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Quelle: Shutterstock / katjen
Wirtschaft

"Natürlich schlägt Profit Nachhaltigkeit"

Eingespielte Denkmuster müssen für die Energiewende durchbrochen werden, resümierten Experten im kleinen Kreis beim Branchenverband Edna. Und sinnierten über die Profitfrage.
Stellt man einem halben Dutzend Experten die gleiche Frage, erhält man bekanntlich ein halbes Dutzend sich widersprechender Antworten. Der Klimawandel gehört zu den wenigen Themen, auf die dieses Klischee nicht zutrifft. Die Herausforderungen seien komplex, aber lösbar, und dazu brauche es mehr Kreativität, so der Tenor einer Expertenrunde, die sich dieser Tage beim Branchenverband Edna zu einem „Kamingespräch“ getroffen hatte. Motto des Gedankenaustauschs: „Free up statt Klimalockdown.“

Gesprächsmoderator Bernhard Mildebrath vom Softwareunternehmen Schleupen erlebte offenbar einen ruhigen Abend. Die Runde sei sich einig gewesen, „dass eingespielte Denkmuster durchbrochen werden müssen“, teilt der Verband mit. Klar sei, „dass wir in über lange Zeit optimierten Arbeitsabläufen sind, da fällt es schwer, sich auf einmal davon wegzubewegen”, sagte dem Vernehmen nach der Fraunhofer-Forscher Prof. Peter Bretschneider, über die grundlegende Schwachstelle. Verschiedenste Szenarien der Energiewende seien untersucht, die Pfade simuliert. „Entscheidend ist, dass wir es nun tun“, so der Experte für angewandte Systemtechnik.

Außer Frage stand für die Runde auch, dass Geld zu Denkanstößen führt. „Natürlich schlägt Profit Nachhaltigkeit, deswegen haben wir ja dieses Problem. Kohlestrom hat dieses Jahr mehr Profit gebracht, also wird Kohle verbrannt“, wird Prof. Orestis Tercidis vom Karlsruher Institut für Technologie KIT zitiert. Deshalb müsse es viel teurer sein, Strom aus Kohle zu machen als aus Erneuerbaren. Soziale Folgen gelte es abzumildern, was nicht ohne „Verwerfungen“ gelingen werde. „Aber wenn wir da durch sind, werden wir den wirtschaftlichen Aufschwung haben und gleichzeitig Klimaneutralität.” Tercidis' Credo: „die konstruktive Entfaltung aller Kräfte und Fähigkeiten statt deren Abschalten“.

Warnung vor sozialen Bruchstellen

Stephan Franz von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) wies auf soziale Bruchstellen in anderen Ländern hin: „In Indien verdient die Eisenbahn ihr Geld mit dem Kohletransport. Fällt der weg, steigen die Ticketpreise. Wir müssen deswegen immer auch fragen, was passiert, wenn wir eine Maßnahme ergreifen, was sind die Folgen“, nannte er als Beispiel. Seine Mahnung: „Nicht überall auf der Welt steht das Geld zur Verfügung, mit dem wir in Deutschland beispielsweise mal eben den Kohleausstieg bezahlen können.“

Einig war sich die Runde offenbar zudem in diesem Punkt: Neben einer weitreichenden Digitalisierung der Energiewirtschaft sei vor allem auch eine einfachere Marktordnung nötig. „Erklärbar ist die Energiewelt in Deutschland nicht mehr“, so Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke Haniel. „Die Technik ist da, der Investitionswille ist da, aber wir bekommen es nicht hin, wenn die Genehmigung für den Bau eines Umspannwerks vier Jahre dauert.”

Ein harmonisches Nein stellte sich bei dem Kamingespräch bei der Frage ein, ob die Atomenergie in die EU-Taxonomie der klimaneutralen Energieerzeugung aufgenommen werden sollte. „Atomenergie ist zu teuer und wirtschaftlich nicht vertretbar. Wenn Sie einem AKW die gleichen Haftpflichtvorgaben auferlegen wie einer Windkraftanlage, dann ist das Thema sofort zu Ende”, so der Vorstandssprecher der GLS Bank, Thomas Jorberg.

Montag, 29.11.2021, 15:02 Uhr
Manfred Fischer
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"Natürlich schlägt Profit Nachhaltigkeit"
Eingespielte Denkmuster müssen für die Energiewende durchbrochen werden, resümierten Experten im kleinen Kreis beim Branchenverband Edna. Und sinnierten über die Profitfrage.
Stellt man einem halben Dutzend Experten die gleiche Frage, erhält man bekanntlich ein halbes Dutzend sich widersprechender Antworten. Der Klimawandel gehört zu den wenigen Themen, auf die dieses Klischee nicht zutrifft. Die Herausforderungen seien komplex, aber lösbar, und dazu brauche es mehr Kreativität, so der Tenor einer Expertenrunde, die sich dieser Tage beim Branchenverband Edna zu einem „Kamingespräch“ getroffen hatte. Motto des Gedankenaustauschs: „Free up statt Klimalockdown.“

Gesprächsmoderator Bernhard Mildebrath vom Softwareunternehmen Schleupen erlebte offenbar einen ruhigen Abend. Die Runde sei sich einig gewesen, „dass eingespielte Denkmuster durchbrochen werden müssen“, teilt der Verband mit. Klar sei, „dass wir in über lange Zeit optimierten Arbeitsabläufen sind, da fällt es schwer, sich auf einmal davon wegzubewegen”, sagte dem Vernehmen nach der Fraunhofer-Forscher Prof. Peter Bretschneider, über die grundlegende Schwachstelle. Verschiedenste Szenarien der Energiewende seien untersucht, die Pfade simuliert. „Entscheidend ist, dass wir es nun tun“, so der Experte für angewandte Systemtechnik.

Außer Frage stand für die Runde auch, dass Geld zu Denkanstößen führt. „Natürlich schlägt Profit Nachhaltigkeit, deswegen haben wir ja dieses Problem. Kohlestrom hat dieses Jahr mehr Profit gebracht, also wird Kohle verbrannt“, wird Prof. Orestis Tercidis vom Karlsruher Institut für Technologie KIT zitiert. Deshalb müsse es viel teurer sein, Strom aus Kohle zu machen als aus Erneuerbaren. Soziale Folgen gelte es abzumildern, was nicht ohne „Verwerfungen“ gelingen werde. „Aber wenn wir da durch sind, werden wir den wirtschaftlichen Aufschwung haben und gleichzeitig Klimaneutralität.” Tercidis' Credo: „die konstruktive Entfaltung aller Kräfte und Fähigkeiten statt deren Abschalten“.

Warnung vor sozialen Bruchstellen

Stephan Franz von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) wies auf soziale Bruchstellen in anderen Ländern hin: „In Indien verdient die Eisenbahn ihr Geld mit dem Kohletransport. Fällt der weg, steigen die Ticketpreise. Wir müssen deswegen immer auch fragen, was passiert, wenn wir eine Maßnahme ergreifen, was sind die Folgen“, nannte er als Beispiel. Seine Mahnung: „Nicht überall auf der Welt steht das Geld zur Verfügung, mit dem wir in Deutschland beispielsweise mal eben den Kohleausstieg bezahlen können.“

Einig war sich die Runde offenbar zudem in diesem Punkt: Neben einer weitreichenden Digitalisierung der Energiewirtschaft sei vor allem auch eine einfachere Marktordnung nötig. „Erklärbar ist die Energiewelt in Deutschland nicht mehr“, so Andrea von Haniel, Geschäftsführerin der E-Werke Haniel. „Die Technik ist da, der Investitionswille ist da, aber wir bekommen es nicht hin, wenn die Genehmigung für den Bau eines Umspannwerks vier Jahre dauert.”

Ein harmonisches Nein stellte sich bei dem Kamingespräch bei der Frage ein, ob die Atomenergie in die EU-Taxonomie der klimaneutralen Energieerzeugung aufgenommen werden sollte. „Atomenergie ist zu teuer und wirtschaftlich nicht vertretbar. Wenn Sie einem AKW die gleichen Haftpflichtvorgaben auferlegen wie einer Windkraftanlage, dann ist das Thema sofort zu Ende”, so der Vorstandssprecher der GLS Bank, Thomas Jorberg.

Montag, 29.11.2021, 15:02 Uhr
Manfred Fischer

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