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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Langeweile auf hohem Niveau
Quelle: Fotolia / Denis Junker
E&M Vor 20 Jahren

Langeweile auf hohem Niveau

In den Jahresrückblicken 2001 kam die Energiewirtschaft nicht vor, obwohl in diesem Jahr viel passiert war, meinte Helmut Sendner in seinem ersten Kommentar des Jahres 2002.
Eine Reihe wichtiger Weichen wurden 2001 gestellt, ein paar gravierende Entwicklungen in der Branche zeichneten sich für den weiteren Verlauf des Jahres 2002 ab. Der damalige E&M-Chefredakteur Helmut Sendner blickte im Januar vor 20 Jahren zurück und auf die kommenden zwölf Monate.
 
Kein herausragendes Ereignis. Obwohl: Enron ist pleite, das ist ja doch was, was nicht ohne Einfluss bleibt. Und die Auswirkungen werden noch viele Juristen beschäftigen. Mirant verkauft seine Bewag-Anteile an Vattenfall: Auch das ein Stoff, bei dem so mancher Traum geplatzt ist. Man kann es auch kriegerisch sagen: Mirant hat die Bewag-Leute in den Krieg geführt und sie dann einfach stehen lassen (Bewag-Chef Dietmar Winje wird am 15. Januar das Unternehmen verlassen) – ein Stoff jedenfalls für Chronisten. Eon und RWE sind größer geworden. Die Aktionäre werden dabei nichts gewinnen, weil, so ein Schweizer Analyst, das im Übermaß vorhandene Geld zu leichtfertig für Akquisitionen ausgegeben werden könnte. Was war noch? Herbert Detharding, vor zwei Jahren noch Chef der Wintershall AG sagte voraus, dass es in wenigen Jahren den Konkurrenten Ruhrgas in der bisherigen Form nicht mehr geben wird. Er wurde belächelt – und er hat Recht behalten.

Der Stromwettbewerb wurde durch unzulängliche Verbändevereinbarungen verzögert oder verhindert; das gleiche gilt für das Gas. Eine gute Million Kunden hat ihren Versorger gewechselt, obwohl die großen EVU hunderte von Millionen Mark in die Werbung gesteckt haben. Der gelbe Strom von EnBW kam noch am meisten an; Aqua Power wollte kaum jemand und auch auf „Mix it“ von Eon verzichten die Haushalte bislang. Auf die Wechselbereitschaft bezogen sind dies alles Werbe-Flops. Allerdings gehören EnBW, Eon und RWE zu den bekanntesten Unternehmen in Deutschland. Keine dramatischen Veränderungen in der Energiewirtschaft – Langeweile auf hohem Niveau. Das gilt natürlich nicht für die Zehntausenden, die in der Energiewirtschaft ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und für manchen Vorstand ist es sicherlich aufregend, wenn er in dieser Zeit sein Jahresgehalt von 2 auf 3 Mio. DM gesteigert hat, auch wenn das heute nur 1,5 Mio. Euro sind.

Unter dem doppeldeutigen Titel „Ein Club mit vielen Nullen“ schreibt der gewiss nicht wirtschaftsfeindliche Volker Wörl in der Süddeutschen Zeitung (29./30. Dezember 2001) über die Manager-Gehälter in Deutschland. Es heißt da: „Ständig über die hohen Arbeitskosten zu klagen und über die Soziallasten, Minilöhne zu fordern, mit Abwanderung ins Ausland zu drohen – gleichzeitig aber sich selbst maßlos zu bereichern, den Ruhestand sich mit Millionen auspolstern zu lassen, das ist ökonomisch falsch und es ist unanständig.“ Wörl an anderer Stelle in seinem Artikel: „Dass es manchmal notwendig ist, die Belegschaft veränderten Wirtschaftslagen anzupassen, ist nicht zu bestreiten. Wohl aber ist zu beklagen, dass die so genannte „Freisetzung“ oft die einzige, einfallslose Krisenmedizin ist, manchmal auch die Folge einer vorangegangenen hektischen Expansion. Ganz zu schweigen davon, dass viele Unternehmen sich gerade in der Krise nicht mehr um die ökologische Nachhaltigkeit kümmern. Sie kippen ihre Lasten nachfolgenden Generationen vor die Füße.“

Was war 2001? Der Umweltschutz wurde klein geschrieben.

Der Ausblick: Was wird 2002 sein? Die großen Versorger werden größer. Von den bedeutenden Stadtwerken werden am Jahresende nur noch rund 100 völlig unabhängig sein. Ruhrgas gehört mehrheitlich zu Eon. Die österreichische OMV wird eine Verbindung mit dem RWE eingehen. Der Gas-zu-Gas-Wettbewerb wird schärfer, auch wenn Wingas in seiner bisherigen Form nicht mehr existieren wird. Die Ölkonzerne werden beim Gas aktiver. Das Gas- und Stromgeschäft werden enger miteinander verbunden sein. Die Oligopole werden ihre Positionen stärken und die Manager werden so langweilig sein wie zu besten Monopolzeiten.

Aber vielleicht kommt es auch ganz anders.
 

Freitag, 24.12.2021, 17:22 Uhr
Helmut Sendner und Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Langeweile auf hohem Niveau
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E&M Vor 20 Jahren
Langeweile auf hohem Niveau
In den Jahresrückblicken 2001 kam die Energiewirtschaft nicht vor, obwohl in diesem Jahr viel passiert war, meinte Helmut Sendner in seinem ersten Kommentar des Jahres 2002.
Eine Reihe wichtiger Weichen wurden 2001 gestellt, ein paar gravierende Entwicklungen in der Branche zeichneten sich für den weiteren Verlauf des Jahres 2002 ab. Der damalige E&M-Chefredakteur Helmut Sendner blickte im Januar vor 20 Jahren zurück und auf die kommenden zwölf Monate.
 
Kein herausragendes Ereignis. Obwohl: Enron ist pleite, das ist ja doch was, was nicht ohne Einfluss bleibt. Und die Auswirkungen werden noch viele Juristen beschäftigen. Mirant verkauft seine Bewag-Anteile an Vattenfall: Auch das ein Stoff, bei dem so mancher Traum geplatzt ist. Man kann es auch kriegerisch sagen: Mirant hat die Bewag-Leute in den Krieg geführt und sie dann einfach stehen lassen (Bewag-Chef Dietmar Winje wird am 15. Januar das Unternehmen verlassen) – ein Stoff jedenfalls für Chronisten. Eon und RWE sind größer geworden. Die Aktionäre werden dabei nichts gewinnen, weil, so ein Schweizer Analyst, das im Übermaß vorhandene Geld zu leichtfertig für Akquisitionen ausgegeben werden könnte. Was war noch? Herbert Detharding, vor zwei Jahren noch Chef der Wintershall AG sagte voraus, dass es in wenigen Jahren den Konkurrenten Ruhrgas in der bisherigen Form nicht mehr geben wird. Er wurde belächelt – und er hat Recht behalten.

Der Stromwettbewerb wurde durch unzulängliche Verbändevereinbarungen verzögert oder verhindert; das gleiche gilt für das Gas. Eine gute Million Kunden hat ihren Versorger gewechselt, obwohl die großen EVU hunderte von Millionen Mark in die Werbung gesteckt haben. Der gelbe Strom von EnBW kam noch am meisten an; Aqua Power wollte kaum jemand und auch auf „Mix it“ von Eon verzichten die Haushalte bislang. Auf die Wechselbereitschaft bezogen sind dies alles Werbe-Flops. Allerdings gehören EnBW, Eon und RWE zu den bekanntesten Unternehmen in Deutschland. Keine dramatischen Veränderungen in der Energiewirtschaft – Langeweile auf hohem Niveau. Das gilt natürlich nicht für die Zehntausenden, die in der Energiewirtschaft ihren Arbeitsplatz verloren haben. Und für manchen Vorstand ist es sicherlich aufregend, wenn er in dieser Zeit sein Jahresgehalt von 2 auf 3 Mio. DM gesteigert hat, auch wenn das heute nur 1,5 Mio. Euro sind.

Unter dem doppeldeutigen Titel „Ein Club mit vielen Nullen“ schreibt der gewiss nicht wirtschaftsfeindliche Volker Wörl in der Süddeutschen Zeitung (29./30. Dezember 2001) über die Manager-Gehälter in Deutschland. Es heißt da: „Ständig über die hohen Arbeitskosten zu klagen und über die Soziallasten, Minilöhne zu fordern, mit Abwanderung ins Ausland zu drohen – gleichzeitig aber sich selbst maßlos zu bereichern, den Ruhestand sich mit Millionen auspolstern zu lassen, das ist ökonomisch falsch und es ist unanständig.“ Wörl an anderer Stelle in seinem Artikel: „Dass es manchmal notwendig ist, die Belegschaft veränderten Wirtschaftslagen anzupassen, ist nicht zu bestreiten. Wohl aber ist zu beklagen, dass die so genannte „Freisetzung“ oft die einzige, einfallslose Krisenmedizin ist, manchmal auch die Folge einer vorangegangenen hektischen Expansion. Ganz zu schweigen davon, dass viele Unternehmen sich gerade in der Krise nicht mehr um die ökologische Nachhaltigkeit kümmern. Sie kippen ihre Lasten nachfolgenden Generationen vor die Füße.“

Was war 2001? Der Umweltschutz wurde klein geschrieben.

Der Ausblick: Was wird 2002 sein? Die großen Versorger werden größer. Von den bedeutenden Stadtwerken werden am Jahresende nur noch rund 100 völlig unabhängig sein. Ruhrgas gehört mehrheitlich zu Eon. Die österreichische OMV wird eine Verbindung mit dem RWE eingehen. Der Gas-zu-Gas-Wettbewerb wird schärfer, auch wenn Wingas in seiner bisherigen Form nicht mehr existieren wird. Die Ölkonzerne werden beim Gas aktiver. Das Gas- und Stromgeschäft werden enger miteinander verbunden sein. Die Oligopole werden ihre Positionen stärken und die Manager werden so langweilig sein wie zu besten Monopolzeiten.

Aber vielleicht kommt es auch ganz anders.
 

Freitag, 24.12.2021, 17:22 Uhr
Helmut Sendner und Fritz Wilhelm

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