E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Windkraft Onshore - Materialprobleme und schwächliche Netze?
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore

Materialprobleme und schwächliche Netze?

Eine stürzt um, eine andere brennt: In Nordrhein-Westfalen haben zwei Windkraftanlagen Alarm ausgelöst.
Die Feuerwehr hielt bis in die frühen Morgenstunden Brandwache. Viel mehr konnte sie, nachdem sie die Einsatzstelle abgesichert hatte, offenbar nicht tun. In der Nacht zum 4. Juli hatte die Turbine einer Windkraftanlage im Windpark in der Gemeinde Stemwede Feuer gefangen. Der Brandmeister der Kommune im Kreis Minden-Lübbecke und seine Männer sahen sich wegen des Stroms in der Gondel nicht in der Lage zu löschen. „Außerdem sitzt die Turbine dafür auch viel zu hoch“, sagte er der Lokalzeitung. Gegen 5.30 Uhr rückte die Feuerwehr ab. Der Betreiber des Windparks nahm sich der Sache an.

„Monteure sind mit Feuerlöschern hochgestiegen und haben das Feuer gelöscht“, sagt Wilfried Winkelmann. Winkelmann ist nicht nur Betreiber der Anlage, sondern auch, wie er sich selber nennt, „Gärtner“ des Deutschen Windkraftmuseums in Stemwede. Auch wenn die Technik, die in Brand geraten ist, noch nicht museumsreif ist – als sie entwickelt wurde, dachte man an ein Problem, das die Zukunft gebracht hat, wohl nicht im Traum: „Netzengpässe, wie wir sie jetzt haben, hatte man nicht vor Augen, als diese Technologie vor rund 25 Jahren konstruiert wurde“, sagt Winkelmann.

Zuletzt drohte immer wieder das Stromnetz in der Region überlastet zu werden. Der Netzausbau gehe viel zu langsam voran, sagt Winkelmann gegenüber E&M. Wenn die Anlage mehr Strom erzeugt, als er einspeisen kann, heißt das für ihn: „Notbremse“. „Es ist eine stallgeregelte Anlage, sie muss gebremst werden.“ Anders als bei modernen Anlagen kann man die Flügel nicht „wegpitchen“. Durch das häufige Bremsen in den vergangenen Tagen sei die Bremse heiß geworden und die Anlage habe Feuer gefangen, erklärt Winkelmann. Die Anlage des Herstellers Nordex mit 600 kW will er sobald wie möglich reparieren.

Materialfehler, der bereits öfter aufgetreten ist

Nichts mehr zu reparieren gibt es bei einer Windkraftanlage in der Gemeinde Gescher im Münsterland. Sie ist in der gleichen Nacht umgestürzt. Der Datenstrom zum Überwachungscomputer sei um 24 Uhr abgerissen, „als es einen Gewittersturm mit heftigen Windböen gab“, berichtet Hubert Upgang. Er ist Geschäftsführer der Betreibergesellschaft „Pröbsting Windkraft“, und er hat die 22 Jahre alte 600-kW-Anlage erst im vergangenen Jahr übernommen. Ein Fachgutachter habe sie damals überprüft mit dem Ergebnis, dass sie die nächsten zehn Jahre weiter betrieben werden könne. Ziel sei es eigentlich gewesen, die Anlage zu „repowern“.

Jetzt war Upgang erneut mit einem Gutachter vor Ort – einem Versicherungsgutachter. Und das Ergebnis macht ihm eher wenig Hoffnung. „Die Versicherung springt bei Sturmschäden ein, nicht bei Konstruktionsfehlern.“ Offensichtlich, so der erfahrene Anlagenbetreiber, haben die Bolzen nachgegeben und sind „durchgeschert“. Die Anlage habe bei dem schweren Unwetter nicht rechtzeitig aus dem Wind drehen können.

Kein Einzelfall offensichtlich. „Es ist inzwischen die fünfte solche Anlage Deutschland mit dem Schadensbild“, sagt Upgang. Bereits 2014 soll es ein ähnliches Materialversagen in Brandenburg gegeben haben. Die Anlage stammt von einem Hersteller, der Ende 2017 aus dem Handelsregister verschwand. Weltweit soll das Unternehmen mehr als 900 Turbinen mit einer Gesamtleistung von mehr als 1.600 MW errichtet haben.

 

Mittwoch, 5.07.2023, 17:38 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Windkraft Onshore - Materialprobleme und schwächliche Netze?
Quelle: Fotolia / Mellimage
Windkraft Onshore
Materialprobleme und schwächliche Netze?
Eine stürzt um, eine andere brennt: In Nordrhein-Westfalen haben zwei Windkraftanlagen Alarm ausgelöst.
Die Feuerwehr hielt bis in die frühen Morgenstunden Brandwache. Viel mehr konnte sie, nachdem sie die Einsatzstelle abgesichert hatte, offenbar nicht tun. In der Nacht zum 4. Juli hatte die Turbine einer Windkraftanlage im Windpark in der Gemeinde Stemwede Feuer gefangen. Der Brandmeister der Kommune im Kreis Minden-Lübbecke und seine Männer sahen sich wegen des Stroms in der Gondel nicht in der Lage zu löschen. „Außerdem sitzt die Turbine dafür auch viel zu hoch“, sagte er der Lokalzeitung. Gegen 5.30 Uhr rückte die Feuerwehr ab. Der Betreiber des Windparks nahm sich der Sache an.

„Monteure sind mit Feuerlöschern hochgestiegen und haben das Feuer gelöscht“, sagt Wilfried Winkelmann. Winkelmann ist nicht nur Betreiber der Anlage, sondern auch, wie er sich selber nennt, „Gärtner“ des Deutschen Windkraftmuseums in Stemwede. Auch wenn die Technik, die in Brand geraten ist, noch nicht museumsreif ist – als sie entwickelt wurde, dachte man an ein Problem, das die Zukunft gebracht hat, wohl nicht im Traum: „Netzengpässe, wie wir sie jetzt haben, hatte man nicht vor Augen, als diese Technologie vor rund 25 Jahren konstruiert wurde“, sagt Winkelmann.

Zuletzt drohte immer wieder das Stromnetz in der Region überlastet zu werden. Der Netzausbau gehe viel zu langsam voran, sagt Winkelmann gegenüber E&M. Wenn die Anlage mehr Strom erzeugt, als er einspeisen kann, heißt das für ihn: „Notbremse“. „Es ist eine stallgeregelte Anlage, sie muss gebremst werden.“ Anders als bei modernen Anlagen kann man die Flügel nicht „wegpitchen“. Durch das häufige Bremsen in den vergangenen Tagen sei die Bremse heiß geworden und die Anlage habe Feuer gefangen, erklärt Winkelmann. Die Anlage des Herstellers Nordex mit 600 kW will er sobald wie möglich reparieren.

Materialfehler, der bereits öfter aufgetreten ist

Nichts mehr zu reparieren gibt es bei einer Windkraftanlage in der Gemeinde Gescher im Münsterland. Sie ist in der gleichen Nacht umgestürzt. Der Datenstrom zum Überwachungscomputer sei um 24 Uhr abgerissen, „als es einen Gewittersturm mit heftigen Windböen gab“, berichtet Hubert Upgang. Er ist Geschäftsführer der Betreibergesellschaft „Pröbsting Windkraft“, und er hat die 22 Jahre alte 600-kW-Anlage erst im vergangenen Jahr übernommen. Ein Fachgutachter habe sie damals überprüft mit dem Ergebnis, dass sie die nächsten zehn Jahre weiter betrieben werden könne. Ziel sei es eigentlich gewesen, die Anlage zu „repowern“.

Jetzt war Upgang erneut mit einem Gutachter vor Ort – einem Versicherungsgutachter. Und das Ergebnis macht ihm eher wenig Hoffnung. „Die Versicherung springt bei Sturmschäden ein, nicht bei Konstruktionsfehlern.“ Offensichtlich, so der erfahrene Anlagenbetreiber, haben die Bolzen nachgegeben und sind „durchgeschert“. Die Anlage habe bei dem schweren Unwetter nicht rechtzeitig aus dem Wind drehen können.

Kein Einzelfall offensichtlich. „Es ist inzwischen die fünfte solche Anlage Deutschland mit dem Schadensbild“, sagt Upgang. Bereits 2014 soll es ein ähnliches Materialversagen in Brandenburg gegeben haben. Die Anlage stammt von einem Hersteller, der Ende 2017 aus dem Handelsregister verschwand. Weltweit soll das Unternehmen mehr als 900 Turbinen mit einer Gesamtleistung von mehr als 1.600 MW errichtet haben.

 

Mittwoch, 5.07.2023, 17:38 Uhr
Manfred Fischer

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.