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Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Ladeinfrastruktur bremst Elektromobilität aus
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge

Ladeinfrastruktur bremst Elektromobilität aus

Die Elektromobilität kommt schneller voran als die Elektrizitätswirtschaft prognostiziert hat. Jetzt müsse auch das Ladenetz schneller ausgebaut werden, verlangt die Branche.
Jeder zehnte, neu zugelassene Pkw war, nach einem Bericht des Dachverbandes der europäischen Elektrizitätswirtschaft Eurelectric, im letzten Jahr ein Elektrofahrzeug. Vom gesamten Fahrzeugbestand ist das zwar nur ein Prozent, aber mehr, als man in Brüssel erwartet hatte. Für die nächsten Jahre hat der Verband seine Prognose nach oben revidiert: 2030 sollen danach 65 Mio. Elektroautos über die europäischen Straßen rollen, fünf Jahre später sollen es doppelt so viele sein.

Die Ankündigung strengerer Abgaswerte in der EU in Verbindung mit Prämienprogrammen und Steuervorteilen für Elektroautos hätten bewirkt, das 18 der 20 weltweit größten Automobilkonzernen eine Ausweitung ihrer Produktion angekündigt hätten, heißt es in dem Bericht weiter. Immer mehr Autofahrer seien angesichts sinkender Kosten und höherer Leistung bereit, auf die Elektromobilität umzusteigen. Viele Unternehmen versuchten, sich durch die Umstellung ihres Fuhrparks auf E-Autos (EV) und leichte E-Transporter (LCV) ein „grünes Image“ zuzulegen. Es bestehe jetzt die Gefahr, dass die Infrastruktur für die wachsende Zahl der Elektrofahrzeuge nicht schnell genug ausgebaut werde.

Die aktuelle Dynamik bleibe nur erhalten, wenn zeitnah deutlich mehr Ladestationen verfügbar würden. Ende 2021 gab es 374 000 (+40 % gegenüber 2020) öffentliche Ladepunkte in der EU, davon 12 % Schnellladepunkte. Im Jahr 2030 würden nach einer Berechnung der Beraterfirma Ernst & Young fünf Millionen öffentliche und 29 Millionen private Ladepunkte benötigt. Ladestationen, die zum Beispiel von Supermärkten auf einem Kundenparkplatz betrieben werden, gehören demnach zur privaten Ladeinfrastruktur.

Die Aufstellung neuer Ladesäulen sieht Eurelectric durch drei Engpässe behindert: So würden den Betreibern Grundstücke durch die Gemeinden und andere, öffentliche Körperschaften oft nur zögernd zugewiesen. Streit gebe es auch häufig zwischen den Betreibern der Ladestationen und dem Netzbetreiber über die Anschluss-Kosten. Schließlich seien die Technologien der Ladesäulen nicht immer mit der des Netzes kompatibel, weil es an einheitlichen Standards fehle.

"Marktkräfte reichen nicht"

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur will sich die Elektrizitätswirtschaft deswegen nicht auf den Markt verlassen: „Die Marktkräfte reichen nicht, um die Art und die Geschwindigkeit des Ausbaus zu erreichen, die nötig sind“, heißt es in dem Bericht. Zu viele Parameter müssten insbesondere auf lokaler Ebene in jede Ãœberlegung einbezogen werden: Bevölkerungsdichte, die Verfügbarkeit von Parkplätzen, die Einkommens- und Sozialstruktur, das Nutzungsverhalten und anderes mehr.

Es gehe darum, Ladestationen dort zu errichten, wo sie von den Einwohnern am meisten gebraucht würden und die Betreiber die besten Renditen erzielen könnten. Gleichzeitig müssten die Stromnetze erweitert oder ertüchtigt werden.

Mit der Elektromobilität erwartet Eurelectric bis 2030 ein Wachstum der Stromnachfrage von 11 % pro Jahr. Am Ende der Dekade würden EV und LCV etwa 200 TWh mehr Strom brauchen als 2021. Das wäre kein Problem für das Netz, wenn diese Nachfrage relativ gleichmäßig wäre. Eine starke Fluktuation könnte das Netz aber destabilisieren. Leistungsfähige Speicher oder Produktionsreserven seien deshalb unverzichtbar. Spätestens wenn jedes zweite Fahrzeug in einer Stadt oder Region ein EV sei, müsse mit Fluktuationen gerechnet werden, die nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Eurelectric rechnet damit, dass die Spitzenlast durch die Ladestationen lokal um mindestens 21%, möglicherweise aber auch um 90 % – entlang der Autobahnen – steigt. „Smart Charging“ könnte diese um 7% bis 21% reduzieren, würde aber wirksame Anreize für die Autofahrer erforderlich machen. Die Digitalisierung des Netzes, um das Verhalten der Verbraucher genau zu beobachten und zu prognostizieren, sei dafür eine wichtige Voraussetzung.

Die Verteilnetzbetreiber spielten beim Ausbau der Ladeinfrastruktur die Schlüsselrolle. Sie müssten den künftigen Bedarf zuverlässig prognostizieren, die Investitionspläne der Beteiligten koordinieren und dabei die Ladepunkte integrieren. Sie müssten außerdem für mehr Transparenz sorgen und die Dienstleistungen anbieten, die das Fahren eines Elektroautos zu einer positiven Erfahrung machen.

Mittwoch, 9.02.2022, 11:24 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Ladeinfrastruktur bremst Elektromobilität aus
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge
Ladeinfrastruktur bremst Elektromobilität aus
Die Elektromobilität kommt schneller voran als die Elektrizitätswirtschaft prognostiziert hat. Jetzt müsse auch das Ladenetz schneller ausgebaut werden, verlangt die Branche.
Jeder zehnte, neu zugelassene Pkw war, nach einem Bericht des Dachverbandes der europäischen Elektrizitätswirtschaft Eurelectric, im letzten Jahr ein Elektrofahrzeug. Vom gesamten Fahrzeugbestand ist das zwar nur ein Prozent, aber mehr, als man in Brüssel erwartet hatte. Für die nächsten Jahre hat der Verband seine Prognose nach oben revidiert: 2030 sollen danach 65 Mio. Elektroautos über die europäischen Straßen rollen, fünf Jahre später sollen es doppelt so viele sein.

Die Ankündigung strengerer Abgaswerte in der EU in Verbindung mit Prämienprogrammen und Steuervorteilen für Elektroautos hätten bewirkt, das 18 der 20 weltweit größten Automobilkonzernen eine Ausweitung ihrer Produktion angekündigt hätten, heißt es in dem Bericht weiter. Immer mehr Autofahrer seien angesichts sinkender Kosten und höherer Leistung bereit, auf die Elektromobilität umzusteigen. Viele Unternehmen versuchten, sich durch die Umstellung ihres Fuhrparks auf E-Autos (EV) und leichte E-Transporter (LCV) ein „grünes Image“ zuzulegen. Es bestehe jetzt die Gefahr, dass die Infrastruktur für die wachsende Zahl der Elektrofahrzeuge nicht schnell genug ausgebaut werde.

Die aktuelle Dynamik bleibe nur erhalten, wenn zeitnah deutlich mehr Ladestationen verfügbar würden. Ende 2021 gab es 374 000 (+40 % gegenüber 2020) öffentliche Ladepunkte in der EU, davon 12 % Schnellladepunkte. Im Jahr 2030 würden nach einer Berechnung der Beraterfirma Ernst & Young fünf Millionen öffentliche und 29 Millionen private Ladepunkte benötigt. Ladestationen, die zum Beispiel von Supermärkten auf einem Kundenparkplatz betrieben werden, gehören demnach zur privaten Ladeinfrastruktur.

Die Aufstellung neuer Ladesäulen sieht Eurelectric durch drei Engpässe behindert: So würden den Betreibern Grundstücke durch die Gemeinden und andere, öffentliche Körperschaften oft nur zögernd zugewiesen. Streit gebe es auch häufig zwischen den Betreibern der Ladestationen und dem Netzbetreiber über die Anschluss-Kosten. Schließlich seien die Technologien der Ladesäulen nicht immer mit der des Netzes kompatibel, weil es an einheitlichen Standards fehle.

"Marktkräfte reichen nicht"

Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur will sich die Elektrizitätswirtschaft deswegen nicht auf den Markt verlassen: „Die Marktkräfte reichen nicht, um die Art und die Geschwindigkeit des Ausbaus zu erreichen, die nötig sind“, heißt es in dem Bericht. Zu viele Parameter müssten insbesondere auf lokaler Ebene in jede Ãœberlegung einbezogen werden: Bevölkerungsdichte, die Verfügbarkeit von Parkplätzen, die Einkommens- und Sozialstruktur, das Nutzungsverhalten und anderes mehr.

Es gehe darum, Ladestationen dort zu errichten, wo sie von den Einwohnern am meisten gebraucht würden und die Betreiber die besten Renditen erzielen könnten. Gleichzeitig müssten die Stromnetze erweitert oder ertüchtigt werden.

Mit der Elektromobilität erwartet Eurelectric bis 2030 ein Wachstum der Stromnachfrage von 11 % pro Jahr. Am Ende der Dekade würden EV und LCV etwa 200 TWh mehr Strom brauchen als 2021. Das wäre kein Problem für das Netz, wenn diese Nachfrage relativ gleichmäßig wäre. Eine starke Fluktuation könnte das Netz aber destabilisieren. Leistungsfähige Speicher oder Produktionsreserven seien deshalb unverzichtbar. Spätestens wenn jedes zweite Fahrzeug in einer Stadt oder Region ein EV sei, müsse mit Fluktuationen gerechnet werden, die nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Eurelectric rechnet damit, dass die Spitzenlast durch die Ladestationen lokal um mindestens 21%, möglicherweise aber auch um 90 % – entlang der Autobahnen – steigt. „Smart Charging“ könnte diese um 7% bis 21% reduzieren, würde aber wirksame Anreize für die Autofahrer erforderlich machen. Die Digitalisierung des Netzes, um das Verhalten der Verbraucher genau zu beobachten und zu prognostizieren, sei dafür eine wichtige Voraussetzung.

Die Verteilnetzbetreiber spielten beim Ausbau der Ladeinfrastruktur die Schlüsselrolle. Sie müssten den künftigen Bedarf zuverlässig prognostizieren, die Investitionspläne der Beteiligten koordinieren und dabei die Ladepunkte integrieren. Sie müssten außerdem für mehr Transparenz sorgen und die Dienstleistungen anbieten, die das Fahren eines Elektroautos zu einer positiven Erfahrung machen.

Mittwoch, 9.02.2022, 11:24 Uhr
Tom Weingärtner

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