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Energie & Management > Gas - Notfallplan Gas: Habeck ruft Frühwarnstufe aus
Quelle: Shutterstock / Dabarti CGI
Gas

Notfallplan Gas: Habeck ruft Frühwarnstufe aus

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Vorwarnstufe des "Notfallplans Gas" ausgerufen. Die Versorgungssicherheit, so heißt es, sei aber weiter gewährleistet.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, er habe nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung die Europäische Kommission darüber informiert, dass die Bundesregierung die erste Stufe des Notfallplans Gas, die sogenannte Frühwarnstufe, ausgerufen hat. Die Versorgungssicherheit sei aber weiter gewährleistet. Es gebe aktuell auch keine Versorgungsengpässe. "Dennoch müssen wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein", betonte Habeck.

Mit Ausrufung der Frühwarnstufe ist nach Angaben des Ministeriums auch ein Krisenteam zusammengetreten. Es soll die Versorgungslage analysieren und bewerten, sodass wenn nötig weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ergriffen werden können. "Die Bundesregierung tut alles, um die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten", versicherte Habeck.

Die Frage, ob die EU-Kommission anderen Mitgliedsstaaten ein vergleichbares Vorgehen wie Deutschland empfehle, wollte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, in Brüssel nicht beantworten. Die Kommission habe sich auf eine Unterbrechung der russischen Gaslieferungen aber „seit langem vorbereitet“. Man sei auf alles vorbereitet und bereit, beim Umgang mit den Folgen eines Lieferstopps eng mit den Mitgliedsstaaten zusammenzuarbeiten.

Rückzieher bei der Rubel-Zahlung

Ausschlaggebend für die Entscheidung, die Vorwarnstufe zu aktivieren, war wohl die Tatsache, dass Russland darauf beharrt, die Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel zu akzeptieren und gedroht hat, die Lieferungen sonst zu stoppen. Nach allgemeiner Auffassung stellt dies einen Bruch der privaten Lieferverträge dar, die in der Regel eine Zahlung in Dollar oder Euro vorsehen. Die G7-Staaten haben deshalb in einer gemeinsamen Erklärung am 28. März aus Gründen der Vertragstreue die Bezahlung in Rubel abgelehnt (wir berichteten). Aktuell hat der Kreml allerdings einen Rückzieher gemacht: Wie ein Sprecher am 30. März sagte, soll die Regelung noch nicht wie geplant am 31. März in Kraft treten. Putin wolle sich an diesem Donnserstag vielmehr mit Gasprom und der Zentralbank über das weitere Vorgehen beraten.

Zum Krisenteam Gas, das die "aktuelle Situation im Gasnetz engmaschig beobachtet und bewertet", gehören neben den Vertreterinnen und Vertretern des Wirtschaftsministeriums auch Mitarbeitende der Bundesnetzagentur, des Marktgebietsverantwortlichen Gas, und der Fernleitungsnetzbetreiber. Auch Personal aus den Bundesländern sitzt am Tisch. "Die Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber ergreifen im Rahmen ihrer Verantwortung netz- und marktbezogene Maßnahmen gemäß Paragraf 16 und 16a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), sofern notwendig", heißt es seitens des Ministeriums zu den Aufgaben des Krisenteams. Neben der EU-Kommission, mit der man kontinuierlich in Kontakt sei, habe man auch die Nachbarstaaten über die Ausrufung der Frühwarnstufe unterrichtet.

Appell, Verbrauch zu reduzieren

Die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher ist nach Ãœberzeugung der Bundesregierung aktuell weiter gewährleistet. Es sei ausreichend Gas an den Märkten vorhanden. Dies gelte sowohl für Haushaltskunden und soziale Dienste wie Krankenhäuser als auch für Fernwärme, Stromerzeugung sowie die deutsche Wirtschaft. Allerdings appelliert man an alle Gaskonsumenten – von der Wirtschaft bis zu Privathaushalten – den Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren. Auch von der Bundesnetzagentur kamen entsprechende Appelle. Präsident Klaus Müller betonte, Ziel sei und bleibe es, eine Verschlechterung der Situation in Deutschland und Europa durch Einsparungen und Zukäufe zu vermeiden.

Der "Notfallplan Gas" basiert auf der sogenannten europäischen SoS-Verordnung von 2017 und regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Er kennt drei Eskalationsstufen – die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe ist nach der SoS-Verordnung dann auszurufen, wenn es konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf gibt, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise der Notfallstufe führt.

​Bundesbürger sind eher pessimistisch
 
Knapp die Hälfte der Bundesbürger rechnet übrigens damit, dass Russland die Gaslieferungen unter anderem an Deutschland einstellen könnte: Bei einer Umfrage des Instituts Yougov gaben 49 % von mehr als 1.700 Befragten an, dass Russland ihrer Einschätzung nach seine Gaslieferungen einstellen wird, wenn die Staatengemeinschaft sich weigert, in Rubel abzurechnen. 35 % glauben dies nicht. 17 % machten keine Angabe.

Die Wirtschaftsweisen rechnen in Folge des Kriegs in der Ukraine mit dauerhaft höheren Energiepreisen in Deutschland. Dadurch, dass sich Deutschland unabhängiger von Gas- und Ölimporten aus Russland mache, stiegen langfristig die Kosten, sagte Veronika Grimm vom Wirtschaftssachverständigenrat der Bundesregierung. "Die Energiepreise werden dadurch strukturell höher bleiben, als sie es vor dieser Krise waren."

Mittwoch, 30.03.2022, 14:06 Uhr
Günter Drewnitzky
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Quelle: Shutterstock / Dabarti CGI
Gas
Notfallplan Gas: Habeck ruft Frühwarnstufe aus
Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Vorwarnstufe des "Notfallplans Gas" ausgerufen. Die Versorgungssicherheit, so heißt es, sei aber weiter gewährleistet.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte, er habe nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung die Europäische Kommission darüber informiert, dass die Bundesregierung die erste Stufe des Notfallplans Gas, die sogenannte Frühwarnstufe, ausgerufen hat. Die Versorgungssicherheit sei aber weiter gewährleistet. Es gebe aktuell auch keine Versorgungsengpässe. "Dennoch müssen wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein", betonte Habeck.

Mit Ausrufung der Frühwarnstufe ist nach Angaben des Ministeriums auch ein Krisenteam zusammengetreten. Es soll die Versorgungslage analysieren und bewerten, sodass wenn nötig weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ergriffen werden können. "Die Bundesregierung tut alles, um die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten", versicherte Habeck.

Die Frage, ob die EU-Kommission anderen Mitgliedsstaaten ein vergleichbares Vorgehen wie Deutschland empfehle, wollte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, in Brüssel nicht beantworten. Die Kommission habe sich auf eine Unterbrechung der russischen Gaslieferungen aber „seit langem vorbereitet“. Man sei auf alles vorbereitet und bereit, beim Umgang mit den Folgen eines Lieferstopps eng mit den Mitgliedsstaaten zusammenzuarbeiten.

Rückzieher bei der Rubel-Zahlung

Ausschlaggebend für die Entscheidung, die Vorwarnstufe zu aktivieren, war wohl die Tatsache, dass Russland darauf beharrt, die Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel zu akzeptieren und gedroht hat, die Lieferungen sonst zu stoppen. Nach allgemeiner Auffassung stellt dies einen Bruch der privaten Lieferverträge dar, die in der Regel eine Zahlung in Dollar oder Euro vorsehen. Die G7-Staaten haben deshalb in einer gemeinsamen Erklärung am 28. März aus Gründen der Vertragstreue die Bezahlung in Rubel abgelehnt (wir berichteten). Aktuell hat der Kreml allerdings einen Rückzieher gemacht: Wie ein Sprecher am 30. März sagte, soll die Regelung noch nicht wie geplant am 31. März in Kraft treten. Putin wolle sich an diesem Donnserstag vielmehr mit Gasprom und der Zentralbank über das weitere Vorgehen beraten.

Zum Krisenteam Gas, das die "aktuelle Situation im Gasnetz engmaschig beobachtet und bewertet", gehören neben den Vertreterinnen und Vertretern des Wirtschaftsministeriums auch Mitarbeitende der Bundesnetzagentur, des Marktgebietsverantwortlichen Gas, und der Fernleitungsnetzbetreiber. Auch Personal aus den Bundesländern sitzt am Tisch. "Die Fernleitungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber ergreifen im Rahmen ihrer Verantwortung netz- und marktbezogene Maßnahmen gemäß Paragraf 16 und 16a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), sofern notwendig", heißt es seitens des Ministeriums zu den Aufgaben des Krisenteams. Neben der EU-Kommission, mit der man kontinuierlich in Kontakt sei, habe man auch die Nachbarstaaten über die Ausrufung der Frühwarnstufe unterrichtet.

Appell, Verbrauch zu reduzieren

Die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher ist nach Ãœberzeugung der Bundesregierung aktuell weiter gewährleistet. Es sei ausreichend Gas an den Märkten vorhanden. Dies gelte sowohl für Haushaltskunden und soziale Dienste wie Krankenhäuser als auch für Fernwärme, Stromerzeugung sowie die deutsche Wirtschaft. Allerdings appelliert man an alle Gaskonsumenten – von der Wirtschaft bis zu Privathaushalten – den Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren. Auch von der Bundesnetzagentur kamen entsprechende Appelle. Präsident Klaus Müller betonte, Ziel sei und bleibe es, eine Verschlechterung der Situation in Deutschland und Europa durch Einsparungen und Zukäufe zu vermeiden.

Der "Notfallplan Gas" basiert auf der sogenannten europäischen SoS-Verordnung von 2017 und regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Er kennt drei Eskalationsstufen – die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe ist nach der SoS-Verordnung dann auszurufen, wenn es konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf gibt, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise der Notfallstufe führt.

​Bundesbürger sind eher pessimistisch
 
Knapp die Hälfte der Bundesbürger rechnet übrigens damit, dass Russland die Gaslieferungen unter anderem an Deutschland einstellen könnte: Bei einer Umfrage des Instituts Yougov gaben 49 % von mehr als 1.700 Befragten an, dass Russland ihrer Einschätzung nach seine Gaslieferungen einstellen wird, wenn die Staatengemeinschaft sich weigert, in Rubel abzurechnen. 35 % glauben dies nicht. 17 % machten keine Angabe.

Die Wirtschaftsweisen rechnen in Folge des Kriegs in der Ukraine mit dauerhaft höheren Energiepreisen in Deutschland. Dadurch, dass sich Deutschland unabhängiger von Gas- und Ölimporten aus Russland mache, stiegen langfristig die Kosten, sagte Veronika Grimm vom Wirtschaftssachverständigenrat der Bundesregierung. "Die Energiepreise werden dadurch strukturell höher bleiben, als sie es vor dieser Krise waren."

Mittwoch, 30.03.2022, 14:06 Uhr
Günter Drewnitzky

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