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Trotz erheblicher Steigerungen genügen die Ziele der Bundesländer nicht. Auch fehlen etliche Maßnahmen, um sie zu erreichen, kritisiert der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich.
Als „äußerst besorgniserregend“ erachtet der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) das Agieren des Bundes und der neun Bundesländer hinsichtlich des Ökostromausbaus. Das betonte EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig bei einer Pressekonferenz in Wien am 30. Mai. Wie sie erläuterte, will Österreich die Ökostromerzeugung bis 2030 um 27
Milliarden kWh/Jahr oder rund 50
Prozent steigern.
Die kumulierten Ziele der Länder belaufen sich jedoch nur auf rund 23,4
Milliarden kWh. Somit klaffe eine Lücke von rund 3,6
Milliarden kWh, konstatierte Prechtl-Grundnig unter Berufung auf Berechnungen der Österreichischen Energieagentur (AEA) im Auftrag von EEÖ. Davon entfallen 1,8
Milliarden kWh auf die Wasserkraft, 1,0
Milliarden kWh auf die Windenergie sowie 0,8
Milliarden kWh auf die Stromproduktion mittels Biomasse. Einzig bei der Photovoltaik liegen die Länderziele mit rund 15,6
Milliarden kWh deutlich über dem geplanten Ausbau um 11 Milliarden
kWh auf 13,0
Milliarden kWh.
Zwar hätten die Länder ihre Ziele seit 2021 erheblich gesteigert, erläuterte Prechtl-Grundnig. Damals belief sich die Lücke noch auf 16,3
Mrd. kWh, also etwa viereinhalb mal so viel wie derzeit. Doch dürften die 27
Milliarden kWh laut Prechtl-Grundnig nicht ausreichen, um, wie vorgesehen, Österreichs kontinuierlich steigenden jährlichen Strombedarf bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken.
Wie viel Ökostrom 2030 für eine bilanzielle Vollversorgung nötig wäre, ist Prechtl-Grundnig zufolge schwer zu sagen. Sie geht davon aus, dass der in Erarbeitung befindliche Nationale Klima- und Energieplan (NEKP) diesbezügliche Zahlen enthält. Der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Windkraft (IG Windkaft), Stefan Moidl, erwartet, dass allein Windkraftanlagen mit einer Erzeugung von etwa 23 bis 24
Milliarden kWh errichtet werden müssen. Für die angestrebte „Klimaneutralität“ Österreichs im Jahr 2040 seien sogar rund 40
Milliarden kWh nötig.
Möglich wäre dieser Ausbau Moidl zufolge allemal: „Wir nutzen zurzeit rund 0,2
Prozent der Fläche Österreichs für die Stromerzeugung mittels Windkraft. Wären es, wie in Deutschland, 2
Prozent, könnten wir rund 83
Milliarden kWh pro Jahr produzieren.“ Zum Vergleich: Der Strombedarf in Österreich liegt zurzeit bei etwa 70
Milliarden kWh. Prechtl-Grundnig konstatierte, letzten Endes müsse das gesamte Ökostrompotenzial Österreichs sukzessive gehoben werden. Dementsprechend seien die jeweiligen Ausbauziele regelmäßig zu aktualisieren und zu erhöhen.
Keine Ziele ohne MittelDoch immer noch ambitioniertere Ziele helfen wenig, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden, um diese zu erreichen. Und diesbezüglich liegt den Mitgliedern von EEÖ zufolge mancherlei im Argen. Laut Vera Immitzer, der Geschäfsführerin des Dachverbands Photovoltaic Austria (PV Austria), dauern die Genehmigungsverfahren oftmals unnötig lange. Die Ausweisung von Freiflächen für die Errichtung von PV-Anlagen erfolge „zögerlich“, und der Ausbau der Stromnetze komme ebenfalls nicht schnell genug voran. Manche Bundesländer wiederum wiesen zwar Freiflächen relativ „großzügig“ aus, seien aber bei den Kriterien für die Genehmigung von Anlagen auf Dächern „sehr streng“.
Wichtig wäre laut Immitzer daher, das Anfang des Jahres von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) rasch zur Begutachtung auszusenden und im Parlament zu beschließen. Dieses bezieht sich auf Anlagen, die aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Größe keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) benötigen. Geplant ist, die Regierungsoberhäupter der Bundesländer mit der Genehmigung derartiger Anlagen zu betrauen und die Vorgaben für die Genehmigung so weit wie möglich zu vereinheitlichen.
Debatten um EinspeisebegrenzungPositiv sieht Immitzer die im Bundesland Salzburg geplante Einschränkung der Einspruchsrechte der Landesumweltanwaltschaft in Genehmigungsverfahren. Zwar sind die Details noch offen, aber grundsätzlich „wäre das sicher hilfreich“, konstatierte Immitzer gegenüber der Redaktion. Im Laufen sind ihr zufolge Diskussionen mit den Verteilnetzbetreibern über deren Wunsch, die Einspeiseleistung der an ihre Netze angeschlossenen PV-Anlagen auf maximal 70 Prozent der Anlagenleistung zu begrenzen.
„Das soll laut den Netzbetreibern generell gelten, also auch dann, wenn die Situation im jeweiligen Netz nicht kritisch ist“, schilderte Immitzer der Redaktion. Damit könne sich die Branche nicht anfreunden. Auch sei eine solche Regel in Deutschland erst kürzlich abgeschafft worden. Sehr wohl denkbar sind laut Immitzer zeitweilige Begrenzungen der Einspeiseleistung – freilich unter angemessenen Bedingungen.
Dienstag, 30.05.2023, 13:40 Uhr
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