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Energie & Management > Wasserstoff - Kritik am
Quelle: Shutterstock / Alexander Limbach
Wasserstoff

Kritik am "grünen" Wasserstoff

Die von der EU-Kommission vorgelegte Definition von grünem Wasserstoff stößt nicht nur auf Zustimmung. In den Verbänden aber überwiegt die Erleichterung.
"Es war längst überfällig, dass die EU-Kommission mit der Verabschiedung der Kriterien für den Strombezug zur Herstellung erneuerbaren Wasserstoffs endlich Klarheit schafft", sagt die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae: "Die nun verabschiedeten Kriterien bleiben allerdings so streng, dass sie Gefahr laufen, die Entstehung eines liquiden Wasserstoffmarktes zu erschweren."

Dabei sei der schnelle Hochlauf eines europäischen Wasserstoffmarktes für das Erreichen der klima-, industrie- und energiepolitischen Ziele der Union "dringender denn je". Sowohl bei der Additionalität als auch beim zeitlichen Zusammenhang zwischen Stromerzeugung und Wasserstoffproduktion seien längere Übergangsfristen nötig, als sie von der Kommission vorgeschlagen würden. Die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, die Vorgaben für grünen Wasserstoff zu verschärfen, verunsichere potenzielle Investoren und verzerre den Wettbewerb.

Der Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) sieht in den beiden Verordnungsentwürfen der Kommission einen "positiven Fortschritt" bei der Nutzung von Erdgas und Wasserstoff in Europa. Die vorgeschlagenen Vereinfachungen seien aus Sicht der Industrie jedoch "bei weitem nicht ausreichend", um den Wasserstoffhochlauf voranzubringen. Von der Möglichkeit, "kohlenstoffarmen" Strom (<18 Gramm CO2/MJ) einzusetzen, würden in Europa nur Frankreich, Schweden, Norwegen und die Schweiz profitieren. Bei der Additionalität und den zeitlichen Vorgaben, seien Nachbesserungen an den Verordnungen "dringend notwendig".

Die Deutsche Energieagentur (Dena) ruft Ministerrat und Parlament auf, keine Einwände gegen die Vorschläge der Kommission zu erheben, damit beide Verordnungen schnell in Kraft treten können. In den nächsten Jahren würde der Nachweis, dass Wasserstoff aus grünem Strom hergestellt sei, dann wesentlich erleichtert. Das reiche allerdings nicht aus, "um attraktive Rahmenbedingungen für die Standortwahl von Wasserstoffunternehmen zu schaffen", sagt Dena-Chef Andreas Kuhlmann. Die Kommission müsse auch dafür sorgen, die europäischen Regeln "schnell zum internationalen Standard zu machen".

Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich

Die deutsche Bundesregierung hat die Vorlage der Verordnung grundsätzlich begrüßt. "Die Festlegung der Grünstromkriterien ist Voraussetzung für Investitionssicherheit und den schnellen Markthochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Bundesumwelt- und des Bundeswirtschaftsministeriums. Ein Sprecher machte allerdings deutlich, dass Berlin die von der Kommission vorgesehene Möglichkeit ablehnt, "grünen" Wasserstoff auch aus Atomstrom herzustellen.

Damit eröffnen die beiden grünen Minister einen Konflikt mit Frankreich, der nach den jüngsten deutsch-französischen Konsultationen beigelegt schien. Bei dieser Gelegenheit hatte man sich darauf verständigt, dass auch "kohlenstoffarmer Wasserstoff" auf die europäischen Dekarbonisierungsziele angerechnet werden sollte. Im Gegenzug hatte die Regierung in Paris ihren Widerstand gegen den Bau einer Wasserstoffpipeline von Spanien über Frankreich bis nach Deutschland aufgegeben.

Diesen Kompromiss haben Mitglieder der französischen Regierung jetzt wieder infrage gestellt. Energieministerin Agnes Pannier-Runacher warf Deutschland und Spanien Wortbruch vor. Es sei "unverständlich", dass die beiden Nachbarländer andere Positionen bezögen als Frankreich. In Berlin bestreitet man zwar nicht, dass auch "kohlenstoffarmer" Strom bei der Dekarbonisierung berücksichtigt werden kann, die Kernkraft könne aber nicht als "grün" gelten. Es gebe grundsätzlich einen Unterschied zwischen Strom aus erneuerbaren Energien und aus Atomkraftwerken. Es sei jedoch im Interesse aller, die Wasserstoffwirtschaft schnell ans Laufen zu bringen, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Erst in zweiter Linie gehe es um die Art der Herstellung. Für Deutschland seien dabei die Erneuerbaren entscheidend, "andere haben da andere Prioritäten".

Dienstag, 14.02.2023, 16:56 Uhr
Tom Weingärtner
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Quelle: Shutterstock / Alexander Limbach
Wasserstoff
Kritik am "grünen" Wasserstoff
Die von der EU-Kommission vorgelegte Definition von grünem Wasserstoff stößt nicht nur auf Zustimmung. In den Verbänden aber überwiegt die Erleichterung.
"Es war längst überfällig, dass die EU-Kommission mit der Verabschiedung der Kriterien für den Strombezug zur Herstellung erneuerbaren Wasserstoffs endlich Klarheit schafft", sagt die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae: "Die nun verabschiedeten Kriterien bleiben allerdings so streng, dass sie Gefahr laufen, die Entstehung eines liquiden Wasserstoffmarktes zu erschweren."

Dabei sei der schnelle Hochlauf eines europäischen Wasserstoffmarktes für das Erreichen der klima-, industrie- und energiepolitischen Ziele der Union "dringender denn je". Sowohl bei der Additionalität als auch beim zeitlichen Zusammenhang zwischen Stromerzeugung und Wasserstoffproduktion seien längere Übergangsfristen nötig, als sie von der Kommission vorgeschlagen würden. Die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, die Vorgaben für grünen Wasserstoff zu verschärfen, verunsichere potenzielle Investoren und verzerre den Wettbewerb.

Der Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) sieht in den beiden Verordnungsentwürfen der Kommission einen "positiven Fortschritt" bei der Nutzung von Erdgas und Wasserstoff in Europa. Die vorgeschlagenen Vereinfachungen seien aus Sicht der Industrie jedoch "bei weitem nicht ausreichend", um den Wasserstoffhochlauf voranzubringen. Von der Möglichkeit, "kohlenstoffarmen" Strom (<18 Gramm CO2/MJ) einzusetzen, würden in Europa nur Frankreich, Schweden, Norwegen und die Schweiz profitieren. Bei der Additionalität und den zeitlichen Vorgaben, seien Nachbesserungen an den Verordnungen "dringend notwendig".

Die Deutsche Energieagentur (Dena) ruft Ministerrat und Parlament auf, keine Einwände gegen die Vorschläge der Kommission zu erheben, damit beide Verordnungen schnell in Kraft treten können. In den nächsten Jahren würde der Nachweis, dass Wasserstoff aus grünem Strom hergestellt sei, dann wesentlich erleichtert. Das reiche allerdings nicht aus, "um attraktive Rahmenbedingungen für die Standortwahl von Wasserstoffunternehmen zu schaffen", sagt Dena-Chef Andreas Kuhlmann. Die Kommission müsse auch dafür sorgen, die europäischen Regeln "schnell zum internationalen Standard zu machen".

Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich

Die deutsche Bundesregierung hat die Vorlage der Verordnung grundsätzlich begrüßt. "Die Festlegung der Grünstromkriterien ist Voraussetzung für Investitionssicherheit und den schnellen Markthochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Bundesumwelt- und des Bundeswirtschaftsministeriums. Ein Sprecher machte allerdings deutlich, dass Berlin die von der Kommission vorgesehene Möglichkeit ablehnt, "grünen" Wasserstoff auch aus Atomstrom herzustellen.

Damit eröffnen die beiden grünen Minister einen Konflikt mit Frankreich, der nach den jüngsten deutsch-französischen Konsultationen beigelegt schien. Bei dieser Gelegenheit hatte man sich darauf verständigt, dass auch "kohlenstoffarmer Wasserstoff" auf die europäischen Dekarbonisierungsziele angerechnet werden sollte. Im Gegenzug hatte die Regierung in Paris ihren Widerstand gegen den Bau einer Wasserstoffpipeline von Spanien über Frankreich bis nach Deutschland aufgegeben.

Diesen Kompromiss haben Mitglieder der französischen Regierung jetzt wieder infrage gestellt. Energieministerin Agnes Pannier-Runacher warf Deutschland und Spanien Wortbruch vor. Es sei "unverständlich", dass die beiden Nachbarländer andere Positionen bezögen als Frankreich. In Berlin bestreitet man zwar nicht, dass auch "kohlenstoffarmer" Strom bei der Dekarbonisierung berücksichtigt werden kann, die Kernkraft könne aber nicht als "grün" gelten. Es gebe grundsätzlich einen Unterschied zwischen Strom aus erneuerbaren Energien und aus Atomkraftwerken. Es sei jedoch im Interesse aller, die Wasserstoffwirtschaft schnell ans Laufen zu bringen, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Erst in zweiter Linie gehe es um die Art der Herstellung. Für Deutschland seien dabei die Erneuerbaren entscheidend, "andere haben da andere Prioritäten".

Dienstag, 14.02.2023, 16:56 Uhr
Tom Weingärtner

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