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Spätestens in einem Jahr werden die verbleibenden drei Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Der Umbau des Energiesystems werde gelingen, versichert Wirtschaftsminister Habeck.
Zum 31. Dezember 2021 gehen die Kernkraftwerke Brokdorf in Schleswig-Holstein, Grohnde in Niedersachsen und der Block C von Gundremmingen in Bayern endgültig vom Netz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und seine Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/ Die Grünen) betonten vor diesem Hintergrund, mit diesem Schritt werde die nukleare Sicherheit in Deutschland deutlich erhöht, während die im internationalen Vergleich sehr hohe Versorgungssicherheit gewährleistet bleibe.
Vor dem Hintergrund der immer wieder aufflammenden öffentlichen Diskussion über einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, um die Klimaziele zu erreichen, erklärt Habeck: „Der Atomausstieg in Deutschland ist beschlossen, gesetzlich klar geregelt und gilt.“ Jetzt komme es darauf an, den Umbau der Energieversorgung konsequent voranzutreiben. Eine zentrale Voraussetzung dafür sei die sichere Versorgung mit nachhaltig erzeugtem Strom. „Durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und die Beschleunigung des Netzausbaus werden wir zeigen, dass dies in Deutschland möglich ist“, so der Minister.
Index der Versorgungssicherheit stetig verbessert
Ein Indikator für die Zuverlässigkeit der Stromversorgung ist der sogenannte Saidi-Wert. Das Akronym steht für „System Average Interruption Duration Index”. Er wird von der Bundesnetzagentur veröffentlicht und gibt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenem Letztverbraucher innerhalb eines Kalenderjahres in Minuten an.
Grundlage dafür sind Meldungen der Stromnetzbetreiber an die Behörde über Versorgungsunterbrechungen mit einer Dauer von mehr als drei Minuten. Für Deutschland insgesamt ist der Wert zwischen 2006 und 2020 von 21,53 auf 10,73 Minuten gesunken – seit 2017, als er 15,14 Minuten betrug, sogar stetig. In einer aktuellen gemeinsamen Mitteilung von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium heißt es, die Versorgungssicherheit werde auch künftig auf diesem hohen Niveau bleiben.
Nach der 2011 verabschiedeten Novelle des Atomgesetzes gehen bis spätestens zum 31. Dezember 2022, also in einem Jahr, die noch verbliebenen Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 vom Netz. Nach Angaben von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium wurden bislang durch den Atomausstieg bereits radioaktive Abfälle in einem Umfang von 500 Castor-Behältern vermieden.
Vollendet sei der Atomausstieg Ende 2022 allerdings noch nicht, heißt es in der Mitteilung weiter. Denn der Rückbau der Kraftwerke, die Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle sowie dauerhafte Lösungen für schwach- und mittelradioaktive Abfälle müssten weiter vorangebracht werden.
Bereits im März 2021 hatte Lemkes Vorgängerin Svenja Schulze (SPD) in einem Positionspapier dargelegt, dass zu einem vollständigen Atomausstieg in Deutschland mehr als nur die Abschaltung der Kraftwerke gehört. So werde die Bundesregierung unter anderem gegen Laufzeitverlängerungen überalterter Reaktoren in der EU eintreten.
Ein völkerrechtlich verbindlicher Leitfaden für Umweltverträglichkeitsprüfungen sei bereits im Dezember 2020 unter deutscher Ratspräsidentschaft erarbeitet worden. Daneben sei es wichtig, den radiologischen Notfallschutz auch nach dem deutschen Ausstieg auf hohem Niveau fortzuführen und international besser zu vernetzen. Ebenso müsse eine auf nukleare Sicherheit ausgerichtete Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung erhalten werden.
Ausstieg mit der Abschaltung der Kraftwerke noch nicht vollendet
Angesichts der absehbaren Abschaltungen und der Pläne der Bundesregierung, den Kohleausstieg möglichst bis 2030 zu vollziehen, mahnt der Verband der Bayerischen Wirtschaft (VBW), die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit von Energie müsse gewahrt bleiben. Die sei Voraussetzung für eine „sozial- und wirtschaftsverträgliche Erfolgsgeschichte“, so Bertram Brossardt.
Gleichzeitig wies der VBW-Hauptgeschäftsführer auf den gesellschaftlichen Konsens zum Abschalten der Kernenergie hin. „An dieser Leitplanke orientieren wir uns“, so Brossardt. Allerdings müsse man berücksichtigen, dass die Kernenergie im Jahr 2020 mit 27,5 % zur Stromerzeugung in Bayern beigetragen habe. Diese Lücke gelte es mit einem „kraftvollen Ausbau des Energiesystems“ zu schließen. „Erfreulich“ nannte er gleichzeitig, dass die erneuerbaren Energien im gleichen Zeitraum einen Anteil von rund 52 % hatten.
Donnerstag, 30.12.2021, 12:05 Uhr
Fritz Wilhelm
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