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Energie & Management > Nordrhein-Westfalen - Mehr Richter für mehr Windkraft-Klagen am OVG
Quelle: Fotolia / vege
Nordrhein-Westfalen

Mehr Richter für mehr Windkraft-Klagen am OVG

Die Klagewelle bei Windkraftprojekten will das Oberverwaltungsgericht für NRW mit einem neu einzurichtenden Senat bewältigen. Ob Verfahren dadurch schneller werden, ist offen.
Mehr Fälle, mehr Arbeit und dafür bald auch mehr Personal: Voraussichtlich im Juni 2022 soll ein neuer Senat am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster mit dem Schwerpunkt Windenergie seine Arbeit aufnehmen. Mit dem dreiköpfigen Team, dessen Besetzung aktuell geklärt wird, hofft das Gericht, der ungebremsten Klagewelle in Nordrhein-Westfalen Herr werden zu können.

Das OVG Münster ist für ganz NRW zuständig. Seit Ende 2020 rauschen die Windkraft-Fälle direkt zur höchsten Instanz, nachdem die damalige Bundesregierung im Herbst 2019 die Ebene der Verwaltungsgerichte als erste Adresse für Klagewillige abgeschafft hatte.

Beim OVG Münster sind seither aufgrund der neuen Zuständigkeit 112 Windkraft-Klagen direkt aufgelaufen. 16 davon hat das Gericht inzwischen abschließend beschieden, 96 sind weiter zu bearbeiten. Beim Jahrespressegespräch am 4. März sagte der stellvertretende Gerichtspräsident Sebastian Beimesche, mit Arbeitsbeginn des neuen Senats bestehe die „Hoffnung“, Verfahren beschleunigt zu bearbeiten. Der künftige Senat bewirke insgesamt eine „Verbesserung“ der Situation.

Aktuell hat das OVG erheblich mehr Arbeit

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Wegfall der alten Erstinstanz dem OVG nicht nur mehr Verfahren, sondern auch laut Gericht „einen höheren Bearbeitungsaufwand“ je Fall eingebracht hat. Die Vorarbeiten der Verwaltungsgerichte zu schwierigen Fragen, so Beimesche, seien weggefallen. Das verlängert aktuell also eher die Arbeit in Münster selbst.

Im Windenergie-Bereich vergeht von der Planung bis zur Inbetriebnahme von Anlagen aktuell bis zu einem Jahrzehnt. Im schlechtesten Fall beanspruchen rechtliche Auseinandersetzungen etwa die Hälfte dieser Zeit.

Hinzu kommen geopolitische Notwendigkeiten, Importe von fossilen Energieträgern aus Russland schnellstmöglich auf ein Minimum zu reduzieren. „Unsere Unabhängigkeit wird mit jedem Tag größer, an dem wir unsere erneuerbare Energie ausbauen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Abend des 3. März in der ZDF-Fernsehsendung „Maybrit Illner“ mit Blick auf den Bezug von Gas, Öl und Kohle, über den das Putin-Regime mittelbar auch den Ukraine-Krieg finanziert.

Vor diesem Hintergrund sieht Vize-Präsident Sebastian Beimesche beim OVG Münster von Mitte des Jahres an „mehr Arbeitskraft“ für den Bereich Windenergie und auch „mehr Know-how“. Soll heißen: Sobald sich der dann 22. OVG-Senat fast ausschließlich um diese Fälle kümmert, wächst die Expertise der Rechtsprechenden, was die Verfahren verkürzen könne.

Und auch absolut nimmt die Anzahl der Richterinnen und Richter zu: Denn auch der 7. und 8. Senat bleiben nach Beimesches Auskunft mit Windkraftklagen befasst. Wie lange ein Windkraft-Fall das OVG aktuell beschäftigt, konnte Beimesche nicht sagen. Allgemein benötigt das Gericht für Verfahren in der Hauptsache im Schnitt 13 Monate.

Branchenverband verlangt von NRW weitere Richter-Stellen

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) sieht die Gleichung "Neuer OVG-Senat - schnellere Verfahren" skeptisch. „Niemand kann seriös prognostizieren, ob es wirklich zu der politisch erhofften Beschleunigung kommt“, sagt LEE-Vizevorsitzender Thomas Griese, früher Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht in Köln. Er fürchtet, dass beim OVG in Münster ein „neues juristisches Nadelöhr“ entstehe. Die Landesregierung sei daher „gut beraten, weitere Richter-Stellen zu finanzieren“.

Dies vor dem Hintergrund, dass das OVG zusätzlich zu den seit Ende 2020 einlaufenden Neufällen weiterhin als Rechtsmittel-Instanz einzugreifen hat, wenn ein Verwaltungsgericht mit seinem Spruch eine Auseinandersetzung nicht endgültig befriedet hat. Das sind laut Jahresbericht aktuell 18 offene Fälle.

Hinzu kommen fünf Klagen im Eilverfahren. In Summe muss das OVG Münster mit alter Schlagkraft aktuell also 119 Streitfälle abarbeiten.

​Der Antrag stand schon lange

Beim Thema Schnelligkeit lohnt auch ein Blick auf die Zeitspanne, die die Landesregierung aus CDU und FDP benötigte, um der verbliebenen Windkraft-Instanz die gewünschte personelle Verstärkung zu gewähren. Direkt Ende des Jahres 2020, so Sebastian Beimesche, habe das OVG Münster in Düsseldorf zusätzliche Richterstellen beantragt. Anderthalb Jahre später soll es dann so weit sein. Ob die Arbeit dadurch tatsächlich schneller von der Hand geht, lasse sich voraussichtlich beim nächsten Jahrespressegespräch belastbar sagen, so OVG-Vizepräsident Sebastian Beimesche.

Freitag, 4.03.2022, 16:30 Uhr
Volker Stephan
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Mehr Richter für mehr Windkraft-Klagen am OVG
Die Klagewelle bei Windkraftprojekten will das Oberverwaltungsgericht für NRW mit einem neu einzurichtenden Senat bewältigen. Ob Verfahren dadurch schneller werden, ist offen.
Mehr Fälle, mehr Arbeit und dafür bald auch mehr Personal: Voraussichtlich im Juni 2022 soll ein neuer Senat am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster mit dem Schwerpunkt Windenergie seine Arbeit aufnehmen. Mit dem dreiköpfigen Team, dessen Besetzung aktuell geklärt wird, hofft das Gericht, der ungebremsten Klagewelle in Nordrhein-Westfalen Herr werden zu können.

Das OVG Münster ist für ganz NRW zuständig. Seit Ende 2020 rauschen die Windkraft-Fälle direkt zur höchsten Instanz, nachdem die damalige Bundesregierung im Herbst 2019 die Ebene der Verwaltungsgerichte als erste Adresse für Klagewillige abgeschafft hatte.

Beim OVG Münster sind seither aufgrund der neuen Zuständigkeit 112 Windkraft-Klagen direkt aufgelaufen. 16 davon hat das Gericht inzwischen abschließend beschieden, 96 sind weiter zu bearbeiten. Beim Jahrespressegespräch am 4. März sagte der stellvertretende Gerichtspräsident Sebastian Beimesche, mit Arbeitsbeginn des neuen Senats bestehe die „Hoffnung“, Verfahren beschleunigt zu bearbeiten. Der künftige Senat bewirke insgesamt eine „Verbesserung“ der Situation.

Aktuell hat das OVG erheblich mehr Arbeit

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Wegfall der alten Erstinstanz dem OVG nicht nur mehr Verfahren, sondern auch laut Gericht „einen höheren Bearbeitungsaufwand“ je Fall eingebracht hat. Die Vorarbeiten der Verwaltungsgerichte zu schwierigen Fragen, so Beimesche, seien weggefallen. Das verlängert aktuell also eher die Arbeit in Münster selbst.

Im Windenergie-Bereich vergeht von der Planung bis zur Inbetriebnahme von Anlagen aktuell bis zu einem Jahrzehnt. Im schlechtesten Fall beanspruchen rechtliche Auseinandersetzungen etwa die Hälfte dieser Zeit.

Hinzu kommen geopolitische Notwendigkeiten, Importe von fossilen Energieträgern aus Russland schnellstmöglich auf ein Minimum zu reduzieren. „Unsere Unabhängigkeit wird mit jedem Tag größer, an dem wir unsere erneuerbare Energie ausbauen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Abend des 3. März in der ZDF-Fernsehsendung „Maybrit Illner“ mit Blick auf den Bezug von Gas, Öl und Kohle, über den das Putin-Regime mittelbar auch den Ukraine-Krieg finanziert.

Vor diesem Hintergrund sieht Vize-Präsident Sebastian Beimesche beim OVG Münster von Mitte des Jahres an „mehr Arbeitskraft“ für den Bereich Windenergie und auch „mehr Know-how“. Soll heißen: Sobald sich der dann 22. OVG-Senat fast ausschließlich um diese Fälle kümmert, wächst die Expertise der Rechtsprechenden, was die Verfahren verkürzen könne.

Und auch absolut nimmt die Anzahl der Richterinnen und Richter zu: Denn auch der 7. und 8. Senat bleiben nach Beimesches Auskunft mit Windkraftklagen befasst. Wie lange ein Windkraft-Fall das OVG aktuell beschäftigt, konnte Beimesche nicht sagen. Allgemein benötigt das Gericht für Verfahren in der Hauptsache im Schnitt 13 Monate.

Branchenverband verlangt von NRW weitere Richter-Stellen

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) sieht die Gleichung "Neuer OVG-Senat - schnellere Verfahren" skeptisch. „Niemand kann seriös prognostizieren, ob es wirklich zu der politisch erhofften Beschleunigung kommt“, sagt LEE-Vizevorsitzender Thomas Griese, früher Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht in Köln. Er fürchtet, dass beim OVG in Münster ein „neues juristisches Nadelöhr“ entstehe. Die Landesregierung sei daher „gut beraten, weitere Richter-Stellen zu finanzieren“.

Dies vor dem Hintergrund, dass das OVG zusätzlich zu den seit Ende 2020 einlaufenden Neufällen weiterhin als Rechtsmittel-Instanz einzugreifen hat, wenn ein Verwaltungsgericht mit seinem Spruch eine Auseinandersetzung nicht endgültig befriedet hat. Das sind laut Jahresbericht aktuell 18 offene Fälle.

Hinzu kommen fünf Klagen im Eilverfahren. In Summe muss das OVG Münster mit alter Schlagkraft aktuell also 119 Streitfälle abarbeiten.

​Der Antrag stand schon lange

Beim Thema Schnelligkeit lohnt auch ein Blick auf die Zeitspanne, die die Landesregierung aus CDU und FDP benötigte, um der verbliebenen Windkraft-Instanz die gewünschte personelle Verstärkung zu gewähren. Direkt Ende des Jahres 2020, so Sebastian Beimesche, habe das OVG Münster in Düsseldorf zusätzliche Richterstellen beantragt. Anderthalb Jahre später soll es dann so weit sein. Ob die Arbeit dadurch tatsächlich schneller von der Hand geht, lasse sich voraussichtlich beim nächsten Jahrespressegespräch belastbar sagen, so OVG-Vizepräsident Sebastian Beimesche.

Freitag, 4.03.2022, 16:30 Uhr
Volker Stephan

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