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Energie & Management > Österreich - Österreich beschließt staatliche Gasreserve
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Österreich beschließt staatliche Gasreserve

Vom 1. November an soll genug Gas bereitstehen, um sämtliche österreichischen Kunden und Kundinnen einen Monat lang zu versorgen. Die Kosten trägt der Staat.
Die Beschaffung einer strategischen Gasreserve für Österreich durch den Staat hat der Nationalrat, die erste Kammer des Bundesparlaments, am 24. März beschlossen. Zustimmung erhielt der Antrag von der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der Angeordneten. Für ihn stimmten die Regierungsparteien (ÖVP und Grüne) ebenso wie die SPÖ und die rechtsgerichtete FPÖ.

Lediglich die liberalen Neos lehnten ihn als zu wenig weitgehend ab. Vertreterinnen und Vertreter der kleinsten Fraktion im Nationalrat sprachen von einer „Symptombekämpfung“, die an der „Abhängigkeit“ von russischem Gas nichts ändere. Tatsächlich ist die Abhängigkeit wechselseitig: Ebenso, wie Österreich das Gas benötigt, benötigt Russland die Einnahmen aus dessen Export. 

Die Gasreserve soll vom 1. November 2022 an verfügbar sein. Laut dem Beschluss hat die Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), die für die übergeordnete Steuerung der Gasflüsse in Österreich zuständig ist, eine Tochtergesellschaft zu gründen. Diese hat die Aufgabe, die notwendigen Gasmengen auf Kosten des Bundes zu beschaffen und vorzuhalten.

​Regulierer legt Volumen fest

Die Größe der Reserve bestimmt grundsätzlich die Energiemarkt-Regulierungsbehörde E-Control. Sie hat alljährlich zu erheben, wie viel Gas in Österreich im Januar benötigt wurde, und diese Menge bis spätestens 1. März bekanntzugeben. In diesem Jahr handelt es sich um 12,6 Mrd. kWh. Die Kosten dafür dürften sich nach Angaben von Parlamentariern auf etwa 1,6 bis 2,0 Mrd. Euro belaufen. Wie der Pressedienst des Parlaments mitteilte, kann die Bundesregierung den Umfang der Reserve per Verordnung ändern. Sie benötigt dazu jedoch die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, der seine Beschlüsse mit Zweidrittelmehrheit fasst.

Freigabe nur durch Ministerium

Die Freigabe der Reserve obliegt dem Energieministerium - derzeit mit der Grünen Leonore Gewessler an der Spitze - und ist ausschließlich im Krisenfall beziehungsweise „Energielenkungsfall“ möglich. Laut dem Energielenkungsgesetz handelt es sich dabei im Wesentlichen um eine unmittelbar drohende bzw. bereits eingetretene Störung der österreichischen Energieversorgung, die keine „saisonale Verknappungserscheinung“ - Stichwort niedriger Füllstand der Gasspeicher am Ende des Winters – darstellt und die nicht mit Marktmechanismen behoben werden kann. In diesem Fall hat die Energieministerin den Energielenkungsbeirat einzuberufen und in der Folge eine Verordnung zur Freigabe der Reserve zu erlassen.

Laut der Parlamentskorrespondenz gelten die Bestimmungen zur strategischen Gasreserve vorerst bis zum 30. September 2025. Rechtzeitig vor diesem Termin sind sie zu evaluieren. Nicht geändert werden durch die Einführung der strategischen Gasreserve die Pflichten der Gasversorger gemäß der Gasversorgungssicherheits-Verordnung der EU („SOS-Verordnung“ 2017/1938). Dieser zufolge müssen die Versorger grob gesprochen Maßnahmen setzen, um ihre Kunden auch beim Ausfall der „größten einzelnen Gasinfrastruktur“ mindestens 30 Tage lang versorgen zu können. 

Warum die SPÖ-Opposition zustimmt

Vertreter der Regierungsparteien konstatierten, es müsse „gehandelt werden, damit im nächsten Winter genügend Gasreserven vorhanden sind“. Die Reserve werde ausschließlich dann verwendet, wenn es zu einem Energielenkungsfall komme und kein Gas mehr ströme. Der Energiesprecher der SPÖ, Alois Schroll, bezeichnete die strategische Gasreserve als „wichtiges und noch fehlendes Instrument, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“. Er habe darauf geachtet, die Kleinkunden und Kleinkundinnen nicht mit der Finanzierung der Reserve zu belasten.

Biomasse-Lobby: Alternative wird ignoriert

Heftige Kritik kam vom Österreichischen Kompost- und Biogasverband. Die Novelle belaste den Staatshaushalt und biete „keinerlei Vision für die Zukunft“. Mittelfristig könne Österreich mit organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Holzwirtschaft“ rund 40 % des aktuellen Gasbedarfs decken. Notwendig sei daher, endlich das seit langem ausständige „Erneuerbare-Gase-Gesetz“ zu beschließen. 

 

Freitag, 25.03.2022, 13:28 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Österreich beschließt staatliche Gasreserve
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Österreich
Österreich beschließt staatliche Gasreserve
Vom 1. November an soll genug Gas bereitstehen, um sämtliche österreichischen Kunden und Kundinnen einen Monat lang zu versorgen. Die Kosten trägt der Staat.
Die Beschaffung einer strategischen Gasreserve für Österreich durch den Staat hat der Nationalrat, die erste Kammer des Bundesparlaments, am 24. März beschlossen. Zustimmung erhielt der Antrag von der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der Angeordneten. Für ihn stimmten die Regierungsparteien (ÖVP und Grüne) ebenso wie die SPÖ und die rechtsgerichtete FPÖ.

Lediglich die liberalen Neos lehnten ihn als zu wenig weitgehend ab. Vertreterinnen und Vertreter der kleinsten Fraktion im Nationalrat sprachen von einer „Symptombekämpfung“, die an der „Abhängigkeit“ von russischem Gas nichts ändere. Tatsächlich ist die Abhängigkeit wechselseitig: Ebenso, wie Österreich das Gas benötigt, benötigt Russland die Einnahmen aus dessen Export. 

Die Gasreserve soll vom 1. November 2022 an verfügbar sein. Laut dem Beschluss hat die Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), die für die übergeordnete Steuerung der Gasflüsse in Österreich zuständig ist, eine Tochtergesellschaft zu gründen. Diese hat die Aufgabe, die notwendigen Gasmengen auf Kosten des Bundes zu beschaffen und vorzuhalten.

​Regulierer legt Volumen fest

Die Größe der Reserve bestimmt grundsätzlich die Energiemarkt-Regulierungsbehörde E-Control. Sie hat alljährlich zu erheben, wie viel Gas in Österreich im Januar benötigt wurde, und diese Menge bis spätestens 1. März bekanntzugeben. In diesem Jahr handelt es sich um 12,6 Mrd. kWh. Die Kosten dafür dürften sich nach Angaben von Parlamentariern auf etwa 1,6 bis 2,0 Mrd. Euro belaufen. Wie der Pressedienst des Parlaments mitteilte, kann die Bundesregierung den Umfang der Reserve per Verordnung ändern. Sie benötigt dazu jedoch die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, der seine Beschlüsse mit Zweidrittelmehrheit fasst.

Freigabe nur durch Ministerium

Die Freigabe der Reserve obliegt dem Energieministerium - derzeit mit der Grünen Leonore Gewessler an der Spitze - und ist ausschließlich im Krisenfall beziehungsweise „Energielenkungsfall“ möglich. Laut dem Energielenkungsgesetz handelt es sich dabei im Wesentlichen um eine unmittelbar drohende bzw. bereits eingetretene Störung der österreichischen Energieversorgung, die keine „saisonale Verknappungserscheinung“ - Stichwort niedriger Füllstand der Gasspeicher am Ende des Winters – darstellt und die nicht mit Marktmechanismen behoben werden kann. In diesem Fall hat die Energieministerin den Energielenkungsbeirat einzuberufen und in der Folge eine Verordnung zur Freigabe der Reserve zu erlassen.

Laut der Parlamentskorrespondenz gelten die Bestimmungen zur strategischen Gasreserve vorerst bis zum 30. September 2025. Rechtzeitig vor diesem Termin sind sie zu evaluieren. Nicht geändert werden durch die Einführung der strategischen Gasreserve die Pflichten der Gasversorger gemäß der Gasversorgungssicherheits-Verordnung der EU („SOS-Verordnung“ 2017/1938). Dieser zufolge müssen die Versorger grob gesprochen Maßnahmen setzen, um ihre Kunden auch beim Ausfall der „größten einzelnen Gasinfrastruktur“ mindestens 30 Tage lang versorgen zu können. 

Warum die SPÖ-Opposition zustimmt

Vertreter der Regierungsparteien konstatierten, es müsse „gehandelt werden, damit im nächsten Winter genügend Gasreserven vorhanden sind“. Die Reserve werde ausschließlich dann verwendet, wenn es zu einem Energielenkungsfall komme und kein Gas mehr ströme. Der Energiesprecher der SPÖ, Alois Schroll, bezeichnete die strategische Gasreserve als „wichtiges und noch fehlendes Instrument, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“. Er habe darauf geachtet, die Kleinkunden und Kleinkundinnen nicht mit der Finanzierung der Reserve zu belasten.

Biomasse-Lobby: Alternative wird ignoriert

Heftige Kritik kam vom Österreichischen Kompost- und Biogasverband. Die Novelle belaste den Staatshaushalt und biete „keinerlei Vision für die Zukunft“. Mittelfristig könne Österreich mit organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Holzwirtschaft“ rund 40 % des aktuellen Gasbedarfs decken. Notwendig sei daher, endlich das seit langem ausständige „Erneuerbare-Gase-Gesetz“ zu beschließen. 

 

Freitag, 25.03.2022, 13:28 Uhr
Klaus Fischer

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