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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Nichts ist unumkehrbar
Quelle: E&M
E&M Vor 20 Jahren

Nichts ist unumkehrbar

Im Herbst 2001 hatten die beiden deutschen Strombörsen LPX und EEX ihre Fusionspläne öffentlich gemacht. Ende des Jahres war dann plötzlich alles in der Schwebe.
Ursprünglich hätte die im Oktober 2001 angekündigte Fusion der LPX in Leipzig und der Frankfurter EEX zum 31.12. des Jahres unter Dach und Fach sein sollen. Im November hatten die Verantwortlichen beider Häuser die Unterzeichnung des Vertrags angekündigt und die Gründung der „neuen“ Börse rückwirkend zum 1. Oktober in Aussicht gestellt. Doch einige wesentliche Detailfragen brachten das Prozedere dann ins Stocken und die Prognosen, wann die ersten Kontrakte über den neuen Handelsplatz abgewickelt werden könnten, wurden wieder kassiert.
 
Kurz zuvor hatten der neben Hans E. Schweickardt damalige zweite Vorstand Christian Geyer und der Head of Clearing Michael Karasz die EEX verlassen – aus persönlichen Gründen, wie es hieß. Im Markt sorgte das für einige Unruhe, ebenso wie die anhaltenden Diskussionen über das Clearing-Konzept der künftigen Börse, so dass Ende 2001 viel spekuliert wurde, wie schnell oder ob überhaupt noch die Fusion zustande kommen wird.
 
Denn im Grunde standen zwei Partner vor dem Traualtar, die zwar in ihrer Kommunikation nach außen selbstbewusst auftraten, aber das Vertrauen des Marktes noch lange nicht uneingeschränkt genossen. Die LPX hatte drei Prozent des deutschen Strommarktes als Spothandel und noch kein funktionierendes Handelsinstrument für den Terminmarkt. Die EEX verbuchte rund zwei Prozent des Spothandels. Sie hatte zwar einen funktionierenden Terminmarkt, aber nur wenige Akteure gingen hin.

„Den Börsen haben sich bisher die Energie-Elefanten mit OTC-Geschäften in den Weg gestellt, gehandelt wurde nur der Überschuss. Und die vielen anderen aus dem Liberalisierungs-Zoo haben sich verhalten wie Murmeltiere, mal schnell den Kopf aus dem Loch und dann wieder einbunkern“, schrieb damals E&M-Chefredakteur Helmut Sendner.
 
Zumindest auf den Namen und den Standort hatten sich die Verantwortlichen relativ früh geeinigt: European Energy Exchange und Leipzig. Zwischenzeitlich war allerdings auch Continental Energy Exchange (CEX) eine Option. Spötter sprachen damals auch von der „Confused Energy Exchange“.

Ins Handelsregister eingetragen wurde die neue EEX erst im Juli 2002.
 
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm begleitete damals den Fusionsprozess.
 
Banken- und Börsenplatz Frankfurt: Als Sitz der fusionierten EEX wurde allerdings Leipzig festgelegt
Quelle: E&M

Wenn die Fusionsabsicht zweier Unternehmen von diesen öffentlich gemacht wird, sollte man meinen, die Partner seien sich schon einig und treten in völliger Harmonie vor die Presse. Doch gerade das dilettantische Posieren deutscher Großbanken im Scheinwerferlicht hat in der Vergangenheit ein ums andere Mal sehr deutlich gezeigt: Die Ehe ist geschlossen, erst wenn Tinte ist geflossen. Ganz zu schweigen vom Vollzug der Ehe, also dem gemeinsamen operativen Geschäft. Diese Weisheit gilt natürlich auch für die Fusion der beiden deutschen Strombörsen.

Eine Liebesheirat ist es nicht. Zu viele kleine und große Pfeile sind zwischen Frankfurt und Leipzig in den letzten eineinhalb Jahren hin und her geschossen worden. Es handelt sich eher um eine Vernunftehe, die keinen selbstlaufenden Fusionsprozess erwarten lässt - obwohl die Erklärung der Fusionsabsicht im Rahmen einer sehr harmonischen Pressekonferenz stattfand. Nicht zuletzt deshalb mag LPX-Geschäftsführer Carlhans Uhle noch vor wenigen Wochen optimistisch gewesen sein, dass die beiden Hauptversammlungen noch in diesem Jahr zusammentreten und das neue Börsenkonzept absegnen könnten. Daraus wurde nun nichts.

„Es braucht seine Zeit, bis die EEX ihre Anteilseigner beisammenhat, die das Fusionskonzept absegnen“, gibt sich Thomas Pilgram, Marketing-Chef der LPX verständnisvoll. Von stockenden Verhandlungen könne keine Rede sein. Mit den eigenen Eigentümern sei die Verständigung – schon alleine auf Grund deren geringen Anzahl – dagegen sehr einfach. Es dauere jedoch noch etwas, bis das Regelwerk der LPX angepasst und entsprechend eine neue Börsengenehmigung beantragt und genehmigt sei.

Auch Walter Allwicher, Pressesprecher der Deutschen Börse AG und in gleicher Funktion auch für die EEX zuständig, sieht in den gesellschafts- und börsenrechtlichen Anforderungen an den Fusionsprozess die Hauptursache dafür, dass die „neue“ EEX erst 2002 ins Handelsregister eingetragen werden kann. Zunächst müssen nämlich die Anteilseigner der „alten“ EEX mit vierwöchiger Frist zur Hauptversammlung eingeladen werden – was bisher noch nicht geschehen ist. Dort bekommen sie ein Börsenkonzept vorgelegt, dem sie zustimmen oder das sie ablehnen können. Im positiven Fall, und wenn auch aus Leipzig das O.K. vorliegt, können die bisherigen Gesellschaften auf die neue EEX AG, Leipzig verschmolzen werden – besiegelt durch die Eintragung ins Handelsregister. Wie viele Handelsplätze die neue Gesellschaft dann betreibt, und wo deren Abwicklung stattfindet, ist im Zeitalter elektronischer Börsen unerheblich.

Angesichts dieses Verfahrens könnte es durchaus noch ein Quartal dauern, bis die Unterschriften erfolgen, zumal der prestigeträchtige 31.12.2001 nicht mehr einzuhalten ist und nicht mehr zur Eile drängt. Einen Zeitpunkt, wann sich fusionsbedingte Systemänderungen bemerkbar machen, will jedoch weder Allwicher noch Pilgram nennen.

Demnach ist noch nicht ganz klar, wer genau welche Kompromisse eingehen muss und wie schmerzhaft sie für den einzelnen Partner sein werden. So gebe es beispielsweise noch keinen Beschluss darüber, dass nach der Verschmelzung der Spothandel mit Blockprodukten über das Xetra-System der EEX tatsächlich eingestellt werde. „Die Marktteilnehmer werden entscheiden, welche Produkte gehandelt und welche Systeme weiter betrieben werden“, so Allwicher.

Doch zunächst einmal müssen die vielen Eigentümer der EEX abstimmen und sich möglicherweise dafür Zeit lassen, denn die bisherigen Handelsplätze haben bereits ihren zeitlich unbefristeten parallelen Weiterbetrieb bekräftigt.

Wie gut Ehepartner wirklich miteinander können und wer welche Eitelkeiten pflegt, zeigt sich allerdings meist noch nicht am Traualtar. Wobei es auch dort schon Überraschungen gegeben hat und so mancher Heiratswillige auf dem Absatz kehrtmachte.
 



 

Freitag, 3.12.2021, 14:52 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Nichts ist unumkehrbar
Quelle: E&M
E&M Vor 20 Jahren
Nichts ist unumkehrbar
Im Herbst 2001 hatten die beiden deutschen Strombörsen LPX und EEX ihre Fusionspläne öffentlich gemacht. Ende des Jahres war dann plötzlich alles in der Schwebe.
Ursprünglich hätte die im Oktober 2001 angekündigte Fusion der LPX in Leipzig und der Frankfurter EEX zum 31.12. des Jahres unter Dach und Fach sein sollen. Im November hatten die Verantwortlichen beider Häuser die Unterzeichnung des Vertrags angekündigt und die Gründung der „neuen“ Börse rückwirkend zum 1. Oktober in Aussicht gestellt. Doch einige wesentliche Detailfragen brachten das Prozedere dann ins Stocken und die Prognosen, wann die ersten Kontrakte über den neuen Handelsplatz abgewickelt werden könnten, wurden wieder kassiert.
 
Kurz zuvor hatten der neben Hans E. Schweickardt damalige zweite Vorstand Christian Geyer und der Head of Clearing Michael Karasz die EEX verlassen – aus persönlichen Gründen, wie es hieß. Im Markt sorgte das für einige Unruhe, ebenso wie die anhaltenden Diskussionen über das Clearing-Konzept der künftigen Börse, so dass Ende 2001 viel spekuliert wurde, wie schnell oder ob überhaupt noch die Fusion zustande kommen wird.
 
Denn im Grunde standen zwei Partner vor dem Traualtar, die zwar in ihrer Kommunikation nach außen selbstbewusst auftraten, aber das Vertrauen des Marktes noch lange nicht uneingeschränkt genossen. Die LPX hatte drei Prozent des deutschen Strommarktes als Spothandel und noch kein funktionierendes Handelsinstrument für den Terminmarkt. Die EEX verbuchte rund zwei Prozent des Spothandels. Sie hatte zwar einen funktionierenden Terminmarkt, aber nur wenige Akteure gingen hin.

„Den Börsen haben sich bisher die Energie-Elefanten mit OTC-Geschäften in den Weg gestellt, gehandelt wurde nur der Überschuss. Und die vielen anderen aus dem Liberalisierungs-Zoo haben sich verhalten wie Murmeltiere, mal schnell den Kopf aus dem Loch und dann wieder einbunkern“, schrieb damals E&M-Chefredakteur Helmut Sendner.
 
Zumindest auf den Namen und den Standort hatten sich die Verantwortlichen relativ früh geeinigt: European Energy Exchange und Leipzig. Zwischenzeitlich war allerdings auch Continental Energy Exchange (CEX) eine Option. Spötter sprachen damals auch von der „Confused Energy Exchange“.

Ins Handelsregister eingetragen wurde die neue EEX erst im Juli 2002.
 
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm begleitete damals den Fusionsprozess.
 
Banken- und Börsenplatz Frankfurt: Als Sitz der fusionierten EEX wurde allerdings Leipzig festgelegt
Quelle: E&M

Wenn die Fusionsabsicht zweier Unternehmen von diesen öffentlich gemacht wird, sollte man meinen, die Partner seien sich schon einig und treten in völliger Harmonie vor die Presse. Doch gerade das dilettantische Posieren deutscher Großbanken im Scheinwerferlicht hat in der Vergangenheit ein ums andere Mal sehr deutlich gezeigt: Die Ehe ist geschlossen, erst wenn Tinte ist geflossen. Ganz zu schweigen vom Vollzug der Ehe, also dem gemeinsamen operativen Geschäft. Diese Weisheit gilt natürlich auch für die Fusion der beiden deutschen Strombörsen.

Eine Liebesheirat ist es nicht. Zu viele kleine und große Pfeile sind zwischen Frankfurt und Leipzig in den letzten eineinhalb Jahren hin und her geschossen worden. Es handelt sich eher um eine Vernunftehe, die keinen selbstlaufenden Fusionsprozess erwarten lässt - obwohl die Erklärung der Fusionsabsicht im Rahmen einer sehr harmonischen Pressekonferenz stattfand. Nicht zuletzt deshalb mag LPX-Geschäftsführer Carlhans Uhle noch vor wenigen Wochen optimistisch gewesen sein, dass die beiden Hauptversammlungen noch in diesem Jahr zusammentreten und das neue Börsenkonzept absegnen könnten. Daraus wurde nun nichts.

„Es braucht seine Zeit, bis die EEX ihre Anteilseigner beisammenhat, die das Fusionskonzept absegnen“, gibt sich Thomas Pilgram, Marketing-Chef der LPX verständnisvoll. Von stockenden Verhandlungen könne keine Rede sein. Mit den eigenen Eigentümern sei die Verständigung – schon alleine auf Grund deren geringen Anzahl – dagegen sehr einfach. Es dauere jedoch noch etwas, bis das Regelwerk der LPX angepasst und entsprechend eine neue Börsengenehmigung beantragt und genehmigt sei.

Auch Walter Allwicher, Pressesprecher der Deutschen Börse AG und in gleicher Funktion auch für die EEX zuständig, sieht in den gesellschafts- und börsenrechtlichen Anforderungen an den Fusionsprozess die Hauptursache dafür, dass die „neue“ EEX erst 2002 ins Handelsregister eingetragen werden kann. Zunächst müssen nämlich die Anteilseigner der „alten“ EEX mit vierwöchiger Frist zur Hauptversammlung eingeladen werden – was bisher noch nicht geschehen ist. Dort bekommen sie ein Börsenkonzept vorgelegt, dem sie zustimmen oder das sie ablehnen können. Im positiven Fall, und wenn auch aus Leipzig das O.K. vorliegt, können die bisherigen Gesellschaften auf die neue EEX AG, Leipzig verschmolzen werden – besiegelt durch die Eintragung ins Handelsregister. Wie viele Handelsplätze die neue Gesellschaft dann betreibt, und wo deren Abwicklung stattfindet, ist im Zeitalter elektronischer Börsen unerheblich.

Angesichts dieses Verfahrens könnte es durchaus noch ein Quartal dauern, bis die Unterschriften erfolgen, zumal der prestigeträchtige 31.12.2001 nicht mehr einzuhalten ist und nicht mehr zur Eile drängt. Einen Zeitpunkt, wann sich fusionsbedingte Systemänderungen bemerkbar machen, will jedoch weder Allwicher noch Pilgram nennen.

Demnach ist noch nicht ganz klar, wer genau welche Kompromisse eingehen muss und wie schmerzhaft sie für den einzelnen Partner sein werden. So gebe es beispielsweise noch keinen Beschluss darüber, dass nach der Verschmelzung der Spothandel mit Blockprodukten über das Xetra-System der EEX tatsächlich eingestellt werde. „Die Marktteilnehmer werden entscheiden, welche Produkte gehandelt und welche Systeme weiter betrieben werden“, so Allwicher.

Doch zunächst einmal müssen die vielen Eigentümer der EEX abstimmen und sich möglicherweise dafür Zeit lassen, denn die bisherigen Handelsplätze haben bereits ihren zeitlich unbefristeten parallelen Weiterbetrieb bekräftigt.

Wie gut Ehepartner wirklich miteinander können und wer welche Eitelkeiten pflegt, zeigt sich allerdings meist noch nicht am Traualtar. Wobei es auch dort schon Überraschungen gegeben hat und so mancher Heiratswillige auf dem Absatz kehrtmachte.
 



 

Freitag, 3.12.2021, 14:52 Uhr
Fritz Wilhelm

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