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Zweieinhalb Wochen vor der Parlamentswahl bringt die Partei von Energieministerin Gewesslers zwei bekannte Gesetzesprojekte erneut vor und fordert einen „Industriestrompreis“.
Energieministerin Leonore Gewessler und Vizekanzler Werner Kogler (beide Grüne) präsentierten am 12. September und damit zweieinhalb Wochen vor der Parlamentswahl am 29. September ein sogenanntes „Energiewendepaket 2.0“, das sie als „beschlussreif“ bezeichneten. Das Paket besteht aus drei Vorhaben: dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), dem Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetzes (EABG) sowie einer Novelle des Stromkosten-Ausgleichsgesetzes (SAG), mit der ein „Industriestrompreis“ eingeführt werden soll.
Tatsächlich beschlussreif ist davon jedoch allenfalls das ElWG. Für das im Januar 2023 angekündigte EABG legten die Grünen und ihr Koalitionspartner auf Bundesebene, die konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP), bis dato keinen offiziellen Entwurf vor. Bekannt sind nur die Inhalte der seinerzeitigen Punktation der Bundesregierung sowie die Ausführungen von Vertretern des Energieministeriums (BMK) bei Energiekonferenzen und sonstigen einschlägigen Veranstaltungen.
Nicht bei null beginnen
Die SAG-Novelle schließlich existiert bislang nur als Idee, räumten Gewessler und Kogler auf Nachfrage ein. Dennoch konstatierte Kogler, das Paket diene der „Sicherung des Industriestandorts und damit zehntausender Arbeitspätze“. Es liege nun „an den anderen Parteien, diesem Energiewendeturbo für die österreichischen Unternehmen zuzustimmen“.
Kogler und Gewessler gestanden zu, dass dies kaum noch vor der Parlamentswahl erfolgen dürfte. Es gehe jedoch darum, in der kommenden Legislaturperiode insbesondere beim ElWG und beim EABG nicht wieder bei null zu beginnen, sondern auf dem Vorhandenen aufzubauen und die beiden Gesetze möglichst rasch zu beschließen. Dies sei auch der Wunsch der Energiewirtschaft. Auf die Frage der Redaktion, ob das Paket letztlich dem Wahlkampf geschuldet sei, gingen Kogler und Gewessler nicht ein.
Umstrittene SAG-NovelleZur geplanten SAG-Novelle hieß es in einer Pressevertretern am 12. September übermittelten Unterlage, deren Ziel sei eine „vernünftige Anpassung“ des Gesetzes sowie seine „Verlängerung bis 2030“. In seiner derzeitigen Fassung diente das SAG dazu, Industrieunternehmen, die am EU-Emissionshandel teilnehmen, den Großteil ihrer sogenannten „indirekten CO2-Kosten“ im Jahr 2022 zu ersetzen.
Der Hintergrund: Anders als die Industriebetriebe müssen die Energieversorger, die am EU-Emissionshandel teilnehmen, entsprechende Zertifikate erwerben. Die Kosten dafür verrechnen sie, so weit möglich, ihren Kunden von den Haushalten bis zur Industrie weiter, nicht zuletzt in Form höherer Strompreise. Damit entstehen den Kunden die genannten „indirekten CO2-Kosten“.
Für das Jahr 2022 ersetzte der Bund den am EU-Emissionshandel teilnehmenden Industriebetrieben 75
Prozent dieser Kosten, was als „Stromkosten-Ausgleich“ (SAG) bezeichnet wird. Die Grünen planen nun offenbar, diesen „Ausgleich“ unter dem Titel „Industriestrompreis“ bis einschließlich 2030 zu verlängern, wie dies Interessenverbände der Industrie seit langem fordern.
Regierungsintern war diese Forderung lange Zeit umstritten. Ursprünglich lehnte die ÖVP die Verlängerung des SAG für die Jahre 2023 und 2024 aus budgetären Gründen ab. In ihrem nunmehrigen Programm zur Parlamentswahl am 29. September findet sich indessen die Forderung, ihn bis 2030 auszuweiten. Gleichzeitig wirft die ÖVP in ihrer Kommunikation zur Wahl den Grünen vor, dies zu blockieren. Seit dem Vorstoß der Grünen vom 12. September ist dieser Vorwurf wohl nicht mehr haltbar.
Gasversorgung sicherAm Rande der Präsentation des „Energiewendepaket 2.0“ gingen Gewessler und Kogler auf die Frage der Redaktion nach der Zukunft der Gasimporte Österreichs aus Russland ein. Bekanntlich läuft der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine mit 31. Dezember aus. Gewessler teilte der Redaktion mit, die Regierung habe alles getan, um die Gasversorgung Österreichs zu sichern. Nun sei diese gesichert. Es gebe auf dem europäischen Markt genug „nichtrussisches“ Gas, um den auf etwa 8,5
Milliarden Kubikmeter geschätzten Jahresbedarf von Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft zu decken.
Ferner habe insbesondere der Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV Kapazitäten auf jenen grenzüberschreitenden Fernleitungen gebucht, die Gaseinfuhren via Deutschland und Italien ermöglichen. Die OMV ist der weitaus größte Gasimporteur Österreichs. Zu ihren Kunden zählen die meisten Betreiber von Gaskraftwerken. Ob ab 1. Januar 2025 noch Gas aus Russland nach Österreich gelangen werde, wisse sie nicht, beschied Gewessler.
Freitag, 13.09.2024, 11:37 Uhr
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