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Energie & Management > Österreich - Kontroversen um Energiewende
Quelle: Fotolia.com, YuI
Österreich

Kontroversen um Energiewende

Teils emotionale Debatten prägten die Energiekonferenz "EPCON" in Wien. Unter anderem ging es um die Ökostromförderung, das Energieeffizienzgesetz und die Genehmigungsverfahren.
Die Energiewende in Österreich dürfte noch für unterhaltsame Stunden bei Energiewirtschaftlern, Politikern, Verwaltungsfachleuten und Juristen sorgen. Das zeigten die teils emotionalen Debatten bei der Energiekonferenz Epcon am 15. September in Wien.

Einhellig hieß es zwar, das im Sommer vom Bundesparlament beschlossene Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) sei „ein großer Wurf“. Aber ebenso einhellig konstatierten die Teilnehmer der Konferenz, es bleibe noch viel zu tun. So muss die Bundesregierung aus Konservativen (ÖVP) und Grünen etwa 20 Verordnungen erlassen, um Detailfragen zu regeln. Über manche dieser Bestimmungen hat sich Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) zu einigen.

Auch die Vorgangsweise Österreichs bei der wohl unverzichtbaren Nutzung grüner Gase wie Biomethan wurde im EAG-Paket nur angerissen, aber nach allgemeiner Auffassung nicht ausreichend geklärt. Geplant ist, sie im „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ (EWG) zu fixieren. Doch wann dieses kommt, wussten auch üblicherweise Kundige bei der Epcon nicht zu sagen. Ferner haben die neun Bundesländer hinsichtlich mancher Fragen eigene Regeln zu beschließen. Dies gilt etwa für die Festlegung von Eignungszonen für Windparks.

Über all dem schwebt die laufende Notifizierung des neuen Ökostrom-Förderregimes aus dem EAG-Paket bei der EU-Kommission. Grob gesprochen sollen mit diesem die bislang geltenden Einspeisetarife durch flexible Marktprämien ersetzt werden. Genehmigt die Kommission dieses Modell nicht, wäre das ein „energiepolitischer Super-GAU“, warnte ein hochrangiger Energiewirtschaftler, der nicht namentlich genannt werden wollte, im Gespräch mit der Redaktion. Der Grund: Das derzeitige Ökostromgesetz tritt mit Ende 2022 außer Kraft. Und bis dahin einen mit dem EU-Recht konformen Ersatz für die geplanten Bestimmungen im EAG-Paket unter Dach und Fach zu bringen, gilt als aussichtslos. „Was dann passieren würde, wage ich mir nicht auszumalen“, schauderte der Insider.

„Fotofinish“ um Energieeffizienz

Doch auch jenseits solcher Schreckensszenarien ist für Zeitvertreib gesorgt. Seit mittlerweile fast zwei Jahren wird mit Verve am neuen Energieeffizienzgesetz (EEffG) gearbeitet. Wohl versicherte die zuständige Fachreferentin im Energieministerium (BMK), Heidelinde Adensam, die Verhandlungen seien „intensiv“ im Gange, räumte im nächsten Satz aber ein, dass von einem Abschluss noch keine Rede sein könne. Stephan Renner, im Kabinett Gewesslers für Energieeffizienz zuständig, beschrieb den Sachstand so: „Es gibt in der Bundesregierung bekanntlich nicht nur eine Partei. Aus unserer Sicht wäre das Gesetz fertig, aus anderer Sicht ist es das nicht.“

Ohnehin ist Österreich mit dem EEffG und damit der Umsetzung der geltenden Energieeffizienzrichtlinie der EU ordentlich im Verzug: Bereits Anfang Sommer 2020 hätte dieses vorliegen sollen. Und mittlerweile wird in Brüssel schon am Vorschlag für eine Novelle der Richtlinie getüftelt. Böse Zungen sprachen bei der Epcon denn auch von einem möglichen „Fotofinish“ zwischen dem Inkrafttreten neuen Richtlinie der EU und jenem des EEffG, das dann eventuell gleich wieder hinfällig wäre.

Indessen sind speziell Wirtschaftskreise wenig erfreut darüber, was sich im Hause Gewessler in Sachen Energieeffizienz zusammenbraut. Das bekamen bei der Epcon auch Adensam und Renner zu spüren. Heftige Kritik äußerten Industrielle etwa an den Plänen hinsichtlich der Effizienzmaßnahmen im Bereich fossiler Energieträger wie dem Ersatz alter Öl- und Gaskessel durch moderne Brennwertgeräte. Derlei soll nicht mehr als anrechenbare Maßnahme im Sinne des künftigen EEffG gelten. Eine Vertreterin des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV kritisierte, in anderen EU-Staaten seien derartige Projekte sehr wohl anrechenbar.

Andere Wirtschaftstreibende verwiesen auf Adensams Aussage, mit dem kommenden EEffG solle der jährliche Endenergiebedarf Österreichs auf 850 bis 920 Petajoule (PJ) verringert werden. 2019 lag dieser laut dem Energieministerium bei 1.140,5 PJ. „Wie wollen Sie eine solche Reduktion ohne Maßnahmen bei den fossilen Energieträgern schaffen? Sagen Sie mir das bitte!“, forderte ein Epcon-Teilnehmer. Renners Antwort: Wenn die Steigerung der Energieeffizienz unter Nutzung erneuerbarer Energien irgendwo partout nicht funktioniere, werde sich eine Ausnahmeregelung finden lassen. 

Donnerstag, 16.09.2021, 10:19 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Kontroversen um Energiewende
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Österreich
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Teils emotionale Debatten prägten die Energiekonferenz "EPCON" in Wien. Unter anderem ging es um die Ökostromförderung, das Energieeffizienzgesetz und die Genehmigungsverfahren.
Die Energiewende in Österreich dürfte noch für unterhaltsame Stunden bei Energiewirtschaftlern, Politikern, Verwaltungsfachleuten und Juristen sorgen. Das zeigten die teils emotionalen Debatten bei der Energiekonferenz Epcon am 15. September in Wien.

Einhellig hieß es zwar, das im Sommer vom Bundesparlament beschlossene Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) sei „ein großer Wurf“. Aber ebenso einhellig konstatierten die Teilnehmer der Konferenz, es bleibe noch viel zu tun. So muss die Bundesregierung aus Konservativen (ÖVP) und Grünen etwa 20 Verordnungen erlassen, um Detailfragen zu regeln. Über manche dieser Bestimmungen hat sich Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) zu einigen.

Auch die Vorgangsweise Österreichs bei der wohl unverzichtbaren Nutzung grüner Gase wie Biomethan wurde im EAG-Paket nur angerissen, aber nach allgemeiner Auffassung nicht ausreichend geklärt. Geplant ist, sie im „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ (EWG) zu fixieren. Doch wann dieses kommt, wussten auch üblicherweise Kundige bei der Epcon nicht zu sagen. Ferner haben die neun Bundesländer hinsichtlich mancher Fragen eigene Regeln zu beschließen. Dies gilt etwa für die Festlegung von Eignungszonen für Windparks.

Über all dem schwebt die laufende Notifizierung des neuen Ökostrom-Förderregimes aus dem EAG-Paket bei der EU-Kommission. Grob gesprochen sollen mit diesem die bislang geltenden Einspeisetarife durch flexible Marktprämien ersetzt werden. Genehmigt die Kommission dieses Modell nicht, wäre das ein „energiepolitischer Super-GAU“, warnte ein hochrangiger Energiewirtschaftler, der nicht namentlich genannt werden wollte, im Gespräch mit der Redaktion. Der Grund: Das derzeitige Ökostromgesetz tritt mit Ende 2022 außer Kraft. Und bis dahin einen mit dem EU-Recht konformen Ersatz für die geplanten Bestimmungen im EAG-Paket unter Dach und Fach zu bringen, gilt als aussichtslos. „Was dann passieren würde, wage ich mir nicht auszumalen“, schauderte der Insider.

„Fotofinish“ um Energieeffizienz

Doch auch jenseits solcher Schreckensszenarien ist für Zeitvertreib gesorgt. Seit mittlerweile fast zwei Jahren wird mit Verve am neuen Energieeffizienzgesetz (EEffG) gearbeitet. Wohl versicherte die zuständige Fachreferentin im Energieministerium (BMK), Heidelinde Adensam, die Verhandlungen seien „intensiv“ im Gange, räumte im nächsten Satz aber ein, dass von einem Abschluss noch keine Rede sein könne. Stephan Renner, im Kabinett Gewesslers für Energieeffizienz zuständig, beschrieb den Sachstand so: „Es gibt in der Bundesregierung bekanntlich nicht nur eine Partei. Aus unserer Sicht wäre das Gesetz fertig, aus anderer Sicht ist es das nicht.“

Ohnehin ist Österreich mit dem EEffG und damit der Umsetzung der geltenden Energieeffizienzrichtlinie der EU ordentlich im Verzug: Bereits Anfang Sommer 2020 hätte dieses vorliegen sollen. Und mittlerweile wird in Brüssel schon am Vorschlag für eine Novelle der Richtlinie getüftelt. Böse Zungen sprachen bei der Epcon denn auch von einem möglichen „Fotofinish“ zwischen dem Inkrafttreten neuen Richtlinie der EU und jenem des EEffG, das dann eventuell gleich wieder hinfällig wäre.

Indessen sind speziell Wirtschaftskreise wenig erfreut darüber, was sich im Hause Gewessler in Sachen Energieeffizienz zusammenbraut. Das bekamen bei der Epcon auch Adensam und Renner zu spüren. Heftige Kritik äußerten Industrielle etwa an den Plänen hinsichtlich der Effizienzmaßnahmen im Bereich fossiler Energieträger wie dem Ersatz alter Öl- und Gaskessel durch moderne Brennwertgeräte. Derlei soll nicht mehr als anrechenbare Maßnahme im Sinne des künftigen EEffG gelten. Eine Vertreterin des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV kritisierte, in anderen EU-Staaten seien derartige Projekte sehr wohl anrechenbar.

Andere Wirtschaftstreibende verwiesen auf Adensams Aussage, mit dem kommenden EEffG solle der jährliche Endenergiebedarf Österreichs auf 850 bis 920 Petajoule (PJ) verringert werden. 2019 lag dieser laut dem Energieministerium bei 1.140,5 PJ. „Wie wollen Sie eine solche Reduktion ohne Maßnahmen bei den fossilen Energieträgern schaffen? Sagen Sie mir das bitte!“, forderte ein Epcon-Teilnehmer. Renners Antwort: Wenn die Steigerung der Energieeffizienz unter Nutzung erneuerbarer Energien irgendwo partout nicht funktioniere, werde sich eine Ausnahmeregelung finden lassen. 

Donnerstag, 16.09.2021, 10:19 Uhr
Klaus Fischer

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