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Energie & Management > Gasnetz - Konkurs-Anmeldung von Nord Stream 2 wirft Fragen auf
Die Anlandestation von Nord Stream 2 in Lubmin, Quelle: Nord-Stream-2-AG
Gasnetz

Konkurs-Anmeldung von Nord Stream 2 wirft Fragen auf

Am Montag hat sich die in der Schweiz angesiedelte Nord Stream 2 für zahlungsunfähig erklärt. Die Nachricht überraschte und wirft Fragen auf.
Die Nachricht von "Massenentlassungen" der Nord Stream 2 mit Sitz im schweizerischen Städtchen Zug ging am Dienstag, 1. März, um die Welt. Verbreitet wurde sie vom Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Montagabend und einem Mitglied der Regierung des Kantons Zug. In der Schweiz haben die Länder, also die Kantone, die Wirtschaftsaufsicht. Klar ist eigentlich nur, dass 106 Personen freigestellt wurden vom Unternehmen, also ein Teil der Belegschaft.
 
Die kantonale Wirtschaftsministerin Silvia Thalmann-Gut präzisierte gegenüber Radio SRF am Dienstag: "Wir wurden (…) informiert, dass dieses Unternehmen nicht weitergeführt werden kann. Es handelt sich also nicht um eine Massenentlassung, sondern das Unternehmen musste die Bilanz deponieren", sprich den Konkurs anmelden. Vor einer Konkurserklärung müssen die Behörden das Konkursgesuch prüfen, und das benötigt gewöhnlich, in diesem Fall wahrscheinlich, viel Zeit. Ob damit das Narrativ von den sich ins eigene Fleisch schneidenden Wirtschaftssanktionen, das nun im Gefolge eilends und unbesehen verbreitet wird, zutrifft, ist zur Stunde ziemlich offen.
 
Die Betroffenen, mitsamt den finanzierenden Banken, hüllen sich in Schweigen: Sie haben, je nach Darstellung, 9 bis 12 Milliarden Euro investiert und hätten nach Lage der Dinge alles verloren. Wer welchen Schaden zu tragen hat und wie das vertraglich unter den Akteuren geregelt ist, ist völlig unklar, aber für die Konkursabwicklung bedeutsam.
 
Eine Mauer des Schweigens

Bisher hat sich weder die Geschäftsleitung von Nord Stream 2 selbst zu Wort gemeldet, noch deren Eigentümer Gasprom und die als Investoren bezeichneten Unternehmen Engie, OMV, Shell, Uniper und Wintershall DEA, was völlig ungewöhnlich ist. Auch von den freigestellten Personen, darunter viele Ausländer mit ohnehin zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen, hört man so gut wie nichts. Klar ist, dass viele von ihnen nach der geplanten Inbetriebnahme ohnehin neue Aufgaben hätten suchen müssen. Dies wäre auch der Fall gewesen, wenn die Nord Stream 2-Zentrale aus rechtlichen Gründen nach Deutschland verlegt worden wäre.
 
Als Wirtschaftsstandort, der Unternehmen nahezu vollkommenen Schutz vor Nachfragen erlaubt, macht die Schweiz und insbesondere der Kanton Zug mit diesem Fall einmal mehr alle Ehre: Es ist so gut wie nichts über die russischen Erdgasaktivitäten im Städtchen bekannt. Klar ist, einige Hundert Meter von den Büroräumen der Nord Stream 2 sitzt die Nord Stream AG, wo rund 170 Mitarbeiter den Betrieb ihrer Pipeline fernsteuern. Unweit davon unterhält auch Gasprom eine Tochtergesellschaft.
 
Insgesamt werden im Kanton Zug, dessen Hauptort die Stadt Zug bildet, mit zahlreichen Niederlassungen internationaler Handelskonzerne, 6125 Beschäftigte in der Branche "Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betriebe" gezählt. Als Sitz vieler Handelsunternehmen ist das Zuger Bruttoinlandsprodukt mit rund 160 000 Franken pro Kopf doppelt so hoch wie das Schweizer BIP und damit weltweit am höchsten. So viel Geld, setzt viel Verschwiegenheit voraus: Das Wahlmotto der Wirtschaftsministerin Silvia Thalmann – "ich liebe es über Gott und die Welt zu diskutieren" stoppt bei der Wirtschaft − Nord Stream sei "kein Thema", sagte sie – es zählt wohl nicht zu Gott und Welt.
 
 

Mittwoch, 2.03.2022, 13:23 Uhr
Marc Gusewski
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Die Anlandestation von Nord Stream 2 in Lubmin, Quelle: Nord-Stream-2-AG
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Konkurs-Anmeldung von Nord Stream 2 wirft Fragen auf
Am Montag hat sich die in der Schweiz angesiedelte Nord Stream 2 für zahlungsunfähig erklärt. Die Nachricht überraschte und wirft Fragen auf.
Die Nachricht von "Massenentlassungen" der Nord Stream 2 mit Sitz im schweizerischen Städtchen Zug ging am Dienstag, 1. März, um die Welt. Verbreitet wurde sie vom Wirtschaftsminister Guy Parmelin am Montagabend und einem Mitglied der Regierung des Kantons Zug. In der Schweiz haben die Länder, also die Kantone, die Wirtschaftsaufsicht. Klar ist eigentlich nur, dass 106 Personen freigestellt wurden vom Unternehmen, also ein Teil der Belegschaft.
 
Die kantonale Wirtschaftsministerin Silvia Thalmann-Gut präzisierte gegenüber Radio SRF am Dienstag: "Wir wurden (…) informiert, dass dieses Unternehmen nicht weitergeführt werden kann. Es handelt sich also nicht um eine Massenentlassung, sondern das Unternehmen musste die Bilanz deponieren", sprich den Konkurs anmelden. Vor einer Konkurserklärung müssen die Behörden das Konkursgesuch prüfen, und das benötigt gewöhnlich, in diesem Fall wahrscheinlich, viel Zeit. Ob damit das Narrativ von den sich ins eigene Fleisch schneidenden Wirtschaftssanktionen, das nun im Gefolge eilends und unbesehen verbreitet wird, zutrifft, ist zur Stunde ziemlich offen.
 
Die Betroffenen, mitsamt den finanzierenden Banken, hüllen sich in Schweigen: Sie haben, je nach Darstellung, 9 bis 12 Milliarden Euro investiert und hätten nach Lage der Dinge alles verloren. Wer welchen Schaden zu tragen hat und wie das vertraglich unter den Akteuren geregelt ist, ist völlig unklar, aber für die Konkursabwicklung bedeutsam.
 
Eine Mauer des Schweigens

Bisher hat sich weder die Geschäftsleitung von Nord Stream 2 selbst zu Wort gemeldet, noch deren Eigentümer Gasprom und die als Investoren bezeichneten Unternehmen Engie, OMV, Shell, Uniper und Wintershall DEA, was völlig ungewöhnlich ist. Auch von den freigestellten Personen, darunter viele Ausländer mit ohnehin zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen, hört man so gut wie nichts. Klar ist, dass viele von ihnen nach der geplanten Inbetriebnahme ohnehin neue Aufgaben hätten suchen müssen. Dies wäre auch der Fall gewesen, wenn die Nord Stream 2-Zentrale aus rechtlichen Gründen nach Deutschland verlegt worden wäre.
 
Als Wirtschaftsstandort, der Unternehmen nahezu vollkommenen Schutz vor Nachfragen erlaubt, macht die Schweiz und insbesondere der Kanton Zug mit diesem Fall einmal mehr alle Ehre: Es ist so gut wie nichts über die russischen Erdgasaktivitäten im Städtchen bekannt. Klar ist, einige Hundert Meter von den Büroräumen der Nord Stream 2 sitzt die Nord Stream AG, wo rund 170 Mitarbeiter den Betrieb ihrer Pipeline fernsteuern. Unweit davon unterhält auch Gasprom eine Tochtergesellschaft.
 
Insgesamt werden im Kanton Zug, dessen Hauptort die Stadt Zug bildet, mit zahlreichen Niederlassungen internationaler Handelskonzerne, 6125 Beschäftigte in der Branche "Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betriebe" gezählt. Als Sitz vieler Handelsunternehmen ist das Zuger Bruttoinlandsprodukt mit rund 160 000 Franken pro Kopf doppelt so hoch wie das Schweizer BIP und damit weltweit am höchsten. So viel Geld, setzt viel Verschwiegenheit voraus: Das Wahlmotto der Wirtschaftsministerin Silvia Thalmann – "ich liebe es über Gott und die Welt zu diskutieren" stoppt bei der Wirtschaft − Nord Stream sei "kein Thema", sagte sie – es zählt wohl nicht zu Gott und Welt.
 
 

Mittwoch, 2.03.2022, 13:23 Uhr
Marc Gusewski

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