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Energie & Management > Europaeische Union - Kommission verschiebt Vorschläge zu Energiepreisanstieg
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Europaeische Union

Kommission verschiebt Vorschläge zu Energiepreisanstieg

Die EU-Kommission legt den geplanten Maßnahmenkatalog zum Umgang mit dem Anstieg der Energiepreise nicht wie geplant am 5. Oktober vor.
Kommissionssprecherin Dana Spinat sagte in Brüssel, es handele sich „um ein äußerst wichtiges Thema“, für das sich die Kommission „mehr Zeit nehmen“ wolle. Es gehe darum, wie die Mitgliedsstaaten „anfällige Bevölkerungsgruppen“ schützen könnten. Die Behörde arbeite intensiv daran und hoffe, schon bald konkrete Vorschläge unterbreiten zu können.

Unterdessen hat die Denkfabrik CEPS (Center for European Policy Studies, Brüssel) eine erste Analyse des Preisanstiegs auf den Strom- und Gasmärkten vorgelegt. Danach ist der Anstieg der Gaspreise auf einen „ökonomischen Schock“ zurückzuführen, der Anstieg der Strompreise zumindest teilweise auf den Anstieg des Kohlenstoffpreises im europäischen Emissionshandel ETS. Insgesamt wirkten vier Märkte zusammen: Strom, Gas, Kohle und ETS.

Der CO2-Emissionsrechte wurden im September für 62 Euro je Tonne gehandelt, das war das Dreifache des CO2-Preises vom Frühjahr 2020. Langfristig sei das erreichte Preisniveau im ETS jedoch nicht ungewöhnlich hoch, heißt es in der Untersuchung. Die Experten des CEPS verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass der CO2-Preis 2008 bereits 35 Euro erreicht habe. Das jetzige Preisniveau sei also weniger als doppelt so hoch. Im gleichen Zeitraum seien andere Preise, zum Beispiel die für Aktien (gemessen am Dax), deutlich stärker gestiegen. Im Anstieg des Kohlenstoffpreises seit Mitte 2017 kämen die höheren Klimaziele zum Ausdruck, die die EU inzwischen beschlossen habe.

Der Anstieg der Gaspreise sei dagegen auf Engpässe beim Angebot und den konjunkturbedingten Anstieg der Nachfrage in Ostasien zurückzuführen. Der Anstieg sei auch deswegen so beeindruckend, weil die Gaspreise Mitte letzten Jahres einen langjährigen Tiefpunkt erreichten: 1,5 Dollar/MMBtu (1 Mio. britische Wärmeeinheiten). Das war etwa die Hälfte des Durchschnittsniveaus der letzten 5 Jahre. Inzwischen liegt der Gaspreis bei über 5 Dollar /MMBtu.

Hohe Gaspreise sorgen für mehr Kohleverstromung

Der hohe Gaspreis führe dazu, dass wieder mehr Strom aus Kohle erzeugt wird. Das wiederum stärke die Nachfrage nach Emissionsrechten mit der Folge, dass der Kohlenstoffpreis ansteige. Die Experten des CEPS möchten daraus nicht den Schluss ziehen, das ETS führe zu klimapolitisch falschen Entscheidungen der Unternehmen: „Ohne einen CO2-Preis würde noch viel mehr Kohle eingesetzt.“ Das gelte sowohl für die Stromerzeugung als auch für die Industrie.

Höhere CO2-Preise erhöhten die Kosten für die fossile Stromproduktion und stärkten so den Anreiz, in die Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne zu investieren. Ein daraus resultierendes, zusätzliches Angebot würde allerdings erst mittelfristig zum Einsatz kommen.

Aber in den Endpreis für Strom, Gas oder Wärme geht nicht nur der gestiegene Großhandelspreis ein. Der Rohstoffpreis mache zwar den größten Teil der Energiepreise aus und sei für ein Fünftel des jüngsten Preisanstiegs verantwortlich. Gleichzeitig würden Steuern und Abgaben zur Förderung der erneuerbaren Energien auf die Energieverbraucher umgelegt. CEPS spricht sich nicht dafür aus, diese Umlagen zu reduzieren. Sie kämen den Verbrauchern in der Zukunft wieder zugute, wenn sie von den niedrigen Grenzkosten der Windräder und PV-Anlagen profitieren würden.

Zum sozialen Ausgleich oder zum Abfedern von Kostensteigerungen in den Unternehmen sollten die Mitgliedsstaaten ihre höheren Einnahmen aus dem ETS einsetzen. Diese Einnahmen erreichen nach der Studie in diesem Jahr 55 Mrd. Euro. Einzelne Regierungen hätten das bereits angekündigt. Spanien etwa stelle 900 Mio. Euro bereit, um sozial schwache Haushalte bei der Zahlung ihrer Strom- und Gasrechnung zu unterstützen.

Differenzverträge für gewerblichen Bereich

Angesichts der geplanten Ausdehnung des Emissionshandels auf den Verkehr und den Wärmemarkt, von der die privaten Haushalte noch stärker betroffen wären, müsse konkreter über Ausgleichsmaßnahmen nachgedacht werden.

Im gewerblichen Bereich etwa könne mit sogenannten Differenzverträgen gearbeitet werden, die sich am ETS-Preis orientieren. Die Beihilfe überbrückt in diesen Fällen die Differenz zwischen einem vereinbarten CO2-Preis und dem Marktpreis: steigt der CO2-Preis, werden geringere Beihilfen benötigt. Im Bereich der privaten Haushalte steigt der Ausgleichsbedarf dagegen, wenn der CO2-Ausstoß teurer wird.

Die beobachtete Entwicklung der Energie- und Kohlenstoffpreise sei jedenfalls kein Hinweis darauf, dass diese Märkte nicht funktionierten. Politische Eingriffe seien deswegen nicht angezeigt, warnt das CEPS. Sie mache jedoch deutlich, dass der soziale Ausgleich für die besonders betroffenen Gruppen kein Randaspekt sei, sondern zum „kritischen Kern“ der Klimapolitik gehöre.

Dienstag, 5.10.2021, 09:22 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Kommission verschiebt Vorschläge zu Energiepreisanstieg
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Kommission verschiebt Vorschläge zu Energiepreisanstieg
Die EU-Kommission legt den geplanten Maßnahmenkatalog zum Umgang mit dem Anstieg der Energiepreise nicht wie geplant am 5. Oktober vor.
Kommissionssprecherin Dana Spinat sagte in Brüssel, es handele sich „um ein äußerst wichtiges Thema“, für das sich die Kommission „mehr Zeit nehmen“ wolle. Es gehe darum, wie die Mitgliedsstaaten „anfällige Bevölkerungsgruppen“ schützen könnten. Die Behörde arbeite intensiv daran und hoffe, schon bald konkrete Vorschläge unterbreiten zu können.

Unterdessen hat die Denkfabrik CEPS (Center for European Policy Studies, Brüssel) eine erste Analyse des Preisanstiegs auf den Strom- und Gasmärkten vorgelegt. Danach ist der Anstieg der Gaspreise auf einen „ökonomischen Schock“ zurückzuführen, der Anstieg der Strompreise zumindest teilweise auf den Anstieg des Kohlenstoffpreises im europäischen Emissionshandel ETS. Insgesamt wirkten vier Märkte zusammen: Strom, Gas, Kohle und ETS.

Der CO2-Emissionsrechte wurden im September für 62 Euro je Tonne gehandelt, das war das Dreifache des CO2-Preises vom Frühjahr 2020. Langfristig sei das erreichte Preisniveau im ETS jedoch nicht ungewöhnlich hoch, heißt es in der Untersuchung. Die Experten des CEPS verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass der CO2-Preis 2008 bereits 35 Euro erreicht habe. Das jetzige Preisniveau sei also weniger als doppelt so hoch. Im gleichen Zeitraum seien andere Preise, zum Beispiel die für Aktien (gemessen am Dax), deutlich stärker gestiegen. Im Anstieg des Kohlenstoffpreises seit Mitte 2017 kämen die höheren Klimaziele zum Ausdruck, die die EU inzwischen beschlossen habe.

Der Anstieg der Gaspreise sei dagegen auf Engpässe beim Angebot und den konjunkturbedingten Anstieg der Nachfrage in Ostasien zurückzuführen. Der Anstieg sei auch deswegen so beeindruckend, weil die Gaspreise Mitte letzten Jahres einen langjährigen Tiefpunkt erreichten: 1,5 Dollar/MMBtu (1 Mio. britische Wärmeeinheiten). Das war etwa die Hälfte des Durchschnittsniveaus der letzten 5 Jahre. Inzwischen liegt der Gaspreis bei über 5 Dollar /MMBtu.

Hohe Gaspreise sorgen für mehr Kohleverstromung

Der hohe Gaspreis führe dazu, dass wieder mehr Strom aus Kohle erzeugt wird. Das wiederum stärke die Nachfrage nach Emissionsrechten mit der Folge, dass der Kohlenstoffpreis ansteige. Die Experten des CEPS möchten daraus nicht den Schluss ziehen, das ETS führe zu klimapolitisch falschen Entscheidungen der Unternehmen: „Ohne einen CO2-Preis würde noch viel mehr Kohle eingesetzt.“ Das gelte sowohl für die Stromerzeugung als auch für die Industrie.

Höhere CO2-Preise erhöhten die Kosten für die fossile Stromproduktion und stärkten so den Anreiz, in die Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne zu investieren. Ein daraus resultierendes, zusätzliches Angebot würde allerdings erst mittelfristig zum Einsatz kommen.

Aber in den Endpreis für Strom, Gas oder Wärme geht nicht nur der gestiegene Großhandelspreis ein. Der Rohstoffpreis mache zwar den größten Teil der Energiepreise aus und sei für ein Fünftel des jüngsten Preisanstiegs verantwortlich. Gleichzeitig würden Steuern und Abgaben zur Förderung der erneuerbaren Energien auf die Energieverbraucher umgelegt. CEPS spricht sich nicht dafür aus, diese Umlagen zu reduzieren. Sie kämen den Verbrauchern in der Zukunft wieder zugute, wenn sie von den niedrigen Grenzkosten der Windräder und PV-Anlagen profitieren würden.

Zum sozialen Ausgleich oder zum Abfedern von Kostensteigerungen in den Unternehmen sollten die Mitgliedsstaaten ihre höheren Einnahmen aus dem ETS einsetzen. Diese Einnahmen erreichen nach der Studie in diesem Jahr 55 Mrd. Euro. Einzelne Regierungen hätten das bereits angekündigt. Spanien etwa stelle 900 Mio. Euro bereit, um sozial schwache Haushalte bei der Zahlung ihrer Strom- und Gasrechnung zu unterstützen.

Differenzverträge für gewerblichen Bereich

Angesichts der geplanten Ausdehnung des Emissionshandels auf den Verkehr und den Wärmemarkt, von der die privaten Haushalte noch stärker betroffen wären, müsse konkreter über Ausgleichsmaßnahmen nachgedacht werden.

Im gewerblichen Bereich etwa könne mit sogenannten Differenzverträgen gearbeitet werden, die sich am ETS-Preis orientieren. Die Beihilfe überbrückt in diesen Fällen die Differenz zwischen einem vereinbarten CO2-Preis und dem Marktpreis: steigt der CO2-Preis, werden geringere Beihilfen benötigt. Im Bereich der privaten Haushalte steigt der Ausgleichsbedarf dagegen, wenn der CO2-Ausstoß teurer wird.

Die beobachtete Entwicklung der Energie- und Kohlenstoffpreise sei jedenfalls kein Hinweis darauf, dass diese Märkte nicht funktionierten. Politische Eingriffe seien deswegen nicht angezeigt, warnt das CEPS. Sie mache jedoch deutlich, dass der soziale Ausgleich für die besonders betroffenen Gruppen kein Randaspekt sei, sondern zum „kritischen Kern“ der Klimapolitik gehöre.

Dienstag, 5.10.2021, 09:22 Uhr
Tom Weingärtner

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