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E&M Vor 20 Jahren

Meixner: "Für den Klimaschutz viel zu spät"

Vor 20 Jahren, genau am 30. Dezember 2002, erschien ein Interview mit Horst Meixner, damals Geschäftsführer der hessenEnergie GmbH. Er kritisierte die Kurzsichtigkeit der Politik.
Nicht die Theorie, sondern die Praxis der rationellen und umweltverträglichen Energieversorgung interessiert Dr. Horst Meixner, Geschäftsführer der hessenEnergie GmbH, Wiesbaden. Gerade deshalb kritisierte er im E&M-Interview vor 20 Jahren bei der Umsetzung des KWK-Gesetzes die Kurzsichtigkeit der Politik und das Preisdiktat der großen Stromkonzerne. Horst Meixner ist im Jahr 2015 in den Ruhestand gegangen. Das Interview aus dem Jahr 2002:

E&M: Herr Dr. Meixner, die hessenEnergie initiiert und setzt seit Oktober 1991 Konzepte zum Energiesparen, zur dezentralen Energieversorgung und zur Nutzung regenerativer Energiequellen um. Wie ist ihre Klimaschutzbilanz?

Meixner: Als Energieagentur nimmt die hessenEnergie zum einen Beratungsaufgaben wahr; zum anderen engagieren wir uns zusammen mit Partnern durch die Umsetzung von eigenen Investitionsprojekten für eine effiziente und umweltschonende Energienutzung. Es ist schwierig, den Erfolg unserer Beratung – von dem wir natürlich hoffen, dass er sehr groß ist – in Tonnen CO2-Minderung anzugeben. Aber für unsere investiven Projekte haben wir die jährliche CO2-Minderung ermittelt: Im Jahr 2000 wurden durch die von uns eingesetzten Technologien der rationellen Energienutzung und der Anwendung regenerativer Energien mehr als 34 Tausend Tonnen CO2 vermieden, in 2001 waren es knapp 38 Tausend Tonnen. Der überwiegende Teil davon entfiel übrigens auf die von der hessenEnergie betriebenen Windparks.

E&M: Trotz Ihrer langen Referenzliste für Contracting, BHKW und Windprojekte ist auch in Ihrem Wirkungsbereich das Potenzial der dezentralen Energieversorgung nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft. Wo liegen die Hemmnisse?

Meixner: Tatsächlich gibt es eine lange Liste von Hemmnissen und Widerständen. Deshalb sind diese Potenziale nur zu oft blockiert. Dabei reicht die Liste der Hemmnisse von fehlenden Informationen bei Nutzern und potenziellen Investoren über organisatorische Rigiditäten, rechtliche Hürden und Finanzierungsprobleme bis hin zu preispolitischen Abwehrstrategien gegen Energieeinsparungen und dezentrale Erzeugung in der Versorgungswirtschaft. In einigen Bereichen kann man hoffen, dass das Interesse und dann auch die Zahl der realisierten Effizienzprojekte durch überzeugende Praxisbeispiele in den nächsten Jahren wachsen werden. Chancen dafür sehe ich vor allem bei der energietechnischen Modernisierung des Gebäudebestands. Auf anderen Gebieten brauchen wir für REG (regenerative Energien; die Red.) und REN (rationelle Energienutzung; die Red.) verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen, die durch die Energiepolitik festgelegt werden müssen.

In manchen Sektoren wie dem Verkehr wird man allerdings – entgegen den vielfach zu hörenden Versicherungen aus der Politik und der Wirtschaft – davon ausgehen müssen, dass die Dinge erst wirklich angepackt werden, wenn die Preise konventioneller Energien kräftig und dauerhaft steigen und wenn dieser Trend als unumkehrbar wahrgenommen wird. Die Chancen für ein zeitliches Vorziehen solcher Preissteigerungen durch eine konsequente Energiebesteuerung beziehungsweise durch Emissionszertifikate – bei paralleler Absenkung anderer fiskalischer Belastungen – stehen nicht sonderlich gut. Von daher könnte es für den Klimaschutz leider viel zu spät sein, wenn die Preise irgendwann einmal ganz von alleine steigen.

E&M: Hat die Liberalisierung der Energiemärkte Ihre Arbeit leichter gemacht?

Meixner: Für unsere Geschäftsfelder im REN- und REG-Bereich hat die Öffnung der früher durch lizenzierte Gebietsmonopole gekennzeichneten Strommärkte manche negativen, aber in einigen Fällen auch positive Folgen gehabt. Vor allem hat der zunächst zu beobachtende rasche Verfall der Strompreise im Bereich der Großkunden, der sich inzwischen wieder umkehrt, die Attraktivität von Contracting-Angeboten bei Strom sparenden Technologien erheblich eingeschränkt. Ebenso hat die Wirtschaftlichkeit von BHKW dadurch stark gelitten – vor allem im produzierenden Gewerbe, wo die Ökosteuer auf Strom sich kaum kompensierend ausgewirkt hat.

Neue Chancen haben sich aber zum Beispiel ergeben, weil ein BHKW-Betreiber beim Bezug des zur Versorgung eines Objekts erforderlichen Reststroms nicht mehr auf einen Gebietsmonopolisten angewiesen ist, der durch prohibitive Preisgestaltung BHKW-Investitionen zu verhindern versucht. Man kann heute den Strom im Wettbewerb kaufen und dabei auch eine für den BHKW-Betrieb günstige Preisstruktur durchsetzen wie zum Beispiel Monatsleistungspreise anstatt Jahresleistungspreise. Zudem hat die Liberalisierung auf Umwegen zu besseren Bedingungen für regenerative Anlagen beigetragen, weil sie den Ersatz des früheren Stromeinspeisegesetzes mit seiner Kopplung an die Strompreise durch das EEG mit Festpreisen erzwungen hat.

E&M: Im Bereich der BHKW konzentrieren Sie sich auf 50- und 110-kW-Module. Wie zuverlässig und wirtschaftlich sind solche Anlagen und warum ist es so mühsam, mehr Anwender von den Vorteilen dieser BHKW zu überzeugen?

Meixner: Wir haben mit diesen Modulgrößen begonnen, weil wir für sie ein breites Anwendungsfeld und damit einen Markt für unsere Contracting-Angebote gesehen haben. Wir wollen aber nicht dabei stehen bleiben, sondern möchten den gesamten Bereich der Klein-KWK verstärkt nutzen. Einen Anfang haben wir bereits mit einem Flotten-Contracting für Kleinst-BHKW gemacht. Die mehr als fünfzig BHKW-Module mit 50 beziehungsweise 110 kW, die wir betreiben, haben sich aus unserer Sicht bestens bewährt. Durch eine entsprechende Objektauswahl und eine sorgfältige Planung erreichen wir im Durchschnitt jährliche Laufzeiten deutlich oberhalb unseres Zielwerts von 6 000 Stunden bei sehr hoher Verfügbarkeit der Anlagen. Die mit dem Hersteller vereinbarte Vollwartung macht den Betrieb technisch für die Objektnutzer unproblematisch. Die erfolgsabhängigen Contracting-Raten entlasten ihn von ökonomischen Risiken.

Wenn sich dennoch viele Verantwortliche auch bei geeigneten Objekten von den Vorteilen eines BHKW nur schwer überzeugen lassen, dann liegt das vor allem daran, dass man eben auch ohne BHKW auskommen kann. Denn die Wärme kommt aus dem ohnehin vorhandenen Kessel und der Strom aus der Steckdose. Bei einem heute allenfalls mäßigen wirtschaftlichen Ãœberschuss aus dem BHKW muss man als Investor schon ernsthaft etwas für den Umwelt- und Klimaschutz tun wollen und hat dann auch noch eine Vielzahl von administrativen Problemen mit eventuellen Genehmigungen, mit der Mineralölsteuer-Erstattung, der Anmeldung nach dem KWK-Gesetz und vielleicht mit dem bisherigen Stromversorger am Hals. Das lässt sich zwar auf den Contractor abwälzen, wenn der gleich die gesamte Versorgung eines Objekts mit Strom und Wärme übernimmt, aber gänzlich gelöst ist das Problem damit noch nicht – zumal viele Institutionen solchen für sie ungewohnten Vertragsmodellen skeptisch gegenüber stehen.

E&M: Sie haben Ihre Kritik am Zustandekommen und an der Umsetzung des neuen KWK-Gesetzes deutlich formuliert. Gibt es im Bund und auf der Länderebene überhaupt den politischen Willen und den Sachverstand, der Kraft-Wärme-Kopplung gegen die Interessen der Energiekonzerne zum Durchbruch zu verhelfen?

Meixner: Die Erfahrungen der letzten Jahre mit der Diskussion über eine gesetzliche Regelung für die KWK haben nicht nur bei mir Zweifel geweckt, ob das anfänglich politisch Verkündete tatsächlich gewollt war. Denn begonnen wurde mit der Vorgabe, dass im Interesse des Klimaschutzes eine Verdopplung des Anteils von KWK-Strom innerhalb von zehn Jahren erreicht werden solle. Geendet hat der Prozess nach einer Scheindebatte über die Frage der Instrumentierung – Quote versus Bonus – bei einer Regelung, die gerade mal eine gewisse ökonomische Absicherung ausschließlich für die in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeisenden KWK-Anlagen beinhaltet, also im Wesentlichen für die Anlagen der Versorgungswirtschaft. Die „Förderung“ des Ausbaus der KWK wurde auf kleine Anlagen beschränkt und überdies gedeckelt. Ernstlich zu erwarten ist aber selbst dieser stark begrenzte Zubau nicht, weil die Regelung von der Stromwirtschaft – im Interesse der Absicherung des Absatzes aus den eigenen Ãœberkapazitäten – auf breiter Front durch Absenkung der Vergütung für eingespeisten Strom aus Klein-KWK unterlaufen wird.

E&M: Sind Sie mit dem EEG zufriedener, als mit dem KWK-Gesetz?

Meixner: Eindeutig ja, und zwar nicht in erster Linie wegen der verschiedenartigen Instrumentierung von EEG und KWK-Gesetz, sondern weil das EEG tatsächlich auf einen Ausbau von regenerativen Anlagen in der Stromerzeugung zielt und ihn auch ermöglicht, während das „Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung“ schon im Titel verlogen ist. Ohne deutliche Änderungen kann dieses Gesetz den im nationalen Klimaschutzprogramm und von der EU geforderten Ausbau der KWK nicht bewirken.

E&M: Trotz aller Widerstände: Welche Perspektive sehen Sie für die dezentrale Energieversorgung in den nächsten zehn bis 20 Jahren?

Meixner: Wenn mittelfristig dennoch ein Ausbau der KWK stattfindet, dann nicht mit und wegen dieses KWK-Gesetzes, sondern weil wir es uns im Interesse des Klimaschutzes gar nicht leisten können, solche Effizienztechnologien dauerhaft weiter zu blockieren.

E&M: Die Veränderungen der deutschen Energielandschaft sind auch an der hessen Energie nicht vorbeigegangen, die als landeseigene Energieagentur gegründet wurde, im letzten Jahr von der Landesbank und kürzlich vom Regionalversorger Oberhessische Versorgungsbetriebe AG, der OVAG, übernommen wurde. Wie wirkt sich dies auf die künftige Arbeit der hessenEnergie aus?

Meixner: Der Rückzug des Landes Hessen war eine politische Entscheidung der amtierenden Landesregierung, die bereits in der Koalitionsvereinbarung angekündigt war. Anders als die frühere Hessische Landesregierung hält sie eine landeseigene Energieagentur für verzichtbar. Die Übernahme der Landesanteile durch die Landesbank Hessen-Thüringen hat sich als Zwischenspiel erwiesen, weil eine Energieagentur mit ihrer spezifischen geschäftspolitischen Ausrichtung in das Beteiligungs-Portfolio einer großen Geschäftsbank offenbar nicht sonderlich gut passt.

Die Übernahme durch die OVAG war auf deren Seite durch ein ausgeprägtes Interesse an den Geschäftsfeldern und an den Beratungsaktivitäten der hessenEnergie motiviert. Die OVAG ist ein von der Verbundwirtschaft unabhängiges regionales Versorgungsunternehmen im Bereich Energie und Wasser, das sich im alleinigen Eigentum von drei hessischen Landkreisen befindet. Die OVAG hat ihr Interesse an einer intensiven Zusammenarbeit im Bereich der Windenergienutzung, des Contracting und bei der Beratung von Kommunen samt ihren Einrichtungen im Netzgebiet der OVAG bekundet. Von daher sehen wir gute Chancen, unsere Geschäftsfelder mit dem neuen Gesellschafter weiter zu führen und fort zu entwickeln. Derzeit baut die hessenEnergie bereits für die OVAG einen Windpark und wird auch die Betriebsführung der zehn Anlagen übernehmen.


Dr. Horst Meixner
wurde am 19.12.1949 geboren. Nach der Schulausbildung Studium der Wirtschaftswissenschaften in Gießen mit Abschluss als Diplom-Ökonom in 1972. Von 1974 bis 1979 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Essen – GHS im Rahmen der interdisziplinären Arbeitsgruppe Umwelt, Gesellschaft, Energie (AUGE), die unter anderem mit Studien über die Möglichkeiten der Energieeinsparung für das Bundesforschungsministerium befasst war. Promotion zum Dr. rer. pol. am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Justus Liebig Universität in Gießen mit einer Arbeit über „Technische Entwicklung und natürliche Reproduktionsgrundlagen“ in 1979/80. Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen eines Projekts zum Thema „Sozialverträglichkeit verschiedener Energiesysteme“ an der J.W. Goethe Universität in Frankfurt und 1983/1984 als Hochschulassistent am dortigen Fachbereich Wirtschaftswissenschaften.

Von 1984 bis 1989 war Horst Meixner Leiter des Referats „Förderung von Energieanlagen“ bei der Hessischen Landesregierung, zunächst beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Technik, später beim Hessischen Ministerium für Umwelt und Energie, dann wieder beim Wirtschaftsministerium. In 1990 und 1991 Aufbau und Leitung des bei der Stadt Frankfurt am Main neu eingerichteten Energiereferats als Teil der städtischen Verwaltung. Ab Oktober 1991 Geschäftsführer der vom Land Hessen zusammen mit Partnern gegründeten Energieagentur hessenEnergie GmbH.

Freitag, 9.12.2022, 09:09 Uhr
Jan Mühlstein
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E&M Vor 20 Jahren
Meixner: "Für den Klimaschutz viel zu spät"
Vor 20 Jahren, genau am 30. Dezember 2002, erschien ein Interview mit Horst Meixner, damals Geschäftsführer der hessenEnergie GmbH. Er kritisierte die Kurzsichtigkeit der Politik.
Nicht die Theorie, sondern die Praxis der rationellen und umweltverträglichen Energieversorgung interessiert Dr. Horst Meixner, Geschäftsführer der hessenEnergie GmbH, Wiesbaden. Gerade deshalb kritisierte er im E&M-Interview vor 20 Jahren bei der Umsetzung des KWK-Gesetzes die Kurzsichtigkeit der Politik und das Preisdiktat der großen Stromkonzerne. Horst Meixner ist im Jahr 2015 in den Ruhestand gegangen. Das Interview aus dem Jahr 2002:

E&M: Herr Dr. Meixner, die hessenEnergie initiiert und setzt seit Oktober 1991 Konzepte zum Energiesparen, zur dezentralen Energieversorgung und zur Nutzung regenerativer Energiequellen um. Wie ist ihre Klimaschutzbilanz?

Meixner: Als Energieagentur nimmt die hessenEnergie zum einen Beratungsaufgaben wahr; zum anderen engagieren wir uns zusammen mit Partnern durch die Umsetzung von eigenen Investitionsprojekten für eine effiziente und umweltschonende Energienutzung. Es ist schwierig, den Erfolg unserer Beratung – von dem wir natürlich hoffen, dass er sehr groß ist – in Tonnen CO2-Minderung anzugeben. Aber für unsere investiven Projekte haben wir die jährliche CO2-Minderung ermittelt: Im Jahr 2000 wurden durch die von uns eingesetzten Technologien der rationellen Energienutzung und der Anwendung regenerativer Energien mehr als 34 Tausend Tonnen CO2 vermieden, in 2001 waren es knapp 38 Tausend Tonnen. Der überwiegende Teil davon entfiel übrigens auf die von der hessenEnergie betriebenen Windparks.

E&M: Trotz Ihrer langen Referenzliste für Contracting, BHKW und Windprojekte ist auch in Ihrem Wirkungsbereich das Potenzial der dezentralen Energieversorgung nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft. Wo liegen die Hemmnisse?

Meixner: Tatsächlich gibt es eine lange Liste von Hemmnissen und Widerständen. Deshalb sind diese Potenziale nur zu oft blockiert. Dabei reicht die Liste der Hemmnisse von fehlenden Informationen bei Nutzern und potenziellen Investoren über organisatorische Rigiditäten, rechtliche Hürden und Finanzierungsprobleme bis hin zu preispolitischen Abwehrstrategien gegen Energieeinsparungen und dezentrale Erzeugung in der Versorgungswirtschaft. In einigen Bereichen kann man hoffen, dass das Interesse und dann auch die Zahl der realisierten Effizienzprojekte durch überzeugende Praxisbeispiele in den nächsten Jahren wachsen werden. Chancen dafür sehe ich vor allem bei der energietechnischen Modernisierung des Gebäudebestands. Auf anderen Gebieten brauchen wir für REG (regenerative Energien; die Red.) und REN (rationelle Energienutzung; die Red.) verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen, die durch die Energiepolitik festgelegt werden müssen.

In manchen Sektoren wie dem Verkehr wird man allerdings – entgegen den vielfach zu hörenden Versicherungen aus der Politik und der Wirtschaft – davon ausgehen müssen, dass die Dinge erst wirklich angepackt werden, wenn die Preise konventioneller Energien kräftig und dauerhaft steigen und wenn dieser Trend als unumkehrbar wahrgenommen wird. Die Chancen für ein zeitliches Vorziehen solcher Preissteigerungen durch eine konsequente Energiebesteuerung beziehungsweise durch Emissionszertifikate – bei paralleler Absenkung anderer fiskalischer Belastungen – stehen nicht sonderlich gut. Von daher könnte es für den Klimaschutz leider viel zu spät sein, wenn die Preise irgendwann einmal ganz von alleine steigen.

E&M: Hat die Liberalisierung der Energiemärkte Ihre Arbeit leichter gemacht?

Meixner: Für unsere Geschäftsfelder im REN- und REG-Bereich hat die Öffnung der früher durch lizenzierte Gebietsmonopole gekennzeichneten Strommärkte manche negativen, aber in einigen Fällen auch positive Folgen gehabt. Vor allem hat der zunächst zu beobachtende rasche Verfall der Strompreise im Bereich der Großkunden, der sich inzwischen wieder umkehrt, die Attraktivität von Contracting-Angeboten bei Strom sparenden Technologien erheblich eingeschränkt. Ebenso hat die Wirtschaftlichkeit von BHKW dadurch stark gelitten – vor allem im produzierenden Gewerbe, wo die Ökosteuer auf Strom sich kaum kompensierend ausgewirkt hat.

Neue Chancen haben sich aber zum Beispiel ergeben, weil ein BHKW-Betreiber beim Bezug des zur Versorgung eines Objekts erforderlichen Reststroms nicht mehr auf einen Gebietsmonopolisten angewiesen ist, der durch prohibitive Preisgestaltung BHKW-Investitionen zu verhindern versucht. Man kann heute den Strom im Wettbewerb kaufen und dabei auch eine für den BHKW-Betrieb günstige Preisstruktur durchsetzen wie zum Beispiel Monatsleistungspreise anstatt Jahresleistungspreise. Zudem hat die Liberalisierung auf Umwegen zu besseren Bedingungen für regenerative Anlagen beigetragen, weil sie den Ersatz des früheren Stromeinspeisegesetzes mit seiner Kopplung an die Strompreise durch das EEG mit Festpreisen erzwungen hat.

E&M: Im Bereich der BHKW konzentrieren Sie sich auf 50- und 110-kW-Module. Wie zuverlässig und wirtschaftlich sind solche Anlagen und warum ist es so mühsam, mehr Anwender von den Vorteilen dieser BHKW zu überzeugen?

Meixner: Wir haben mit diesen Modulgrößen begonnen, weil wir für sie ein breites Anwendungsfeld und damit einen Markt für unsere Contracting-Angebote gesehen haben. Wir wollen aber nicht dabei stehen bleiben, sondern möchten den gesamten Bereich der Klein-KWK verstärkt nutzen. Einen Anfang haben wir bereits mit einem Flotten-Contracting für Kleinst-BHKW gemacht. Die mehr als fünfzig BHKW-Module mit 50 beziehungsweise 110 kW, die wir betreiben, haben sich aus unserer Sicht bestens bewährt. Durch eine entsprechende Objektauswahl und eine sorgfältige Planung erreichen wir im Durchschnitt jährliche Laufzeiten deutlich oberhalb unseres Zielwerts von 6 000 Stunden bei sehr hoher Verfügbarkeit der Anlagen. Die mit dem Hersteller vereinbarte Vollwartung macht den Betrieb technisch für die Objektnutzer unproblematisch. Die erfolgsabhängigen Contracting-Raten entlasten ihn von ökonomischen Risiken.

Wenn sich dennoch viele Verantwortliche auch bei geeigneten Objekten von den Vorteilen eines BHKW nur schwer überzeugen lassen, dann liegt das vor allem daran, dass man eben auch ohne BHKW auskommen kann. Denn die Wärme kommt aus dem ohnehin vorhandenen Kessel und der Strom aus der Steckdose. Bei einem heute allenfalls mäßigen wirtschaftlichen Ãœberschuss aus dem BHKW muss man als Investor schon ernsthaft etwas für den Umwelt- und Klimaschutz tun wollen und hat dann auch noch eine Vielzahl von administrativen Problemen mit eventuellen Genehmigungen, mit der Mineralölsteuer-Erstattung, der Anmeldung nach dem KWK-Gesetz und vielleicht mit dem bisherigen Stromversorger am Hals. Das lässt sich zwar auf den Contractor abwälzen, wenn der gleich die gesamte Versorgung eines Objekts mit Strom und Wärme übernimmt, aber gänzlich gelöst ist das Problem damit noch nicht – zumal viele Institutionen solchen für sie ungewohnten Vertragsmodellen skeptisch gegenüber stehen.

E&M: Sie haben Ihre Kritik am Zustandekommen und an der Umsetzung des neuen KWK-Gesetzes deutlich formuliert. Gibt es im Bund und auf der Länderebene überhaupt den politischen Willen und den Sachverstand, der Kraft-Wärme-Kopplung gegen die Interessen der Energiekonzerne zum Durchbruch zu verhelfen?

Meixner: Die Erfahrungen der letzten Jahre mit der Diskussion über eine gesetzliche Regelung für die KWK haben nicht nur bei mir Zweifel geweckt, ob das anfänglich politisch Verkündete tatsächlich gewollt war. Denn begonnen wurde mit der Vorgabe, dass im Interesse des Klimaschutzes eine Verdopplung des Anteils von KWK-Strom innerhalb von zehn Jahren erreicht werden solle. Geendet hat der Prozess nach einer Scheindebatte über die Frage der Instrumentierung – Quote versus Bonus – bei einer Regelung, die gerade mal eine gewisse ökonomische Absicherung ausschließlich für die in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeisenden KWK-Anlagen beinhaltet, also im Wesentlichen für die Anlagen der Versorgungswirtschaft. Die „Förderung“ des Ausbaus der KWK wurde auf kleine Anlagen beschränkt und überdies gedeckelt. Ernstlich zu erwarten ist aber selbst dieser stark begrenzte Zubau nicht, weil die Regelung von der Stromwirtschaft – im Interesse der Absicherung des Absatzes aus den eigenen Ãœberkapazitäten – auf breiter Front durch Absenkung der Vergütung für eingespeisten Strom aus Klein-KWK unterlaufen wird.

E&M: Sind Sie mit dem EEG zufriedener, als mit dem KWK-Gesetz?

Meixner: Eindeutig ja, und zwar nicht in erster Linie wegen der verschiedenartigen Instrumentierung von EEG und KWK-Gesetz, sondern weil das EEG tatsächlich auf einen Ausbau von regenerativen Anlagen in der Stromerzeugung zielt und ihn auch ermöglicht, während das „Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung“ schon im Titel verlogen ist. Ohne deutliche Änderungen kann dieses Gesetz den im nationalen Klimaschutzprogramm und von der EU geforderten Ausbau der KWK nicht bewirken.

E&M: Trotz aller Widerstände: Welche Perspektive sehen Sie für die dezentrale Energieversorgung in den nächsten zehn bis 20 Jahren?

Meixner: Wenn mittelfristig dennoch ein Ausbau der KWK stattfindet, dann nicht mit und wegen dieses KWK-Gesetzes, sondern weil wir es uns im Interesse des Klimaschutzes gar nicht leisten können, solche Effizienztechnologien dauerhaft weiter zu blockieren.

E&M: Die Veränderungen der deutschen Energielandschaft sind auch an der hessen Energie nicht vorbeigegangen, die als landeseigene Energieagentur gegründet wurde, im letzten Jahr von der Landesbank und kürzlich vom Regionalversorger Oberhessische Versorgungsbetriebe AG, der OVAG, übernommen wurde. Wie wirkt sich dies auf die künftige Arbeit der hessenEnergie aus?

Meixner: Der Rückzug des Landes Hessen war eine politische Entscheidung der amtierenden Landesregierung, die bereits in der Koalitionsvereinbarung angekündigt war. Anders als die frühere Hessische Landesregierung hält sie eine landeseigene Energieagentur für verzichtbar. Die Übernahme der Landesanteile durch die Landesbank Hessen-Thüringen hat sich als Zwischenspiel erwiesen, weil eine Energieagentur mit ihrer spezifischen geschäftspolitischen Ausrichtung in das Beteiligungs-Portfolio einer großen Geschäftsbank offenbar nicht sonderlich gut passt.

Die Übernahme durch die OVAG war auf deren Seite durch ein ausgeprägtes Interesse an den Geschäftsfeldern und an den Beratungsaktivitäten der hessenEnergie motiviert. Die OVAG ist ein von der Verbundwirtschaft unabhängiges regionales Versorgungsunternehmen im Bereich Energie und Wasser, das sich im alleinigen Eigentum von drei hessischen Landkreisen befindet. Die OVAG hat ihr Interesse an einer intensiven Zusammenarbeit im Bereich der Windenergienutzung, des Contracting und bei der Beratung von Kommunen samt ihren Einrichtungen im Netzgebiet der OVAG bekundet. Von daher sehen wir gute Chancen, unsere Geschäftsfelder mit dem neuen Gesellschafter weiter zu führen und fort zu entwickeln. Derzeit baut die hessenEnergie bereits für die OVAG einen Windpark und wird auch die Betriebsführung der zehn Anlagen übernehmen.


Dr. Horst Meixner
wurde am 19.12.1949 geboren. Nach der Schulausbildung Studium der Wirtschaftswissenschaften in Gießen mit Abschluss als Diplom-Ökonom in 1972. Von 1974 bis 1979 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Essen – GHS im Rahmen der interdisziplinären Arbeitsgruppe Umwelt, Gesellschaft, Energie (AUGE), die unter anderem mit Studien über die Möglichkeiten der Energieeinsparung für das Bundesforschungsministerium befasst war. Promotion zum Dr. rer. pol. am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Justus Liebig Universität in Gießen mit einer Arbeit über „Technische Entwicklung und natürliche Reproduktionsgrundlagen“ in 1979/80. Wissenschaftlicher Angestellter im Rahmen eines Projekts zum Thema „Sozialverträglichkeit verschiedener Energiesysteme“ an der J.W. Goethe Universität in Frankfurt und 1983/1984 als Hochschulassistent am dortigen Fachbereich Wirtschaftswissenschaften.

Von 1984 bis 1989 war Horst Meixner Leiter des Referats „Förderung von Energieanlagen“ bei der Hessischen Landesregierung, zunächst beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft und Technik, später beim Hessischen Ministerium für Umwelt und Energie, dann wieder beim Wirtschaftsministerium. In 1990 und 1991 Aufbau und Leitung des bei der Stadt Frankfurt am Main neu eingerichteten Energiereferats als Teil der städtischen Verwaltung. Ab Oktober 1991 Geschäftsführer der vom Land Hessen zusammen mit Partnern gegründeten Energieagentur hessenEnergie GmbH.

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Jan Mühlstein

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