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Aus Der Aktuellen Zeitungsausgabe

"KWK ist eine Technologie und kein Brennstoff"

Bei KWK-Anlagen ist der Einsatz von verschiedenen Brennstoffen möglich. Ein Gastbeitrag von Claus-Heinrich Stahl*.
Die bewährte Technik der Kraft-Wärme-Kopplung ist eine der ältesten Sektorenkopplungen. Sie kann bereits heute klimaneutral mit biogenen Brennstoffen betrieben werden und ist wasserstofffähig. Als brennstoffunabhängige Technologie muss und kann KWK in Zukunft eine entscheidende Rolle im Energiesystem einnehmen als hochflexibles und dezentrales Back-up-System für das Stromnetz, wenn die Energie aus Sonne und Wind nicht ausreicht. Diese Fakten werden leider in der aktuellen Gestaltung der Energiewende immer wieder übersehen und ihre Chancen als wichtige Puzzleteile einer zukunftsfähigen Gesamtlösung verkannt.

KWK kann erneuerbar und ist bereits erneuerbar durch Biogasanlagen für die Strom- und Wärmeerzeugung, die nur mit KWK funktionsfähig sind. Wo heute Biomethan und Erdgas eingesetzt werden, sind künftig Wasserstoff und grüne Gase die Brennstoffe der Schlüsseltechnologie Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende.
Sie sind Einstieg und elementarer Bestandteil einer heimischen Grüngas-Wärmewirtschaft.

Die Strom- und Wärmeerzeugung kann heute und zukünftig aus dem Gasnetz, Flüssiggastank oder aus fester Biomasse mit Speicher-Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerken bedarfsgerecht erfolgen. Der Transfer zur grünen KWK ist technisch bereits möglich, aber aufgrund der Knappheit von grünen Brennstoffen und Wasserstoff wirtschaftlich noch nicht darstellbar. Welche nächsten Schritte müssen nun bewältigt werden, damit es weitergeht? Heute werden KWK-Anlagen meist als Wärmeerzeuger betrachtet.

Hochflexible Speicherkraftwerke − die Joker im Stromnetz

Damit die KWK ihre Zukunftsrolle erfüllen kann, braucht es eine Weiterentwicklung des KWK-Systems im Energiemarkt und dazu die Unterstützung der Politik, um diesen Transformationsprozess anzustoßen: Die KWK der Zukunft ist optimiert in Richtung einer strommarktgeführten Fahrweise, so wie sie von Direktvermarktern ab 100 kW bereits jetzt vorgegeben wird. KWK-Anlagen sind dann hochflexible Speicherkraftwerke, betrieben mit klimaneutralen Brennstoffen und ausgerüstet mit großen Wärmespeichern. Sie dienen der Sicherheit des Energiesystems, denn sie erzeugen genau dann Strom, wenn er benötigt wird, und decken damit die Residuallast, während die Speicherwärme bedarfsgerecht abgegeben und genutzt werden kann.

Aktuelle Beispiele etwa aus Halle an der Saale oder Kiel zeigen, wie dieses Konzept bereits heute wirtschaftlich auf die Zukunft ausgerichtet werden kann. Damit gehen künftig deutlich geringere Betriebsstunden pro Jahr und KWK-Anlage einher, bei gleichzeitig hoher installierter KWK-Gesamtleistung in Deutschland, die im Bedarfsfall kurzfristig für die Residuallastdeckung einspringt.

In ihrer Dreifachfunktion als Stromerzeuger, Stromnetzstabilisierer und Lieferant von Nutzwärme steht die KWK für die effizienteste Nutzung der Brennstoffe und ist damit Reservegaskraftwerken, die ihre Wärme ungenutzt in die Umwelt abgeben, unbedingt vorzuziehen. Denn vermeidbare Umwelterwärmung bei der Stromerzeugung ist nichts anderes als Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung, gerade in Hinblick auf die Herausforderungen der Wärmewende.

KWK kann Stromnetzdienlichkeit, grüne Wärme und Kälte

Für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung ist ein Ausbau der leitungsgebundenen Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien und verschiedenen Techniken notwendig, wie sie im zukünftigen BEW vorgesehen sind.
Daran anknüpfend zeigen iKWK-Konzepte unter Nutzung verschiedener Technologien von Solarthermie über Luftwärmepumpen bis hin zu Flusswärmepumpen innovative Pfade für unterschiedlichste Standorte, gerade zum Umbau der Wärmeversorgung in Bestandsgebieten.

In der Objekt- und Quartiersversorgung bietet der Einsatz von Biomethan enorme Potenziale für die Umstellung auf erneuerbare Wärme auch in Hybridsystemen mit erneuerbaren Technologien zur Strom- und Wärmeerzeugung und wird entsprechend über das BEG gefördert.

Blickt man über die reine Objekt- und Quartiersversorgung hinaus, benötigen insbesondere Wärmenetze mit einem Anteil an Bestandsbauten, Nichtwohngebäuden (zum Beispiel Krankenhäuser, kommunale Liegenschaften wie Schulen, Verwaltung oder Pflegeeinrichtungen) und Gewerbebetrieben in den Wintermonaten höhere Vorlauftemperaturen. Diese Bedarfsspitzen kann Motor- und Turbinen-KWK zukünftig klimaneutral decken und das sowohl mit Wärme als auch über Kältenetze, die aus mit KWK-gekoppelten Ab- und Adsorptionskälteanlagen gespeist werden.

Die Umstellung der Industrie zu klimaneutralen Produkten und Prozessen braucht politische Unterstützung und Förderung. Viele Bereiche der industriellen Prozesswärme können auf ein niedrigeres Temperaturniveau umgestellt werden. Dazu muss allerdings die Versorgungsinfrastruktur umgebaut werden. Hohe Temperaturniveaus und Direktverbrennungen lassen sich treibhausgasneutral nur durch erneuerbare Brennstoffe wie Biomethan und Wasserstoff erreichen. Zudem können Industriekraftwerke als Motor- oder Turbinen-KWK Regelenergie bereitstellen oder als Notstromversorgung die Industrieprozesse bei Netzausfall aufrechterhalten.

Übergang zu erneuerbaren Gasen ohne Brüche in KWK − versorgungssicher gegen Blackouts

Damit zurück zur Systemsicherheit: Ohne KWK gehen die Lichter aus! KWK ist die Technologie, die zur Absicherung der Stromversorgung dient und 100 % der Residuallast auffangen kann. Auch zur Frequenz- und Spannungshaltung im Stromnetz werden KWK-Anlagen als rotierende Massen benötigt. Bei Netzausfall erzeugen notstromfähige KWK-Anlagen die Stromspannung für einen Schwarzstart der Netze. Dezentrale BHKW auf der Verteilnetzebene stabilisieren frequenz- und spannungsgeführt das Verteilnetz für Wärmepumpen und E-Ladesäulen.

Ein fließender Übergang zu grüner KWK ohne Brüche ist sinnvoll und jederzeit möglich. Dazu nötig ist wie in jeder Transformationsphase weiterhin die Unterstützung der Politik, um entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen; aber auch ein Umdenken, was Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich ist: Hocheffizienztechnologie auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft.

Vielfältige Einblicke in die Perspektiven der KWK als Sicherheitstechnik im klimaneutralen Energiesystem der Zukunft bietet der diesjährige digitale B.KWK-Kongress vom 2. bis 4. November 2021 jeweils von 13 bis 16 Uhr. Der B.KWK lädt alle Interessierten zur kostenfreien digitalen Teilnahme an der Veranstaltung ein. 

* Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (BKWK), Berlin

Dienstag, 26.10.2021, 09:42 Uhr
Redaktion
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"KWK ist eine Technologie und kein Brennstoff"
Bei KWK-Anlagen ist der Einsatz von verschiedenen Brennstoffen möglich. Ein Gastbeitrag von Claus-Heinrich Stahl*.
Die bewährte Technik der Kraft-Wärme-Kopplung ist eine der ältesten Sektorenkopplungen. Sie kann bereits heute klimaneutral mit biogenen Brennstoffen betrieben werden und ist wasserstofffähig. Als brennstoffunabhängige Technologie muss und kann KWK in Zukunft eine entscheidende Rolle im Energiesystem einnehmen als hochflexibles und dezentrales Back-up-System für das Stromnetz, wenn die Energie aus Sonne und Wind nicht ausreicht. Diese Fakten werden leider in der aktuellen Gestaltung der Energiewende immer wieder übersehen und ihre Chancen als wichtige Puzzleteile einer zukunftsfähigen Gesamtlösung verkannt.

KWK kann erneuerbar und ist bereits erneuerbar durch Biogasanlagen für die Strom- und Wärmeerzeugung, die nur mit KWK funktionsfähig sind. Wo heute Biomethan und Erdgas eingesetzt werden, sind künftig Wasserstoff und grüne Gase die Brennstoffe der Schlüsseltechnologie Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende.
Sie sind Einstieg und elementarer Bestandteil einer heimischen Grüngas-Wärmewirtschaft.

Die Strom- und Wärmeerzeugung kann heute und zukünftig aus dem Gasnetz, Flüssiggastank oder aus fester Biomasse mit Speicher-Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerken bedarfsgerecht erfolgen. Der Transfer zur grünen KWK ist technisch bereits möglich, aber aufgrund der Knappheit von grünen Brennstoffen und Wasserstoff wirtschaftlich noch nicht darstellbar. Welche nächsten Schritte müssen nun bewältigt werden, damit es weitergeht? Heute werden KWK-Anlagen meist als Wärmeerzeuger betrachtet.

Hochflexible Speicherkraftwerke − die Joker im Stromnetz

Damit die KWK ihre Zukunftsrolle erfüllen kann, braucht es eine Weiterentwicklung des KWK-Systems im Energiemarkt und dazu die Unterstützung der Politik, um diesen Transformationsprozess anzustoßen: Die KWK der Zukunft ist optimiert in Richtung einer strommarktgeführten Fahrweise, so wie sie von Direktvermarktern ab 100 kW bereits jetzt vorgegeben wird. KWK-Anlagen sind dann hochflexible Speicherkraftwerke, betrieben mit klimaneutralen Brennstoffen und ausgerüstet mit großen Wärmespeichern. Sie dienen der Sicherheit des Energiesystems, denn sie erzeugen genau dann Strom, wenn er benötigt wird, und decken damit die Residuallast, während die Speicherwärme bedarfsgerecht abgegeben und genutzt werden kann.

Aktuelle Beispiele etwa aus Halle an der Saale oder Kiel zeigen, wie dieses Konzept bereits heute wirtschaftlich auf die Zukunft ausgerichtet werden kann. Damit gehen künftig deutlich geringere Betriebsstunden pro Jahr und KWK-Anlage einher, bei gleichzeitig hoher installierter KWK-Gesamtleistung in Deutschland, die im Bedarfsfall kurzfristig für die Residuallastdeckung einspringt.

In ihrer Dreifachfunktion als Stromerzeuger, Stromnetzstabilisierer und Lieferant von Nutzwärme steht die KWK für die effizienteste Nutzung der Brennstoffe und ist damit Reservegaskraftwerken, die ihre Wärme ungenutzt in die Umwelt abgeben, unbedingt vorzuziehen. Denn vermeidbare Umwelterwärmung bei der Stromerzeugung ist nichts anderes als Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung, gerade in Hinblick auf die Herausforderungen der Wärmewende.

KWK kann Stromnetzdienlichkeit, grüne Wärme und Kälte

Für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung ist ein Ausbau der leitungsgebundenen Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien und verschiedenen Techniken notwendig, wie sie im zukünftigen BEW vorgesehen sind.
Daran anknüpfend zeigen iKWK-Konzepte unter Nutzung verschiedener Technologien von Solarthermie über Luftwärmepumpen bis hin zu Flusswärmepumpen innovative Pfade für unterschiedlichste Standorte, gerade zum Umbau der Wärmeversorgung in Bestandsgebieten.

In der Objekt- und Quartiersversorgung bietet der Einsatz von Biomethan enorme Potenziale für die Umstellung auf erneuerbare Wärme auch in Hybridsystemen mit erneuerbaren Technologien zur Strom- und Wärmeerzeugung und wird entsprechend über das BEG gefördert.

Blickt man über die reine Objekt- und Quartiersversorgung hinaus, benötigen insbesondere Wärmenetze mit einem Anteil an Bestandsbauten, Nichtwohngebäuden (zum Beispiel Krankenhäuser, kommunale Liegenschaften wie Schulen, Verwaltung oder Pflegeeinrichtungen) und Gewerbebetrieben in den Wintermonaten höhere Vorlauftemperaturen. Diese Bedarfsspitzen kann Motor- und Turbinen-KWK zukünftig klimaneutral decken und das sowohl mit Wärme als auch über Kältenetze, die aus mit KWK-gekoppelten Ab- und Adsorptionskälteanlagen gespeist werden.

Die Umstellung der Industrie zu klimaneutralen Produkten und Prozessen braucht politische Unterstützung und Förderung. Viele Bereiche der industriellen Prozesswärme können auf ein niedrigeres Temperaturniveau umgestellt werden. Dazu muss allerdings die Versorgungsinfrastruktur umgebaut werden. Hohe Temperaturniveaus und Direktverbrennungen lassen sich treibhausgasneutral nur durch erneuerbare Brennstoffe wie Biomethan und Wasserstoff erreichen. Zudem können Industriekraftwerke als Motor- oder Turbinen-KWK Regelenergie bereitstellen oder als Notstromversorgung die Industrieprozesse bei Netzausfall aufrechterhalten.

Übergang zu erneuerbaren Gasen ohne Brüche in KWK − versorgungssicher gegen Blackouts

Damit zurück zur Systemsicherheit: Ohne KWK gehen die Lichter aus! KWK ist die Technologie, die zur Absicherung der Stromversorgung dient und 100 % der Residuallast auffangen kann. Auch zur Frequenz- und Spannungshaltung im Stromnetz werden KWK-Anlagen als rotierende Massen benötigt. Bei Netzausfall erzeugen notstromfähige KWK-Anlagen die Stromspannung für einen Schwarzstart der Netze. Dezentrale BHKW auf der Verteilnetzebene stabilisieren frequenz- und spannungsgeführt das Verteilnetz für Wärmepumpen und E-Ladesäulen.

Ein fließender Übergang zu grüner KWK ohne Brüche ist sinnvoll und jederzeit möglich. Dazu nötig ist wie in jeder Transformationsphase weiterhin die Unterstützung der Politik, um entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen; aber auch ein Umdenken, was Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich ist: Hocheffizienztechnologie auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft.

Vielfältige Einblicke in die Perspektiven der KWK als Sicherheitstechnik im klimaneutralen Energiesystem der Zukunft bietet der diesjährige digitale B.KWK-Kongress vom 2. bis 4. November 2021 jeweils von 13 bis 16 Uhr. Der B.KWK lädt alle Interessierten zur kostenfreien digitalen Teilnahme an der Veranstaltung ein. 

* Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (BKWK), Berlin

Dienstag, 26.10.2021, 09:42 Uhr
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