Wirklich große Investitionen in den H2-Hochlauf gibt es noch nicht. Ändert sich das durch die Fortschreibung der Nationalen H2-Strategie? Ein Gastbeitrag von Dr. Christoph Nawroth*.
Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) setzte sich die damalige Bundesregierung erstmals im Juni 2020 Ziele für die Nutzung von Wasserstoff im Jahr 2030. Ganz wesentlich sind hierbei die ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff, der Aufbau einer geeigneten Wasserstoffinfrastruktur, die Etablierung von Wasserstoffanwendungen − etwa in der Chemie- oder Stahlindustrie, bei der Strom- und Wärmeerzeugung sowie im Verkehrssektor − und
ein verlässlicher gesetzlicher Rahmen.
Drei Jahre später ist offensichtlich: Im Vergleich zu anderen Ländern wird Wasserstoff in Deutschland noch nicht in größerem Umfang hergestellt beziehungsweise genutzt, auch weil Investoren sich bislang scheuten, in diesen noch recht jungen Sektor zu investieren.
Jetzt hat die Bundesregierung mit der Aktualisierung der NWS noch ambitioniertere Ziele festgelegt. Sie geht bis zum Jahr 2030 nunmehr von einem Bedarf an Wasserstoff von etwa 95 bis 130
Milliarden kWh aus (vorher: 90 bis 110
Milliarden kWh). Das Ziel von bislang 5.000
MW Elektrolyseleistung wird auf mindestens 10
.000 MW
erhöht. Und da Wasserstoff typischerweise nicht dort produziert wird, wo er gebraucht wird, ist der Aufbau eines Transportnetzwerkes wesentliche Bedingung dafür, dass die Erreichung der Ziele nicht schon an mangelnder Infrastruktur scheitert.
Investitionen nur mit FörderungEs ist evident, dass im Vergleich zu 2020 der Finanzierungsbedarf eher größer geworden ist. Privates Kapital ist im Prinzip vorhanden, weil Finanzinvestoren wie Infrastruktur- oder Pensionsfonds über gut gefüllte Kassen verfügen. Dass sie bislang vor Investments im Wasserstoffsektor zurückscheuen, liegt einerseits daran, dass die Projekte noch nicht die erforderliche Größe für ein Mindestinvestment erreicht haben. Andererseits lässt sich auch die angestrebte Mindestrendite bisher nicht verlässlich prognostizieren.
Mit der fortgeschriebenen NWS sollen nun „verlässliche Leitplanken“ für private Investitionen in den Sektor etabliert werden. Das ist zu begrüßen. Vollständig gelungen ist dieses Vorhaben indessen noch nicht. Denn zwar gibt es konkrete Förderprojekte wie die europäischen IPCEI Wasserstoff (Important Projects of Common European Interest) oder das Förderprogramm Klimaschutzverträge. Dieses soll
Unternehmen dabei unterstützen, in klimafreundliche Technologien zu investieren, die sich ohne Förderung nicht rechnen würden.
Den geförderten Unternehmen wird eine variable Förderung gezahlt, die Mehrkosten im Vergleich zu einer konventionellen Technologie ausgleicht (Contracts for Difference). Allerdings räumt das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ein, dass der Zeitplan für die Klimaschutzverträge noch im Fluss ist. Daneben soll eine Reihe weiterer – bestehende oder neue – Förderinstrumente geprüft und entwickelt werden.
Ist die neue NWS die Initialzündung?Die Fortschreibung der NWS ist überwiegend begrüßt worden. Sie ist ohne Zweifel ein Schritt in die richtige Richtung. Es braucht die geplanten Förderungen. Die Durchführung großvolumiger Investitionen durch Finanzinvestoren dürfte aber weiterhin herausfordernd bleiben, solange die Leitplanken für entsprechende Investitionen und angemessene Fördermöglichkeiten nicht hinreichend konkret sind.
*Dr. Christoph Nawroth ist Partner der Kanzlei Herbert Smith Freehills mit Sitz in Düsseldorf. |
Dr. Christoph Nawroth Quelle: Kanzlei Herbert Smith Freehills |
Donnerstag, 10.08.2023, 07:00 Uhr
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