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Energie & Management > Personalie - Münsters Stadtwerke-Chef schlägt lukrativere EWE-Offerte aus
Quelle: Fotolia / s_l
Personalie

Münsters Stadtwerke-Chef schlägt lukrativere EWE-Offerte aus

Sebastian Jurczyk folgt nicht dem Ruf des Geldes und seines früheren Arbeitgebers. Der Vorstandschef der Stadtwerke Münster steht vor einer vorzeitigen Verlängerung seines Kontrakts.
Das Werben um Sebastian Jurczyk nimmt erwartbar kein gutes Ende für den Oldenburger Energiekonzern EWE. Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Münster (SWM) bleibt trotz einer lukrativen niedersächsischen Rückhol-Offerte den Westfalen treu und will in Kürze seine Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier setzen. Sie wird ihm mehr Geld einbringen.

"Wir wollen ihn halten, ohne Wenn und Aber", sagte SWM-Aufsichtsratsvorsitzender Walter von Göwels (CDU) auf Anfrage unserer Redaktion. Das kommunale Versorgungsunternehmen lässt sich das etwas kosten: Jurczyks Entlohnung soll um etwa 90.000 Euro pro Jahr steigen und dann inklusive Boni und Altersvorsorge bei etwas über 400.000 Euro liegen, berichten die Westfälischen Nachrichten. Laut Geschäftsbericht 2021 liegt das Salär Jurczyks aktuell bei 254.000 Euro Festgehalt plus 65.000 Euro Boni und Altersvorsorge (Summe: 319.000 Euro).
 
Begehrt: Münsters Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk wird heiß von seinem alten Arbeitgeber EWE umworben, will aber offenbar nicht gehen
Quelle: Stadtwerke Münster


Dem Vernehmen nach liegt das Angebot von EWE deutlich darüber, bei etwa 700.000 Euro, so das Online-Medium Rums. Der für den Energiebereich verantwortliche Jurczyk, bestätigten Insiderkreise unserer Redaktion, sei mit dem Oldenburger Angebot auf seinen jetzigen Arbeitgeber zugegangen. Die Zusammenarbeit von Stadt und Manager ist offenbar von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Daher fielen die Erwartungen des Geschäftsführers an das Gehaltsplus im Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten in Oldenburg eher moderat aus. Die Kommune wiederum war bereit, sich zu strecken.

Stadtrat will Vertragskonditionen am 7. September zustimmen

Vorbehaltlich eines Ratsbeschlusses, der in nicht-öffentlicher Sitzung am 7. September erfolgen soll, verlängert der Vertrag sich zu den neuen Konditionen um fünf Jahre bis 2027, möglicherweise darüber hinaus. Jurczyks bisheriger Kontrakt läuft noch zwei Jahre. Auch mit seinem Vorstandskollegen, dem für Mobilität zuständigen Geschäftsführer Frank Gäfgen, sollen Vertragsgespräche folgen. Personell strebe die Kommune „ein Gesamtpaket“ mit beiden an, so von Göwels.

Das Risiko, eine Gehaltserhöhung auszuschließen und Jurczyk ziehen lassen zu müssen, wäre in Münster "unabsehbar" gewesen, so von Göwels. "Man tauscht auf hoher See nicht den Kapitän aus." Die Stadtwerke stünden auch in der Energiekrise vergleichsweise gut da. "Wir haben nicht massive Verluste wie andere und unser Risikomanagement funktioniert", so der Aufsichtsratschef. Mitte Juni hatte das Unternehmen einen um drei Mio. auf 8,2 Mio. Euro gesunkenen Gewinn für das Geschäftsjahr 2021 bekanntgegeben.

Außerdem stünden die Stadtwerke vor strukturellen Herausforderungen, die das bewährte Team angehen soll. Aktuell ist der Versorger mit einer eigens gegründeten Bädergesellschaft federführend beim Bau eines neuen Schwimmbades. Auch wird binnen vier Jahren ein innovatives KWK-Werk entstehen, das die Fernwärmeversorgung vom unliebsamen Erdgas befreit.

EWE hat nach Heidkamp-Trennung eine Vakanz

Die Oldenburger EWE ist nach der vorzeitigen Trennung von Michael Heidkamp Ende Juli auf der Suche nach einem Vertriebschef. Der Manager musste nach offizieller Darstellung aufgrund von anhaltenden Problemen im Kundenservice gehen. Bis ein Nachfolger gefunden ist, steht EWE-Vorstandschef Stefan Dohler in der Verantwortung auch für diesen Bereich.

Dass der Lockruf des Geldes und unternehmerische Perspektiven nicht zwangsläufig zum Erfolg führen müssen, mag erstaunen. Gemessen am Umsatz von 6,1 Mrd. Euro im Jahr 2021 sind die Oldenburger etwa elfmal so groß wie die Stadtwerke Münster (558 Mio. Euro). Auch wird Jurczyk nachgesagt, Oldenburg seinerzeit nicht im Groll verlassen zu haben. Bis zu seiner Amtsübernahme in Münster 2019 war er bei EWE Geschäftsführer für den Vertrieb Privatkunden, für den Kundenservice der EWE Tel GmbH und für die EWE Vertrieb GmbH.

Einen finanzkräftigen Mitbewerber ausgestochen zu haben, erfüllt die Westfalen durchaus mit Stolz. "Es ist ein Zeichen für ein Klima der Wertschätzung auf beiden Seiten", sagte Sylvia Rietenberg auf Anfrage zu dem Umstand, dass Jurczyk sich weiterhin für eine kommunale Gesellschaft entschieden habe, die weniger zahlt als ein Unternehmen der freien Wirtschaft. Die grüne Kommunalpolitikerin ist Mitglied des SWM-Aufsichtsrats und hat mit ihrer Partei noch eine Mehrheit der regierenden Rathauskoalition (Grüne, SPD, Volt) für das Vertragswerk zu organisieren. Diese gilt in Münster jedoch als Formsache, da auch CDU und FDP zustimmen wollen.

Mehr Gehalt bei einem Querverbundunternehmen zu genehmigen, das aktuell auch extrem gestiegene Energierechnungen in die Haushalte schicken muss, hält der Aufsichtsrat für gerechtfertigt. "Gute Leute sind gefragt", so Aufsichtsratschef von Göwels. Ein Wechsel an der SWM-Spitze hätte zudem neue Unruhe gebracht. Jurczyk und Gäfgen hatten 2019 ihre Aufgabe angetreten, nachdem Münster die Vorgänger 2018 entlassen und der jetzige Interimschef im benachbarten Osnabrück, Stefan Grützmacher, für ein Jahr übergangsweise die Führung übernommen hatte.

Montag, 29.08.2022, 15:58 Uhr
Volker Stephan
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Münsters Stadtwerke-Chef schlägt lukrativere EWE-Offerte aus
Sebastian Jurczyk folgt nicht dem Ruf des Geldes und seines früheren Arbeitgebers. Der Vorstandschef der Stadtwerke Münster steht vor einer vorzeitigen Verlängerung seines Kontrakts.
Das Werben um Sebastian Jurczyk nimmt erwartbar kein gutes Ende für den Oldenburger Energiekonzern EWE. Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Münster (SWM) bleibt trotz einer lukrativen niedersächsischen Rückhol-Offerte den Westfalen treu und will in Kürze seine Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier setzen. Sie wird ihm mehr Geld einbringen.

"Wir wollen ihn halten, ohne Wenn und Aber", sagte SWM-Aufsichtsratsvorsitzender Walter von Göwels (CDU) auf Anfrage unserer Redaktion. Das kommunale Versorgungsunternehmen lässt sich das etwas kosten: Jurczyks Entlohnung soll um etwa 90.000 Euro pro Jahr steigen und dann inklusive Boni und Altersvorsorge bei etwas über 400.000 Euro liegen, berichten die Westfälischen Nachrichten. Laut Geschäftsbericht 2021 liegt das Salär Jurczyks aktuell bei 254.000 Euro Festgehalt plus 65.000 Euro Boni und Altersvorsorge (Summe: 319.000 Euro).
 
Begehrt: Münsters Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk wird heiß von seinem alten Arbeitgeber EWE umworben, will aber offenbar nicht gehen
Quelle: Stadtwerke Münster


Dem Vernehmen nach liegt das Angebot von EWE deutlich darüber, bei etwa 700.000 Euro, so das Online-Medium Rums. Der für den Energiebereich verantwortliche Jurczyk, bestätigten Insiderkreise unserer Redaktion, sei mit dem Oldenburger Angebot auf seinen jetzigen Arbeitgeber zugegangen. Die Zusammenarbeit von Stadt und Manager ist offenbar von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Daher fielen die Erwartungen des Geschäftsführers an das Gehaltsplus im Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten in Oldenburg eher moderat aus. Die Kommune wiederum war bereit, sich zu strecken.

Stadtrat will Vertragskonditionen am 7. September zustimmen

Vorbehaltlich eines Ratsbeschlusses, der in nicht-öffentlicher Sitzung am 7. September erfolgen soll, verlängert der Vertrag sich zu den neuen Konditionen um fünf Jahre bis 2027, möglicherweise darüber hinaus. Jurczyks bisheriger Kontrakt läuft noch zwei Jahre. Auch mit seinem Vorstandskollegen, dem für Mobilität zuständigen Geschäftsführer Frank Gäfgen, sollen Vertragsgespräche folgen. Personell strebe die Kommune „ein Gesamtpaket“ mit beiden an, so von Göwels.

Das Risiko, eine Gehaltserhöhung auszuschließen und Jurczyk ziehen lassen zu müssen, wäre in Münster "unabsehbar" gewesen, so von Göwels. "Man tauscht auf hoher See nicht den Kapitän aus." Die Stadtwerke stünden auch in der Energiekrise vergleichsweise gut da. "Wir haben nicht massive Verluste wie andere und unser Risikomanagement funktioniert", so der Aufsichtsratschef. Mitte Juni hatte das Unternehmen einen um drei Mio. auf 8,2 Mio. Euro gesunkenen Gewinn für das Geschäftsjahr 2021 bekanntgegeben.

Außerdem stünden die Stadtwerke vor strukturellen Herausforderungen, die das bewährte Team angehen soll. Aktuell ist der Versorger mit einer eigens gegründeten Bädergesellschaft federführend beim Bau eines neuen Schwimmbades. Auch wird binnen vier Jahren ein innovatives KWK-Werk entstehen, das die Fernwärmeversorgung vom unliebsamen Erdgas befreit.

EWE hat nach Heidkamp-Trennung eine Vakanz

Die Oldenburger EWE ist nach der vorzeitigen Trennung von Michael Heidkamp Ende Juli auf der Suche nach einem Vertriebschef. Der Manager musste nach offizieller Darstellung aufgrund von anhaltenden Problemen im Kundenservice gehen. Bis ein Nachfolger gefunden ist, steht EWE-Vorstandschef Stefan Dohler in der Verantwortung auch für diesen Bereich.

Dass der Lockruf des Geldes und unternehmerische Perspektiven nicht zwangsläufig zum Erfolg führen müssen, mag erstaunen. Gemessen am Umsatz von 6,1 Mrd. Euro im Jahr 2021 sind die Oldenburger etwa elfmal so groß wie die Stadtwerke Münster (558 Mio. Euro). Auch wird Jurczyk nachgesagt, Oldenburg seinerzeit nicht im Groll verlassen zu haben. Bis zu seiner Amtsübernahme in Münster 2019 war er bei EWE Geschäftsführer für den Vertrieb Privatkunden, für den Kundenservice der EWE Tel GmbH und für die EWE Vertrieb GmbH.

Einen finanzkräftigen Mitbewerber ausgestochen zu haben, erfüllt die Westfalen durchaus mit Stolz. "Es ist ein Zeichen für ein Klima der Wertschätzung auf beiden Seiten", sagte Sylvia Rietenberg auf Anfrage zu dem Umstand, dass Jurczyk sich weiterhin für eine kommunale Gesellschaft entschieden habe, die weniger zahlt als ein Unternehmen der freien Wirtschaft. Die grüne Kommunalpolitikerin ist Mitglied des SWM-Aufsichtsrats und hat mit ihrer Partei noch eine Mehrheit der regierenden Rathauskoalition (Grüne, SPD, Volt) für das Vertragswerk zu organisieren. Diese gilt in Münster jedoch als Formsache, da auch CDU und FDP zustimmen wollen.

Mehr Gehalt bei einem Querverbundunternehmen zu genehmigen, das aktuell auch extrem gestiegene Energierechnungen in die Haushalte schicken muss, hält der Aufsichtsrat für gerechtfertigt. "Gute Leute sind gefragt", so Aufsichtsratschef von Göwels. Ein Wechsel an der SWM-Spitze hätte zudem neue Unruhe gebracht. Jurczyk und Gäfgen hatten 2019 ihre Aufgabe angetreten, nachdem Münster die Vorgänger 2018 entlassen und der jetzige Interimschef im benachbarten Osnabrück, Stefan Grützmacher, für ein Jahr übergangsweise die Führung übernommen hatte.

Montag, 29.08.2022, 15:58 Uhr
Volker Stephan

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