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Energie & Management > Aus Der Zeitung - Ohne Offshore-Rettung keine Offshore-Windparks
Quelle: E&M
Aus Der Zeitung

Ohne Offshore-Rettung keine Offshore-Windparks

Ob Erkältung, Schnittwunden oder gar ein Herzinfarkt: Fernab vom Festland auf Plattformen oder Windkraftanlagen ist die Versorgung der Mitarbeitenden eine besondere Herausforderung. 
Wenn fernab der Küste auf einer der mittlerweile unzähligen Offshore-Windkraftanlagen oder einer Umspannplattform ein medizinischer Notfall eintritt, ist auch dort schnelles Handeln gefragt. Dabei erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten auf hoher See rapide mit der steigenden Zahl an Projekten. Aus diesem Grund hat die Branche in den vergangenen Jahren eine private Rettungsinfrastruktur aufgebaut.

Eine der Institutionen, die auf Offshore-Rettung spezialisiert sind, ist die Johanniter-Unfall-Hilfe mit dem Fachbereich der „Offshore Rescue and Medical Services“ des Ortverbandes Stedingen. Die Hilfsorganisation gewährleistet mit ihren Kooperationspartnern die medizinische Versorgung für das Personal auf den zum Teil mehr als hundert Kilometer vom Festland entfernten Windparks.

Die Johanniter sind seit zehn Jahren im Offshore-Bereich tätig − mittlerweile sind das mehr als 514.000 Stunden Erfahrung auf See. Seine Arbeit startete der Fachbereich Offshore-Rettung 2013 mit damals acht Mitarbeitenden. Mittlerweile hat sich die Zahl auf mehr als 50 erhöht. „Und wir stellen jährlich weitere Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ein“, sagt Jan Lutz, Fachbereichsleiter der Offshore-Rettung im Gespräch mit E&M. Die Johanniter stellen bei vielen Projekten das medizinische Fachpersonal, dazu gehören Windparks wie „Hohe See“, „Albatros“ oder „Veja Mate“ sowie Installations- und Serviceschiffe.

Sie besetzen auch die Notfallleitstelle für Offshore-Windparks (NOW) der Gesellschaft für maritimes Notfallmanagement (in Bremen) und stellen die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter für die Offshore-Rettungshubschrauber von NHC Northern Helicopter. Außerdem stellen sie das medizinische Material, erarbeiten Konzepte und unterstützen die Unternehmen bei Aus- und Weiterbildungen in puncto Erste Hilfe und Prävention.
 
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist auf die Offshore-Rettung spezialisiert
Quelle: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.

„Insbesondere die Gesundheitsfürsorge ist ein großer Teil unserer Arbeit“, erklärt Jan Lutz. Es gebe sicher auch Notfälle zu versorgen, das sei aber zum Glück nicht der primäre Teil der Arbeit. Lutz: „Der Arbeitsschutz und die Sicherheitsmaßnahmen offshore sind insgesamt sehr hoch. Darauf achten die Unternehmen selbst.“ Die Johanniter haben in den vergangenen Jahren neben der Rettung verstärkt die Gesundheitsvorsorge auf Wunsch der offshore tätigen Unternehmen ausgebaut. „Dazu gehören allgemeine Gesundheitschecks oder auch Erste-Hilfe-Kurse für die Besatzung“, sagt Fachbereichsleiter Lutz. „Die Idee ist, die Leute gesund zu halten.“ Zu den Kunden zählen der Übertragungsnetzbetreiber, Windparkbetreiber sowie Energieversorger.

Seit diesem Jahr arbeiten die Johanniter auch mit dem Personaldienstleister Sea Renergy Offshore Holding zusammen. Der Rahmenvertrag umfasst die Bereitstellung eines ganzheitlichen Rettungskonzepts inklusive der Gestellung der Notfallsanitäter. Die Vereinbarung erstreckt sich auf Projekte der Offshore-Windindustrie in Nord- und Ostsee.

Auf den Schiffen und Plattformen sind die Notfallsanitäter durchgehend 14 Tage im Einsatz, bevor es wieder aufs Festland geht. „Unsere Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind quasi Teil des Teams. Wir versuchen daher, unsere Leute bei einem bestimmten Projekt zu belassen, damit Vertrauen zu den anderen Beschäftigten auf hoher See aufgebaut werden kann“, erklärt Lutz. Immerhin seien sie tagelang zusammen − arbeiten und leben auf engstem Raum. „Unsere Mitarbeitenden benötigen dafür wahnsinnig viel Sozialkompetenz, auch darauf achten wir bei der Auswahl.“

Rettungskräfte für den Offshore-Bereich sind immer erfahrene Leute

Besonders herausfordernd bei der Arbeit sind die weiten Strecken bis zum Festland. „Bei Notfällen sind die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter schon mal eine Stunde oder mehr auf sich gestellt, bis Hilfe eintrifft“, erklärt der Leiter der Offshore-Rettung. Manchmal, beispielsweise bei Nebel, könne es erforderlich sein, auch für mehrere Stunden die Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Rettungskräfte sind daher immer erfahrene Leute, die mit solchen Situationen umzugehen wissen. Sie seien üblicherweise als „stand-alone Medic“ tätig und würden allenfalls von weitergebildeten Laien oder über Telemedizin von einem Krankenhaus auf dem Festland unterstützt. „Wir stellen aufgrund der mitunter anspruchsvollen Arbeitsbedingungen besondere Anforderungen an die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, die wir für die Offshore-Rettung einsetzen“, sagt Lutz. Dazu gehört ein entsprechendes Auswahlverfahren. Von rund zehn Bewerbern werden am Ende ein oder zwei eingestellt.

Das Offshore-Personal ist nicht nur für alle akut- und notfallmedizinischen Situationen geschult, sondern wird auch aufwendig auf seinen Arbeitsplatz vorbereitet. Die Einsatzkräfte werden dazu unter anderem am Campus Elsfleth der Johanniter-Akademie ausgebildet. Zu den Schulungen zählen sowohl die Höhen- als auch die Wasserrettung.

Bei stark verletzten oder schwer erkrankten Personen, die zusätzliche medizinische Hilfe brauchen und in eine Klinik auf dem Festland transportiert werden müssen, kommt die Luftrettung zum Einsatz. In speziellen Rettungshubschraubern von Northern Helicopter (NHC) fliegt ein Notfallsanitäter als Teil der fünfköpfigen Crew zu jenen Schiffen und Plattformen in Nord- und Ostsee, auf denen sie gebraucht werden.

Damit bei einem Einsatz alles so routiniert wie möglich abläuft, wird viel trainiert, so Lutz. „Denn um mit einer Seilwinde Personen von einer hundert Meter hohen Windkraftanlage oder von einem kleinen Schiff zu retten, muss im Ernstfall jeder Handgriff sitzen.“ Dafür übe das Personal regelmäßig und sei mit über Hundert Stunden Training pro Jahr gut vorbereitet. Das Team der Offshore-Luftrettung ist an den Standorten Sankt Peter-Ording (für die Nordsee) und Güttin (für die Ostsee) auf Rügen stationiert.

Die Johanniter werden auch in den nächsten Jahren kontinuierlich Personal einstellen. „Im Gegensatz zum Rettungsdienst auf dem Land bekommen wir noch genügend Bewerbungen“, zeigt sich Lutz erfreut. Es sei ein vielschichtiger und interessanter Arbeitsplatz. Die Herausforderungen würden aber mehr werden, auch weil die Parks sich immer weiter von der Küste entfernen. Erst Anfang September hat der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) daher ein aktualisiertes Konzeptpapier „Vision Offshore Rettung 2030+“ veröffentlicht. Er rechnet mit Parks, die bis zu 350 Kilometer vom Festland entfernt liegen.

Damit muss die Rettungsstruktur weiter aus- und aufgebaut werden. Denn: Ohne eine funktionierende Rettungskette, die innerhalb von 60 Minuten die Ankunft 
von Offshore-Rettungshubschraubern gewährleistet, sei das Arbeiten offshore nicht möglich, schreibt der Verband in seinem Papier. Er rät dringend, zum Beispiel Rettungsplattformen aufzubauen und weitere Helikopterstationen auf mindestens zwei Schiffen einzurichten.

Aus Sicht des BWO sind Bund, Länder und die Offshore-Branche nun gefragt, die politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass eine Lösung mit den „höchsten Sicherheitsansprüchen bis zum Jahr 2033 errichtet beziehungsweise in Betrieb genommen werden kann“.

Das Positionspapier „Vision Offshore Rettung 2030+“ finden Sie als PDF auf der Internetseite des BWO.

Freitag, 17.11.2023, 09:02 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Aus Der Zeitung - Ohne Offshore-Rettung keine Offshore-Windparks
Quelle: E&M
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Ohne Offshore-Rettung keine Offshore-Windparks
Ob Erkältung, Schnittwunden oder gar ein Herzinfarkt: Fernab vom Festland auf Plattformen oder Windkraftanlagen ist die Versorgung der Mitarbeitenden eine besondere Herausforderung. 
Wenn fernab der Küste auf einer der mittlerweile unzähligen Offshore-Windkraftanlagen oder einer Umspannplattform ein medizinischer Notfall eintritt, ist auch dort schnelles Handeln gefragt. Dabei erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten auf hoher See rapide mit der steigenden Zahl an Projekten. Aus diesem Grund hat die Branche in den vergangenen Jahren eine private Rettungsinfrastruktur aufgebaut.

Eine der Institutionen, die auf Offshore-Rettung spezialisiert sind, ist die Johanniter-Unfall-Hilfe mit dem Fachbereich der „Offshore Rescue and Medical Services“ des Ortverbandes Stedingen. Die Hilfsorganisation gewährleistet mit ihren Kooperationspartnern die medizinische Versorgung für das Personal auf den zum Teil mehr als hundert Kilometer vom Festland entfernten Windparks.

Die Johanniter sind seit zehn Jahren im Offshore-Bereich tätig − mittlerweile sind das mehr als 514.000 Stunden Erfahrung auf See. Seine Arbeit startete der Fachbereich Offshore-Rettung 2013 mit damals acht Mitarbeitenden. Mittlerweile hat sich die Zahl auf mehr als 50 erhöht. „Und wir stellen jährlich weitere Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ein“, sagt Jan Lutz, Fachbereichsleiter der Offshore-Rettung im Gespräch mit E&M. Die Johanniter stellen bei vielen Projekten das medizinische Fachpersonal, dazu gehören Windparks wie „Hohe See“, „Albatros“ oder „Veja Mate“ sowie Installations- und Serviceschiffe.

Sie besetzen auch die Notfallleitstelle für Offshore-Windparks (NOW) der Gesellschaft für maritimes Notfallmanagement (in Bremen) und stellen die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter für die Offshore-Rettungshubschrauber von NHC Northern Helicopter. Außerdem stellen sie das medizinische Material, erarbeiten Konzepte und unterstützen die Unternehmen bei Aus- und Weiterbildungen in puncto Erste Hilfe und Prävention.
 
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist auf die Offshore-Rettung spezialisiert
Quelle: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.

„Insbesondere die Gesundheitsfürsorge ist ein großer Teil unserer Arbeit“, erklärt Jan Lutz. Es gebe sicher auch Notfälle zu versorgen, das sei aber zum Glück nicht der primäre Teil der Arbeit. Lutz: „Der Arbeitsschutz und die Sicherheitsmaßnahmen offshore sind insgesamt sehr hoch. Darauf achten die Unternehmen selbst.“ Die Johanniter haben in den vergangenen Jahren neben der Rettung verstärkt die Gesundheitsvorsorge auf Wunsch der offshore tätigen Unternehmen ausgebaut. „Dazu gehören allgemeine Gesundheitschecks oder auch Erste-Hilfe-Kurse für die Besatzung“, sagt Fachbereichsleiter Lutz. „Die Idee ist, die Leute gesund zu halten.“ Zu den Kunden zählen der Übertragungsnetzbetreiber, Windparkbetreiber sowie Energieversorger.

Seit diesem Jahr arbeiten die Johanniter auch mit dem Personaldienstleister Sea Renergy Offshore Holding zusammen. Der Rahmenvertrag umfasst die Bereitstellung eines ganzheitlichen Rettungskonzepts inklusive der Gestellung der Notfallsanitäter. Die Vereinbarung erstreckt sich auf Projekte der Offshore-Windindustrie in Nord- und Ostsee.

Auf den Schiffen und Plattformen sind die Notfallsanitäter durchgehend 14 Tage im Einsatz, bevor es wieder aufs Festland geht. „Unsere Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind quasi Teil des Teams. Wir versuchen daher, unsere Leute bei einem bestimmten Projekt zu belassen, damit Vertrauen zu den anderen Beschäftigten auf hoher See aufgebaut werden kann“, erklärt Lutz. Immerhin seien sie tagelang zusammen − arbeiten und leben auf engstem Raum. „Unsere Mitarbeitenden benötigen dafür wahnsinnig viel Sozialkompetenz, auch darauf achten wir bei der Auswahl.“

Rettungskräfte für den Offshore-Bereich sind immer erfahrene Leute

Besonders herausfordernd bei der Arbeit sind die weiten Strecken bis zum Festland. „Bei Notfällen sind die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter schon mal eine Stunde oder mehr auf sich gestellt, bis Hilfe eintrifft“, erklärt der Leiter der Offshore-Rettung. Manchmal, beispielsweise bei Nebel, könne es erforderlich sein, auch für mehrere Stunden die Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Rettungskräfte sind daher immer erfahrene Leute, die mit solchen Situationen umzugehen wissen. Sie seien üblicherweise als „stand-alone Medic“ tätig und würden allenfalls von weitergebildeten Laien oder über Telemedizin von einem Krankenhaus auf dem Festland unterstützt. „Wir stellen aufgrund der mitunter anspruchsvollen Arbeitsbedingungen besondere Anforderungen an die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, die wir für die Offshore-Rettung einsetzen“, sagt Lutz. Dazu gehört ein entsprechendes Auswahlverfahren. Von rund zehn Bewerbern werden am Ende ein oder zwei eingestellt.

Das Offshore-Personal ist nicht nur für alle akut- und notfallmedizinischen Situationen geschult, sondern wird auch aufwendig auf seinen Arbeitsplatz vorbereitet. Die Einsatzkräfte werden dazu unter anderem am Campus Elsfleth der Johanniter-Akademie ausgebildet. Zu den Schulungen zählen sowohl die Höhen- als auch die Wasserrettung.

Bei stark verletzten oder schwer erkrankten Personen, die zusätzliche medizinische Hilfe brauchen und in eine Klinik auf dem Festland transportiert werden müssen, kommt die Luftrettung zum Einsatz. In speziellen Rettungshubschraubern von Northern Helicopter (NHC) fliegt ein Notfallsanitäter als Teil der fünfköpfigen Crew zu jenen Schiffen und Plattformen in Nord- und Ostsee, auf denen sie gebraucht werden.

Damit bei einem Einsatz alles so routiniert wie möglich abläuft, wird viel trainiert, so Lutz. „Denn um mit einer Seilwinde Personen von einer hundert Meter hohen Windkraftanlage oder von einem kleinen Schiff zu retten, muss im Ernstfall jeder Handgriff sitzen.“ Dafür übe das Personal regelmäßig und sei mit über Hundert Stunden Training pro Jahr gut vorbereitet. Das Team der Offshore-Luftrettung ist an den Standorten Sankt Peter-Ording (für die Nordsee) und Güttin (für die Ostsee) auf Rügen stationiert.

Die Johanniter werden auch in den nächsten Jahren kontinuierlich Personal einstellen. „Im Gegensatz zum Rettungsdienst auf dem Land bekommen wir noch genügend Bewerbungen“, zeigt sich Lutz erfreut. Es sei ein vielschichtiger und interessanter Arbeitsplatz. Die Herausforderungen würden aber mehr werden, auch weil die Parks sich immer weiter von der Küste entfernen. Erst Anfang September hat der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) daher ein aktualisiertes Konzeptpapier „Vision Offshore Rettung 2030+“ veröffentlicht. Er rechnet mit Parks, die bis zu 350 Kilometer vom Festland entfernt liegen.

Damit muss die Rettungsstruktur weiter aus- und aufgebaut werden. Denn: Ohne eine funktionierende Rettungskette, die innerhalb von 60 Minuten die Ankunft 
von Offshore-Rettungshubschraubern gewährleistet, sei das Arbeiten offshore nicht möglich, schreibt der Verband in seinem Papier. Er rät dringend, zum Beispiel Rettungsplattformen aufzubauen und weitere Helikopterstationen auf mindestens zwei Schiffen einzurichten.

Aus Sicht des BWO sind Bund, Länder und die Offshore-Branche nun gefragt, die politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass eine Lösung mit den „höchsten Sicherheitsansprüchen bis zum Jahr 2033 errichtet beziehungsweise in Betrieb genommen werden kann“.

Das Positionspapier „Vision Offshore Rettung 2030+“ finden Sie als PDF auf der Internetseite des BWO.

Freitag, 17.11.2023, 09:02 Uhr
Heidi Roider

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