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Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Netztentgelte hemmen Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur
Bild: ADS-TEC energy GmbH, TEAG Thüringer Energie AG
Elektrofahrzeuge

Netztentgelte hemmen Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur

Der geplante schnelle Ausbau der Schnellladeinfrastruktur in Deutschland droht durch die Netzentgelte auf Strom ausgebremst zu werden, warnt die Denkfabrik Agora Energiewende. 
Der Ausbau von Schnellladesäulen für E-Fahrzeuge droht in Schieflage zu geraten: Leistungsstarkes Laden wird bei der Abrechnung der Kosten für Bau und Betrieb der Stromnetze in Deutschland unverhältnismäßig stark belastet. Darauf verweisen die Thinktanks Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und Regulatory Assistance Project (RAP) in ihrem Diskussionspapier "Ladeblockade Netzentgelte".

Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat in Deutschland Ende 2020 erstmals zweistellige Prozentanteile, die Marke von einer Million E-Autos kommt in Sichtweite. Dadurch rückt auch das Thema Ladeinfrastruktur noch mehr in den Fokus. Wie bei kaum einem anderen Thema treffen hier unterschiedliche Perspektiven von Energie- und Verkehrssektor aufeinander. Der am 10. Februar vom Kabinett beschlossene Entwurf für ein Schnellladegesetz versucht daher, ein Rückgrat an leistungsfähiger Ladeinfrastruktur staatlich gesteuert aufbauen zu lassen. Es soll im Frühjahr von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und im Sommer 2021 in Kraft treten.

Das ist geplant

Als zentrales Element sollen Aufbau und Betrieb eines bundesweiten Schnellladenetzes an 1.000 Standorten bis Ende 2023 mit mindestens 150 kW pro Ladepunkt im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung in Auftrag gegeben werden. Sie wird voraussichtlich in 10 bis 15 Losen erfolgen, in denen unterschiedlich attraktive Standorte gebündelt werden.

Nach Meinung der Autoren greift dieser Gesetzentwurf aber zu kurz: Wenn das Thema der beim Schnellladen zu zahlenden Netzentgelte nicht gleich mit gelöst wird, dann entstehe die nächste Hürde für den Aufbau der Elektromobilität. 

Das ist das Problem

Wie das Diskussionspapier zeigt, sind die Fixkosten für Aufbau und Betrieb von Schnellladepunkten deutlich höher als für Normalladepunkte und zudem stark vom Standort abhängig. Investoren hätten sich bisher auf die wirtschaftlich attraktivsten Standorte konzentriert, vor allem entlang der Autobahnen. Im ländlichen Raum gebe es bisher nur wenig Möglichkeiten zum schnellen Laden. Mit dem Schnellladegesetz will die Bundesregierung nun eine flächendeckende und verbraucherfreundliche Versorgung erreichen. 

Problematisch sei insbesondere das Leistungspreissystem bei der Erhebung der Netzentgelte: Der Leistungspreis werde auf die Spitzenleistung an der Ladesäule erhoben, selbst wenn diese Leistung nur ein einziges Mal im Jahr anfällt und das Stromnetz zu diesem Zeitpunkt engpassfrei ist. Die Höhe variiere zudem von Netz zu Netz um mehr als 1.200 %. Besonders in der Anfangsphase, wenn die Ladesäulen noch wenig genutzt werden, sie dies ein großes Hindernis.

So könnte eine Lösung aussehen

Die Ungleichgewichte bei der Verteilung der Netzkosten ließen sich in den Ausschreibungen kurzfristig nur ausgleichen, indem Regionen mit verschiedenen Netzkosten in einem Los zusammengelegt werden oder indem der Staat die Kosten vorübergehend ganz übernimmt. "Ausschreibungen sind grundsätzlich sinnvoll, um Lücken im Schnellladenetz zu vermeiden. Aber bei der Ausgestaltung dieses Instruments ist viel Fingerspitzengefühl gefragt", sagt Jan Rosenow, Europa-Direktor von RAP. 

Mittelfristig empfehlen die drei Organisationen jedoch eine grundsätzliche Neuausrichtung der Netzentgelte. "Wenn der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur gelingen soll, muss der Bund auch die lange überfällige Reform der Netzentgelte angehen", sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. "Die derzeitige Verteilung der Netzkosten über die Netzentgelte passt nicht zu einer Welt, in der Elektrofahrzeuge in kurzer Zeit viel Strom laden." Hinzu komme, dass die Kosten von Netz zu Netz sehr unterschiedlich ausfallen. Diese überholten Strukturen dürften nicht darüber bestimmen, ob und wo Schnellladepunkte entstehen. 
 
Preisbestandteile von Strom für unterschiedliche Ladevarianten
(zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)
Grafik: Agora Energiewende / RAP

"Bei der Ladeinfrastruktur ist es sinnvoller, die Netzkosten auf den geladenen Strom zu verlagern, mit einem durchschnittlichen Netzarbeitspreis pro Kilowattstunde. Sonst werden nur wenige in Schnellladepunkte investieren, schon gar nicht an Standorten mit besonders hohen Netzkosten", sagt Rosenow. 
 
 
Das Diskussionspapier "Ladeblockade Netzentgelte. Wie Netzentgelte den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur für Elektromobilität gefährden und was der Bund dagegen tun kann" steht auf der Internetseite von Agora Energiewende zur Verfügung. Der "Entwurf eines Gesetzes zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge (Schnellladegesetz – SchnellLG)" kann beim Bundesverkehrsministerium heruntergeladen werden.

Dienstag, 23.03.2021, 14:23 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Netztentgelte hemmen Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur
Bild: ADS-TEC energy GmbH, TEAG Thüringer Energie AG
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Netztentgelte hemmen Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur
Der geplante schnelle Ausbau der Schnellladeinfrastruktur in Deutschland droht durch die Netzentgelte auf Strom ausgebremst zu werden, warnt die Denkfabrik Agora Energiewende. 
Der Ausbau von Schnellladesäulen für E-Fahrzeuge droht in Schieflage zu geraten: Leistungsstarkes Laden wird bei der Abrechnung der Kosten für Bau und Betrieb der Stromnetze in Deutschland unverhältnismäßig stark belastet. Darauf verweisen die Thinktanks Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und Regulatory Assistance Project (RAP) in ihrem Diskussionspapier "Ladeblockade Netzentgelte".

Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat in Deutschland Ende 2020 erstmals zweistellige Prozentanteile, die Marke von einer Million E-Autos kommt in Sichtweite. Dadurch rückt auch das Thema Ladeinfrastruktur noch mehr in den Fokus. Wie bei kaum einem anderen Thema treffen hier unterschiedliche Perspektiven von Energie- und Verkehrssektor aufeinander. Der am 10. Februar vom Kabinett beschlossene Entwurf für ein Schnellladegesetz versucht daher, ein Rückgrat an leistungsfähiger Ladeinfrastruktur staatlich gesteuert aufbauen zu lassen. Es soll im Frühjahr von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und im Sommer 2021 in Kraft treten.

Das ist geplant

Als zentrales Element sollen Aufbau und Betrieb eines bundesweiten Schnellladenetzes an 1.000 Standorten bis Ende 2023 mit mindestens 150 kW pro Ladepunkt im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung in Auftrag gegeben werden. Sie wird voraussichtlich in 10 bis 15 Losen erfolgen, in denen unterschiedlich attraktive Standorte gebündelt werden.

Nach Meinung der Autoren greift dieser Gesetzentwurf aber zu kurz: Wenn das Thema der beim Schnellladen zu zahlenden Netzentgelte nicht gleich mit gelöst wird, dann entstehe die nächste Hürde für den Aufbau der Elektromobilität. 

Das ist das Problem

Wie das Diskussionspapier zeigt, sind die Fixkosten für Aufbau und Betrieb von Schnellladepunkten deutlich höher als für Normalladepunkte und zudem stark vom Standort abhängig. Investoren hätten sich bisher auf die wirtschaftlich attraktivsten Standorte konzentriert, vor allem entlang der Autobahnen. Im ländlichen Raum gebe es bisher nur wenig Möglichkeiten zum schnellen Laden. Mit dem Schnellladegesetz will die Bundesregierung nun eine flächendeckende und verbraucherfreundliche Versorgung erreichen. 

Problematisch sei insbesondere das Leistungspreissystem bei der Erhebung der Netzentgelte: Der Leistungspreis werde auf die Spitzenleistung an der Ladesäule erhoben, selbst wenn diese Leistung nur ein einziges Mal im Jahr anfällt und das Stromnetz zu diesem Zeitpunkt engpassfrei ist. Die Höhe variiere zudem von Netz zu Netz um mehr als 1.200 %. Besonders in der Anfangsphase, wenn die Ladesäulen noch wenig genutzt werden, sie dies ein großes Hindernis.

So könnte eine Lösung aussehen

Die Ungleichgewichte bei der Verteilung der Netzkosten ließen sich in den Ausschreibungen kurzfristig nur ausgleichen, indem Regionen mit verschiedenen Netzkosten in einem Los zusammengelegt werden oder indem der Staat die Kosten vorübergehend ganz übernimmt. "Ausschreibungen sind grundsätzlich sinnvoll, um Lücken im Schnellladenetz zu vermeiden. Aber bei der Ausgestaltung dieses Instruments ist viel Fingerspitzengefühl gefragt", sagt Jan Rosenow, Europa-Direktor von RAP. 

Mittelfristig empfehlen die drei Organisationen jedoch eine grundsätzliche Neuausrichtung der Netzentgelte. "Wenn der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur gelingen soll, muss der Bund auch die lange überfällige Reform der Netzentgelte angehen", sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. "Die derzeitige Verteilung der Netzkosten über die Netzentgelte passt nicht zu einer Welt, in der Elektrofahrzeuge in kurzer Zeit viel Strom laden." Hinzu komme, dass die Kosten von Netz zu Netz sehr unterschiedlich ausfallen. Diese überholten Strukturen dürften nicht darüber bestimmen, ob und wo Schnellladepunkte entstehen. 
 
Preisbestandteile von Strom für unterschiedliche Ladevarianten
(zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)
Grafik: Agora Energiewende / RAP

"Bei der Ladeinfrastruktur ist es sinnvoller, die Netzkosten auf den geladenen Strom zu verlagern, mit einem durchschnittlichen Netzarbeitspreis pro Kilowattstunde. Sonst werden nur wenige in Schnellladepunkte investieren, schon gar nicht an Standorten mit besonders hohen Netzkosten", sagt Rosenow. 
 
 
Das Diskussionspapier "Ladeblockade Netzentgelte. Wie Netzentgelte den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur für Elektromobilität gefährden und was der Bund dagegen tun kann" steht auf der Internetseite von Agora Energiewende zur Verfügung. Der "Entwurf eines Gesetzes zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge (Schnellladegesetz – SchnellLG)" kann beim Bundesverkehrsministerium heruntergeladen werden.

Dienstag, 23.03.2021, 14:23 Uhr
Peter Koller

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