E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Bilanz - Leipziger Gaskonzern VNG muss russische Importe ersetzen
Quelle: Fotolia / Rynio Productions
Bilanz

Leipziger Gaskonzern VNG muss russische Importe ersetzen

Dass der Ukraine-Krieg zu Verwerfungen in der deutschen Wirtschaft führt, ist klar. Eines der betroffenen Unternehmen ist die VNG AG aus Leipzig. Haupthandelsprodukt ist russisches Gas.
Zur Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2021 versuchte der Vorstand Wege zu skizzieren, wie die VNG die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern könnte.

Schon im Vorfeld des Jahresabschlusses, Mitte März, musste das Unternehmen, das mit einer Bilanzsumme von 15,8 Mrd. Euro als das wertvollste Ostdeutschlands gilt, Staatshilfe beantragen. Konkret ging es um eine bei der KfW beantragte Kreditoption, bis zu einer Milliarde Euro. Deren Abschluss steht nach Angaben von VNG-Finanzvorstand Bodo Rodestock demnächst bevor. Die Leipziger Tochter des baden-württembergischen Energieriesen EnBW will damit den Ausfall russischer Gaslieferungen absichern – etwa im Falle eines Embargos seitens der EU oder durch Russland selbst. Damals gab der Konzern an, dass die Auswirkungen auf Geschäftsbetrieb und Risikolage außergewöhnlich und herausfordernd, aber beherrschbar seien. Eine Einschätzung, der der Vorstand auch auf der Bilanzpressekonferenz treu blieb.

Dennoch war allen Vorstandsmitgliedern immer noch das Entsetzen über die russische Invasion ins Gesicht geschrieben. „Wir sind schockiert und erschüttert ob der Brutalität der russischen Regierung. Die täglichen Meldungen und Bilder der Zerstörung und humanitären Katastrophe in der Ukraine lassen uns fassungslos zurück“, eröffnete Vorstandsvorsitzender Ulf Heitmüller das diesjährige Bilanzpressegespräch. 

Er beschrieb fünf Handlungsfelder, auf denen die VNG nun aktiv werden muss, um vom russischen Erdgas loszukommen. Das erste sei die Versorgungsicherheit, die nun den Klimaschutz als Thema Nummer eins in der Energiewirtschaft abgelöst habe. Man müsse aber beides zusammenbringen, so Heitmüller.

Keine neuen Verträge mit Gazprom

Als zweites stehe eine weitere Diversifizierung an. Dazu sei man derzeit in Gesprächen mit Partnern in Norwegen und den Niederlanden. Hinzu kämen die Möglichkeiten von verflüssigtem Erdgas (LNG), für das aber noch die Strukturen geschaffen werden müssten. Doch jede dieser Lösungen sei im Endeffekt immer teurer als das bisher bezogene Pipeline-Erdgas aus Russland. Dennoch schließe sein Unternehmen keine neuen Gaslieferverträge mit Gazprom mehr ab.

Als Drittes nannte er den Ersatz von Kohle und Atom, weswegen man mittelfristig nicht auf Erdgas verzichten könne. Gas bleibe eine Brückentechnologie, so wie das im Koalitionsvertrag festgehalten sei und auch aufgrund der derzeitigen Situation nicht in Frage gestellt werde.

Die Transformation hin zu grünen Gasen ist der vierte Schwerpunkt in der Unternehmensstrategie. Dazu gehöre ein Hochlauf einer Wasserwirtschaft, der aber politisch besser begleitet werden müssen. Heitmüller bemängelte hier ein Ausbremsen durch verschärfte Entflechtungsregeln der EU und warnte vor einem Verschärfen der Vorschriften durch die augenblickliche Situation. Das Unternehmen selbst arbeitet derzeit an einem Projekt in Bad Lauchstädt, bei der mittels Windkraft Wasserstoff erzeugt und in einen umgerüsteten Untergrundspeicher gelagert werden soll.

Gleichzeitig arbeitet die VNG an der Planung mehrerer wasserstofftauglicher Leitungen vor allem für die Industrie. In diesen Bereich fällt auch der schon seit 2017 über die Konzerntochter BALANCE vorangetriebene Ankauf von Biogasanlagen, die aus dem EEG fallen und deren Gas ins Netz eingespeist werden könne. Derzeit besitzt die Balance 38 Biogasanlagen, von denen neun ins Erdgasnetz einspeisen, mit einer Feuerungsleistung von 157 MWh jährlich. Der Vorstand will diese Leistung auf 300 MWh ausbauen.

Als fünftes, so Heitmüller, müsse die Energiewende und der Umbau des deutschen und europäischen Energiesystems vorangetrieben werden. Dafür bedürfe es aber auch noch für eine Übergangszeit des Erdgases auch aus Russland. Er sieht den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck 2024 ins Spiel gebrachte Ausstieg aus russischem Erdgas skeptisch. Denn die 155 Mrd. Kubikmeter, die Europa aus Russland jedes Jahr bezöge, könnten nicht aus einem 400 Mrd. Kubikmeter großen LNG-Markt ohne Preissteigerungen bezogen werden. Das wiederum könne zu wirtschaftlichen Verwerfungen weltweit, aber besonders in Europa führen.

Rekordjahr beim Umsatz

Zu den Zahlen: Trotz dieser doch schweren und fast schon trüben Aussichten hat die VNG 2021 ein Rekordjahr zu verzeichnen. Der abgerechnete Umsatz lag bei 18,5 Milliarden Euro (2020: 9,8 Mrd Euro). Der Gewinn (adjusted EBIT) stieg um 26 Prozent auf 225 Mio. Euro (2020: 179 Mio. Euro). Der Konzerngewinn beläuft sich auf 141 Mio. Euro (2020: 46 Mio. Euro).

„Alle operativen Geschäftsbereiche der VNG haben erneut einen positiven Ergebnisbeitrag beigesteuert. Damit konnte VNG nunmehr zum sechsten Mal in Folge ein positives Jahresergebnis verbuchen“, so Rodestock. Traditionell macht der Konzern zu den Gewinnen der einzelnen Sparten nur vage Angaben. Für die Transporttochter Ontras wird ein unterer dreistelliger Millionenbetrag angegeben, für die VNG Gasspeicher ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag

Wesentlicher Ergebnistreiber waren jedoch Handel und Vertrieb, was an dem deutlich höheren Preisniveau 2021 lag. Aber auch der Gasabsatz lag mit rund 762 Mrd. kWh deutlich über 2020 (rund 599 Mrd. kWh).

Insgesamt wurden 2021 197 Mio. Euro investiert. Mit einem Ausblick auf 2022 tut sich Heitmüller schwer: „Wir stehen vor anspruchsvollen Herausforderungen, denen wir uns aber offen und engagiert stellen.

Dienstag, 5.04.2022, 15:25 Uhr
Frank Urbansky
Energie & Management > Bilanz - Leipziger Gaskonzern VNG muss russische Importe ersetzen
Quelle: Fotolia / Rynio Productions
Bilanz
Leipziger Gaskonzern VNG muss russische Importe ersetzen
Dass der Ukraine-Krieg zu Verwerfungen in der deutschen Wirtschaft führt, ist klar. Eines der betroffenen Unternehmen ist die VNG AG aus Leipzig. Haupthandelsprodukt ist russisches Gas.
Zur Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2021 versuchte der Vorstand Wege zu skizzieren, wie die VNG die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern könnte.

Schon im Vorfeld des Jahresabschlusses, Mitte März, musste das Unternehmen, das mit einer Bilanzsumme von 15,8 Mrd. Euro als das wertvollste Ostdeutschlands gilt, Staatshilfe beantragen. Konkret ging es um eine bei der KfW beantragte Kreditoption, bis zu einer Milliarde Euro. Deren Abschluss steht nach Angaben von VNG-Finanzvorstand Bodo Rodestock demnächst bevor. Die Leipziger Tochter des baden-württembergischen Energieriesen EnBW will damit den Ausfall russischer Gaslieferungen absichern – etwa im Falle eines Embargos seitens der EU oder durch Russland selbst. Damals gab der Konzern an, dass die Auswirkungen auf Geschäftsbetrieb und Risikolage außergewöhnlich und herausfordernd, aber beherrschbar seien. Eine Einschätzung, der der Vorstand auch auf der Bilanzpressekonferenz treu blieb.

Dennoch war allen Vorstandsmitgliedern immer noch das Entsetzen über die russische Invasion ins Gesicht geschrieben. „Wir sind schockiert und erschüttert ob der Brutalität der russischen Regierung. Die täglichen Meldungen und Bilder der Zerstörung und humanitären Katastrophe in der Ukraine lassen uns fassungslos zurück“, eröffnete Vorstandsvorsitzender Ulf Heitmüller das diesjährige Bilanzpressegespräch. 

Er beschrieb fünf Handlungsfelder, auf denen die VNG nun aktiv werden muss, um vom russischen Erdgas loszukommen. Das erste sei die Versorgungsicherheit, die nun den Klimaschutz als Thema Nummer eins in der Energiewirtschaft abgelöst habe. Man müsse aber beides zusammenbringen, so Heitmüller.

Keine neuen Verträge mit Gazprom

Als zweites stehe eine weitere Diversifizierung an. Dazu sei man derzeit in Gesprächen mit Partnern in Norwegen und den Niederlanden. Hinzu kämen die Möglichkeiten von verflüssigtem Erdgas (LNG), für das aber noch die Strukturen geschaffen werden müssten. Doch jede dieser Lösungen sei im Endeffekt immer teurer als das bisher bezogene Pipeline-Erdgas aus Russland. Dennoch schließe sein Unternehmen keine neuen Gaslieferverträge mit Gazprom mehr ab.

Als Drittes nannte er den Ersatz von Kohle und Atom, weswegen man mittelfristig nicht auf Erdgas verzichten könne. Gas bleibe eine Brückentechnologie, so wie das im Koalitionsvertrag festgehalten sei und auch aufgrund der derzeitigen Situation nicht in Frage gestellt werde.

Die Transformation hin zu grünen Gasen ist der vierte Schwerpunkt in der Unternehmensstrategie. Dazu gehöre ein Hochlauf einer Wasserwirtschaft, der aber politisch besser begleitet werden müssen. Heitmüller bemängelte hier ein Ausbremsen durch verschärfte Entflechtungsregeln der EU und warnte vor einem Verschärfen der Vorschriften durch die augenblickliche Situation. Das Unternehmen selbst arbeitet derzeit an einem Projekt in Bad Lauchstädt, bei der mittels Windkraft Wasserstoff erzeugt und in einen umgerüsteten Untergrundspeicher gelagert werden soll.

Gleichzeitig arbeitet die VNG an der Planung mehrerer wasserstofftauglicher Leitungen vor allem für die Industrie. In diesen Bereich fällt auch der schon seit 2017 über die Konzerntochter BALANCE vorangetriebene Ankauf von Biogasanlagen, die aus dem EEG fallen und deren Gas ins Netz eingespeist werden könne. Derzeit besitzt die Balance 38 Biogasanlagen, von denen neun ins Erdgasnetz einspeisen, mit einer Feuerungsleistung von 157 MWh jährlich. Der Vorstand will diese Leistung auf 300 MWh ausbauen.

Als fünftes, so Heitmüller, müsse die Energiewende und der Umbau des deutschen und europäischen Energiesystems vorangetrieben werden. Dafür bedürfe es aber auch noch für eine Übergangszeit des Erdgases auch aus Russland. Er sieht den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck 2024 ins Spiel gebrachte Ausstieg aus russischem Erdgas skeptisch. Denn die 155 Mrd. Kubikmeter, die Europa aus Russland jedes Jahr bezöge, könnten nicht aus einem 400 Mrd. Kubikmeter großen LNG-Markt ohne Preissteigerungen bezogen werden. Das wiederum könne zu wirtschaftlichen Verwerfungen weltweit, aber besonders in Europa führen.

Rekordjahr beim Umsatz

Zu den Zahlen: Trotz dieser doch schweren und fast schon trüben Aussichten hat die VNG 2021 ein Rekordjahr zu verzeichnen. Der abgerechnete Umsatz lag bei 18,5 Milliarden Euro (2020: 9,8 Mrd Euro). Der Gewinn (adjusted EBIT) stieg um 26 Prozent auf 225 Mio. Euro (2020: 179 Mio. Euro). Der Konzerngewinn beläuft sich auf 141 Mio. Euro (2020: 46 Mio. Euro).

„Alle operativen Geschäftsbereiche der VNG haben erneut einen positiven Ergebnisbeitrag beigesteuert. Damit konnte VNG nunmehr zum sechsten Mal in Folge ein positives Jahresergebnis verbuchen“, so Rodestock. Traditionell macht der Konzern zu den Gewinnen der einzelnen Sparten nur vage Angaben. Für die Transporttochter Ontras wird ein unterer dreistelliger Millionenbetrag angegeben, für die VNG Gasspeicher ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag

Wesentlicher Ergebnistreiber waren jedoch Handel und Vertrieb, was an dem deutlich höheren Preisniveau 2021 lag. Aber auch der Gasabsatz lag mit rund 762 Mrd. kWh deutlich über 2020 (rund 599 Mrd. kWh).

Insgesamt wurden 2021 197 Mio. Euro investiert. Mit einem Ausblick auf 2022 tut sich Heitmüller schwer: „Wir stehen vor anspruchsvollen Herausforderungen, denen wir uns aber offen und engagiert stellen.

Dienstag, 5.04.2022, 15:25 Uhr
Frank Urbansky

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.