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Energie & Management > Vertrieb - Preiserhöhungen und Sonderkündigungen unzulässig?
Quelle: Fotolia / ty
Vertrieb

Preiserhöhungen und Sonderkündigungen unzulässig?

Die starken Preisaufschläge und außerordentlichen Vertragsauflösungen einiger Strom- und Gasanbieter haben nach Einschätzung von Verbraucheranwälten keine Rechtsbasis.
Schuss vor den Bug von Energiediscountern, die sich auf der Preiserhöhungs- und Vertragskündigungswelle aus der angespannten Marktlage manövrieren wollen: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat jetzt den Anbieter „Immergrün“ abgemahnt. Es handelt sich um einer Marke der Rheinische Elektrizitäts- und Gas-versorgungsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln.

„Die Preiserhöhungen sind völlig intransparent und unzureichend kommuniziert worden. Der kurzfristige Belieferungsstopp ohne ausreichende Begründung setzt dem ganzen dann noch die Krone auf“, sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale, Wolfgang Schuldzinski.

Momentan herrsche angesichts der steigenden Beschaffungspreise eine „gewisse Unruhe auf dem Strom- und Gasmarkt“. Diese Unruhe hat dazu geführt, dass mehr als ein halbes Dutzend Anbieter bereits an der Reißleine gezogen hat. Ein Unternehmen ist in die Insolvenz geschlittert.

„Wir vermuten, dass das noch eine Weile so weitergeht“, sagt Holger Schneidewindt über die Preiserhöhungen und Lieferstopps. Mit der Abmahnung von „Immergrün“ habe man ein Signal setzen wollen, sagt der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Derzeit prüfe man ähnlich gelagerte Fälle. Weitere Abmahnungen könnten bald folgen, heißt es.

Die Strom- und Gasanbieter, die sich über starke Preisaufschläge oder außerordentliche Vertragskündigungen aus schwieriger Lage zu befreien versuchen, berufen sich nach Angabe der Verbraucherschützer auf Paragraf 313 oder 314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Paragraf 313 ermöglicht diesen Ausweg bei „Störung der Geschäftsgrundlage“, Paragraf 314 aus „wichtigem Grund“ – wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

„Der Gesetzgeber hat diese Paragrafen als Auffangbecken vorgesehen, wenn wirklich nichts mehr geht“, sagt Schneidewindt. „Hohe Einkaufspreise am Markt rechtfertigen diesen Schritt nicht – auch bei einer drohenden Insolvenz nicht. Es seien Energiediscounter, die jetzt so massiv an der Preisschraube drehen, Anbieter, deren Geschäft sich darauf stützt, sehr kurzfristig auf Spotmärkten günstig einzukaufen, sagt Schneidewindt und erinnert an einen alten Börsianerspruch, der sich schon oft bewahrheitet hat: „Short ist Mord.“ 

Für fragwürdig hält die Verbraucherzentrale die Kundenschreiben überdies, weil eine ausreichende Begründung fehle. In der einer außerordentlichen Kündigung müsste die Gründe im Einzelnen angeben werden. Die Schreiben von „Immergrün“ seien „hanebüchen“, was die Transparenzanforderungen betrifft. Die Beweispflicht liege auf Seiten des Unternehmens, erklärt der Jurist der Verbraucherzentrale. „Geht der Fall vor Gericht, muss der Anbieter die Hosen herunterlassen.“

Die Preiserhöhungen, die die Verbraucherzentrale moniert, machen bei Strom rund 80 % aus. Zuerst sei der Preis von 27 auf 38 Cent angehoben worden, dann auf 49 Cent je kWh, schildert Schneidewindt. „Die reißen alle Vorgaben“, sagt er über den Anbieter.

Von „Immergrün“ war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten. Dabei markiert dieser Anbieter bei der Preissteigerung nicht die Spitze. „Die höchste Preiserhöhung, die mir vorliegt, beträgt 83 % auf den Arbeitspreis, von 21,32 auf 39,14 Cent je kWh, bei einer gleichzeitigen Erhöhung des Grundpreises um 127 % auf 23,64 Euro pro Monat“, schildert Matthias Moelscher, Betreiber der Website „Verbraucherhilfe-Stromanbieter“.

Montag, 18.10.2021, 16:55 Uhr
Manfred Fischer
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Preiserhöhungen und Sonderkündigungen unzulässig?
Die starken Preisaufschläge und außerordentlichen Vertragsauflösungen einiger Strom- und Gasanbieter haben nach Einschätzung von Verbraucheranwälten keine Rechtsbasis.
Schuss vor den Bug von Energiediscountern, die sich auf der Preiserhöhungs- und Vertragskündigungswelle aus der angespannten Marktlage manövrieren wollen: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat jetzt den Anbieter „Immergrün“ abgemahnt. Es handelt sich um einer Marke der Rheinische Elektrizitäts- und Gas-versorgungsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln.

„Die Preiserhöhungen sind völlig intransparent und unzureichend kommuniziert worden. Der kurzfristige Belieferungsstopp ohne ausreichende Begründung setzt dem ganzen dann noch die Krone auf“, sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale, Wolfgang Schuldzinski.

Momentan herrsche angesichts der steigenden Beschaffungspreise eine „gewisse Unruhe auf dem Strom- und Gasmarkt“. Diese Unruhe hat dazu geführt, dass mehr als ein halbes Dutzend Anbieter bereits an der Reißleine gezogen hat. Ein Unternehmen ist in die Insolvenz geschlittert.

„Wir vermuten, dass das noch eine Weile so weitergeht“, sagt Holger Schneidewindt über die Preiserhöhungen und Lieferstopps. Mit der Abmahnung von „Immergrün“ habe man ein Signal setzen wollen, sagt der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Derzeit prüfe man ähnlich gelagerte Fälle. Weitere Abmahnungen könnten bald folgen, heißt es.

Die Strom- und Gasanbieter, die sich über starke Preisaufschläge oder außerordentliche Vertragskündigungen aus schwieriger Lage zu befreien versuchen, berufen sich nach Angabe der Verbraucherschützer auf Paragraf 313 oder 314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Paragraf 313 ermöglicht diesen Ausweg bei „Störung der Geschäftsgrundlage“, Paragraf 314 aus „wichtigem Grund“ – wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

„Der Gesetzgeber hat diese Paragrafen als Auffangbecken vorgesehen, wenn wirklich nichts mehr geht“, sagt Schneidewindt. „Hohe Einkaufspreise am Markt rechtfertigen diesen Schritt nicht – auch bei einer drohenden Insolvenz nicht. Es seien Energiediscounter, die jetzt so massiv an der Preisschraube drehen, Anbieter, deren Geschäft sich darauf stützt, sehr kurzfristig auf Spotmärkten günstig einzukaufen, sagt Schneidewindt und erinnert an einen alten Börsianerspruch, der sich schon oft bewahrheitet hat: „Short ist Mord.“ 

Für fragwürdig hält die Verbraucherzentrale die Kundenschreiben überdies, weil eine ausreichende Begründung fehle. In der einer außerordentlichen Kündigung müsste die Gründe im Einzelnen angeben werden. Die Schreiben von „Immergrün“ seien „hanebüchen“, was die Transparenzanforderungen betrifft. Die Beweispflicht liege auf Seiten des Unternehmens, erklärt der Jurist der Verbraucherzentrale. „Geht der Fall vor Gericht, muss der Anbieter die Hosen herunterlassen.“

Die Preiserhöhungen, die die Verbraucherzentrale moniert, machen bei Strom rund 80 % aus. Zuerst sei der Preis von 27 auf 38 Cent angehoben worden, dann auf 49 Cent je kWh, schildert Schneidewindt. „Die reißen alle Vorgaben“, sagt er über den Anbieter.

Von „Immergrün“ war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten. Dabei markiert dieser Anbieter bei der Preissteigerung nicht die Spitze. „Die höchste Preiserhöhung, die mir vorliegt, beträgt 83 % auf den Arbeitspreis, von 21,32 auf 39,14 Cent je kWh, bei einer gleichzeitigen Erhöhung des Grundpreises um 127 % auf 23,64 Euro pro Monat“, schildert Matthias Moelscher, Betreiber der Website „Verbraucherhilfe-Stromanbieter“.

Montag, 18.10.2021, 16:55 Uhr
Manfred Fischer

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