"Kaskasi" am 15. November 2022. Quelle: RWE / Wolfhard Scheer
Die Installationen des ersten deutschen Offshore-Zubaus seit Mitte 2020 stehen: alle 38 Windturbinen von "RWE Kaskasi" vor Helgoland.
35 Kilometer vor Helgoland ist kürzlich die letzte von 38 Turbinen des RWE-Windparks „Kaskasi“ installiert worden, meldet der Betriebsführer RWE. Mehr als zwei Drittel der Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 342 MW speisen demnach bereits grünen Strom ein. Die erste der 9-MW-Turbinen von Siemens Gamesa war Ende Juli ans Netz gegangen (wir berichteten).
Damit steht der nächste deutsche Offshore-Windpark seit Mitte 2020. Kaskasi ist der sechste Windpark von RWE vor der deutschen Küste. Bis zum Jahresende soll der gesamte Windpark betriebsbereit sein. Dann soll Kaskasi rechnerisch gut 400.000 Haushalte pro Jahr mit Ökostrom versorgen.
Weltweit erste recycelbare Rotorblätter
Kaskasi ist auf mindestens 25 Jahre technische Lebenszeit ausgelegt. 25 Jahre lang gilt auch der 2018 an RWE erteilte Zuschlag für die Fläche. Die weltweite technische Neuigkeit des Windparks ist, dass sich auch die in Harz gegossenen Verbundwerkstoffe in den Rotorblättern wiederverwerten lassen. Die Werkstoffe sollen etwa in der Automobilindustrie oder in Konsumgütern wie Koffern oder Flachbildschirm-Gehäusen wiederverwendet werden.
RWE sieht sich global als Nummer zwei bei Offshore-Wind (nach der dänischen Oersted). Im Rahmen seiner Investitions- und Wachstumsstrategie „Growing Green“ will der Essener Konzern bis 2030 die auf ihn entfallende Offshore-Kapazität von 3.000 MW auf 8.000 MW erhöhen.
In der deutschen Nordsee entwickelt RWE gemeinsam mit der kanadischen Northland Power vier weitere Windprojekte mit einer Gesamtleistung von mehr als 1.500 MW. Bis zu 15 Milliarden Euro will RWE bis 2030 in Deutschland in die grüne Energiewelt investieren. Weltweit sind es mehr als 50 Milliarden Euro (alles brutto).
Noch eine Premiere: Von Beginn an Verzicht auf Förderung
Kaskasi ist auch der erste deutsche Offshore-Windpark, dessen Strom bislang von Beginn an direktvermarktet wird, ohne eine Förderung („Marktprämie“) in Anspruch zu nehmen. Einen solchen Anspruch hatte RWE in der 2018er-Ausschreibung erworben, und zwar zu einem höheren Zuschlagswert als dem damaligen Durchschnitt von 4,66 Cent/kWh, hieß es damals.
Der Konzern darf damit jeden Monat mit einem Vorlauf von einem Monat in die Marktprämie zurückkehren. Dies erscheint aber bei den ungleich höheren Marktwerten unnötig, die Offshore-Strom in der derzeitigen Preisrallye erzielt: In diesem Jahr lagen sie nie unter 11,85 Cent (Februar) und erreichten im August mit 47,61 Cent ein Allzeithoch. Im Oktober waren es immer noch 13,69 Cent/kWh.
Die deutsche Offshore-Position
Insgesamt leisten die deutschen Windparks auf See im November 8.129 MW, geht aus den Direktvermarktungszahlen der Übertragungsnetzbetreiber hervor (wir berichteten). Davon unterliegen 1.151 MW aus vier Parks der förderfreien sonstigen Direktvermarktung. Seit Mitte 2020 hatte es keinen Zubau gegeben; einzelne Kaskasi-Windräder sind in den aktuellen Zahlen bereits enthalten.
Bis 2030 soll sich die installierte Leistung vor Deutschland gemäß dem EEG 2023 zunächst auf 30.000 MW mehr als verdreifachen, 2045 sollen mindestens 70.000 MW erreicht sein. Während bislang jährlich etwa 1.000 MW ausgeschrieben wurden, sollen es 2023 und 2024 zwischen 8.000 und 9.000 MW sein.
In der deutschen Nordsee errichtet Oersted derzeit die Fundamente für die Windparks „Gode Wind 3“ und „Borkum Riffgrund 3“. Sie bestehen aus 107 Windrädern der 11-MW-Klasse von Siemens Gamesa und leisten zusammen 1.142 MW. 2024 und 2025 sollen sie produktiv werden. Und für den 900-MW-Park „He dreiht“, der ebenfalls 2025 ans Netz gehen soll, hat EnBW im Sommer die Monopfähle bestellt. Sie setzt dabei auf 15-MW-Turbinen der dänischen Vestas.
In der Ostsee soll 2023 vor Rügen „Arcadis Ost 1“ der belgischen Parkwind mit 247 MW Gesamtleistung fertiggestellt sein. Ein Jahr später will die spanische Iberdrola in der Nähe „Baltic Eagle“ mit 476 MW Kapazität ans Netz bringen. Beide Projektierer und Betreiber verbauen dabei 9,5-MW-Turbinen von Vestas.
Dienstag, 22.11.2022, 12:25 Uhr
Georg Eble
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