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Energie & Management > Windkraft Offshore - Offshore-Windkraft dringt in Domäne der Konventionellen ein
Quelle: Fotolia / zentilia
Windkraft Offshore

Offshore-Windkraft dringt in Domäne der Konventionellen ein

Der erste deutsche Offshore-Windpark darf am Regelenergiemarkt teilnehmen. Man ist aus den Kinderschuhen der Erneuerbaren aufgestiegen zu einem ernsthaften Partner der Netzstabilität.
Der Energiekonzern Oersted hat seinen 342-MW-Nordseewindparks Borkum Riffgrund 1 mit Partnern als ersten deutschen Windpark zur Sekundärreserveleistung (SRL) präqualifiziert. Das teilte Oersted-Deutschlandchef Jörg Kubitza am 19. Mai zusammen mit dem Virtuellen-Kraftwerks-Betreiber Energy 2 Market (E2M) und dem direkt betroffenen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Tennet der Presse mit.

​Windkraft erstmals in Sekundärreserve

Demnach ist Borkum Riffgrund 1 von allen vier deutschen ÜNB zur Minutenreserveleistung (MRL) und zur SRL zugelassen worden. Das sind zwei Segmente des Regelenergiemarktes zur Frequenzhaltung (Ausregelung) des Stromnetzes, um Erzeugung mit dem Verbrauch in Balance zu halten. Während es bei der MRL laut Kai Becker einzelne Pilotprojekte mit Onshore-Windenergieanlagen gibt, ist der Eintritt in die anspruchsvollere SRL ein Novum für die Windkraft. Becker leitet bei E2M die Geschäftsfeldentwicklung.

"Nordsee wird zum zentralen Kraftwerk"

Zur Bedeutung erklärte Tennet-COO Tim Meyerjürgens, die Nordsee mit ihren Offshore-Windparks und künftiger Wasserstofferzeugung entwickle sich zum "zentralen Kraftwerk für Nordwesteuropa" - auch mit Blick auf den North Sea Summit der EU-Anrainerstaaten vom Vortag und das gleichzeitig vorgestellte "REpowerEU"-Programm der EU. Erneuerbare müssten daher zunehmend zur Systemstabilität beitragen.

​"Den Kinderschuhen entstiegen"

Jörg Kubitza von Oersted formulierte es mit Blick auf die Offshore-Kraftwerksbetreiber so: "Wir waren, vorsichtig gesagt, nicht gerade diejenigen, die die Netze pfleglich behandelt haben. Jetzt sind wir aus den Kinderschuhen der Erneuerbaren aufgestiegen zu einem ernsthaften Partner der Energiewende und der Netzstabilität." Die Energiewende funktioniere nur dann, "wenn sie was für die Netzstabilität tut und die Netze nicht verstopft." 

​Was ist SRL?

Die SRL wird von den ÜNB maximal 15 Minuten lang abgerufen, wenn die sekundenschnelle Primärreserveleistung im Rahmen des Regelenergiemarktes nicht ausreicht, um Erzeugung und Verbrauch in Einklang zu bringen. Reicht sie ebenfalls nicht aus, greift die MRL. Beide Arten Regelenergie werden jeweils am Vortag um 9 Uhr ausgeschrieben. Dabei können Erzeuger entweder zusätzliche Kraftwerksleistung anbieten (positive Regelenergie) oder Kraftwerksbetreiber sowie Großverbraucher die Erzeugung herunterfahren oder den Verbrauch drosseln (negative Regelenergie).

Warum die Präqualifizierung anspruchsvoll ist

Borkum Riffgrund 1 hat sich nun mit zunächst insgesamt 30 MW für die negative SRL und MRL qualifiziert, so Kai Becker von E2M. Das heißt, es wird darauf geboten, entsprechend weniger Strom aus dem Windpark einzuspeisen, als den Wetterprognosen zufolge möglich wäre. Aber die Partner dächten bereits auch über positive Regelleistung nach, ebenfalls zur Frequenzhaltung. Dieses Marktsegment ist für die wetterabhängigen Wind- und Solarkraftwerke bisher praktisch verschlossen. Auch Momentanreserve, eine andere Systemdienstleistung, wollen E2M und Oersted künftig erbringen. Blindleistung allerdings bleibt zunächst außen vor.

Für die Bereitstellung gibt es mit dem Zuschlag ein Leistungsentgelt, für einen eventuellen Abruf am Folgetag ein Arbeitsentgelt. Eine entsprechende Windparkscheibe wurde an das virtuelle Kraftwerk von E2M angebunden. Dieses steuert 5.000 technische Einheiten in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 3.880 MW und vermarktet so jährlich 15 Mrd. kWh Grünstrom in verschiedenen Märkten.

Die Herausforderung für die Präqualifizierung sei, Ralf Feldmann, Head of Revenue Management bei Oersted Deutschland, so gute Wind- und Verfügbarkeitsprognosen zu verwenden, dass Borkum Riffgrund 1 die negative Regelleistung zwischen 15 und 39 Stunden nach der ÜNB-Ausschreibung sicher erbringen kann. Hierzu müssten auch Abschattungseffekte aus dem eigenen Windpark und von benachbarten Windfarmen präzise berechnet werden. 

Der Regelenergiemarkt sei für die Partner lukrativ, versicherte Feldmann, ohne Preiserwartungen zu nennen: "Flexibilität ist derzeit die härteste Währung am Energiemarkt, und wir glauben, dass dies noch zunimmt."

Donnerstag, 19.05.2022, 14:19 Uhr
Georg Eble
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Windkraft Offshore
Offshore-Windkraft dringt in Domäne der Konventionellen ein
Der erste deutsche Offshore-Windpark darf am Regelenergiemarkt teilnehmen. Man ist aus den Kinderschuhen der Erneuerbaren aufgestiegen zu einem ernsthaften Partner der Netzstabilität.
Der Energiekonzern Oersted hat seinen 342-MW-Nordseewindparks Borkum Riffgrund 1 mit Partnern als ersten deutschen Windpark zur Sekundärreserveleistung (SRL) präqualifiziert. Das teilte Oersted-Deutschlandchef Jörg Kubitza am 19. Mai zusammen mit dem Virtuellen-Kraftwerks-Betreiber Energy 2 Market (E2M) und dem direkt betroffenen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Tennet der Presse mit.

​Windkraft erstmals in Sekundärreserve

Demnach ist Borkum Riffgrund 1 von allen vier deutschen ÜNB zur Minutenreserveleistung (MRL) und zur SRL zugelassen worden. Das sind zwei Segmente des Regelenergiemarktes zur Frequenzhaltung (Ausregelung) des Stromnetzes, um Erzeugung mit dem Verbrauch in Balance zu halten. Während es bei der MRL laut Kai Becker einzelne Pilotprojekte mit Onshore-Windenergieanlagen gibt, ist der Eintritt in die anspruchsvollere SRL ein Novum für die Windkraft. Becker leitet bei E2M die Geschäftsfeldentwicklung.

"Nordsee wird zum zentralen Kraftwerk"

Zur Bedeutung erklärte Tennet-COO Tim Meyerjürgens, die Nordsee mit ihren Offshore-Windparks und künftiger Wasserstofferzeugung entwickle sich zum "zentralen Kraftwerk für Nordwesteuropa" - auch mit Blick auf den North Sea Summit der EU-Anrainerstaaten vom Vortag und das gleichzeitig vorgestellte "REpowerEU"-Programm der EU. Erneuerbare müssten daher zunehmend zur Systemstabilität beitragen.

​"Den Kinderschuhen entstiegen"

Jörg Kubitza von Oersted formulierte es mit Blick auf die Offshore-Kraftwerksbetreiber so: "Wir waren, vorsichtig gesagt, nicht gerade diejenigen, die die Netze pfleglich behandelt haben. Jetzt sind wir aus den Kinderschuhen der Erneuerbaren aufgestiegen zu einem ernsthaften Partner der Energiewende und der Netzstabilität." Die Energiewende funktioniere nur dann, "wenn sie was für die Netzstabilität tut und die Netze nicht verstopft." 

​Was ist SRL?

Die SRL wird von den ÜNB maximal 15 Minuten lang abgerufen, wenn die sekundenschnelle Primärreserveleistung im Rahmen des Regelenergiemarktes nicht ausreicht, um Erzeugung und Verbrauch in Einklang zu bringen. Reicht sie ebenfalls nicht aus, greift die MRL. Beide Arten Regelenergie werden jeweils am Vortag um 9 Uhr ausgeschrieben. Dabei können Erzeuger entweder zusätzliche Kraftwerksleistung anbieten (positive Regelenergie) oder Kraftwerksbetreiber sowie Großverbraucher die Erzeugung herunterfahren oder den Verbrauch drosseln (negative Regelenergie).

Warum die Präqualifizierung anspruchsvoll ist

Borkum Riffgrund 1 hat sich nun mit zunächst insgesamt 30 MW für die negative SRL und MRL qualifiziert, so Kai Becker von E2M. Das heißt, es wird darauf geboten, entsprechend weniger Strom aus dem Windpark einzuspeisen, als den Wetterprognosen zufolge möglich wäre. Aber die Partner dächten bereits auch über positive Regelleistung nach, ebenfalls zur Frequenzhaltung. Dieses Marktsegment ist für die wetterabhängigen Wind- und Solarkraftwerke bisher praktisch verschlossen. Auch Momentanreserve, eine andere Systemdienstleistung, wollen E2M und Oersted künftig erbringen. Blindleistung allerdings bleibt zunächst außen vor.

Für die Bereitstellung gibt es mit dem Zuschlag ein Leistungsentgelt, für einen eventuellen Abruf am Folgetag ein Arbeitsentgelt. Eine entsprechende Windparkscheibe wurde an das virtuelle Kraftwerk von E2M angebunden. Dieses steuert 5.000 technische Einheiten in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 3.880 MW und vermarktet so jährlich 15 Mrd. kWh Grünstrom in verschiedenen Märkten.

Die Herausforderung für die Präqualifizierung sei, Ralf Feldmann, Head of Revenue Management bei Oersted Deutschland, so gute Wind- und Verfügbarkeitsprognosen zu verwenden, dass Borkum Riffgrund 1 die negative Regelleistung zwischen 15 und 39 Stunden nach der ÜNB-Ausschreibung sicher erbringen kann. Hierzu müssten auch Abschattungseffekte aus dem eigenen Windpark und von benachbarten Windfarmen präzise berechnet werden. 

Der Regelenergiemarkt sei für die Partner lukrativ, versicherte Feldmann, ohne Preiserwartungen zu nennen: "Flexibilität ist derzeit die härteste Währung am Energiemarkt, und wir glauben, dass dies noch zunimmt."

Donnerstag, 19.05.2022, 14:19 Uhr
Georg Eble

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