mai. Sein Unternehmen versorgt über ein rund 8.300 km langes Netz mit 28 Umspannwerken und knapp 3.000 Trafostationen etwa 288.000 Netzanschlüsse in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz und im nordöstlich davon gelegenen Mühlviertel.

Zimmerberger zufolge verzeichnete die Linz Netz den vergangenen Jahren im Durchschnitt rund 1.000 Anträge auf Anschluss einer PV-Anlage. Im Jahr 2021 seien es etwa drei Mal so viele gewesen, „und heuer hatten wir schon im ersten Quartal 1.902 Anträge. Wenn das so weitergeht, kommen wir bis Jahresende auf etwa 7.600“. Erhebliche Zuwächse bei den Anträgen meldeten auch andere Verteilernetzbetreiber. Bei der Netz Oberösterreich etwa waren es im Jahr 2021 insgesamt rund 8.700, allein im ersten Quartal 2022 aber schon knapp 6.000. Die Netz Niederösterreich wiederum registrierte 2021 insgesamt etwa 16.500 Anträge, verglichen mit 7.900 im ersten Quartal des heurigen Jahres.
 
Boom bringt gleich mehrere Probleme

Und dieser „PV-Antragsboom“ bringt laut Zimmerberger mehrere Probleme mit sich. Die Förderanträge für die Anlagen können aufgrund der Rechtslage nur an vier Stichtagen pro Jahr gestellt werden. In der Zeit vor den Stichtagen aber häufen sich bei den Netzbetreibern die Anträge auf Gewährung des Netzanschlusses. Der Grund: Um einen Förderantrag stellen zu dürfen, muss ein Subventionswerber nachweisen, dass er über die Zusage des Netzbetreibers zum Anschluss seiner Anlage verfügt.

Zwar ist diese bei Anlagen mit weniger als 20 kW Leistung ohnehin zu erteilen, aber auch das bindet Personalressourcen. Ferner sind die Unternehmen verpflichtet, die Netzeinspeisung jeder PV-Anlage mit voller Leistung spätestens ein Jahr nach ihrer Errichtung sicherzustellen, selbst wenn sie dafür das Netz verstärken oder erweitern müssen. Zurzeit sehen sich die Netzbetreiber indessen mit Lieferengpässen und entsprechend langen Lieferzeiten für die erforderlichen Anlagen konfrontiert, konstatierte Zimmerberger: „Auf einen neuen Trafo warten wir manchmal rund 70 Wochen, also eineindrittel Jahre.“ Damit sei die Jahresfrist hinfällig.

Und nicht nur das: Die Größe der einzelnen PV-Anlagen nimmt immer mehr zu, gelegentlich werden 20 bis 25 MW erreicht. Schon derzeit macht die PV mit etwa 100 MW rund ein Viertel der Netzlast im Versorgungsgebiet der Linz Netz aus. Bis Jahresende dürfte sich dieser Wert auf 200 MW verdoppeln. In manchen Regionen des Versorgungsgebiets der Linz Netz droht der Ausbau der PV die Einhaltung der N-1-Sicherheit zu gefährden.

Die betroffenen Umspannwerke und Trafostationen müssen laut Zimmerberger daher dringend verstärkt werden – was aufgrund der genannten Lieferengpässe alles andere als einfach ist. Selbst Kabel seien mittlerweile „Mangelware und werden zu Apothekerpreisen verkauft“. Hinzu kommt das Fehlen von Fachkräften für die Montagen. Mit ähnlichen Problemen sehen sich die Betreiber von PV-Projekten konfrontiert. Bisweilen sei es schwierig, die Anlagen binnen jener sechs Monate plus drei Monate Nachfrist zu errichten, die eingehalten werden müssen, um die Förderung nicht zu verlieren.

Fristen aussetzen, Stichtage abschaffen

Laut Zimmerberger wäre es daher sinnvoll, angesichts der derzeitigen Verwerfungen auf den Märkten die Frist für die Errichtung der Anlagen bis auf Weiteres auszusetzen: „Natürlich: Wenn jemand nach fünf Jahren seine Anlage immer noch nicht installiert hat, wird man nachschauen müssen, was da los ist.“ Ebenfalls überdenken sollte der Gesetzgeber die Stichtagsregelung für das Stellen der Förderanträge. Würde diese abgeschafft, ließe sich auch das Problem des Spitzenaufkommens bei den Anträgen auf Gewährung des Netzzugangs entschärfen: „So, wie es derzeit ist, könnten wir viermal pro Jahr jeweils für ein paar Wochen fünfmal so viele Leute einstellen und kämen damit immer noch nicht aus.“

Änderungen sollte es laut Zimmerberger schließlich auch bei der Pflicht der Netzbetreiber geben, die volle Einspeiseleistung jeder PV-Anlage zu übernehmen. Würde diese Pflicht auf 95 % der Leistung begrenzt, verlöre der Anlagenbetreiber Zimmerberger zufolge nur rund 0,6 % seines Jahresertrags. Im Gegenzug wäre es indessen möglich, mehr Anlagen an das Netz anzuschließen. Das käme der Energiewende in Österreich insgesamt zugute.
 

Donnerstag, 5.05.2022, 12:36 Uhr
Klaus Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.