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Energie & Management > Österreich - OMV-Hauptversammlung verweigert Rainer Seele Entlastung
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

OMV-Hauptversammlung verweigert Rainer Seele Entlastung

Unter anderem bei der Verlängergung wichtiger Gaslieferverträge könnte der ehemalige Generaldirektor interne Verhaltensregeln missachtet haben, hieß es bei der Hauptversammlung.
Das Votum der Aktionäre bei der Hauptversammlung des österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV am 3. Juni war unmissverständlich: Mit einer Mehrheit von 70 % (186,2 Mio. Stimmen) billigten sie um etwa 21 Uhr den Antrag des Vorstands und des Aufsichtsrats, "dem ehemaligen Mitglied des Vorstands, Rainer Seele, für die Dauer seiner Funktionsperiode im Geschäftsjahr 2021 keine Entlastung zu erteilen".

Dass es so kommen würde, war bereits gegen 15 Uhr klar, knapp eine Stunde nach Beginn der Hauptversammlung. Um diese Zeit kam Aufsichtsratschef Mark Garrett gegen Schluss seiner Einleitung auf eine "Compliance-Angelegenheit" zu sprechen. Ende 2021 habe eine externe Sonderprüfung um das Ausscheiden des vormaligen Leiters des Bereichs "Internal Audits und Compliance" aus der OMV stattgefunden. Das Ergebnis: Ein millionenschwerer Sideletter zum Arbeitsvertrag des Betreffenden sei "nach außen wirksam zustande gekommen" und daher rechtskräftig. Allerdings habe Seele als seinerzeitiger Vorstandsvorsitzender interne Verhaltensregelungen "in Bezug auf das Zustandekommen des Sideletters nicht eingehalten".

Daher beschloss der Aufsichtsrat im heurigen Mai "eine erweiterte Prüfung, die sich mit der Einhaltung von Governanceregelungen durch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden befasst. Im Fokus des Audits stehen bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen in der Funktionsperiode von Seele, darunter insbesondere der Sponsoringvertrag mit (dem Fußballklub, Anm.) Zenit St. Petersburg und die Gaslieferverträge mit Gazprom Export". Infolgedessen hätten Vorstand und Aufsichtsrat den Antrag auf Entlastung Seeles abgeändert. Dem Aufsichtsrat gehören Vertreter der OMV-Mehrheitseigentümer Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG, 31,5 %) und Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company (MPPH, 29,4 %) an.
 
Die Aktionäre der OMV kritisieren das Vorgehen des ehemaligen Generaldirektors Rainer Seele bezüglich der vorzeitigen Verlängerung wichtiger Gaslieferverträge.
Quelle: OMV

Im Raum steht, dass Seele die Lieferverträge möglicherweise quasi im Alleingang verlängerte, also ohne die nötige Billigung durch seine Vorstandskollegen. Ähnliches könnte beim im März mit sofortiger Wirkung gekündigten Sponsorvertrag mit Zenit erfolgt sein. Der Klub hatte über die Vertragslaufzeit insgesamt 14 Mio. Euro erhalten.

Im Namen von Vorstand und Aufsichtsrat betonte Garrett ausdrücklich, dass die Entscheidung, Seele nicht zu entlasten, "auf Basis des derzeitigen Informationsstands getroffen wurde, das Ergebnis laufender Untersuchungen selbstverständlich nicht vorwegnimmt und daher auch eine nochmalige Befassung der Hauptversammlung zu diesem Thema naturgemäß möglich bleibt." Rechtlich erleichtert der Hauptverammlungsbeschluss der OMV, gegen Seele Schadenersatzansprüche zu erheben. Seele hatte die OMV Ende August 2021 vorzeitig verlassen. Sein Vorstandsvertrag läuft noch bis Ende Juni 2022 (wir berichteten).

Garrett ergänzte, nachträglich betrachtet sei das verstärkte Engagement der OMV in Russland unter Seele "ein Fehler" gewesen: "Man soll nichts schönreden, was nicht schönzureden ist."

"Branchenübliche Klauseln"

Ausführlich befassten sich die Aktionäre in ihren Fragen mit dem Inhalt der 2018 vorzeitig bis 2040 verlängerten Gaslieferverträge. Laut dem stellvertretenden OMV-Generaldirektor Johann Pleininger wurde aus den Verträgen entgegen anderer Behauptungen keine wichtige Klausel gestrichen. Sämtlich enthalten diese "branchenübliche Force-Majeure-Klauseln. Sollte es zu keinen Lieferungen im Falle von Kriegshandlungen kommen, so trifft die OMV jedenfalls keine Zahlungsverpflichtung". In den Verträgen inkludiert seien ferner "branchenübliche Take-or-Pay-Klauseln". Diese würden schlagend, wenn die OMV vereinbarungsgemäß geliefertes Gas nicht abnehme: "Im Falle eines Gasembargos wäre zu prüfen, ob die OMV von ihrer Abnahmeverpflichtung infolge von Force Majeure befreit wird. Grundsätzlich kann ein Gasembargo in Form eines gesetzlichen Verbots Force Majeure auslösen."

Einseitige Ausstiegsklauseln sind in derartigen Verträgen nicht üblich, ergänzte Pleininger. Eine Vertragskündigung aus wichtigen Gründen wie schwerwiegenden Verletzungen der getroffenen Vereinbarungen sei aber möglich. Vorzeitig verlängert wurden die Verträge laut Pleininger, weil die Internationale Energieagentur im Frühjahr 2018 eine Zunahme der Nachfrage nach Erdgas in Europa bis 2030 um mehr als 20 % sowie eine Abnahme der EU-internen Gasförderung prognostizierte. "Wie viele andere EU-Gasimporteure" habe die OMV darauf mit der Vertragsverlängerung reagiert. Mit den Gasimporten aus Russland leiste die OMV seit Jahrzehnten "einen enormen Beitrag zur sicheren Energieversorgung Österreichs", betonte Pleininger.

Dienstag, 7.06.2022, 10:17 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - OMV-Hauptversammlung verweigert Rainer Seele Entlastung
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Österreich
OMV-Hauptversammlung verweigert Rainer Seele Entlastung
Unter anderem bei der Verlängergung wichtiger Gaslieferverträge könnte der ehemalige Generaldirektor interne Verhaltensregeln missachtet haben, hieß es bei der Hauptversammlung.
Das Votum der Aktionäre bei der Hauptversammlung des österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV am 3. Juni war unmissverständlich: Mit einer Mehrheit von 70 % (186,2 Mio. Stimmen) billigten sie um etwa 21 Uhr den Antrag des Vorstands und des Aufsichtsrats, "dem ehemaligen Mitglied des Vorstands, Rainer Seele, für die Dauer seiner Funktionsperiode im Geschäftsjahr 2021 keine Entlastung zu erteilen".

Dass es so kommen würde, war bereits gegen 15 Uhr klar, knapp eine Stunde nach Beginn der Hauptversammlung. Um diese Zeit kam Aufsichtsratschef Mark Garrett gegen Schluss seiner Einleitung auf eine "Compliance-Angelegenheit" zu sprechen. Ende 2021 habe eine externe Sonderprüfung um das Ausscheiden des vormaligen Leiters des Bereichs "Internal Audits und Compliance" aus der OMV stattgefunden. Das Ergebnis: Ein millionenschwerer Sideletter zum Arbeitsvertrag des Betreffenden sei "nach außen wirksam zustande gekommen" und daher rechtskräftig. Allerdings habe Seele als seinerzeitiger Vorstandsvorsitzender interne Verhaltensregelungen "in Bezug auf das Zustandekommen des Sideletters nicht eingehalten".

Daher beschloss der Aufsichtsrat im heurigen Mai "eine erweiterte Prüfung, die sich mit der Einhaltung von Governanceregelungen durch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden befasst. Im Fokus des Audits stehen bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen in der Funktionsperiode von Seele, darunter insbesondere der Sponsoringvertrag mit (dem Fußballklub, Anm.) Zenit St. Petersburg und die Gaslieferverträge mit Gazprom Export". Infolgedessen hätten Vorstand und Aufsichtsrat den Antrag auf Entlastung Seeles abgeändert. Dem Aufsichtsrat gehören Vertreter der OMV-Mehrheitseigentümer Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG, 31,5 %) und Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding Company (MPPH, 29,4 %) an.
 
Die Aktionäre der OMV kritisieren das Vorgehen des ehemaligen Generaldirektors Rainer Seele bezüglich der vorzeitigen Verlängerung wichtiger Gaslieferverträge.
Quelle: OMV

Im Raum steht, dass Seele die Lieferverträge möglicherweise quasi im Alleingang verlängerte, also ohne die nötige Billigung durch seine Vorstandskollegen. Ähnliches könnte beim im März mit sofortiger Wirkung gekündigten Sponsorvertrag mit Zenit erfolgt sein. Der Klub hatte über die Vertragslaufzeit insgesamt 14 Mio. Euro erhalten.

Im Namen von Vorstand und Aufsichtsrat betonte Garrett ausdrücklich, dass die Entscheidung, Seele nicht zu entlasten, "auf Basis des derzeitigen Informationsstands getroffen wurde, das Ergebnis laufender Untersuchungen selbstverständlich nicht vorwegnimmt und daher auch eine nochmalige Befassung der Hauptversammlung zu diesem Thema naturgemäß möglich bleibt." Rechtlich erleichtert der Hauptverammlungsbeschluss der OMV, gegen Seele Schadenersatzansprüche zu erheben. Seele hatte die OMV Ende August 2021 vorzeitig verlassen. Sein Vorstandsvertrag läuft noch bis Ende Juni 2022 (wir berichteten).

Garrett ergänzte, nachträglich betrachtet sei das verstärkte Engagement der OMV in Russland unter Seele "ein Fehler" gewesen: "Man soll nichts schönreden, was nicht schönzureden ist."

"Branchenübliche Klauseln"

Ausführlich befassten sich die Aktionäre in ihren Fragen mit dem Inhalt der 2018 vorzeitig bis 2040 verlängerten Gaslieferverträge. Laut dem stellvertretenden OMV-Generaldirektor Johann Pleininger wurde aus den Verträgen entgegen anderer Behauptungen keine wichtige Klausel gestrichen. Sämtlich enthalten diese "branchenübliche Force-Majeure-Klauseln. Sollte es zu keinen Lieferungen im Falle von Kriegshandlungen kommen, so trifft die OMV jedenfalls keine Zahlungsverpflichtung". In den Verträgen inkludiert seien ferner "branchenübliche Take-or-Pay-Klauseln". Diese würden schlagend, wenn die OMV vereinbarungsgemäß geliefertes Gas nicht abnehme: "Im Falle eines Gasembargos wäre zu prüfen, ob die OMV von ihrer Abnahmeverpflichtung infolge von Force Majeure befreit wird. Grundsätzlich kann ein Gasembargo in Form eines gesetzlichen Verbots Force Majeure auslösen."

Einseitige Ausstiegsklauseln sind in derartigen Verträgen nicht üblich, ergänzte Pleininger. Eine Vertragskündigung aus wichtigen Gründen wie schwerwiegenden Verletzungen der getroffenen Vereinbarungen sei aber möglich. Vorzeitig verlängert wurden die Verträge laut Pleininger, weil die Internationale Energieagentur im Frühjahr 2018 eine Zunahme der Nachfrage nach Erdgas in Europa bis 2030 um mehr als 20 % sowie eine Abnahme der EU-internen Gasförderung prognostizierte. "Wie viele andere EU-Gasimporteure" habe die OMV darauf mit der Vertragsverlängerung reagiert. Mit den Gasimporten aus Russland leiste die OMV seit Jahrzehnten "einen enormen Beitrag zur sicheren Energieversorgung Österreichs", betonte Pleininger.

Dienstag, 7.06.2022, 10:17 Uhr
Klaus Fischer

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