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Energie & Management > Thüringen - Plötzlich sollen Kleinwindanlagen den Windfrieden bringen
Quelle: Fotolia / aldorado
Thüringen

Plötzlich sollen Kleinwindanlagen den Windfrieden bringen

Vor dem erhofften „Windfrieden“ in Thüringen toben weiter stürmische Debatten. Im einzigen Land mit einer Minderheitsregierung erschweren dabei abseitige Vorschläge einen Kompromiss.
14 Tage vor dem Showdown im Thüringer Landtag zeichnet sich noch kein Kompromiss im Streit um Abstandsregeln für Windenergieanlagen ab. Nur mit Mühe war in der vergangenen Sitzungswoche Anfang Juni ein Eklat verhindert worden, als eine Mehrheit von CDU und FDP mit Unterstützung der AfD gegen die von Bodo Ramelow (Linke) geführte Minderheitsregierung möglich erschien. Die AfD als Mehrheitsbeschaffer - das wollen nach der versehentlichen Wahl Thomas Kemmerichs (FDP) zum Ministerpräsidenten 2020 weder die Christ- noch die Freidemokraten.

Die CDU will mit der Einführung einer 1.000-m-Regel unbedingt punkten und der Windkraft ablehnenden AfD - in Thüringen zweitstärkste Kraft - damit ein Thema streitig machen. Ein Kompromissvorschlag der Grünen, die mit Anja Siegesmund die Umweltministerin stellen, sieht zahlreiche Ausnahmen von der Kilometer-Distanz etwa für das Repowering vor, hat aber keinen Durchbruch erbracht.

Nun setzen sich die Lager gegenseitig mit neuen Vorschlägen unter Druck. Für die Christdemokraten bringt Fraktionschef Mario Voigt in einem frischen Energiekonzept „Energie-Autobahnen“ ins Spiel. Der Windkraftzubau im Bundesland solle bevorzugt entlang der Ferntrassen erfolgen – und nicht in der Nähe von Wohnsiedlungen. Dem widersprach Ministerpräsident Ramelow in einem Interview mit dem MDR. Dies lasse das Planungsrecht nicht zu. Voigts Konter: Das wiederum lasse sich kurzfristig ändern.

Ramelow wartete indes mit dem Vorschlag auf, die Mittelstreifen der Autobahnen mit vertikalen Kleinwindkraftanlagen zu bestücken, deren Rotoren quer um eine Mittelachse kreisen. Sie sind in der Regel nur etwa zehn Meter hoch und damit auch ein Pluspunkt im schwierigen Feld des Vogel- und Artenschutzes.

Das Manko von Ramelows Idee: Die existierenden Anlagen tragen in der gegenwärtigen Form überhaupt nicht im erforderlichen Maße zur Ökostromproduktion bei. Aktuell kommen in Deutschland nach Berechnungen der Fachagentur Windenergie an Land 775 Kleinwindanlagen auf etwa 8 MW installierte Leistung. Das ist weniger als zwei herkömmliche Wind-Turbinen der heute gängigen 5-MW-Klasse. Thüringens Rückstand in der Windenergie damit aufholen zu wollen, ist mithin eigenwillig.

Unterdessen sucht die Minderheitsregierung ihr Heil auch in Absetzbewegungen vom Flächenziel, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grünen) den Bundesländern vorzugeben gedenkt. Das Infrastrukturministerium hat die Ampelkoalition in Berlin aufgefordert, die Flächen neu zu berechnen, weil waldreiche Länder wie Thüringen im Nachteil seien. Ziel des Vorstoßes ist offenbar ein geringeres Ausbauziel.

Dabei hat Thüringen bis dato erst 0,4 % der Landesfläche für Windkraft ausgewiesen, Habeck will dort über den Zwischenschritt 1,8 % (2026) letztlich 2,2 % im Jahr 2032 erreichen. Die Landes-CDU will dagegen schon bei 0,77 % Schluss machen und eine Strommengen- statt einer Flächenvorgabe sowie den Ausschluss von Waldgebieten durchsetzen. Den Zubau will die Partei gleichwohl auf 620 Anlagen begrenzen. Wie angesichts der widerstreitenden Ideen eine Lösung für die vom 13. bis 15. Juli anstehenden Plenarsitzungen des Erfurter Landtags aussehen kann, weiß allein der Wind.

Donnerstag, 30.06.2022, 14:30 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Thüringen - Plötzlich sollen Kleinwindanlagen den Windfrieden bringen
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Thüringen
Plötzlich sollen Kleinwindanlagen den Windfrieden bringen
Vor dem erhofften „Windfrieden“ in Thüringen toben weiter stürmische Debatten. Im einzigen Land mit einer Minderheitsregierung erschweren dabei abseitige Vorschläge einen Kompromiss.
14 Tage vor dem Showdown im Thüringer Landtag zeichnet sich noch kein Kompromiss im Streit um Abstandsregeln für Windenergieanlagen ab. Nur mit Mühe war in der vergangenen Sitzungswoche Anfang Juni ein Eklat verhindert worden, als eine Mehrheit von CDU und FDP mit Unterstützung der AfD gegen die von Bodo Ramelow (Linke) geführte Minderheitsregierung möglich erschien. Die AfD als Mehrheitsbeschaffer - das wollen nach der versehentlichen Wahl Thomas Kemmerichs (FDP) zum Ministerpräsidenten 2020 weder die Christ- noch die Freidemokraten.

Die CDU will mit der Einführung einer 1.000-m-Regel unbedingt punkten und der Windkraft ablehnenden AfD - in Thüringen zweitstärkste Kraft - damit ein Thema streitig machen. Ein Kompromissvorschlag der Grünen, die mit Anja Siegesmund die Umweltministerin stellen, sieht zahlreiche Ausnahmen von der Kilometer-Distanz etwa für das Repowering vor, hat aber keinen Durchbruch erbracht.

Nun setzen sich die Lager gegenseitig mit neuen Vorschlägen unter Druck. Für die Christdemokraten bringt Fraktionschef Mario Voigt in einem frischen Energiekonzept „Energie-Autobahnen“ ins Spiel. Der Windkraftzubau im Bundesland solle bevorzugt entlang der Ferntrassen erfolgen – und nicht in der Nähe von Wohnsiedlungen. Dem widersprach Ministerpräsident Ramelow in einem Interview mit dem MDR. Dies lasse das Planungsrecht nicht zu. Voigts Konter: Das wiederum lasse sich kurzfristig ändern.

Ramelow wartete indes mit dem Vorschlag auf, die Mittelstreifen der Autobahnen mit vertikalen Kleinwindkraftanlagen zu bestücken, deren Rotoren quer um eine Mittelachse kreisen. Sie sind in der Regel nur etwa zehn Meter hoch und damit auch ein Pluspunkt im schwierigen Feld des Vogel- und Artenschutzes.

Das Manko von Ramelows Idee: Die existierenden Anlagen tragen in der gegenwärtigen Form überhaupt nicht im erforderlichen Maße zur Ökostromproduktion bei. Aktuell kommen in Deutschland nach Berechnungen der Fachagentur Windenergie an Land 775 Kleinwindanlagen auf etwa 8 MW installierte Leistung. Das ist weniger als zwei herkömmliche Wind-Turbinen der heute gängigen 5-MW-Klasse. Thüringens Rückstand in der Windenergie damit aufholen zu wollen, ist mithin eigenwillig.

Unterdessen sucht die Minderheitsregierung ihr Heil auch in Absetzbewegungen vom Flächenziel, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grünen) den Bundesländern vorzugeben gedenkt. Das Infrastrukturministerium hat die Ampelkoalition in Berlin aufgefordert, die Flächen neu zu berechnen, weil waldreiche Länder wie Thüringen im Nachteil seien. Ziel des Vorstoßes ist offenbar ein geringeres Ausbauziel.

Dabei hat Thüringen bis dato erst 0,4 % der Landesfläche für Windkraft ausgewiesen, Habeck will dort über den Zwischenschritt 1,8 % (2026) letztlich 2,2 % im Jahr 2032 erreichen. Die Landes-CDU will dagegen schon bei 0,77 % Schluss machen und eine Strommengen- statt einer Flächenvorgabe sowie den Ausschluss von Waldgebieten durchsetzen. Den Zubau will die Partei gleichwohl auf 620 Anlagen begrenzen. Wie angesichts der widerstreitenden Ideen eine Lösung für die vom 13. bis 15. Juli anstehenden Plenarsitzungen des Erfurter Landtags aussehen kann, weiß allein der Wind.

Donnerstag, 30.06.2022, 14:30 Uhr
Volker Stephan

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