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Energie & Management > Österreich - Kommission untersucht OMV-Gazprom-Vertrag
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Kommission untersucht OMV-Gazprom-Vertrag

Zweieinhalb Monate vor der Parlamentswahl lässt Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) den 2018 verlängerten Vertrag prüfen. Einen parteipolitischen Hintergrund schließt sie aus.
Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) setzte per 9. Juli eine „Kommission zur Prüfung des Gasliefervertrages zwischen Gazprom und der OMV“ ein. Untersuchen soll diese, ob es möglich ist, vor dessen Ablauf aus dem bis 2040 laufenden Take-or-Pay-Vertrag („TOP-Vertrag“) des österreichischen Öl-, Erdgas- und Chemiekonzerns mit dem russischen Unternehmen auszusteigen und unter welchen (energie-)politischen Umständen seine vorzeitige Verlängerung im Jahr 2018 zustande kam. Daraus sollen Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet werden.

Laut Gewessler soll die Untersuchungskommission ihre Tätigkeit „rasch“ aufnehmen und bis Ende dieses Jahres einen Bericht liefern. Aufgrund der EU-Verordnung über „Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung“ vom 25. Oktober 2017 („SOS-Verordnung“) sei die Untersuchungskommission berechtigt, in Teile des Top-Vertrags Einsicht zu nehmen. Allerdings müssten dabei strengste Verschwiegenheitspflichten beachtet werden.

Keine Doppelgleisigkeiten

Die Umstände des Einsetzens der Untersuchungskommission sind jedoch selbst bemerkenswert. Am 12. Februar dieses Jahres hatte Gewessler das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) damit beauftragt, die volkswirtschaftlichen Risiken eines vorzeitigen Ausstiegs der OMV aus dem Vertrag zu prüfen und überdies die „Gefahren einer längeren Abhängigkeit“ von diesem zu analysieren. Der diesbezügliche Bericht liegt bis dato nicht vor. Weiters kündigte der Bundesrechnungshof (RH) schon vor Monaten die Prüfung des Top-Vertrags an. Auch er stützt sich bei der Einsichtnahme auf die SOS-Verordnung. Darauf angesprochen, beschied die Ministerin, es gebe keine Doppelgleisigkeiten. Sie freue sich, wenn auch der RH sich des Top-Vertrags annehme.

Hinzu kommt: Am 29. September und damit in knapp zweieinhalb Monaten wird das Bundesparlament neu gewählt. Wie es in der Folge mit der Untersuchungskommission weitergeht, ist unabsehbar. Als sicher gilt, dass Gewessler der nächsten Bundesregierung nicht angehören wird. Die derzeitige Koalition aus den Grünen und den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) kann nicht mehr mit einer Mehrheit rechnen. Ferner schließt die ÖVP eine Regierungsbeteiligung Gewesslers als Person aus: Die Ministerin hatte gegen den ausdrücklichen Willen der Partei am 17. Juni dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt. Die ÖVP erachtet dies als rechts- sowie verfassungswidrig und hat Gewessler wegen Amtsmissbrauchs angezeigt.

Auf mehrfache Anfrage betonte Gewessler, die Untersuchungskommission habe keinen parteipolitischen Hintergrund und stehe nicht im Zusammenhang mit der Parlamentswahl. Sie, Gewessler, arbeite „seit Jahren“ daran, Österreich von Gasimporten aus Russland „unabhängig“ zu machen. Allein dem diene die Arbeit der Kommission. Dass diese die politischen Umstände der Verlängerung des Top-Vertrags untersuche, sei so gesehen selbstverständlich.

Kritik kam von der ÖVP: Deren Energiesprecherin Tanja Graf konstatierte, es handle sich bei der Kommission „mehr um einen PR-Gag als um einen sachpolitischen Schritt.“ Dieser wirke „wie eine Wahlkampfaktion der Ministerin in eigener Sache.“

Keine Auskunftspflicht

Interessant ist im Übrigen die Zusammensetzung der Kommission: Zu ihren Mitgliedern gehören der ehemalige Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Walter Barfuß, der ehemalige Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz, ein ehemaliger Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) sowie die ehemalige Leiterin eines sicherheitspolitischen Instituts, das von Kundigen dem Umfeld des seinerzeitigen Verteidigungsministers Werner Fasslabend (ÖVP) zugerechnet wird.

Auf die Frage der Redaktion, ob sie den derzeitigen Führungspersönlichkeiten der BWB, der E-Control und der AGGM keine ausreichende Sachkompetenz zur Durchführung der Untersuchung zubillige, konstatierte Gewessler, es gehe darum, „abseits der aktuellen Arbeit“ zu agieren.

Zur Auskunft verpflichtet ist der Untersuchungskommission indessen niemand, bestätigte deren Vorsitzender, der Salzburger Jurist Andreas Kletecka. Diese habe beispielsweise keine Möglichkeit, den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorzuladen, in dessen Beisein der damalige OMV-Generaldirektor Rainer Seele und Gazprom-Chef Alexej Miller die Vertragsverlängerung 2018 vornahmen. „Wir können nur Interviews machen, und das werden wir tun“, beschied Kletecka.

Dienstag, 9.07.2024, 14:48 Uhr
Klaus Fischer
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Österreich
Kommission untersucht OMV-Gazprom-Vertrag
Zweieinhalb Monate vor der Parlamentswahl lässt Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) den 2018 verlängerten Vertrag prüfen. Einen parteipolitischen Hintergrund schließt sie aus.
Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) setzte per 9. Juli eine „Kommission zur Prüfung des Gasliefervertrages zwischen Gazprom und der OMV“ ein. Untersuchen soll diese, ob es möglich ist, vor dessen Ablauf aus dem bis 2040 laufenden Take-or-Pay-Vertrag („TOP-Vertrag“) des österreichischen Öl-, Erdgas- und Chemiekonzerns mit dem russischen Unternehmen auszusteigen und unter welchen (energie-)politischen Umständen seine vorzeitige Verlängerung im Jahr 2018 zustande kam. Daraus sollen Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet werden.

Laut Gewessler soll die Untersuchungskommission ihre Tätigkeit „rasch“ aufnehmen und bis Ende dieses Jahres einen Bericht liefern. Aufgrund der EU-Verordnung über „Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung“ vom 25. Oktober 2017 („SOS-Verordnung“) sei die Untersuchungskommission berechtigt, in Teile des Top-Vertrags Einsicht zu nehmen. Allerdings müssten dabei strengste Verschwiegenheitspflichten beachtet werden.

Keine Doppelgleisigkeiten

Die Umstände des Einsetzens der Untersuchungskommission sind jedoch selbst bemerkenswert. Am 12. Februar dieses Jahres hatte Gewessler das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) damit beauftragt, die volkswirtschaftlichen Risiken eines vorzeitigen Ausstiegs der OMV aus dem Vertrag zu prüfen und überdies die „Gefahren einer längeren Abhängigkeit“ von diesem zu analysieren. Der diesbezügliche Bericht liegt bis dato nicht vor. Weiters kündigte der Bundesrechnungshof (RH) schon vor Monaten die Prüfung des Top-Vertrags an. Auch er stützt sich bei der Einsichtnahme auf die SOS-Verordnung. Darauf angesprochen, beschied die Ministerin, es gebe keine Doppelgleisigkeiten. Sie freue sich, wenn auch der RH sich des Top-Vertrags annehme.

Hinzu kommt: Am 29. September und damit in knapp zweieinhalb Monaten wird das Bundesparlament neu gewählt. Wie es in der Folge mit der Untersuchungskommission weitergeht, ist unabsehbar. Als sicher gilt, dass Gewessler der nächsten Bundesregierung nicht angehören wird. Die derzeitige Koalition aus den Grünen und den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) kann nicht mehr mit einer Mehrheit rechnen. Ferner schließt die ÖVP eine Regierungsbeteiligung Gewesslers als Person aus: Die Ministerin hatte gegen den ausdrücklichen Willen der Partei am 17. Juni dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt. Die ÖVP erachtet dies als rechts- sowie verfassungswidrig und hat Gewessler wegen Amtsmissbrauchs angezeigt.

Auf mehrfache Anfrage betonte Gewessler, die Untersuchungskommission habe keinen parteipolitischen Hintergrund und stehe nicht im Zusammenhang mit der Parlamentswahl. Sie, Gewessler, arbeite „seit Jahren“ daran, Österreich von Gasimporten aus Russland „unabhängig“ zu machen. Allein dem diene die Arbeit der Kommission. Dass diese die politischen Umstände der Verlängerung des Top-Vertrags untersuche, sei so gesehen selbstverständlich.

Kritik kam von der ÖVP: Deren Energiesprecherin Tanja Graf konstatierte, es handle sich bei der Kommission „mehr um einen PR-Gag als um einen sachpolitischen Schritt.“ Dieser wirke „wie eine Wahlkampfaktion der Ministerin in eigener Sache.“

Keine Auskunftspflicht

Interessant ist im Übrigen die Zusammensetzung der Kommission: Zu ihren Mitgliedern gehören der ehemalige Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Walter Barfuß, der ehemalige Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz, ein ehemaliger Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) sowie die ehemalige Leiterin eines sicherheitspolitischen Instituts, das von Kundigen dem Umfeld des seinerzeitigen Verteidigungsministers Werner Fasslabend (ÖVP) zugerechnet wird.

Auf die Frage der Redaktion, ob sie den derzeitigen Führungspersönlichkeiten der BWB, der E-Control und der AGGM keine ausreichende Sachkompetenz zur Durchführung der Untersuchung zubillige, konstatierte Gewessler, es gehe darum, „abseits der aktuellen Arbeit“ zu agieren.

Zur Auskunft verpflichtet ist der Untersuchungskommission indessen niemand, bestätigte deren Vorsitzender, der Salzburger Jurist Andreas Kletecka. Diese habe beispielsweise keine Möglichkeit, den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorzuladen, in dessen Beisein der damalige OMV-Generaldirektor Rainer Seele und Gazprom-Chef Alexej Miller die Vertragsverlängerung 2018 vornahmen. „Wir können nur Interviews machen, und das werden wir tun“, beschied Kletecka.

Dienstag, 9.07.2024, 14:48 Uhr
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