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Energie & Management > Österreich - Krach um Gasversorgung
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Krach um Gasversorgung

 Bundeskanzler Nehammer verteidigt seinen Besuch in Moskau. Die Opposition kritisiert die „Untätigkeit“ der Regierung und will „Übergewinne“ der Energiewirtschaft „abschöpfen“.
Seinen umstrittenen Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin am 11. April verteidigte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (Österreichische Volkspartei, ÖVP) in einem Interview mit den Nachrichtenagenturen DPA und APA (Austria Presse Agentur). Das berichteten österreichische Tageszeitungen am 14. April. Nehammer bekräftigte diesen zufolge, der Gasbezug aus Russland im vertraglich vereinbarten Umfang sei weiter gewährleistet, ebenso dessen Bezahlung in Euro. Nach russischer Darstellung ist es bekanntlich notwendig, dass Gasbezieher aus „unfreundlichen Staaten“ wie den EU-Mitgliedern ein Konto bei der Gazprombank einrichten. Auf dieses bezahlen sie die Beträge zur Begleichung ihrer Gasrechnungen in Euro ein. Die Bank konvertiert die Zahlungen in Rubel. Nehammers Aussagen würden somit im Grunde nur bestätigen, was ohnehin der Fall ist.

Laut der Online-Ausgabe der russischen Tageszeitung Prawda soll Nehammer „offen versucht“ haben, Putin zu „erpressen“. Er habe gedroht, westlichen Massenmedien zu bestätigen, dass Russland in der Ukraine als „Schlächter“ agiere. Diese „Erpressung“ sei von Putin zurückgewiesen worden. In dem Gespräch der beiden Spitzenpolitiker ging es laut Prawda auf Nehammers Wunsch im Wesentlichen um die Gasversorgung Österreichs. Nun seien wohl weitere Besuche von Regierungsschefs „unfreundlicher Staaten“ zu erwarten: „Die Schlacht um das russische Gas geht weiter.“

Umstrittenes Embargo

Ein Embargo der EU auf Gaslieferungen aus Russland lehnt Nehammer laut APA und DPA weiterhin ab. Er deutete indessen an, es könne unter Umständen zu ungewollten Unterbrechungen der Lieferungen durch die Ukraine kommen, etwa infolge der „Sprengung von Pipelines“ oder von Einwirkungen durch Kampfhandlungen. Laut der Tageszeitung Die Presse sagte Nehammer den beiden Nachrichtenagenturen, neben Deutschland und Österreich seien auch Bulgarien, Rumänien und Ungarn erheblich von russischem Gas abhängig. „Von sich aus dieses Gasembargo zu fordern, würde bedeuten, dass sowohl die Industrie als auch die Haushalte durch das Nicht-Liefern des Gases schweren Schaden erleiden“, wurde Nehammer zitiert.

Nicht zuletzt um das Thema „Gasembargo“ soll es auch bei dem Besuch der EU-Energiekommissarin Kadri Simson am 11. und 12. April in Wien gegangen sein, teilten üblicherweise gut informierte Quellen der Redaktion mit. Simson befinde sich offenbar auf einer Tour durch die EU-Mitgliedsstaaten, um ein solches Embargo vorzubereiten. Heftig umstritten sei indessen, wann und wie ein Embargo mit geringstmöglichem Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft in der EU in Kraft gesetzt werden könnte. Unmittelbar wäre dies wohl mit erheblichem Risiko verbunden. Laut den Daten der Aggregated Gas Storage Inventory (AGSI) beläuft sich die in der EU zurzeit eingespeicherte Gasmenge auf etwa 301,6 Mrd. kWh oder 27,32 % des verfügbaren Volumens. Österreichs Speicher sind zu rund 14,39 % befüllt.

Kritik der SPÖ

Unterdessen übten die Sozialdemokraten (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am 14. April heftige Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung. Sozialsprecher Josef Muchitsch beschuldigte die Regierung der Untätigkeit, was die Gasversorgung betrifft: „Deutschland schnürt ein Paket, um vom russischen Gas wegzukommen. Österreich tut nichts. Statt nach Moskau zu fliegen, wäre es gescheiter, sich in Brüssel um eine gemeinsame Vorgangsweise zu kümmern.“ Bundeskanzler Nehammers Reise zu Präsident Putin sei „erfolglos“ gewesen.

Energiesprecher Alois Schroll ergänzte, die Regierung sei über die Dividenden und Steuerzahlungen der Energieunternehmen „einer der Hauptprofiteure“ der derzeitigen Krise. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erziele heuer voraussichtlich Mehreinnahmen von rund sechs bis acht Mrd. Euro. Von diesen gebe die Regierung der Bevölkerung über diverse sogenannte „Entlastungspakete“ bestenfalls etwa die Hälfte zurück.

Manche der wichtigsten, zu jeweils mindestens 50 % im Besitz der öffentlichen Hand befindlichen, Energieunternehmen hätten in den vergangenen Jahrzehnten mit Steuergeldern große Wasserkraftwerke gebaut. Deren Stromgestehungskosten seien durch die „Gaskrise“ verständlicherweise nicht gestiegen. Den Strom könnten die betreffenden Unternehmen indessen zu den derzeitigen exorbitanten Preisen verkaufen und somit „Übergewinne“ erzielen. Diese gelte es „abzuschöpfen“, um sozial Schwache zu entlasten.

Auf den Hinweis der Redaktion, dass die betreffenden Unternehmen Aktiengesellschaften sind und Eingriffe in deren Eigentum entsprechend heikel sind, verwies die SPÖ-Klubdirektion auf die „Toolbox“ der EU-Kommission vom vergangenen Herbst. Die Regierung möge sich diesbezüglich gefälligst etwas einfallen lassen. Wenn die Mithilfe der SPÖ notwendig sei, „sind wir gesprächsbereit“.
 

Donnerstag, 14.04.2022, 15:25 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Krach um Gasversorgung
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Österreich
Krach um Gasversorgung
 Bundeskanzler Nehammer verteidigt seinen Besuch in Moskau. Die Opposition kritisiert die „Untätigkeit“ der Regierung und will „Übergewinne“ der Energiewirtschaft „abschöpfen“.
Seinen umstrittenen Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin am 11. April verteidigte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (Österreichische Volkspartei, ÖVP) in einem Interview mit den Nachrichtenagenturen DPA und APA (Austria Presse Agentur). Das berichteten österreichische Tageszeitungen am 14. April. Nehammer bekräftigte diesen zufolge, der Gasbezug aus Russland im vertraglich vereinbarten Umfang sei weiter gewährleistet, ebenso dessen Bezahlung in Euro. Nach russischer Darstellung ist es bekanntlich notwendig, dass Gasbezieher aus „unfreundlichen Staaten“ wie den EU-Mitgliedern ein Konto bei der Gazprombank einrichten. Auf dieses bezahlen sie die Beträge zur Begleichung ihrer Gasrechnungen in Euro ein. Die Bank konvertiert die Zahlungen in Rubel. Nehammers Aussagen würden somit im Grunde nur bestätigen, was ohnehin der Fall ist.

Laut der Online-Ausgabe der russischen Tageszeitung Prawda soll Nehammer „offen versucht“ haben, Putin zu „erpressen“. Er habe gedroht, westlichen Massenmedien zu bestätigen, dass Russland in der Ukraine als „Schlächter“ agiere. Diese „Erpressung“ sei von Putin zurückgewiesen worden. In dem Gespräch der beiden Spitzenpolitiker ging es laut Prawda auf Nehammers Wunsch im Wesentlichen um die Gasversorgung Österreichs. Nun seien wohl weitere Besuche von Regierungsschefs „unfreundlicher Staaten“ zu erwarten: „Die Schlacht um das russische Gas geht weiter.“

Umstrittenes Embargo

Ein Embargo der EU auf Gaslieferungen aus Russland lehnt Nehammer laut APA und DPA weiterhin ab. Er deutete indessen an, es könne unter Umständen zu ungewollten Unterbrechungen der Lieferungen durch die Ukraine kommen, etwa infolge der „Sprengung von Pipelines“ oder von Einwirkungen durch Kampfhandlungen. Laut der Tageszeitung Die Presse sagte Nehammer den beiden Nachrichtenagenturen, neben Deutschland und Österreich seien auch Bulgarien, Rumänien und Ungarn erheblich von russischem Gas abhängig. „Von sich aus dieses Gasembargo zu fordern, würde bedeuten, dass sowohl die Industrie als auch die Haushalte durch das Nicht-Liefern des Gases schweren Schaden erleiden“, wurde Nehammer zitiert.

Nicht zuletzt um das Thema „Gasembargo“ soll es auch bei dem Besuch der EU-Energiekommissarin Kadri Simson am 11. und 12. April in Wien gegangen sein, teilten üblicherweise gut informierte Quellen der Redaktion mit. Simson befinde sich offenbar auf einer Tour durch die EU-Mitgliedsstaaten, um ein solches Embargo vorzubereiten. Heftig umstritten sei indessen, wann und wie ein Embargo mit geringstmöglichem Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft in der EU in Kraft gesetzt werden könnte. Unmittelbar wäre dies wohl mit erheblichem Risiko verbunden. Laut den Daten der Aggregated Gas Storage Inventory (AGSI) beläuft sich die in der EU zurzeit eingespeicherte Gasmenge auf etwa 301,6 Mrd. kWh oder 27,32 % des verfügbaren Volumens. Österreichs Speicher sind zu rund 14,39 % befüllt.

Kritik der SPÖ

Unterdessen übten die Sozialdemokraten (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am 14. April heftige Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung. Sozialsprecher Josef Muchitsch beschuldigte die Regierung der Untätigkeit, was die Gasversorgung betrifft: „Deutschland schnürt ein Paket, um vom russischen Gas wegzukommen. Österreich tut nichts. Statt nach Moskau zu fliegen, wäre es gescheiter, sich in Brüssel um eine gemeinsame Vorgangsweise zu kümmern.“ Bundeskanzler Nehammers Reise zu Präsident Putin sei „erfolglos“ gewesen.

Energiesprecher Alois Schroll ergänzte, die Regierung sei über die Dividenden und Steuerzahlungen der Energieunternehmen „einer der Hauptprofiteure“ der derzeitigen Krise. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erziele heuer voraussichtlich Mehreinnahmen von rund sechs bis acht Mrd. Euro. Von diesen gebe die Regierung der Bevölkerung über diverse sogenannte „Entlastungspakete“ bestenfalls etwa die Hälfte zurück.

Manche der wichtigsten, zu jeweils mindestens 50 % im Besitz der öffentlichen Hand befindlichen, Energieunternehmen hätten in den vergangenen Jahrzehnten mit Steuergeldern große Wasserkraftwerke gebaut. Deren Stromgestehungskosten seien durch die „Gaskrise“ verständlicherweise nicht gestiegen. Den Strom könnten die betreffenden Unternehmen indessen zu den derzeitigen exorbitanten Preisen verkaufen und somit „Übergewinne“ erzielen. Diese gelte es „abzuschöpfen“, um sozial Schwache zu entlasten.

Auf den Hinweis der Redaktion, dass die betreffenden Unternehmen Aktiengesellschaften sind und Eingriffe in deren Eigentum entsprechend heikel sind, verwies die SPÖ-Klubdirektion auf die „Toolbox“ der EU-Kommission vom vergangenen Herbst. Die Regierung möge sich diesbezüglich gefälligst etwas einfallen lassen. Wenn die Mithilfe der SPÖ notwendig sei, „sind wir gesprächsbereit“.
 

Donnerstag, 14.04.2022, 15:25 Uhr
Klaus Fischer

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