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Energie & Management > Windkraft - Nordex macht Turmbau-Firma für Halterner Havarie verantwortlich
Quelle: Fotolia / psdesign1
Windkraft

Nordex macht Turmbau-Firma für Halterner Havarie verantwortlich

Für den Windturbinen-Hersteller Nordex ist die Ursache der Halterner Havarie geklärt. Der Einsturz einer Anlage im Herbst 2021 sei auf fehlerhaften Beton des Turmbauers zurückzuführen.
Aus Sicht der Nordex Group ist die Ursachenforschung abgeschlossen: Im westfälischen Haltern brach demnach am 29. September 2021 eine Windkraftanlage in sich zusammen, weil der verbaute Beton-Stahl-Hybridturm Schwachstellen im Spannbetonteil aufgewiesen hätte.

Damit schiebt der deutsch-spanische Windkraftanlagen-Hersteller die Verantwortung für das Millionen-schwere Desaster zugleich dem externen Zulieferer des Turms zu. Dabei handelt es sich um die Tochter Ventur des Betonbauspezialisten Drössler aus dem südwestfälischen Siegen (wir berichteten). Anders als im Ausland, wo die Nordex Group die Türme selbst herstellt, kauft das Hamburger Unternehmen für seine deutschen Projekte in der Regel Türme von Fremdfirmen zu.
 
Im September 2021 brach eine Windkraftanlage vom Typ N149 im Halterner Wald in sich zusammen. Die Ursache liege laut Hersteller Nordex in fehlerhaften Betonteilen des zugekauften Turms. Quelle: RAG Montan Immobilien


Ein Sprecher von Nordex verwies auf Anfrage unserer Redaktion auf nun vorliegende Gutachten und Stellungnahmen unabhängiger Sachverständiger. Diese seien nach etwa einem Jahr der Untersuchungen zu der Erkenntnis gekommen, dass der Beton des Hybridturms für den Einsturz verantwortlich sei.

In einer Mitteilung spricht Nordex ferner davon, dass weder Anlagensteuerung, andere Komponenten noch Rotorblätter oder der Stahlteil des Turms als Ursache für die Havarie in Betracht kämen. Anders gesagt: Nordex weist damit jegliche Schuld von sich.

Noch keine Klarheit, wer für die Folgekosten in Millionen-Höhe haftet

Das ist von immenser Bedeutung. Denn wirtschaftlich hat der Einsturz im Halterner Windpark „Haltern AV 9“ dramatische Folgen. Nordex hatte für insgesamt 22 projektierte und 18 bereits gebaute Anlagen in Deutschland dieselbe Kombination aus vorgefertigten Beton-Teilen mit einem achteckigen Grundriss und aufgesetzten Stahlturm-Segmenten ausgewählt.

Allein in Haltern investierte das dortige Windpark-Konsortium – RAG Montan Immobilien und die Stadtwerke Haltern – für zwei 4,5-MW-Anlagen nach eigenen Angaben 10,8 Mio. Euro. Überall – in Ostdeutschland wie im rheinischen Braunkohle-Konversionsgebiet – hatte Nordex nach dem Unfall in Haltern die baugleichen Anlagen umgehend stillgelegt, um mögliche Gefahren vorsorglich auszuschließen.

Im rheinischen Jüchen zum Beispiel wartete der Essener Energiekonzern RWE vergeblich darauf, seine sechs bereits errichteten Turbinen des Typs N149 im Park „Jüchen 44n“ überhaupt in Betrieb nehmen zu können. Mit allen Käufern der – mit Haltern identischen – Anlagen will die Nordex Group in der Zwischenzeit übereingekommen sein, die Windkraftwerke abbauen und neu zu errichten zu dürfen. Dafür müssen die Türme teils gesprengt werden, Gondeln und Rotoren indes will Nordex wieder einsetzen. Alle Anlagen sollen nun bis Mitte 2023 ans Netz angeschlossen sein.

Nordex spricht in Bezug auf den Produzenten des havarierten Turms offiziell nur noch von „einem ehemaligen Zulieferer“. Für die 18 Ersatzanlagen werde Nordex wiederum auf Beton-Stahl-Hybridtürme zurückgreifen, aber von einem anderen Zulieferer, mit dem das Unternehmen „bereits bei früheren Anlagen-Generationen über Jahre erfolgreich zusammengearbeitet“ habe.

Erste Ersatzanlage am Havarie-Standort ist inzwischen errichtet

Die Feuertaufe erlebte diese neue Kooperation jüngst am Einsturzort in Haltern. Dort ist eine von zwei N149 auf neuer Trägerkonstruktion seit Anfang August komplett errichtet. Die andere Anlage des kleinen Windparks ist noch ab- und wieder aufzubauen.

Ob die Ventur-Mutter Drössler die vorliegenden Gutachten in Zweifel zieht, war zunächst weder in Siegen noch beim ehemaligen Auftraggeber Nordex in Erfahrung zu bringen. Die Hamburger sprechen lediglich davon, dass „versicherungs- und haftungsrechtliche Themen weiter in Klärung“ seien. Zu „weiteren Details“ wollte der Sprecher aktuell keine Angaben machen.

Gut möglich also, dass Nordex zunächst für den entstandenen Schaden, der auch Einnahmeausfälle durch entgangene Stromproduktion umfasst, in Vorleistung tritt. Unabhängig von der Frage, von wem die Regressforderungen und die Kosten für Ab- und Neubau letztlich zu tragen sind, habe Nordex „die finanziellen Risiken der Havarie bereits durch Rückstellungen in den Jahren 2021 und 2022 abgesichert“.

Freitag, 21.10.2022, 16:59 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft - Nordex macht Turmbau-Firma für Halterner Havarie verantwortlich
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Windkraft
Nordex macht Turmbau-Firma für Halterner Havarie verantwortlich
Für den Windturbinen-Hersteller Nordex ist die Ursache der Halterner Havarie geklärt. Der Einsturz einer Anlage im Herbst 2021 sei auf fehlerhaften Beton des Turmbauers zurückzuführen.
Aus Sicht der Nordex Group ist die Ursachenforschung abgeschlossen: Im westfälischen Haltern brach demnach am 29. September 2021 eine Windkraftanlage in sich zusammen, weil der verbaute Beton-Stahl-Hybridturm Schwachstellen im Spannbetonteil aufgewiesen hätte.

Damit schiebt der deutsch-spanische Windkraftanlagen-Hersteller die Verantwortung für das Millionen-schwere Desaster zugleich dem externen Zulieferer des Turms zu. Dabei handelt es sich um die Tochter Ventur des Betonbauspezialisten Drössler aus dem südwestfälischen Siegen (wir berichteten). Anders als im Ausland, wo die Nordex Group die Türme selbst herstellt, kauft das Hamburger Unternehmen für seine deutschen Projekte in der Regel Türme von Fremdfirmen zu.
 
Im September 2021 brach eine Windkraftanlage vom Typ N149 im Halterner Wald in sich zusammen. Die Ursache liege laut Hersteller Nordex in fehlerhaften Betonteilen des zugekauften Turms. Quelle: RAG Montan Immobilien


Ein Sprecher von Nordex verwies auf Anfrage unserer Redaktion auf nun vorliegende Gutachten und Stellungnahmen unabhängiger Sachverständiger. Diese seien nach etwa einem Jahr der Untersuchungen zu der Erkenntnis gekommen, dass der Beton des Hybridturms für den Einsturz verantwortlich sei.

In einer Mitteilung spricht Nordex ferner davon, dass weder Anlagensteuerung, andere Komponenten noch Rotorblätter oder der Stahlteil des Turms als Ursache für die Havarie in Betracht kämen. Anders gesagt: Nordex weist damit jegliche Schuld von sich.

Noch keine Klarheit, wer für die Folgekosten in Millionen-Höhe haftet

Das ist von immenser Bedeutung. Denn wirtschaftlich hat der Einsturz im Halterner Windpark „Haltern AV 9“ dramatische Folgen. Nordex hatte für insgesamt 22 projektierte und 18 bereits gebaute Anlagen in Deutschland dieselbe Kombination aus vorgefertigten Beton-Teilen mit einem achteckigen Grundriss und aufgesetzten Stahlturm-Segmenten ausgewählt.

Allein in Haltern investierte das dortige Windpark-Konsortium – RAG Montan Immobilien und die Stadtwerke Haltern – für zwei 4,5-MW-Anlagen nach eigenen Angaben 10,8 Mio. Euro. Überall – in Ostdeutschland wie im rheinischen Braunkohle-Konversionsgebiet – hatte Nordex nach dem Unfall in Haltern die baugleichen Anlagen umgehend stillgelegt, um mögliche Gefahren vorsorglich auszuschließen.

Im rheinischen Jüchen zum Beispiel wartete der Essener Energiekonzern RWE vergeblich darauf, seine sechs bereits errichteten Turbinen des Typs N149 im Park „Jüchen 44n“ überhaupt in Betrieb nehmen zu können. Mit allen Käufern der – mit Haltern identischen – Anlagen will die Nordex Group in der Zwischenzeit übereingekommen sein, die Windkraftwerke abbauen und neu zu errichten zu dürfen. Dafür müssen die Türme teils gesprengt werden, Gondeln und Rotoren indes will Nordex wieder einsetzen. Alle Anlagen sollen nun bis Mitte 2023 ans Netz angeschlossen sein.

Nordex spricht in Bezug auf den Produzenten des havarierten Turms offiziell nur noch von „einem ehemaligen Zulieferer“. Für die 18 Ersatzanlagen werde Nordex wiederum auf Beton-Stahl-Hybridtürme zurückgreifen, aber von einem anderen Zulieferer, mit dem das Unternehmen „bereits bei früheren Anlagen-Generationen über Jahre erfolgreich zusammengearbeitet“ habe.

Erste Ersatzanlage am Havarie-Standort ist inzwischen errichtet

Die Feuertaufe erlebte diese neue Kooperation jüngst am Einsturzort in Haltern. Dort ist eine von zwei N149 auf neuer Trägerkonstruktion seit Anfang August komplett errichtet. Die andere Anlage des kleinen Windparks ist noch ab- und wieder aufzubauen.

Ob die Ventur-Mutter Drössler die vorliegenden Gutachten in Zweifel zieht, war zunächst weder in Siegen noch beim ehemaligen Auftraggeber Nordex in Erfahrung zu bringen. Die Hamburger sprechen lediglich davon, dass „versicherungs- und haftungsrechtliche Themen weiter in Klärung“ seien. Zu „weiteren Details“ wollte der Sprecher aktuell keine Angaben machen.

Gut möglich also, dass Nordex zunächst für den entstandenen Schaden, der auch Einnahmeausfälle durch entgangene Stromproduktion umfasst, in Vorleistung tritt. Unabhängig von der Frage, von wem die Regressforderungen und die Kosten für Ab- und Neubau letztlich zu tragen sind, habe Nordex „die finanziellen Risiken der Havarie bereits durch Rückstellungen in den Jahren 2021 und 2022 abgesichert“.

Freitag, 21.10.2022, 16:59 Uhr
Volker Stephan

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