E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Wasserstoff - Österreich präsentiert seine Wasserstoffstrategie
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Wasserstoff

Österreich präsentiert seine Wasserstoffstrategie

Bis 2030 sollen in der Alpenrepublik Elektrolyseure mit 1.000 MW Gesamtleistung entstehen. Sie sollen das Gros des Industriebedarfs decken. Importe bleiben notwendig − bloß woher?
Die seit langem angekündigte „Wasserstoffstrategie für Österreich“ haben Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (parteilos, auf ÖVP-Ticket) am 2. Juni in Wien präsentiert.

Im Wesentlichen verfolgt die 60 Seiten lange Strategie fünf Ziele:
  • Erstens sollen bis 2030 Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von 1.000 MW errichtet werden, die jährlich „grünen“ Wasserstoff mit einem Energiegehalt von etwa 4 Mrd. kWh erzeugen können. „Unter Annahme eines Betriebs von rund 5.000 Volllaststunden im Jahr, kann weitgehend der aktuelle industrielle Bedarf an Wasserstoff in Österreich gedeckt werden“, heißt es in der Strategie. Jedenfalls sei geplant, bis zu 80 % des derzeit aus Erdgas erzeugten und damit „blauen“ Wasserstoffs durch sein „grünes“ Gegenstück zu ersetzen, konstatierte Gewessler.
     
  • Zweitens plant die Bundesregierung die „Schaffung eines Unterstützungsrahmens für die Produktion“. Bestehen soll dieser unter anderem aus Investitionsförderungen für Elektrolyseure von 40 Mio. Euro pro Jahr bis einschließlich 2030 sowie niedrigeren Stromnetztarifen für die betreffenden Anlagen. Ferner wird der Strategie zufolge „eine Quote für den Absatz erneuerbarer Gase am österreichischen Gasmarkt eingeführt“.
     
  • Das dritte Ziel besteht in der Anpassung der Erdgas-Transportinfrastruktur an Wasserstoff. Näheres dazu will Gewessler im integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan (NIP) festlegen, dessen Veröffentlichung für 2023 angekündigt ist. In der Strategie heißt es: Die „Errichtung neuer Wasserstoffleitungen wird dort geprüft, wo es an entsprechender Infrastruktur mangelt und eine Wasserstoffinfrastruktur für die Dekarbonisierung notwendig ist. Dabei ist vor allem die Einbettung in eine gesamteuropäische Infrastrukturentwicklung zu beachten“.
     
  • Österreich wird für seinen Restbedarf auf Importe angewiesen sein. Für 2040, das Jahr, in dem das Land laut dem Wiener Arbeitsprogramm „klimaneutral“ sein soll, wird dieser auf 16 bis 25 Mrd. kWh geschätzt. Woher die Einfuhren kommen sollen, ist der Strategie zufolge „noch unklar“. Jedenfalls müsse „auf europäischer Ebene langfristig eine Deckung des Bedarfs an klimaneutralem Wasserstoff und ein paneuropäischer Handel ermöglicht werden. Zu diesem Zweck soll ein nationaler und einen EU-Markt für Herkunftsnachweise und Zertifizierungen für Gase etabliert werden.
     
  • Fünftens schließlich sollen Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstoff-Technologien intensiviert werden. Dies betrifft Produktion und Speicherung ebenso wie Transport und Anwendung, und an der Stelle ist wiederum von „erheblichen Exportpotentiale(n) dieser Zukunftstechnologien“ die Rede. Und weiter: „In diesem Zusammenhang können spezielle unerschlossene Technologien und Nischenanwendungen eine besondere Rolle zur Etablierung eines First-Mover-Vorteils am internationalen Markt spielen.“
Nicht für Heizzwecke

Als primäre Einsatzbereiche grünen Wasserstoffs in Österreich nennt die Strategie die Chemieindustrie und die Stahlbranche, ferner Gaskraftwerke, die die wetterbedingt schwankende Ökostromproduktion ausgleichen, sowie den Flug- und den Schiffsverkehr. Wohnräume zu beheizen, sei dem gegenüber „ineffizient“.

„Task Force“ zur Umsetzung

Zur Umsetzung der Strategie wird die Wiener Bundesregierung eine „Taskforce aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Ministerien“ einrichten, die mindestens jährlich tagt. Etabliert wird überdies eine Plattform mit der Bezeichnung H2Austria, die dem „regelmäßigen Dialog zwischen relevanten Stakeholdern sowie Entscheidungsträgern für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie“ dient. Von 2023 an soll das Energieministerium dem Bundesparlament alle zwei Jahre einen Fortschrittsbericht vorlegen.

Insgesamt werde Österreich bis 2030 eine halbe Milliarde Euro für die Implementierung der Strategie aufwenden, kündigte Gewessler an: „Grüner Wasserstoff hilft uns, Erdgas zu ersetzen.“ Erneut beschuldigte die Ministerin in diesem Zusammenhang Russland, Erdgas „als Waffe“ einzusetzen und Österreich sowie die EU zu „erpressen“.

Was Österreich selbst betrifft, hatte Gewessler in den vergangenen Wochen immer wieder bestätigt, der russische Gaskonzern Gazprom halte sämtliche Lieferverpflichtungen ein. Es gebe keine Anzeichen für eine Änderung.

Freitag, 3.06.2022, 08:21 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Wasserstoff - Österreich präsentiert seine Wasserstoffstrategie
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Wasserstoff
Österreich präsentiert seine Wasserstoffstrategie
Bis 2030 sollen in der Alpenrepublik Elektrolyseure mit 1.000 MW Gesamtleistung entstehen. Sie sollen das Gros des Industriebedarfs decken. Importe bleiben notwendig − bloß woher?
Die seit langem angekündigte „Wasserstoffstrategie für Österreich“ haben Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (parteilos, auf ÖVP-Ticket) am 2. Juni in Wien präsentiert.

Im Wesentlichen verfolgt die 60 Seiten lange Strategie fünf Ziele:
  • Erstens sollen bis 2030 Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von 1.000 MW errichtet werden, die jährlich „grünen“ Wasserstoff mit einem Energiegehalt von etwa 4 Mrd. kWh erzeugen können. „Unter Annahme eines Betriebs von rund 5.000 Volllaststunden im Jahr, kann weitgehend der aktuelle industrielle Bedarf an Wasserstoff in Österreich gedeckt werden“, heißt es in der Strategie. Jedenfalls sei geplant, bis zu 80 % des derzeit aus Erdgas erzeugten und damit „blauen“ Wasserstoffs durch sein „grünes“ Gegenstück zu ersetzen, konstatierte Gewessler.
     
  • Zweitens plant die Bundesregierung die „Schaffung eines Unterstützungsrahmens für die Produktion“. Bestehen soll dieser unter anderem aus Investitionsförderungen für Elektrolyseure von 40 Mio. Euro pro Jahr bis einschließlich 2030 sowie niedrigeren Stromnetztarifen für die betreffenden Anlagen. Ferner wird der Strategie zufolge „eine Quote für den Absatz erneuerbarer Gase am österreichischen Gasmarkt eingeführt“.
     
  • Das dritte Ziel besteht in der Anpassung der Erdgas-Transportinfrastruktur an Wasserstoff. Näheres dazu will Gewessler im integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan (NIP) festlegen, dessen Veröffentlichung für 2023 angekündigt ist. In der Strategie heißt es: Die „Errichtung neuer Wasserstoffleitungen wird dort geprüft, wo es an entsprechender Infrastruktur mangelt und eine Wasserstoffinfrastruktur für die Dekarbonisierung notwendig ist. Dabei ist vor allem die Einbettung in eine gesamteuropäische Infrastrukturentwicklung zu beachten“.
     
  • Österreich wird für seinen Restbedarf auf Importe angewiesen sein. Für 2040, das Jahr, in dem das Land laut dem Wiener Arbeitsprogramm „klimaneutral“ sein soll, wird dieser auf 16 bis 25 Mrd. kWh geschätzt. Woher die Einfuhren kommen sollen, ist der Strategie zufolge „noch unklar“. Jedenfalls müsse „auf europäischer Ebene langfristig eine Deckung des Bedarfs an klimaneutralem Wasserstoff und ein paneuropäischer Handel ermöglicht werden. Zu diesem Zweck soll ein nationaler und einen EU-Markt für Herkunftsnachweise und Zertifizierungen für Gase etabliert werden.
     
  • Fünftens schließlich sollen Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstoff-Technologien intensiviert werden. Dies betrifft Produktion und Speicherung ebenso wie Transport und Anwendung, und an der Stelle ist wiederum von „erheblichen Exportpotentiale(n) dieser Zukunftstechnologien“ die Rede. Und weiter: „In diesem Zusammenhang können spezielle unerschlossene Technologien und Nischenanwendungen eine besondere Rolle zur Etablierung eines First-Mover-Vorteils am internationalen Markt spielen.“
Nicht für Heizzwecke

Als primäre Einsatzbereiche grünen Wasserstoffs in Österreich nennt die Strategie die Chemieindustrie und die Stahlbranche, ferner Gaskraftwerke, die die wetterbedingt schwankende Ökostromproduktion ausgleichen, sowie den Flug- und den Schiffsverkehr. Wohnräume zu beheizen, sei dem gegenüber „ineffizient“.

„Task Force“ zur Umsetzung

Zur Umsetzung der Strategie wird die Wiener Bundesregierung eine „Taskforce aus Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Ministerien“ einrichten, die mindestens jährlich tagt. Etabliert wird überdies eine Plattform mit der Bezeichnung H2Austria, die dem „regelmäßigen Dialog zwischen relevanten Stakeholdern sowie Entscheidungsträgern für die Umsetzung der Wasserstoffstrategie“ dient. Von 2023 an soll das Energieministerium dem Bundesparlament alle zwei Jahre einen Fortschrittsbericht vorlegen.

Insgesamt werde Österreich bis 2030 eine halbe Milliarde Euro für die Implementierung der Strategie aufwenden, kündigte Gewessler an: „Grüner Wasserstoff hilft uns, Erdgas zu ersetzen.“ Erneut beschuldigte die Ministerin in diesem Zusammenhang Russland, Erdgas „als Waffe“ einzusetzen und Österreich sowie die EU zu „erpressen“.

Was Österreich selbst betrifft, hatte Gewessler in den vergangenen Wochen immer wieder bestätigt, der russische Gaskonzern Gazprom halte sämtliche Lieferverpflichtungen ein. Es gebe keine Anzeichen für eine Änderung.

Freitag, 3.06.2022, 08:21 Uhr
Klaus Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.