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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Pro und contra PV-Pflicht
Quelle: Shutterstock / Frank Oppermann
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe

Pro und contra PV-Pflicht

Der staatlich vorgeschriebene Einbau von PV-Anlagen auf Häusern findet geteilte Zustimmung. Ein Überblick.
Eine Pflicht, Photovoltaikanlagen zumindest für Neubauten mitzuplanen, wird schon seit vielen Jahren diskutiert und von verschiedenen Parteien befürwortet. Inzwischen sind einige Länder vorgeprescht und haben entsprechende Verordnungen erlassen. Die Grünen haben zudem kurz vor Ende der alten Legislaturperiode im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesvorschlag eingebracht und Gleiches im September auch im EU-Parlament. Kommt mit der neuen Regierung nun eine bundesweite Pflicht?

Im Gegensatz zur Windenergie an Land hat sich die Photovoltaik bei den Ausschreibungsmodellen nach EEG wacker geschlagen. Alle Auktionen sind überzeichnet. Doch der Ausbau der großflächigen Solarenergie wird nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen.

Die bisherige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schätzt, dass für deren Erreichen bis 2030 150 GW an PV-Leistung installiert sein müssten. Der Branchenverband BSW Solar fordert gar 200 GW − eine Meinung, der sich auch viele Wissenschaftler anschließen. Derzeit sind in Deutschland etwa 40 GW installiert. Jährlich wäre ein Zubau von 15 GW nötig, das entspräche etwa einer Verdreifachung der derzeitigen Zubauraten. Deswegen braucht es auch einen massiven Zuwachs an kleinen PV-Anlagen.

Noch vor der Bundestagswahl legten die Grünen dem Parlament einen Gesetzentwurf vor, demzufolge eine Installation von PV-Anlagen bei Neubauten und bei großen und umfassenden Sanierungen verpflichtend wäre. Das Gesetz sollte Mitte nächsten Jahres in Kraft treten.

Auch Betrieb durch Dritte möglich

Die Eigentümer müssten dem Entwurf nach nicht selbst aktiv werden, sie könnten die Dachfläche auch verpachten − ein weithin praktiziertes Modell, für das in Deutschland mehrere Anbieter bereitstehen. Zudem müsste nicht ausschließlich das Dach genutzt werden. Dazugehörige andere Flächen oder Fassaden kämen auch infrage. Solarthermie, die auf dem Dach mit PV konkurrieren würde, würde als Erfüllungsoption angerechnet. Der Entwurf hält auch etliche Ausnahmen parat, so etwa beim Denkmalschutz, bei Gründächern oder wenn die Installation der PV-Anlage wirtschaftlich nicht zu vertreten wäre.

Die Grünen sind zwar für diese Gesetze prädestiniert. Zustimmung für eine PV-Pflicht gab es vor der Wahl jedoch auch in anderen Parteien bis hin zur CSU. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder brachte schon lange vor dem Wahlkampf immer mal wieder eine PV-Pflicht ins Spiel − auch vor dem Hintergrund, dass Bayern bei der PV-Stromerzeugung der Krösus in der Bundesrepublik ist.


Übersicht über PV-Pflichten in den Bundesländern
LandRegelungZeitraumInhalt
Baden-Württemberg§ 8a Klimaschutzgesetz des LandesFür gewerbliche Gebäude Solarpflicht ab Januar 2022,
ab Mai 2022 für Neubauten, ab 2023 für Bestandsgebäude
Verpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen, zudem für Parkplätze ab 35 Stellplätzen
 
BayernGeplant: Verordnung für gewerbliche und private ImmobilienAb 2021 für gewerbliche, ab 2022 für private Immobilien (bisher nicht realisiert)Verpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten
BerlinSolargesetz Berlin, Masterplan SolarcityBeschluss von 2020, ab 2023 für Neubauten und BestandsgebäudeVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen
BremenGeplant: Verpflichtung zu Solarcity (auch für Bremerhaven)Beschluss von 2020, bis 2030Montage von PV-Anlagen auf allen Dächern, zuerst bei Neubauten, später bei großen Dachsanierungen auch im Wohnbereich
Hamburg§ 16 Hamburgisches KlimaschutzgesetzBeschluss von 2020, ab 2023 für Neubauten, ab 2025 für BestandsbautenVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen
Schleswig-Holstein§ 11 Gesetzentwurf der Landesregierung Schleswig-Holstein, geplant für Herbst 2021
 
Ab 2022 für Nichtwohngebäude und GroßparkplätzeVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten von Nichtwohngebäuden und für Großparkplätze


CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach im Juni des Wahlkampfjahres ebenfalls davon. Und ebenfalls im Juni, also zwei Monate vor dem Gesetzentwurf der Grünen, wurde im Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz (SPD) bereits der Planentwurf des „Klimaschutz-Sofortprogramms 2022“ entwickelt. Und auch der sieht eine PV-Pflicht vor.

Die Bundestagswahl hat den Grünen nun die Option eröffnet, diese Pläne zu realisieren. Denn nach der Wahl ist eine Regierungsbeteiligung wahrscheinlich. Ob die Partei sich hier allerdings gegen den anderen notwendigen Regierungspartner FDP durchsetzen kann, ist offen. Denn die Liberalen lehnen eine solche Pflicht strikt ab und versuchten, eine entsprechende Regelung auf Landesebene in Baden-Württemberg zu kippen.

Wohnungsriese Vonovia legt ein 1.000-Dächer-Programm auf

Dabei ist PV von allen erneuerbaren Energien sicher das niedrigschwelligste Angebot, das tatsächlich wirtschaftlich vertretbar von kleinen Häuslebauern bis hin zu großen Wohnungskonzernen anzunehmen wäre. Der Wohnungsriese Vonovia etwa hat ein 1.000-Dächer-Programm aufgelegt, mit dem er innerhalb von drei Jahren bis 2022 eben jene Anzahl seiner Gebäude mit PV-Anlagen ausrüsten will. Damit sollen jährlich 10 Mio. kWh Solarstrom erzeugt werden. Dennoch kommen gerade aus der Wohnungswirtschaft Bedenken, weil eine PV-Pflicht die Baukosten weiter in die Höhe treiben und eine Absenkung der Nebenkosten nur bei gut kalkulierten Mieterstrommodellen funktionieren würde.

Allerdings sind die Wohnungswirtschaftler nicht generell gegen eine PV-Pflicht eingestellt. „Das vorrangige Hemmnis, etwa für die Eigennutzung solcher Anlagen, ist weiterhin die zum jetzigen Zeitpunkt noch ungelöste Gewerbesteuerproblematik“, so Alexander Rychter, Direktor des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen. Würde Mieterstrom wie im selbst genutzten Eigentum behandelt, profitierten Mieter, Vermieter und Umwelt gleichermaßen. Mieter wären gegenüber den selbst nutzenden Eigentümern dann auch nicht mehr benachteiligt. Eine Lösung kann aber nur der Bund schaffen, obwohl die Länder hier zum Teil bereits aktiv sind. Sie haben − als Gesetzgeber in Bauverfahren − teils schon vor Jahren PV-Pflichten, meist für Neubauten, erlassen.

Fazit: Es ist sehr wahrscheinlich, dass die neue Bundesregierung eine PV-Pflicht für Neubauten und große Sanierungen installieren wird. Drei der vier möglichen Regierungspartner (SPD, CDU/CSU und Grüne) sind schließlich dafür und der Handlungsdruck, in Sachen Klimaschutz aktiv zu werden, ist durch die Wahl eher größer geworden. 
 
In Baden-Württemberg gibt es bald eine PV-Pflicht für Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen
Quelle: Frank Urbansky

Donnerstag, 18.11.2021, 08:31 Uhr
Frank Urbansky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe - Pro und contra PV-Pflicht
Quelle: Shutterstock / Frank Oppermann
Aus Der Aktuellen Zeitungausgabe
Pro und contra PV-Pflicht
Der staatlich vorgeschriebene Einbau von PV-Anlagen auf Häusern findet geteilte Zustimmung. Ein Überblick.
Eine Pflicht, Photovoltaikanlagen zumindest für Neubauten mitzuplanen, wird schon seit vielen Jahren diskutiert und von verschiedenen Parteien befürwortet. Inzwischen sind einige Länder vorgeprescht und haben entsprechende Verordnungen erlassen. Die Grünen haben zudem kurz vor Ende der alten Legislaturperiode im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesvorschlag eingebracht und Gleiches im September auch im EU-Parlament. Kommt mit der neuen Regierung nun eine bundesweite Pflicht?

Im Gegensatz zur Windenergie an Land hat sich die Photovoltaik bei den Ausschreibungsmodellen nach EEG wacker geschlagen. Alle Auktionen sind überzeichnet. Doch der Ausbau der großflächigen Solarenergie wird nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen.

Die bisherige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schätzt, dass für deren Erreichen bis 2030 150 GW an PV-Leistung installiert sein müssten. Der Branchenverband BSW Solar fordert gar 200 GW − eine Meinung, der sich auch viele Wissenschaftler anschließen. Derzeit sind in Deutschland etwa 40 GW installiert. Jährlich wäre ein Zubau von 15 GW nötig, das entspräche etwa einer Verdreifachung der derzeitigen Zubauraten. Deswegen braucht es auch einen massiven Zuwachs an kleinen PV-Anlagen.

Noch vor der Bundestagswahl legten die Grünen dem Parlament einen Gesetzentwurf vor, demzufolge eine Installation von PV-Anlagen bei Neubauten und bei großen und umfassenden Sanierungen verpflichtend wäre. Das Gesetz sollte Mitte nächsten Jahres in Kraft treten.

Auch Betrieb durch Dritte möglich

Die Eigentümer müssten dem Entwurf nach nicht selbst aktiv werden, sie könnten die Dachfläche auch verpachten − ein weithin praktiziertes Modell, für das in Deutschland mehrere Anbieter bereitstehen. Zudem müsste nicht ausschließlich das Dach genutzt werden. Dazugehörige andere Flächen oder Fassaden kämen auch infrage. Solarthermie, die auf dem Dach mit PV konkurrieren würde, würde als Erfüllungsoption angerechnet. Der Entwurf hält auch etliche Ausnahmen parat, so etwa beim Denkmalschutz, bei Gründächern oder wenn die Installation der PV-Anlage wirtschaftlich nicht zu vertreten wäre.

Die Grünen sind zwar für diese Gesetze prädestiniert. Zustimmung für eine PV-Pflicht gab es vor der Wahl jedoch auch in anderen Parteien bis hin zur CSU. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder brachte schon lange vor dem Wahlkampf immer mal wieder eine PV-Pflicht ins Spiel − auch vor dem Hintergrund, dass Bayern bei der PV-Stromerzeugung der Krösus in der Bundesrepublik ist.


Übersicht über PV-Pflichten in den Bundesländern
LandRegelungZeitraumInhalt
Baden-Württemberg§ 8a Klimaschutzgesetz des LandesFür gewerbliche Gebäude Solarpflicht ab Januar 2022,
ab Mai 2022 für Neubauten, ab 2023 für Bestandsgebäude
Verpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen, zudem für Parkplätze ab 35 Stellplätzen
 
BayernGeplant: Verordnung für gewerbliche und private ImmobilienAb 2021 für gewerbliche, ab 2022 für private Immobilien (bisher nicht realisiert)Verpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten
BerlinSolargesetz Berlin, Masterplan SolarcityBeschluss von 2020, ab 2023 für Neubauten und BestandsgebäudeVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen
BremenGeplant: Verpflichtung zu Solarcity (auch für Bremerhaven)Beschluss von 2020, bis 2030Montage von PV-Anlagen auf allen Dächern, zuerst bei Neubauten, später bei großen Dachsanierungen auch im Wohnbereich
Hamburg§ 16 Hamburgisches KlimaschutzgesetzBeschluss von 2020, ab 2023 für Neubauten, ab 2025 für BestandsbautenVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten und Bestandsgebäude bei Dachsanierungen
Schleswig-Holstein§ 11 Gesetzentwurf der Landesregierung Schleswig-Holstein, geplant für Herbst 2021
 
Ab 2022 für Nichtwohngebäude und GroßparkplätzeVerpflichtende Installierung von PV-Anlagen für Neubauten von Nichtwohngebäuden und für Großparkplätze


CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier sprach im Juni des Wahlkampfjahres ebenfalls davon. Und ebenfalls im Juni, also zwei Monate vor dem Gesetzentwurf der Grünen, wurde im Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz (SPD) bereits der Planentwurf des „Klimaschutz-Sofortprogramms 2022“ entwickelt. Und auch der sieht eine PV-Pflicht vor.

Die Bundestagswahl hat den Grünen nun die Option eröffnet, diese Pläne zu realisieren. Denn nach der Wahl ist eine Regierungsbeteiligung wahrscheinlich. Ob die Partei sich hier allerdings gegen den anderen notwendigen Regierungspartner FDP durchsetzen kann, ist offen. Denn die Liberalen lehnen eine solche Pflicht strikt ab und versuchten, eine entsprechende Regelung auf Landesebene in Baden-Württemberg zu kippen.

Wohnungsriese Vonovia legt ein 1.000-Dächer-Programm auf

Dabei ist PV von allen erneuerbaren Energien sicher das niedrigschwelligste Angebot, das tatsächlich wirtschaftlich vertretbar von kleinen Häuslebauern bis hin zu großen Wohnungskonzernen anzunehmen wäre. Der Wohnungsriese Vonovia etwa hat ein 1.000-Dächer-Programm aufgelegt, mit dem er innerhalb von drei Jahren bis 2022 eben jene Anzahl seiner Gebäude mit PV-Anlagen ausrüsten will. Damit sollen jährlich 10 Mio. kWh Solarstrom erzeugt werden. Dennoch kommen gerade aus der Wohnungswirtschaft Bedenken, weil eine PV-Pflicht die Baukosten weiter in die Höhe treiben und eine Absenkung der Nebenkosten nur bei gut kalkulierten Mieterstrommodellen funktionieren würde.

Allerdings sind die Wohnungswirtschaftler nicht generell gegen eine PV-Pflicht eingestellt. „Das vorrangige Hemmnis, etwa für die Eigennutzung solcher Anlagen, ist weiterhin die zum jetzigen Zeitpunkt noch ungelöste Gewerbesteuerproblematik“, so Alexander Rychter, Direktor des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen. Würde Mieterstrom wie im selbst genutzten Eigentum behandelt, profitierten Mieter, Vermieter und Umwelt gleichermaßen. Mieter wären gegenüber den selbst nutzenden Eigentümern dann auch nicht mehr benachteiligt. Eine Lösung kann aber nur der Bund schaffen, obwohl die Länder hier zum Teil bereits aktiv sind. Sie haben − als Gesetzgeber in Bauverfahren − teils schon vor Jahren PV-Pflichten, meist für Neubauten, erlassen.

Fazit: Es ist sehr wahrscheinlich, dass die neue Bundesregierung eine PV-Pflicht für Neubauten und große Sanierungen installieren wird. Drei der vier möglichen Regierungspartner (SPD, CDU/CSU und Grüne) sind schließlich dafür und der Handlungsdruck, in Sachen Klimaschutz aktiv zu werden, ist durch die Wahl eher größer geworden. 
 
In Baden-Württemberg gibt es bald eine PV-Pflicht für Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen
Quelle: Frank Urbansky

Donnerstag, 18.11.2021, 08:31 Uhr
Frank Urbansky

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