E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Strom - Lob und Tadel für Vorschlag zu EU-Strommarktdesign
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Strom

Lob und Tadel für Vorschlag zu EU-Strommarktdesign

Die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Reform der europäischen Elektrizitätsmärkte haben in Berlin und in Brüssel nicht nur Begeisterung ausgelöst.

Die Europäische Kommission hatte am 14. März in Straßburg klargemacht, sie halte an der bisherigen Regulierung der Strommärkte grundsätzlich fest und strebe nur punktuelle Änderungen an.

  • So sollen die Verbraucher mehr Rechte gegenüber ihren Lieferanten erhalten.
  • Der Terminhandel und der Stromhandel zwischen den Gebotszonen sollen ausgeweitet werden.
  • Und als Förderinstrument für die Erneuerbaren und die Atomenergie sollen die Mitgliedsstaaten in Zukunft nur noch sogenannte Differenzverträge (CfD) einsetzen.

Im Europäischen Parlament, das über die Vorschläge der Kommission abstimmen muss, stoßen diese auf unterschiedliche Reaktionen. Es sei gut, dass sich die Kommission konzentriere „auf den langfristigen Markt und Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien und Speicher, um die Flexibilität zu erhöhen“, erklärt der Abgeordnete Christian Ehler (CDU). Er würde die Reform am liebsten in einem „beschleunigten Gesetzgebungsverfahren“ verabschieden.

Dagegen sehen die Grünen im Kommissionsvorschlag vor allem „ein Geschenk an die Atomindustrie“. Für einkommensschwache Haushalte werde nicht genug getan, erklärt ihr energiepolitischer Sprecher Michael Bloss: „Wir wollen eine gezielte Unterstützung für diejenigen, die es am meisten brauchen, um sozialer Ungerechtigkeit entgegenzuwirken.“

Die deutsche Elektrizitätswirtschaft freut sich, dass die Kommission „nicht in den Preisbildungsmechanismus von Angebot und Nachfrage eingreift“. Es sei richtig, langfristige anlagenbezogene Lieferverträge (PPA) und CfD zu fördern, damit mehr in die erneuerbaren Energien investiert werde, erklärt die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. Auch wenn man sich die genaue Ausgestaltung genau ansehen werde.

Wenig begeistert ist die Lobbyistin der deutschen Elektrizitätswirtschaft darüber, dass die Kommission den Terminhandel und den Wettbewerb zwischen den Gebotszonen im Binnenmarkt durch „Virtual Hubs“ intensivieren will: „Die Balance zwischen Termin- und Spotmärkten sowie das Vertrauen der Händler in Preisbildung und Liquidität würden durch solche Instrumente nachhaltig gestört.“

Auch der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) „bewertet viele Vorschläge positiv“. Das gegenwärtige Marktmodell solle den Einsatz der Kraftwerke auch in Zukunft steuern, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebig. Der VKU wehre sich aber gegen jede Erlösabschöpfung außerhalb von Krisenzeiten.

Kritisch sehe man, dass die Stromerzeugung aus Wind und Sonne nur noch durch CfD gefördert werden dürfe: „Die Ausgestaltung der Fördersysteme sollte den Mitgliedsstaaten überlassen werden.“

Flexible Netzentgelte, mit denen die Kommission den Verbrauch flexibilisieren will, lehnt der VKU ebenfalls ab. Ãœber die Netzentgelte müssten die Netzbetreiber ihre Fixkosten refinanzieren, die nun einmal zeitlich nicht variabel seien.Der Dachverband der Industrie, Businesseurope, hält den Kommissionsvorschlag für einen „Schritt in die richtige Richtung“. Er bringe den Unternehmen mehr Möglichkeiten, sich gegen Schwankungen der Energiepreise abzusichern. Das sei ein wichtiges Element ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend sei, dass Hürden gegen PPA zügig beseitigt würden, sagt der Direktor des Verbandes, Markus Beyrer. Auch CfD könnten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung von emissionsarmen Kraftwerken leisten.


Windeurope für einheitliche CfD, BEE dagegen

Der Verband der europäischen Windindustrie, Windeurope, sieht den größten Fortschritt in der Vereinheitlichung der Förderinstrumente. Ein Grund für den Rückgang der Investitionen in die Windkraft sei die Unsicherheit der Investoren gewesen, die durch unkoordinierte Maßnahmen der Mitgliedsstaaten zum Beispiel bei der Gewinnabschöpfung erzeugt worden sei. Dieses Problem könne durch standardisierte CfD auf europäischer Ebene entschärft werden.

 

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hält gerade das für das größte Problem des Kommissionsvorschlages. Die Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten seien zu groß, um sie über einen Leisten zu schlagen, erklärt BEE-Chefin Simone Peter. Für manche EU-Staaten könnten CfD von Vorteil sein: „Für Deutschland gilt das nicht.“ Das habe die komplexe Erlösabschöpfung bei der Strompreisbremse gezeigt. Sie habe zu hohen Umsetzungskosten für die Erzeuger und zu schweren Marktverwerfungen geführt. Eine preissenkende Wirkung sei ausgeblieben.

Kritisch sieht Peter außerdem, dass auch die Atomkraft durch CfD gefördert werden soll. Positiv sei vor allem, dass die Kommission den Terminhandel unterstützen und die Flexibilisierung der Nachfrage fördern wolle.

Uneingeschränkt positiv sehen die Betreiber von Energiespeichern, dass die Kommission Kapazitätsmärkte stärken will und die Bedeutung der Energiespeicher für den Ausbau der erneuerbaren Energien anerkennt. Ihr Dachverband EASE ist begeistert darüber, dass flexible Lösungen gefördert werden sollen und die Mitgliedsstaaten nationale Flexibilitätsziele ausweisen und erfüllen sollen.

 


Mittwoch, 15.03.2023, 15:40 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Strom - Lob und Tadel für Vorschlag zu EU-Strommarktdesign
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Strom
Lob und Tadel für Vorschlag zu EU-Strommarktdesign
Die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Reform der europäischen Elektrizitätsmärkte haben in Berlin und in Brüssel nicht nur Begeisterung ausgelöst.

Die Europäische Kommission hatte am 14. März in Straßburg klargemacht, sie halte an der bisherigen Regulierung der Strommärkte grundsätzlich fest und strebe nur punktuelle Änderungen an.

  • So sollen die Verbraucher mehr Rechte gegenüber ihren Lieferanten erhalten.
  • Der Terminhandel und der Stromhandel zwischen den Gebotszonen sollen ausgeweitet werden.
  • Und als Förderinstrument für die Erneuerbaren und die Atomenergie sollen die Mitgliedsstaaten in Zukunft nur noch sogenannte Differenzverträge (CfD) einsetzen.

Im Europäischen Parlament, das über die Vorschläge der Kommission abstimmen muss, stoßen diese auf unterschiedliche Reaktionen. Es sei gut, dass sich die Kommission konzentriere „auf den langfristigen Markt und Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien und Speicher, um die Flexibilität zu erhöhen“, erklärt der Abgeordnete Christian Ehler (CDU). Er würde die Reform am liebsten in einem „beschleunigten Gesetzgebungsverfahren“ verabschieden.

Dagegen sehen die Grünen im Kommissionsvorschlag vor allem „ein Geschenk an die Atomindustrie“. Für einkommensschwache Haushalte werde nicht genug getan, erklärt ihr energiepolitischer Sprecher Michael Bloss: „Wir wollen eine gezielte Unterstützung für diejenigen, die es am meisten brauchen, um sozialer Ungerechtigkeit entgegenzuwirken.“

Die deutsche Elektrizitätswirtschaft freut sich, dass die Kommission „nicht in den Preisbildungsmechanismus von Angebot und Nachfrage eingreift“. Es sei richtig, langfristige anlagenbezogene Lieferverträge (PPA) und CfD zu fördern, damit mehr in die erneuerbaren Energien investiert werde, erklärt die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. Auch wenn man sich die genaue Ausgestaltung genau ansehen werde.

Wenig begeistert ist die Lobbyistin der deutschen Elektrizitätswirtschaft darüber, dass die Kommission den Terminhandel und den Wettbewerb zwischen den Gebotszonen im Binnenmarkt durch „Virtual Hubs“ intensivieren will: „Die Balance zwischen Termin- und Spotmärkten sowie das Vertrauen der Händler in Preisbildung und Liquidität würden durch solche Instrumente nachhaltig gestört.“

Auch der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) „bewertet viele Vorschläge positiv“. Das gegenwärtige Marktmodell solle den Einsatz der Kraftwerke auch in Zukunft steuern, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebig. Der VKU wehre sich aber gegen jede Erlösabschöpfung außerhalb von Krisenzeiten.

Kritisch sehe man, dass die Stromerzeugung aus Wind und Sonne nur noch durch CfD gefördert werden dürfe: „Die Ausgestaltung der Fördersysteme sollte den Mitgliedsstaaten überlassen werden.“

Flexible Netzentgelte, mit denen die Kommission den Verbrauch flexibilisieren will, lehnt der VKU ebenfalls ab. Ãœber die Netzentgelte müssten die Netzbetreiber ihre Fixkosten refinanzieren, die nun einmal zeitlich nicht variabel seien.Der Dachverband der Industrie, Businesseurope, hält den Kommissionsvorschlag für einen „Schritt in die richtige Richtung“. Er bringe den Unternehmen mehr Möglichkeiten, sich gegen Schwankungen der Energiepreise abzusichern. Das sei ein wichtiges Element ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend sei, dass Hürden gegen PPA zügig beseitigt würden, sagt der Direktor des Verbandes, Markus Beyrer. Auch CfD könnten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung von emissionsarmen Kraftwerken leisten.


Windeurope für einheitliche CfD, BEE dagegen

Der Verband der europäischen Windindustrie, Windeurope, sieht den größten Fortschritt in der Vereinheitlichung der Förderinstrumente. Ein Grund für den Rückgang der Investitionen in die Windkraft sei die Unsicherheit der Investoren gewesen, die durch unkoordinierte Maßnahmen der Mitgliedsstaaten zum Beispiel bei der Gewinnabschöpfung erzeugt worden sei. Dieses Problem könne durch standardisierte CfD auf europäischer Ebene entschärft werden.

 

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hält gerade das für das größte Problem des Kommissionsvorschlages. Die Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten seien zu groß, um sie über einen Leisten zu schlagen, erklärt BEE-Chefin Simone Peter. Für manche EU-Staaten könnten CfD von Vorteil sein: „Für Deutschland gilt das nicht.“ Das habe die komplexe Erlösabschöpfung bei der Strompreisbremse gezeigt. Sie habe zu hohen Umsetzungskosten für die Erzeuger und zu schweren Marktverwerfungen geführt. Eine preissenkende Wirkung sei ausgeblieben.

Kritisch sieht Peter außerdem, dass auch die Atomkraft durch CfD gefördert werden soll. Positiv sei vor allem, dass die Kommission den Terminhandel unterstützen und die Flexibilisierung der Nachfrage fördern wolle.

Uneingeschränkt positiv sehen die Betreiber von Energiespeichern, dass die Kommission Kapazitätsmärkte stärken will und die Bedeutung der Energiespeicher für den Ausbau der erneuerbaren Energien anerkennt. Ihr Dachverband EASE ist begeistert darüber, dass flexible Lösungen gefördert werden sollen und die Mitgliedsstaaten nationale Flexibilitätsziele ausweisen und erfüllen sollen.

 


Mittwoch, 15.03.2023, 15:40 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.