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Energie & Management > Österreich - Klimaneutralität ist kostengünstig machbar
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Klimaneutralität ist kostengünstig machbar

Ein klimaneutrales Energiesystem lässt sich, wie gewünscht, bis 2040 errichten. Dessen Kosten wären kaum höher als die heutigen, zeigt eine Studie der Gas- und Stromnetzbetreiber.
Das Ziel ist ebenso bekannt wie ambitioniert: Österreichs Bundesregierung plant, das Land bis 2040 „klimaneutral“ zu machen. Eine beträchtliche Herausforderung, da zurzeit rund 64,4 % des Bruttoinlandsbedarfs mit fossilen Energieträgern gedeckt werden.

Wie sich die „Klimaneutralität“ erreichen ließe, untersuchte das auf Energiewirtschaft spezialisierte Wiener Beratungsunternehmen Wagner, Elbling & Company (Wecom) jüngst im Rahmen des Forschungsprojekts „One100 – Österreichs nachhaltiges Energiesystem – 100 % dekarbonisiert“. Initiiert wurde das Projekt von der für den Betrieb der Erdgas-Infrastruktur verantwortlichen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) sowie dem Strom-Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG). Beteiligt waren weiterhin die Fernleitungsunternehmen Gas Connect Austria (GAC) und Trans Austria Gasleitung GmbH (TAG GmbH) sowie sämtlichen regionalen österreichischen Energienetzbetreiber.

Wie es im Endbericht heißt, sollten „keiner Technologie und keinem Energieträger Startvorteile“ eingeräumt werden. Deshalb konzipierte die Wecom das klimaneutrale Energiesystem als idealtypisches Modell „auf der grünen Wiese“. Sie nutzte dabei Daten insbesondere hinsichtlich der Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energiespeicher sowie des Nutzenergiebedarfs der Haushalte, der Wirtschaft und des Verkehrs.

Das Ergebnis: Grundsätzlich könnte Österreich seinen gesamten Energiebedarf klimaneutral zu rund 96 % mit eigenen Ressourcen decken. Die jährlichen Kosten würden sich auf rund 35,6 Mrd. Euro belaufen, was etwa acht % des voraussichtlichen BIP des Jahres 2040 entspricht. „Zum Vergleich: die Kosten des heutigen Energiesystems betragen ca. 9 % des Bruttoinlandsproduktes“, stellt die Wecom fest. Und da bis auf geringe Mengen von Wasserstoff kaum noch Energieträger importiert werden müssten, würden Einfuhrkosten von etwa 11 Mrd. Euro pro Jahr entfallen.

Notwendig für die Klimaneutralität des Energiesystems wäre, das Ausbaupotenzial im Bereich der erneuerbaren Energien so weit wie möglich zu nutzen und „das optimale Zusammenwirken eines vielfältigen sektorgekoppelten Technologieparks“ zu gewährleisten. Mithilfe der Sektorkopplung ließe sich der Bruttoinlandsverbrauch an Energie um rund 31 % auf 278,9 Mrd. kWh pro Jahr verringern. Der Endverbrauch läge bei etwa 240 Mrd. kWh. Gedeckt würde er mit 82 Mrd. kWh bzw. 34 % Strom aus erneuerbaren Energien, 52 Mrd. kWh bzw. 22 % Biomethan, 26 Mrd. kWh bzw. 11 % Fernwärme, 20 Mrd. kWh bzw. 9 % (grünem) Wasserstoff, 16 Mrd. kWh bzw. 7 % Festbiomasse sowie 13 Mrd. kWh bzw. 5 % Flüssigkraftstoff. Weitere 31 Mrd. kWh bzw. 13 % entfielen auf Umgebungswärme, die nicht zuletzt mithilfe von Wärmepumpen genutzt würde. Das Biomethan würde nach Angaben der Wecom auch für den Betrieb von Gaskraftwerken eingesetzt, die für die Versorgungssicherheit unverzichtbar bleiben.

Leitungen als Rückgrat

Ausdrücklich betont die Wecom, dass weiterhin rund „86 % des Endverbrauchs durch leitungsgebundene Energieträger gedeckt“ würden. Daher wäre es notwendig, die Strom- und Gasnetze weiter auszubauen und zu ertüchtigten, gerade auch auf der Verteilerebene: „Die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze bilden dabei das Rückgrat der erneuerbaren Energieversorgung.“ Insbesondere müsste laut der Wecom der 380-kV-Leitungsring geschlossen werden, der sämtliche Bundesländer mit Ausnahme Tirols und Vorarlbergs umfasst. Eines der wichtigsten diesbezüglichen Projekte, die „Salzburgleitung“ vom Pumpspeicherkraftwerk Kaprun zu einem Netzknoten nördlich der Stadt Salzburg, soll bis 2025 fertiggestellt werden.

Als notwendig erachtet das Beratungsunternehmen auch den Aufbau einer eigenen Wasserstoffinfrastruktur. Dafür „bietet sich als volkwirtschaftlich kostenoptimierte und technisch machbare Lösung die Umwidmung von bestehenden Gasleitungen an“. Mögliche Varianten untersuchte die AGGM in einer eigenen Studie, die auf der „One100“ aufbaut. Ihr zufolge wären Erdgasleitungen mit einer Gesamtlänge von 552 bis 581 km für den Wasserstofftransport umzuwidmen und neue Wasserstoffleitungen mit 56 bis 96 km Länge sowie Methanleitungen mit zehn km Länge zu errichten. Im kommenden Jahr werden die diesbezüglichen Analysen fortgesetzt und detaillierter ausgearbeitet. „Welche Variante realisiert wird, sehen wir in etwa zehn bis 15 Jahren“, hieß es seitens der AGGM gegenüber der Redaktion.

Zur Frage, ob die Studie „One100“ sowie die Untersuchung hinsichtlich der Wasserstoffinfrastruktur als Vorarbeiten zum integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan zu verstehen sind, teilte die AGGM mit, der Plan werde seitens des Klima- und Energieministeriums (BMK) erstellt: „Wenn das Ministerium unsererseits Informationen benötigt, stehen wir natürlich gerne zur Verfügung.“

Montag, 20.12.2021, 13:56 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Klimaneutralität ist kostengünstig machbar
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Österreich
Klimaneutralität ist kostengünstig machbar
Ein klimaneutrales Energiesystem lässt sich, wie gewünscht, bis 2040 errichten. Dessen Kosten wären kaum höher als die heutigen, zeigt eine Studie der Gas- und Stromnetzbetreiber.
Das Ziel ist ebenso bekannt wie ambitioniert: Österreichs Bundesregierung plant, das Land bis 2040 „klimaneutral“ zu machen. Eine beträchtliche Herausforderung, da zurzeit rund 64,4 % des Bruttoinlandsbedarfs mit fossilen Energieträgern gedeckt werden.

Wie sich die „Klimaneutralität“ erreichen ließe, untersuchte das auf Energiewirtschaft spezialisierte Wiener Beratungsunternehmen Wagner, Elbling & Company (Wecom) jüngst im Rahmen des Forschungsprojekts „One100 – Österreichs nachhaltiges Energiesystem – 100 % dekarbonisiert“. Initiiert wurde das Projekt von der für den Betrieb der Erdgas-Infrastruktur verantwortlichen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) sowie dem Strom-Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG). Beteiligt waren weiterhin die Fernleitungsunternehmen Gas Connect Austria (GAC) und Trans Austria Gasleitung GmbH (TAG GmbH) sowie sämtlichen regionalen österreichischen Energienetzbetreiber.

Wie es im Endbericht heißt, sollten „keiner Technologie und keinem Energieträger Startvorteile“ eingeräumt werden. Deshalb konzipierte die Wecom das klimaneutrale Energiesystem als idealtypisches Modell „auf der grünen Wiese“. Sie nutzte dabei Daten insbesondere hinsichtlich der Potenziale im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energiespeicher sowie des Nutzenergiebedarfs der Haushalte, der Wirtschaft und des Verkehrs.

Das Ergebnis: Grundsätzlich könnte Österreich seinen gesamten Energiebedarf klimaneutral zu rund 96 % mit eigenen Ressourcen decken. Die jährlichen Kosten würden sich auf rund 35,6 Mrd. Euro belaufen, was etwa acht % des voraussichtlichen BIP des Jahres 2040 entspricht. „Zum Vergleich: die Kosten des heutigen Energiesystems betragen ca. 9 % des Bruttoinlandsproduktes“, stellt die Wecom fest. Und da bis auf geringe Mengen von Wasserstoff kaum noch Energieträger importiert werden müssten, würden Einfuhrkosten von etwa 11 Mrd. Euro pro Jahr entfallen.

Notwendig für die Klimaneutralität des Energiesystems wäre, das Ausbaupotenzial im Bereich der erneuerbaren Energien so weit wie möglich zu nutzen und „das optimale Zusammenwirken eines vielfältigen sektorgekoppelten Technologieparks“ zu gewährleisten. Mithilfe der Sektorkopplung ließe sich der Bruttoinlandsverbrauch an Energie um rund 31 % auf 278,9 Mrd. kWh pro Jahr verringern. Der Endverbrauch läge bei etwa 240 Mrd. kWh. Gedeckt würde er mit 82 Mrd. kWh bzw. 34 % Strom aus erneuerbaren Energien, 52 Mrd. kWh bzw. 22 % Biomethan, 26 Mrd. kWh bzw. 11 % Fernwärme, 20 Mrd. kWh bzw. 9 % (grünem) Wasserstoff, 16 Mrd. kWh bzw. 7 % Festbiomasse sowie 13 Mrd. kWh bzw. 5 % Flüssigkraftstoff. Weitere 31 Mrd. kWh bzw. 13 % entfielen auf Umgebungswärme, die nicht zuletzt mithilfe von Wärmepumpen genutzt würde. Das Biomethan würde nach Angaben der Wecom auch für den Betrieb von Gaskraftwerken eingesetzt, die für die Versorgungssicherheit unverzichtbar bleiben.

Leitungen als Rückgrat

Ausdrücklich betont die Wecom, dass weiterhin rund „86 % des Endverbrauchs durch leitungsgebundene Energieträger gedeckt“ würden. Daher wäre es notwendig, die Strom- und Gasnetze weiter auszubauen und zu ertüchtigten, gerade auch auf der Verteilerebene: „Die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze bilden dabei das Rückgrat der erneuerbaren Energieversorgung.“ Insbesondere müsste laut der Wecom der 380-kV-Leitungsring geschlossen werden, der sämtliche Bundesländer mit Ausnahme Tirols und Vorarlbergs umfasst. Eines der wichtigsten diesbezüglichen Projekte, die „Salzburgleitung“ vom Pumpspeicherkraftwerk Kaprun zu einem Netzknoten nördlich der Stadt Salzburg, soll bis 2025 fertiggestellt werden.

Als notwendig erachtet das Beratungsunternehmen auch den Aufbau einer eigenen Wasserstoffinfrastruktur. Dafür „bietet sich als volkwirtschaftlich kostenoptimierte und technisch machbare Lösung die Umwidmung von bestehenden Gasleitungen an“. Mögliche Varianten untersuchte die AGGM in einer eigenen Studie, die auf der „One100“ aufbaut. Ihr zufolge wären Erdgasleitungen mit einer Gesamtlänge von 552 bis 581 km für den Wasserstofftransport umzuwidmen und neue Wasserstoffleitungen mit 56 bis 96 km Länge sowie Methanleitungen mit zehn km Länge zu errichten. Im kommenden Jahr werden die diesbezüglichen Analysen fortgesetzt und detaillierter ausgearbeitet. „Welche Variante realisiert wird, sehen wir in etwa zehn bis 15 Jahren“, hieß es seitens der AGGM gegenüber der Redaktion.

Zur Frage, ob die Studie „One100“ sowie die Untersuchung hinsichtlich der Wasserstoffinfrastruktur als Vorarbeiten zum integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan zu verstehen sind, teilte die AGGM mit, der Plan werde seitens des Klima- und Energieministeriums (BMK) erstellt: „Wenn das Ministerium unsererseits Informationen benötigt, stehen wir natürlich gerne zur Verfügung.“

Montag, 20.12.2021, 13:56 Uhr
Klaus Fischer

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