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Energie & Management > Ukraine-Krise - NRW will sich Offshore-Windstrom sichern
Quelle: RWE
Ukraine-Krise

NRW will sich Offshore-Windstrom sichern

Um die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu verringern, wollen NRW und Niedersachsen eine "gemeinsame Offshore-Perspektive entwickeln". Was das heißt, blieb unklar.
Das Bundesland mit der größten Grünstrom-Erzeugung und das Land mit dem höchsten Energieverbrauch wollen bei der Offshore-Windkraft stärker zusammenarbeiten, um von russischen Kohlenwasserstoffen wegzukommen. Man habe "vereinbart, eine gemeinsame Offshore-Perspektive zu entwickeln", sagte NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) am 7. März in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem niedersächsischen Kollegen Olaf Lies (SPD).

Pinkwart zufolge geht es bei der Initiative darum, "gemeinsam schnell" weitere "Energiekorridore" von den künftigen Windparks in der niedersächsischen Nordsee und von künftigen Produktionsstätten grünen Wasserstoffs in Richtung NRW zu planen und diese auch "schnell (zu) bauen".

Worin die Zusammenarbeit unter dem Arbeitstitel "Offshore-Achse" bestehen soll, blieb unklar, zumal der NRW-Ressortchef ausdrücklich anerkannte, dass die länderübergreifenden Höchstpannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ), die den Windstrom von der See in die Verbrauchszentren südwärts bringen sollen, ausschließlich vom Bund geplant werden. Die beiden Länder wollten den Bund darin "unterstützen", ergänzte Pinkwart. Von Verwaltungsvereinbarungen oder beispielsweise einer abgestimmten Raumordnung war nicht die Rede.

Olaf Lies kündigte an, dass Niedersachsen im dritten Quartal ein neues Raumordnungsprogramm für einen zusätzlichen Energiekorridor verabschiede. Das Verfahren könne landseitig bis Anfang/Mitte 2023 abgeschlossen sein.

Mehr Offenheit rund um Nationalpark

Nach den Vorstellungen des SPD-Politikers muss es beim Netzzubau einen Paradigmenwechsel geben:
  • Statt einzelne WIndparks mit bisher jeweils 900 MW und neuerdings je 2.000 MW anbinden zu wollen, müsse vom Ziel des Koalitionsvertrages her geplant werden, 70.000 MW im Jahr 2045 zu erreichen.
  • Ziel müsse ein europäisch in sogenannten Multiterminals vermaschtes Strom- und Wasserstoffleitungs-Netz sein, statt pro Windpark eine Anbindung zu planen. Lies: "Das Totsynchronisieren der Vergangenheit wird nicht funktionieren."
  • Zusätzliche parallele Leitungen sollten in Vorwegnahme mitgeplant werden, statt "Jahr für Jahr eine Leitung in dem Wissen zu legen, dass die Kapazität schon überholt ist, sie zuzugraben und im Folgejahr daneben wieder aufzugraben, sonst machen wir die Menschen wahnsinnig." Olaf Lies: "Ich lasse lieber gleich drei Leerrohre in Richtung Nordrhein-Westfalen verlegen."
  • Der Energieminister forderte zusätzliche Offshore-Flächen im Küstenmeer und auf der deutschen Doggerbank sowie mehr Ko-Nutzung mit der Marine und der Fischerei auf der Basis frühzeitiger Gespräche. Auf eine Journalistenfrage schloss Lies zwar einen Windpark direkt im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer aus, signalisierte aber mehr Offenheit für Projekte in der Nähe, nicht zuletzt in der holländischen Nachbarschaft, gegen die Niedersachsen bis dato Widerstand geleistet hatte.
  • "Wenn wir nur darauf warten, dass das BSH die Flächen (für Offshore-Windparks) voruntersucht, wird das nichts werden", erklärte Lies mit Blick auf das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie.
NRW-Vizeministerpräsident Pinkwart meldete für sein Land für 2045 Bedarf an 20.000 MW Offshore-Windstrom an, um Industrieprozesse zu dekarbonisieren und den fortschreitenden Kohleausstieg zu flankieren. Auch den Beschluss Niedersachsens, zwei LNG(Flüssigerdgas)-Terminals für nichtrussische Erdgas-Anlandungen zu errichten, begrüßte Pinkwart.

Mehr Gas aus Benelux

Nordrhein-Westfalen habe angesichts des russischen Krieges auch Interesse an einem längeren Gasbezug aus Holland und Belgien. Mit beiden Nachbarstaaten sei man zusammen mit Niedersachsen hierüber im Gespräch. Holland wollte wegen der Erdbebengefahr von Oktober 2022 an kein Groningengas mehr exportieren. Der bisherige Drosselungspfad ist aber wegen starker Importnachfrage überholt.

​Uneinig zu AKW - aber andere Töne

Die Einigkeit der beiden Landespolitiker aus unterschiedlichen politischen Lagern, die sich gegenseitig duzen, hatte jüngst bei der Forderung Pinkwarts geendet, wegen der Ukraine-Krise über längere Laufzeiten von AKW nachzudenken. Olaf Lies hatte dies ausgeschlossen. In der Pressekonferenz formulierte er seine Ablehnung so: Es sei legitim angesichts des Krieges im Osten, auch dies zu prüfen, abzuwägen und rechtlich zu bewerten. Er halte es schon für einen Fortschritt, dass die politischen Lager beim Atom-Thema "nicht in automatische Reflexe zurückfallen". Niedersachsen, das mit Grohnde über ein jüngst abgeschaltetes und mit Emsland um eines der letzten, Ende 2022 abzuschaltenden AKW verfügt, komme zum Schluss, dass eine Laufzeitverlängerung "so viele Probleme" schaffe und Kräfte binde, dass sie den Aufwand nicht wert sei.

Die Probleme sehe er durchaus auch, erwiderte Pinkwart, zumal es anderthalb bis zwei Jahre dauern würde, bis einige AKW reaktiviert seien und Betreiber wohl auch nur dazu bereit wären, wenn sie dann bis zum Ende der Dekade weiterliefen.

Dienstag, 8.03.2022, 14:14 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Ukraine-Krise - NRW will sich Offshore-Windstrom sichern
Quelle: RWE
Ukraine-Krise
NRW will sich Offshore-Windstrom sichern
Um die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu verringern, wollen NRW und Niedersachsen eine "gemeinsame Offshore-Perspektive entwickeln". Was das heißt, blieb unklar.
Das Bundesland mit der größten Grünstrom-Erzeugung und das Land mit dem höchsten Energieverbrauch wollen bei der Offshore-Windkraft stärker zusammenarbeiten, um von russischen Kohlenwasserstoffen wegzukommen. Man habe "vereinbart, eine gemeinsame Offshore-Perspektive zu entwickeln", sagte NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) am 7. März in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem niedersächsischen Kollegen Olaf Lies (SPD).

Pinkwart zufolge geht es bei der Initiative darum, "gemeinsam schnell" weitere "Energiekorridore" von den künftigen Windparks in der niedersächsischen Nordsee und von künftigen Produktionsstätten grünen Wasserstoffs in Richtung NRW zu planen und diese auch "schnell (zu) bauen".

Worin die Zusammenarbeit unter dem Arbeitstitel "Offshore-Achse" bestehen soll, blieb unklar, zumal der NRW-Ressortchef ausdrücklich anerkannte, dass die länderübergreifenden Höchstpannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ), die den Windstrom von der See in die Verbrauchszentren südwärts bringen sollen, ausschließlich vom Bund geplant werden. Die beiden Länder wollten den Bund darin "unterstützen", ergänzte Pinkwart. Von Verwaltungsvereinbarungen oder beispielsweise einer abgestimmten Raumordnung war nicht die Rede.

Olaf Lies kündigte an, dass Niedersachsen im dritten Quartal ein neues Raumordnungsprogramm für einen zusätzlichen Energiekorridor verabschiede. Das Verfahren könne landseitig bis Anfang/Mitte 2023 abgeschlossen sein.

Mehr Offenheit rund um Nationalpark

Nach den Vorstellungen des SPD-Politikers muss es beim Netzzubau einen Paradigmenwechsel geben:
  • Statt einzelne WIndparks mit bisher jeweils 900 MW und neuerdings je 2.000 MW anbinden zu wollen, müsse vom Ziel des Koalitionsvertrages her geplant werden, 70.000 MW im Jahr 2045 zu erreichen.
  • Ziel müsse ein europäisch in sogenannten Multiterminals vermaschtes Strom- und Wasserstoffleitungs-Netz sein, statt pro Windpark eine Anbindung zu planen. Lies: "Das Totsynchronisieren der Vergangenheit wird nicht funktionieren."
  • Zusätzliche parallele Leitungen sollten in Vorwegnahme mitgeplant werden, statt "Jahr für Jahr eine Leitung in dem Wissen zu legen, dass die Kapazität schon überholt ist, sie zuzugraben und im Folgejahr daneben wieder aufzugraben, sonst machen wir die Menschen wahnsinnig." Olaf Lies: "Ich lasse lieber gleich drei Leerrohre in Richtung Nordrhein-Westfalen verlegen."
  • Der Energieminister forderte zusätzliche Offshore-Flächen im Küstenmeer und auf der deutschen Doggerbank sowie mehr Ko-Nutzung mit der Marine und der Fischerei auf der Basis frühzeitiger Gespräche. Auf eine Journalistenfrage schloss Lies zwar einen Windpark direkt im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer aus, signalisierte aber mehr Offenheit für Projekte in der Nähe, nicht zuletzt in der holländischen Nachbarschaft, gegen die Niedersachsen bis dato Widerstand geleistet hatte.
  • "Wenn wir nur darauf warten, dass das BSH die Flächen (für Offshore-Windparks) voruntersucht, wird das nichts werden", erklärte Lies mit Blick auf das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie.
NRW-Vizeministerpräsident Pinkwart meldete für sein Land für 2045 Bedarf an 20.000 MW Offshore-Windstrom an, um Industrieprozesse zu dekarbonisieren und den fortschreitenden Kohleausstieg zu flankieren. Auch den Beschluss Niedersachsens, zwei LNG(Flüssigerdgas)-Terminals für nichtrussische Erdgas-Anlandungen zu errichten, begrüßte Pinkwart.

Mehr Gas aus Benelux

Nordrhein-Westfalen habe angesichts des russischen Krieges auch Interesse an einem längeren Gasbezug aus Holland und Belgien. Mit beiden Nachbarstaaten sei man zusammen mit Niedersachsen hierüber im Gespräch. Holland wollte wegen der Erdbebengefahr von Oktober 2022 an kein Groningengas mehr exportieren. Der bisherige Drosselungspfad ist aber wegen starker Importnachfrage überholt.

​Uneinig zu AKW - aber andere Töne

Die Einigkeit der beiden Landespolitiker aus unterschiedlichen politischen Lagern, die sich gegenseitig duzen, hatte jüngst bei der Forderung Pinkwarts geendet, wegen der Ukraine-Krise über längere Laufzeiten von AKW nachzudenken. Olaf Lies hatte dies ausgeschlossen. In der Pressekonferenz formulierte er seine Ablehnung so: Es sei legitim angesichts des Krieges im Osten, auch dies zu prüfen, abzuwägen und rechtlich zu bewerten. Er halte es schon für einen Fortschritt, dass die politischen Lager beim Atom-Thema "nicht in automatische Reflexe zurückfallen". Niedersachsen, das mit Grohnde über ein jüngst abgeschaltetes und mit Emsland um eines der letzten, Ende 2022 abzuschaltenden AKW verfügt, komme zum Schluss, dass eine Laufzeitverlängerung "so viele Probleme" schaffe und Kräfte binde, dass sie den Aufwand nicht wert sei.

Die Probleme sehe er durchaus auch, erwiderte Pinkwart, zumal es anderthalb bis zwei Jahre dauern würde, bis einige AKW reaktiviert seien und Betreiber wohl auch nur dazu bereit wären, wenn sie dann bis zum Ende der Dekade weiterliefen.

Dienstag, 8.03.2022, 14:14 Uhr
Georg Eble

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