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Energie & Management > Europaeische Union - Kommt die CO2-Grenzausgleichsabgabe auch für Strom?
Bild: Fotolia, kreatik
Europaeische Union

Kommt die CO2-Grenzausgleichsabgabe auch für Strom?

Die geplante CO2-Grenzausgleichsabgabe der EU könnte auch auf Stromimporte in die EU erhoben werden. Die sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen.
Bislang ging man in Brüssel davon aus, dass die Elektrizitätswirtschaft nicht von der Konkurrenz aus Drittstaaten bedroht ist. Ein Ausgleich der Kosten, die durch den europäischen Emissionshandel (ETS) entstehen, wurde deswegen bislang nicht ins Auge gefasst.

Jetzt hat die Brüsseler Denkfabrik ERCST (European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition) in einer Untersuchung darauf hingewiesen, das Strom nicht nur ein geeigneter Ansatzpunkt für einen Grenzausgleich wäre, sondern des Schutzes voraussichtlich auch bedarf. Denn jenseits der EU-Grenzen stehen immer mehr Kapazitäten bereit, um Engpässe in der Stromversorgung an den Rändern der EU zu beseitigen.

Waren Strom-Ex- und -Importe 2015 noch nahezu ausgeglichen, importierte die EU 2019 schon drei Mal mehr Elektrizität, als sie exportierte. Gemessen an der Gesamtnachfrage ist der Austausch an den Außengrenzen der EU noch gering. Die Importe betrugen 2019 etwa 3,4 % des Stromverbrauchs in der EU. Damit wurden 2019 indirekt und netto knapp 20 Mio. Tonnen CO2 in die EU eingeführt, Tendenz: steigend.

Stromimporte vor allem aus der Schweiz

Wichtigster Lieferant war die Schweiz mit knapp 30 % der Importe, gefolgt von Norwegen (18 %), Russland (13 %), der Ukraine (7 %) und einer Reihe von Balkanländern. Das meiste CO2 gelangte auf diesem Weg aber aus Russland, der Ukraine, der Türkei und dem westlichen Balkan in die EU. Dort sind in den letzten Jahren neue Kohlekraftwerke in den Grenzregionen zur EU ans Netz gegangen, deren CO2-Emissionen, im Unterschied zur EU, nicht bepreist werden. Alleine in der Türkei und auf dem Balkan sind es 57.000 MW und die Kapazität der Interkonnektoren zur EU in dieser Region soll bis 2030 um 30 % steigen.

Jenseits der EU-Außengrenzen kaufen vor allem Finnland, Griechenland, Ungarn oder die baltischen Staaten Strom ein. Insgesamt verfügt die EU über 21 Interkonnektoren mit Drittstaaten. Die meisten davon erzeugen Strom mit einer deutlich höheren CO2-Intensität als in der EU. Es bestehe deswegen die Gefahr, dass EU-Länder zum Beispiel aus der Kohle aussteigen, danach aber billigen Kohlestrom importierten. Spanien, Griechenland, Ungarn oder Kroatien etwa wollen bis 2030 ihre Kohlekraftwerke vom Netz nehmen und könnten dann auf Importe zurückgreifen. Diese Aussicht wäre ein Hindernis für Investitionen in erneuerbare Energien.

Die Autoren der ERCST-Studie weisen darauf hin, dass Strom ein einfaches Produkt ist, dessen CO2-Gehalt vergleichsweise leicht ermittelt werden kann. Allerdings nur, wenn auch seine Herkunft bekannt ist. Eine Zertifizierung sei deswegen notwendig. Die Nachbarländer der EU könnten sonst versucht sein, grünen Strom in die EU zu liefern und die entstehende Lücke auf dem eigenen Markt mit Kohlestrom zu schließen.

Dienstag, 23.03.2021, 09:00 Uhr
Tom Weingärtner
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Kommt die CO2-Grenzausgleichsabgabe auch für Strom?
Die geplante CO2-Grenzausgleichsabgabe der EU könnte auch auf Stromimporte in die EU erhoben werden. Die sind in den letzten Jahren kräftig gestiegen.
Bislang ging man in Brüssel davon aus, dass die Elektrizitätswirtschaft nicht von der Konkurrenz aus Drittstaaten bedroht ist. Ein Ausgleich der Kosten, die durch den europäischen Emissionshandel (ETS) entstehen, wurde deswegen bislang nicht ins Auge gefasst.

Jetzt hat die Brüsseler Denkfabrik ERCST (European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition) in einer Untersuchung darauf hingewiesen, das Strom nicht nur ein geeigneter Ansatzpunkt für einen Grenzausgleich wäre, sondern des Schutzes voraussichtlich auch bedarf. Denn jenseits der EU-Grenzen stehen immer mehr Kapazitäten bereit, um Engpässe in der Stromversorgung an den Rändern der EU zu beseitigen.

Waren Strom-Ex- und -Importe 2015 noch nahezu ausgeglichen, importierte die EU 2019 schon drei Mal mehr Elektrizität, als sie exportierte. Gemessen an der Gesamtnachfrage ist der Austausch an den Außengrenzen der EU noch gering. Die Importe betrugen 2019 etwa 3,4 % des Stromverbrauchs in der EU. Damit wurden 2019 indirekt und netto knapp 20 Mio. Tonnen CO2 in die EU eingeführt, Tendenz: steigend.

Stromimporte vor allem aus der Schweiz

Wichtigster Lieferant war die Schweiz mit knapp 30 % der Importe, gefolgt von Norwegen (18 %), Russland (13 %), der Ukraine (7 %) und einer Reihe von Balkanländern. Das meiste CO2 gelangte auf diesem Weg aber aus Russland, der Ukraine, der Türkei und dem westlichen Balkan in die EU. Dort sind in den letzten Jahren neue Kohlekraftwerke in den Grenzregionen zur EU ans Netz gegangen, deren CO2-Emissionen, im Unterschied zur EU, nicht bepreist werden. Alleine in der Türkei und auf dem Balkan sind es 57.000 MW und die Kapazität der Interkonnektoren zur EU in dieser Region soll bis 2030 um 30 % steigen.

Jenseits der EU-Außengrenzen kaufen vor allem Finnland, Griechenland, Ungarn oder die baltischen Staaten Strom ein. Insgesamt verfügt die EU über 21 Interkonnektoren mit Drittstaaten. Die meisten davon erzeugen Strom mit einer deutlich höheren CO2-Intensität als in der EU. Es bestehe deswegen die Gefahr, dass EU-Länder zum Beispiel aus der Kohle aussteigen, danach aber billigen Kohlestrom importierten. Spanien, Griechenland, Ungarn oder Kroatien etwa wollen bis 2030 ihre Kohlekraftwerke vom Netz nehmen und könnten dann auf Importe zurückgreifen. Diese Aussicht wäre ein Hindernis für Investitionen in erneuerbare Energien.

Die Autoren der ERCST-Studie weisen darauf hin, dass Strom ein einfaches Produkt ist, dessen CO2-Gehalt vergleichsweise leicht ermittelt werden kann. Allerdings nur, wenn auch seine Herkunft bekannt ist. Eine Zertifizierung sei deswegen notwendig. Die Nachbarländer der EU könnten sonst versucht sein, grünen Strom in die EU zu liefern und die entstehende Lücke auf dem eigenen Markt mit Kohlestrom zu schließen.

Dienstag, 23.03.2021, 09:00 Uhr
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