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Energie & Management > Europaeische Union - Nord Stream 2 darf Erdgasrichtlinie anfechten
Quelle: Shutterstock / Lightspring
Europaeische Union

Nord Stream 2 darf Erdgasrichtlinie anfechten

In der juristischen Auseinandersetzung um die Stellung von Nord Stream 2 im europäischen Binnenmarkt kann die Tochtergesellschaft von Gazprom mit einem Teilerfolg rechnen.
Um die Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 zu verhindern, hatten der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament 2019 die Gasrichtlinie dahingehend geändert, dass Gasfernleitungen zwischen der EU und Drittstaaten den Regeln des europäischen Energiebinnemarktes unterworfen werden. Danach muss Nord Stream 2 die neue Ostseepipeline, die gegenwärtig befüllt wird, für Dritte öffnen, von einer unabhängigen Gesellschaft betreiben lassen (Entflechtung) und seine Tarife veröffentlichen.

Dagegen hatten die in der Schweiz ansässigen Gazprom-Tochtergesellschaften Nord-Stream-AG und Nord-Stream-2-AG vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg geklagt. Ihre Anwälte machten geltend, dass die neuen Auflagen, die nach der Änderung der Gasrichtlinie auf Nord Stream 2 zukomme, eine völlige Neustrukturierung des Unternehmens erfordern. Dies würde die Finanzierungsgrundlage, an der auch Unternehmen aus der EU beteiligt seien, und bereits getroffene Liefervereinbarungen in Frage stellen.

Die Richter des Europäischen Gerichtes wiesen die Klage ab mit der Begründung, dass weder Nord Stream noch Nord Stream 2 unmittelbar von der Änderung der Richtlinie betroffen seien. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass die Richtlinie zunächst in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müsse. Diese verfügten bei der Umsetzung über ein Ermessen.

Weites Ermessen bei Ausnahmeregelungen

Ihre Regulierungsbehörden könnten außerdem Ausnahmen von der Anwendung der Binnenmarktregeln gewähren und verfügten dabei ebenfalls über ein „weites Ermessen“. Die Nord Stream 2 könne eine solche Ausnahme bei der Bundesnetzagentur beantragen und könne gegen deren Entscheidung vor den deutschen Gerichten klagen.

Dieses Urteil ist von den Klägerinnen vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten worden. Der Generalanwalt hat dem EuGH jetzt empfohlen, den Beschluss der ersten Instanz aufzuheben. Die Tatsache, dass die Gasrichtlinie keine unmittelbare Rechtswirkung entfalte, sondern von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müsse, bedeute nicht unbedingt, dass die Änderung die Rechtsstellung der Klägerinnen überhaupt nicht beeinträchtigen könne. Tatsächlich habe der europäische Gesetzgeber die Erdgasrichtlinie auf Situationen erweitert, „die bislang nicht von diesem Rechtsakt erfasst gewesen“ seien. Das treffe auch auf die spezifische Situation der Nord Stream 2 zu.

Ein Unternehmen sei auch dann unmittelbar betroffen, „wenn es zwar Umsetzungsmaßnahmen gebe, die zuständigen Behörden aber in Wirklichkeit keinen echten Ermessensspielraum im Hinblick darauf hätten, wie der Hauptrechtsakt der Union umzusetzen sei“. Nach Ansicht des Generalanwaltes hätte die Bundesnetzagentur zwar mehrere Optionen, um das Ziel einer Entflechtung zu erreichen, jede dieser Optionen führe jedoch zu einer Änderung der Rechtsstellung von Nord Stream 2.

Darüber hinaus werde die Rechtsstellung von Nord Stream 2 auch durch den Zugang Dritter und die Tarifregulierung beeinträchtigt, was die Richter der ersten Instanz gar nicht geprüft hätten.

Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass von der Änderung der Richtlinie letztlich „alleine die Gasfernleitung Nord Stream 2“ betroffen ist. Dem Gerichtshof empfiehlt er festzustellen, „dass die Nord-Stream-2-AG von der Änderungsrichtlinie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist“. Sie sei deswegen befugt, die Änderung der Richtlinie von 2019 anzufechten.

Mittwoch, 6.10.2021, 12:40 Uhr
Tom Weingärtner
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Nord Stream 2 darf Erdgasrichtlinie anfechten
In der juristischen Auseinandersetzung um die Stellung von Nord Stream 2 im europäischen Binnenmarkt kann die Tochtergesellschaft von Gazprom mit einem Teilerfolg rechnen.
Um die Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 zu verhindern, hatten der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament 2019 die Gasrichtlinie dahingehend geändert, dass Gasfernleitungen zwischen der EU und Drittstaaten den Regeln des europäischen Energiebinnemarktes unterworfen werden. Danach muss Nord Stream 2 die neue Ostseepipeline, die gegenwärtig befüllt wird, für Dritte öffnen, von einer unabhängigen Gesellschaft betreiben lassen (Entflechtung) und seine Tarife veröffentlichen.

Dagegen hatten die in der Schweiz ansässigen Gazprom-Tochtergesellschaften Nord-Stream-AG und Nord-Stream-2-AG vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg geklagt. Ihre Anwälte machten geltend, dass die neuen Auflagen, die nach der Änderung der Gasrichtlinie auf Nord Stream 2 zukomme, eine völlige Neustrukturierung des Unternehmens erfordern. Dies würde die Finanzierungsgrundlage, an der auch Unternehmen aus der EU beteiligt seien, und bereits getroffene Liefervereinbarungen in Frage stellen.

Die Richter des Europäischen Gerichtes wiesen die Klage ab mit der Begründung, dass weder Nord Stream noch Nord Stream 2 unmittelbar von der Änderung der Richtlinie betroffen seien. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass die Richtlinie zunächst in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müsse. Diese verfügten bei der Umsetzung über ein Ermessen.

Weites Ermessen bei Ausnahmeregelungen

Ihre Regulierungsbehörden könnten außerdem Ausnahmen von der Anwendung der Binnenmarktregeln gewähren und verfügten dabei ebenfalls über ein „weites Ermessen“. Die Nord Stream 2 könne eine solche Ausnahme bei der Bundesnetzagentur beantragen und könne gegen deren Entscheidung vor den deutschen Gerichten klagen.

Dieses Urteil ist von den Klägerinnen vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten worden. Der Generalanwalt hat dem EuGH jetzt empfohlen, den Beschluss der ersten Instanz aufzuheben. Die Tatsache, dass die Gasrichtlinie keine unmittelbare Rechtswirkung entfalte, sondern von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müsse, bedeute nicht unbedingt, dass die Änderung die Rechtsstellung der Klägerinnen überhaupt nicht beeinträchtigen könne. Tatsächlich habe der europäische Gesetzgeber die Erdgasrichtlinie auf Situationen erweitert, „die bislang nicht von diesem Rechtsakt erfasst gewesen“ seien. Das treffe auch auf die spezifische Situation der Nord Stream 2 zu.

Ein Unternehmen sei auch dann unmittelbar betroffen, „wenn es zwar Umsetzungsmaßnahmen gebe, die zuständigen Behörden aber in Wirklichkeit keinen echten Ermessensspielraum im Hinblick darauf hätten, wie der Hauptrechtsakt der Union umzusetzen sei“. Nach Ansicht des Generalanwaltes hätte die Bundesnetzagentur zwar mehrere Optionen, um das Ziel einer Entflechtung zu erreichen, jede dieser Optionen führe jedoch zu einer Änderung der Rechtsstellung von Nord Stream 2.

Darüber hinaus werde die Rechtsstellung von Nord Stream 2 auch durch den Zugang Dritter und die Tarifregulierung beeinträchtigt, was die Richter der ersten Instanz gar nicht geprüft hätten.

Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass von der Änderung der Richtlinie letztlich „alleine die Gasfernleitung Nord Stream 2“ betroffen ist. Dem Gerichtshof empfiehlt er festzustellen, „dass die Nord-Stream-2-AG von der Änderungsrichtlinie nicht nur unmittelbar, sondern auch individuell betroffen ist“. Sie sei deswegen befugt, die Änderung der Richtlinie von 2019 anzufechten.

Mittwoch, 6.10.2021, 12:40 Uhr
Tom Weingärtner

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