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Energie & Management > Österreich - Lob und Tadel für den ÖNIP
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Lob und Tadel für den ÖNIP

Grundsätzlich begrüßen Österreichs Netzbetreiber den Entwurf des integrierten Netzinfrastrukturplans. Aus Gründen der Rechtssicherheit wünschen sie dennoch seine massive Überarbeitung.
Fehlende Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der österreichischen Strom- und Gasnetze zur Umsetzung der Energiewende waren das Thema des „Netztalks“ des Forums Versorgungssicherheit am 19. September in Wien. Wenige Tage zuvor, am 15. September, war die öffentliche Konsultation des Integrierten Österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) des Energieministeriums (BMK) zu Ende gegangen. Der ÖNIP soll dazu dienen, das Übertragungsnetz für Strom sowie das Fernleitungsnetz für Gas für die Energiewende tauglich zu machen. Der technische Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, betonte, die Übertragungsnetzgesellschaften seien „sehr froh, dass es den ÖNIP nun gibt. Auf der anderen Seite würden wir uns wünschen, dass der Entwurf massiv nachbearbeitet wird.“ Was das BMK bislang vorlegte, ist laut Christiner „als Planungsgrundlage leider zu wenig.“ Der Entwurf weise lediglich Trassenkorridore ohne klar definierte Anfangs- und Endpunkte aus. Auf dieser Basis ist es laut Christiner nicht möglich, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für Leitungsaus- und Neubauten einzuleiten: „Das wäre ein sehr bröseliges Fundament.“ Rechtssicherheit biete es in seiner derzeitigen Form nicht.

Ergänzend hieß es aus der E-Wirtschaft gegenüber der Redaktion, der ÖNIP basiere auf unrealistischen Szenarien hinsichtlich des Ökostrom-Ausbaus. Bis 2030 werde nunmehr eine Produktionssteigerung um 39 Milliarden kWh statt der bislang stets genannten 27 Milliarden kWh angestrebt. Doch selbst der niedrigere Wert stimme nicht mit den Zubauzielen der Bundesländer überein. Das Engagement der Länder für die Energiewende ist aber unverzichtbar, da sie unter anderem für die Raumordnung und damit für die Ausweisung von Flächen zum Ökostromausbau zuständig sind. Kritisiert wird seitens der Branche überdies, dass der ÖNIP-Entwurf das Ausbaupotenzial der in Österreich bei weitem dominierenden Wasserkraft nicht ausreichend berücksichtigt. Insgesamt stellt der Plan nach Ansicht der E-Wirtschaft Ziele für die Ökostromproduktion in den Raum, ohne Wege für deren Erreichung zu beschreiben. Diesen Zielen entsprechend soll jedoch der Netzausbau erfolgen, koste es, was es wolle. Denn eine wirtschaftliche Analyse der Netzentwicklung enthält der ÖNIP ebenfalls nicht.

Regierung spricht von „erstem Wurf“

Vertreter der Bundesegierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen bemühten sich, die Vorbehalte der E-Wirtschaft zu relativieren. Adolf Groß, der Energiesprecher der Grünen im Bundesrat, in der zweiten Kammer des Parlaments, räumte ein, dass allein auf Basis des ÖNIP keine UVP-Verfahren eingeleitet werden können: „Das ist aber auch nicht der Anspruch dieses Dokuments.“ Konkrete Projekte hätten die Netzbetreiber in ihren Netzentwicklungsplänen festzulegen und auszuarbeiten. Was nun als ÖNIP vorliege, sei ein „erster Wurf“, der in den kommenden Jahren nachgeschärft werde. Das erfolge sicher nicht erst im Jahr 2028, in dem die Regierung laut Gesetz eine aktualisierte Version des ÖNIP vorzulegen hat. Manche von der E-Wirtschaft angesprochenen Fragen würden im kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) geregelt, versicherte Groß. Das ElWG wird ihm zufolge in Bälde zur Begutachtung ausgesandt. Es löst das derzeitige Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ab. Außerdem könnten die Netze auch ohne ÖNIP ausgebaut werden: „Die Regulierungsbehörde E-Control erkennt ja die Kosten an.“

Seitens der oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) ersuchte Energiesprecher Alois Schroll die Regierung, die Bedenken der Netzbetreiber hinsichtlich des ÖNIP-Entwurfs zu berücksichtigen und diesen entsprechend zu ändern. Für Verhandlungen über Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Netzausbaus stehe die SPÖ jederzeit zur Verfügung. Entsprechende Novellen bedürfen meist einer Zweidrittelmehrheit, über die die Regierung nicht verfügt. Schroll ergänzte, angesichts der 2024 fälligen Parlamentswahl sollten allfällige rechtliche Anpassungen nicht verzögert werden: „Wir müssen bei der Energiewende endlich Gas geben.“
 

Gasnetz: Fraglicher Rückbau

Stichwort Gas: Im Zuge der Energiewende wird angestrebt, die Gasnetze teilweise rückzubauen, weil Erdgas im Raumwärmebereich nicht mehr zum Einsatz kommen soll und damit der Bedarf daran sinkt. Doch Rückbauten sind für die Netzbetreiber finanziell schwer zu bewerkstelligen, warnte der Geschäftsführer der Gas Connect Austria (GCA), Stefan Wagenhofer: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage könne die E-Control Investitionen in derartige Vorhaben bei der Festlegung der Gasnetztarife nicht berücksichtigen. Somit sei es für die Netzbetreiber nicht möglich, einschlägige Ausgaben zu refinanzieren.

Seitens der Grünen versicherte Groß, dieses Problem sei der Regierung bekannt: „Diese Lücke im Gaswirtschaftsgesetz müssen und werden wir schließen. Die Netzbetreiber brauchen Rechtssicherheit.“

Mittwoch, 20.09.2023, 11:23 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Lob und Tadel für den ÖNIP
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Österreich
Lob und Tadel für den ÖNIP
Grundsätzlich begrüßen Österreichs Netzbetreiber den Entwurf des integrierten Netzinfrastrukturplans. Aus Gründen der Rechtssicherheit wünschen sie dennoch seine massive Überarbeitung.
Fehlende Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der österreichischen Strom- und Gasnetze zur Umsetzung der Energiewende waren das Thema des „Netztalks“ des Forums Versorgungssicherheit am 19. September in Wien. Wenige Tage zuvor, am 15. September, war die öffentliche Konsultation des Integrierten Österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) des Energieministeriums (BMK) zu Ende gegangen. Der ÖNIP soll dazu dienen, das Übertragungsnetz für Strom sowie das Fernleitungsnetz für Gas für die Energiewende tauglich zu machen. Der technische Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, betonte, die Übertragungsnetzgesellschaften seien „sehr froh, dass es den ÖNIP nun gibt. Auf der anderen Seite würden wir uns wünschen, dass der Entwurf massiv nachbearbeitet wird.“ Was das BMK bislang vorlegte, ist laut Christiner „als Planungsgrundlage leider zu wenig.“ Der Entwurf weise lediglich Trassenkorridore ohne klar definierte Anfangs- und Endpunkte aus. Auf dieser Basis ist es laut Christiner nicht möglich, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für Leitungsaus- und Neubauten einzuleiten: „Das wäre ein sehr bröseliges Fundament.“ Rechtssicherheit biete es in seiner derzeitigen Form nicht.

Ergänzend hieß es aus der E-Wirtschaft gegenüber der Redaktion, der ÖNIP basiere auf unrealistischen Szenarien hinsichtlich des Ökostrom-Ausbaus. Bis 2030 werde nunmehr eine Produktionssteigerung um 39 Milliarden kWh statt der bislang stets genannten 27 Milliarden kWh angestrebt. Doch selbst der niedrigere Wert stimme nicht mit den Zubauzielen der Bundesländer überein. Das Engagement der Länder für die Energiewende ist aber unverzichtbar, da sie unter anderem für die Raumordnung und damit für die Ausweisung von Flächen zum Ökostromausbau zuständig sind. Kritisiert wird seitens der Branche überdies, dass der ÖNIP-Entwurf das Ausbaupotenzial der in Österreich bei weitem dominierenden Wasserkraft nicht ausreichend berücksichtigt. Insgesamt stellt der Plan nach Ansicht der E-Wirtschaft Ziele für die Ökostromproduktion in den Raum, ohne Wege für deren Erreichung zu beschreiben. Diesen Zielen entsprechend soll jedoch der Netzausbau erfolgen, koste es, was es wolle. Denn eine wirtschaftliche Analyse der Netzentwicklung enthält der ÖNIP ebenfalls nicht.

Regierung spricht von „erstem Wurf“

Vertreter der Bundesegierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen bemühten sich, die Vorbehalte der E-Wirtschaft zu relativieren. Adolf Groß, der Energiesprecher der Grünen im Bundesrat, in der zweiten Kammer des Parlaments, räumte ein, dass allein auf Basis des ÖNIP keine UVP-Verfahren eingeleitet werden können: „Das ist aber auch nicht der Anspruch dieses Dokuments.“ Konkrete Projekte hätten die Netzbetreiber in ihren Netzentwicklungsplänen festzulegen und auszuarbeiten. Was nun als ÖNIP vorliege, sei ein „erster Wurf“, der in den kommenden Jahren nachgeschärft werde. Das erfolge sicher nicht erst im Jahr 2028, in dem die Regierung laut Gesetz eine aktualisierte Version des ÖNIP vorzulegen hat. Manche von der E-Wirtschaft angesprochenen Fragen würden im kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) geregelt, versicherte Groß. Das ElWG wird ihm zufolge in Bälde zur Begutachtung ausgesandt. Es löst das derzeitige Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ab. Außerdem könnten die Netze auch ohne ÖNIP ausgebaut werden: „Die Regulierungsbehörde E-Control erkennt ja die Kosten an.“

Seitens der oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) ersuchte Energiesprecher Alois Schroll die Regierung, die Bedenken der Netzbetreiber hinsichtlich des ÖNIP-Entwurfs zu berücksichtigen und diesen entsprechend zu ändern. Für Verhandlungen über Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Netzausbaus stehe die SPÖ jederzeit zur Verfügung. Entsprechende Novellen bedürfen meist einer Zweidrittelmehrheit, über die die Regierung nicht verfügt. Schroll ergänzte, angesichts der 2024 fälligen Parlamentswahl sollten allfällige rechtliche Anpassungen nicht verzögert werden: „Wir müssen bei der Energiewende endlich Gas geben.“
 

Gasnetz: Fraglicher Rückbau

Stichwort Gas: Im Zuge der Energiewende wird angestrebt, die Gasnetze teilweise rückzubauen, weil Erdgas im Raumwärmebereich nicht mehr zum Einsatz kommen soll und damit der Bedarf daran sinkt. Doch Rückbauten sind für die Netzbetreiber finanziell schwer zu bewerkstelligen, warnte der Geschäftsführer der Gas Connect Austria (GCA), Stefan Wagenhofer: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage könne die E-Control Investitionen in derartige Vorhaben bei der Festlegung der Gasnetztarife nicht berücksichtigen. Somit sei es für die Netzbetreiber nicht möglich, einschlägige Ausgaben zu refinanzieren.

Seitens der Grünen versicherte Groß, dieses Problem sei der Regierung bekannt: „Diese Lücke im Gaswirtschaftsgesetz müssen und werden wir schließen. Die Netzbetreiber brauchen Rechtssicherheit.“

Mittwoch, 20.09.2023, 11:23 Uhr
Klaus Fischer

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