Visualisierung der Speicher-Cracker-Einheit mit Tankschiff. Quelle: Höegh
Grüner Wasserstoff soll fossiles Erdgas ablösen, damit Deutschland klimaneutral werden kann. Bei der Reederei Höegh, die schwimmende LNG-Terminals betreibt, gibt es ganz konkrete Pläne.
Die norwegische Reederei Höegh schmiedet Pläne für die Zeit nach dem LNG: Sie will zeitnah ins Geschäft mit Ammoniak und Wasserstoff einsteigen. Denn mit dem Flüssigerdgas wird es nicht auf ewig weitergehen, wenn die Welt dereinst klimaneutral werden will. Dazu hat sich Höegh LNG schon mal einen neuen Namen zugelegt. „Höegh Evi“ heißt das Unternehmen jetzt, wobei Evi für „energy vector infrastructure“ steht und die „Erweiterung des Fokus über LNG-Importterminals hinaus hin zu innovativen Lösungen für klimafreundliche Energie“ widerspiegeln soll.
Die Details zu den Vorhaben erläuterte der Redaktion Daniel Muthmann, der für die Geschäftsentwicklung in Deutschland zuständig ist und der – vor seiner Zeit bei Höegh – an der Entwicklung des Wasserstoffkernnetzes beteiligt war. Zusammen mit der Deutschen Regas will sein Unternehmen in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) das „H2-Import-Terminal“ realisieren.
Zunächst soll dort eine von Höegh entwickelte schwimmende Einheit aus Tankschiff und Ammoniak-Cracker stationiert werden, der den Wasserstoff abspaltet. Der Vorteil des Transports von Wasserstoff als Derivat ist das einfachere, materialschonende und energiesparende Handling: Ammoniak verflüssigt bei -33 Grad, bei Wasserstoff wären es mit -253 Grad noch weitaus mehr als bei LNG, das bei -163 Grad den Aggregatzustand wechselt.
Die gemeinsamen Pläne von Deutscher Regas und Höegh sehen vor, dass 2025 die finale Investitionsentscheidung für das Lubmin-Projekt fällt. Ab 2027 sind der Import und die Einspeisung von 30.000 Tonnen Wasserstoff am Standort geplant.
Tankschiff-Cracker-Einheit der Superlative in FrankreichBei Höegh hat man aber auch schon größere Dimensionen im Blick: Bis zu 210.000
Tonnen Wasserstoff jährlich sollen ab 2030 über eine Tankschiff-Cracker-Kombination im französischen Mittelmeerhafen Port-La Nouvelle importiert werden. Die dafür erforderlichen 1,4
Millionen Tonnen Ammoniak wollen Höegh und der Hafenbetreiber aus dem Nahen Osten, aus Nordafrika und Amerika beziehen. Von einem Knotenpunkt für saubere Energie in Europa ist seitens Höegh Evi mit Verweis auf den vorgesehenen Anschluss an das geplante Wasserstoff-Pipeline-Netz die Rede.
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Kommt für eine Ammoniak-Erweiterung in Frage: Die „Höegh-Gannet“ in Brunsbüttel, hier mit dem LNG-Frachter „Ish“. Quelle: RWE |
Was die aktuell im Einsatz befindlichen FSRU angeht, kann Muthmann ebenfalls von ehrgeizigen Konzepten berichten. Die zielen darauf ab, dass einer der vier LNG-Tanks auf den Schiffen leitungstechnisch abgetrennt und für Ammoniak genutzt wird. Dann könnten schon in 1,5 Jahren LNG und Ammoniak parallel getankt und verarbeitet werden. Denn die Studien sehen auch die Platzierung eines Crackers im Bugbereich der FSRU vor. Im Markt gebe es großes Interesse an solchen Lösungen, versichert Muthmann. Vor allem weil sie bis etwa 2028 recht schnell zur Verfügung stehen könnten. Allerdings müssten hierfür auch von der Politik entsprechende Weichenstellungen erfolgen, da die Genehmigungen an den Terminal-Standorten in Deutschland nur den Betrieb mit LNG vorsehen.
Die Flexibilität des MaritimenÃœberhaupt favorisiert Muthmann maritime Energielösungen. Sie seien nicht nur ebenso zuverlässig, sondern auch schneller und kostengünstiger bereitzustellen als stationäre Infrastruktur, zudem benötigten sie weniger Platz. Vor allem aber die Flexibilität ist für ihn entscheidend: Die Unsicherheiten beim Wasserstoffbedarf seien schließlich noch sehr groß. „Keiner weiß, wie schnell der Hochlauf am Ende geht. Und wenn der Bedarf in Deutschland hinter anderen Regionen zurückbleibt, hätte man mit einer maritimen Infrastruktur kein ,stranded invest’, sondern kann das Terminal notfalls woanders betreiben.“ Und noch einen weiteren Vorteil sieht Muthmann: Mit der Zwischenspeicher-Cracker Lösung wie sie etwa in Lubmin realisiert werden soll, lasse sich der Grundlastbedarf der Industrie von Anfang an decken, noch bevor Wasserstoffspeicher in großem Stil zur Verfügung stehen.
Neben LNG, Ammoniak und Wasserstoff nimmt sich Höegh-Evi für die Zukunft auch das Thema CO2 vor. Geplant ist ein Terminal mit Zwischenspeicher für den Schiffstransport ins südliche Norwegen. Dort soll das Klimagas in ausgeförderte unterirdische Lager gepresst werden, für die der Projektpartner Aker BP Speicherlizenzen hat. Der Standort für das Terminal, das per LKW, Zug oder Pipeline beliefert werden kann, ist noch nicht klar. Geplant ist ein Schiffspendelverkehr zu den Lagerstätten, von einem Umschlag von 5
Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ab 2030 ist die Rede – mit diversen Zwischenstufen bis dahin.
Freitag, 15.11.2024, 09:15 Uhr
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