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Energie & Management > Emissionshandel - Keine übertriebene Spekulation im ETS
Quelle: Fotolia / Oliver Boehmer
Emissionshandel

Keine übertriebene Spekulation im ETS

Der europäische Emissionshandel (ETS) funktioniert nach einem Bericht der europäischen Börsenaufsicht einwandfrei. Allerdings fehle es an der notwendigen Transparenz.
Die EU-Kommission hatte die Aufsichtsbehörde für den europäischen Wertpapierhandel (Esma) in Paris im Herbst aufgefordert, den Handel mit Emissionsrechten unter die Lupe zu nehmen. Zuvor war der Verdacht aufgekommen, der Anstieg des CO2-Preises im Rahmen des ETS werde maßgeblich von der Spekulation verursacht.

Dafür hat die Esma keine belastbaren Beweise gefunden. Auf dem Kohlenstoffmarkt seien überwiegend Unternehmen aktiv, die nicht im Finanzsektor angesiedelt seien. Das gelte besonders für langfristige Positionen, die zur Absicherung vor Preisschwankungen erworben würden.

Emissionshandel bei Fonds immer beliebter

Kurzfristig seien im ETS überwiegend Banken und Investment-Fonds tätig, die eine hohe Liquidität auf dem Kohlenstoffmarkt sorgten. Die Investment-Fonds kämen vor allem aus Drittstaaten, ihre Positionen seien jedoch „begrenzt“. An den CO2-Börsen in Deutschland, Norwegen und den Niederlanden gebe es zwar auch einen Hochfrequenz- und Algorithmen-Handel, die dadurch erzielten Positionen seien jedoch „gering“. Allerdings wird der Emissionshandel bei den angelsächsischen Fonds immer beliebter.

Die Entwicklung der Preise für Emissionsrechte für CO2 in den vergangenen beiden Jahren kann nach Ansicht der Börsenaufseher in Paris mit den „Fundamentaldaten“ des Kohlenstoffmarktes erklärt werden. Der Preisverfall im Frühjahr 2020 sei durch den coronabedingten Konjunktureinbruch verursacht worden. Danach verbesserten sich die Wachstumsaussichten und die Zertifikate wurden wieder teurer. Ende 2020 gab es einen zusätzlichen Preisschub, nachdem die EU eine Verschärfung ihrer Klimaziele angekündigt hatte. Das nährte die Erwartung, dass in Zukunft weniger Zertifikate auf den Markt kommen würden.

2021 zog die Konjunktur an, Strom und Gas wurden teurer. Das erhöhte die Wettbewerbsfähigkeit der Kohle als Brennstoff für die Stromerzeugung. Weil bei der Verstromung von Kohle mehr CO2 entsteht als beim Einsatz von Gas, stieg die Nachfrage nach Emissionsrechten und damit auch der CO2-Preis.

Volatilität hat zugenommen

Richtig sei, dass die Preisschwankungen (Volatility) im ETS in den vergangenen beiden Jahren höher ausfielen als in den zwei Jahren davor, heißt es in dem Bericht der Esma. Bis Ende Februar 2022 schwankte der Kohlenstoffpreis aber nicht stärker als die Preise für Öl oder Gas und nur geringfügig mehr als der Kohlepreis. Die Preise anderer Vermögenswerte wie Aktien oder Anleihen, die an Börsen gehandelt werden, waren allerdings wesentlich stabiler.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine Ende Februar schwankt der Kohlenstoffpreis allerdings viel stärker. Nach dem 24. Februar stürzte er zunächst um fast ein Drittel ab, konnte sich seitdem aber wieder erholen. Ein Grund dafür sei die Befürchtung, der erneute Anstieg der Gaspreise und die Aussicht auf Lieferengpässe auf den Energiemärkten rücke eine Rezession in greifbare Nähe. In diesem Fall würden weniger Zertifikate benötigt.

Die Aufsichtsbehörde geht jedoch davon aus, dass die jüngste Entwicklung damit alleine nicht erklärt werden kann. Die Übertragungswege zwischen dem Emissionshandel und den Entwicklungen der Energie- und der Gesamtwirtschaft müssten weiter analysiert werden, schreibt die Behörde.

Die Börsenaufsicht der EU empfiehlt, mehr Daten über den Emissionshandel zu erheben. Die Positionen der Akteure auf dem Kohlenstoffmarkt müssten besser erfasst und die Transaktionsketten transparenter gemacht werden. Das gelte vor allem für den Handel mit Derivativen. Die Esma selber will außerdem wissen, wer auf dem Primärmarkt aktiv ist, wo Zertifikate das erste Mal versteigert werden.

Mehr Transparenz für den Handel

Mehr Transparenz würde einem „fairen und geordneten Handel“ zugutekommen, heißt es in dem Bericht. Auf den Kohlenstoffpreis selbst hätte die Umsetzung der Empfehlungen aber keine Auswirkungen, weder auf das Preisniveau noch auf die Preisschwankungen.

Der Bericht zeige, „dass radikale Reformen der Marktmechanismen im ETS nicht notwendig sind“, sagte der Berichterstatter des Europäischen Parlamentes für den Emissionshandel, Peter Liese (CDU). Gleichzeitig sprach sich Liese dafür aus, das Niveau und die Volatilität der Zertifikatpreise besser zu kontrollieren. Dafür müsse der Einsatz der Marktstabilisierungsreserve (MSR) erleichtert werden.
 

Montag, 28.03.2022, 15:35 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Emissionshandel - Keine übertriebene Spekulation im ETS
Quelle: Fotolia / Oliver Boehmer
Emissionshandel
Keine übertriebene Spekulation im ETS
Der europäische Emissionshandel (ETS) funktioniert nach einem Bericht der europäischen Börsenaufsicht einwandfrei. Allerdings fehle es an der notwendigen Transparenz.
Die EU-Kommission hatte die Aufsichtsbehörde für den europäischen Wertpapierhandel (Esma) in Paris im Herbst aufgefordert, den Handel mit Emissionsrechten unter die Lupe zu nehmen. Zuvor war der Verdacht aufgekommen, der Anstieg des CO2-Preises im Rahmen des ETS werde maßgeblich von der Spekulation verursacht.

Dafür hat die Esma keine belastbaren Beweise gefunden. Auf dem Kohlenstoffmarkt seien überwiegend Unternehmen aktiv, die nicht im Finanzsektor angesiedelt seien. Das gelte besonders für langfristige Positionen, die zur Absicherung vor Preisschwankungen erworben würden.

Emissionshandel bei Fonds immer beliebter

Kurzfristig seien im ETS überwiegend Banken und Investment-Fonds tätig, die eine hohe Liquidität auf dem Kohlenstoffmarkt sorgten. Die Investment-Fonds kämen vor allem aus Drittstaaten, ihre Positionen seien jedoch „begrenzt“. An den CO2-Börsen in Deutschland, Norwegen und den Niederlanden gebe es zwar auch einen Hochfrequenz- und Algorithmen-Handel, die dadurch erzielten Positionen seien jedoch „gering“. Allerdings wird der Emissionshandel bei den angelsächsischen Fonds immer beliebter.

Die Entwicklung der Preise für Emissionsrechte für CO2 in den vergangenen beiden Jahren kann nach Ansicht der Börsenaufseher in Paris mit den „Fundamentaldaten“ des Kohlenstoffmarktes erklärt werden. Der Preisverfall im Frühjahr 2020 sei durch den coronabedingten Konjunktureinbruch verursacht worden. Danach verbesserten sich die Wachstumsaussichten und die Zertifikate wurden wieder teurer. Ende 2020 gab es einen zusätzlichen Preisschub, nachdem die EU eine Verschärfung ihrer Klimaziele angekündigt hatte. Das nährte die Erwartung, dass in Zukunft weniger Zertifikate auf den Markt kommen würden.

2021 zog die Konjunktur an, Strom und Gas wurden teurer. Das erhöhte die Wettbewerbsfähigkeit der Kohle als Brennstoff für die Stromerzeugung. Weil bei der Verstromung von Kohle mehr CO2 entsteht als beim Einsatz von Gas, stieg die Nachfrage nach Emissionsrechten und damit auch der CO2-Preis.

Volatilität hat zugenommen

Richtig sei, dass die Preisschwankungen (Volatility) im ETS in den vergangenen beiden Jahren höher ausfielen als in den zwei Jahren davor, heißt es in dem Bericht der Esma. Bis Ende Februar 2022 schwankte der Kohlenstoffpreis aber nicht stärker als die Preise für Öl oder Gas und nur geringfügig mehr als der Kohlepreis. Die Preise anderer Vermögenswerte wie Aktien oder Anleihen, die an Börsen gehandelt werden, waren allerdings wesentlich stabiler.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine Ende Februar schwankt der Kohlenstoffpreis allerdings viel stärker. Nach dem 24. Februar stürzte er zunächst um fast ein Drittel ab, konnte sich seitdem aber wieder erholen. Ein Grund dafür sei die Befürchtung, der erneute Anstieg der Gaspreise und die Aussicht auf Lieferengpässe auf den Energiemärkten rücke eine Rezession in greifbare Nähe. In diesem Fall würden weniger Zertifikate benötigt.

Die Aufsichtsbehörde geht jedoch davon aus, dass die jüngste Entwicklung damit alleine nicht erklärt werden kann. Die Übertragungswege zwischen dem Emissionshandel und den Entwicklungen der Energie- und der Gesamtwirtschaft müssten weiter analysiert werden, schreibt die Behörde.

Die Börsenaufsicht der EU empfiehlt, mehr Daten über den Emissionshandel zu erheben. Die Positionen der Akteure auf dem Kohlenstoffmarkt müssten besser erfasst und die Transaktionsketten transparenter gemacht werden. Das gelte vor allem für den Handel mit Derivativen. Die Esma selber will außerdem wissen, wer auf dem Primärmarkt aktiv ist, wo Zertifikate das erste Mal versteigert werden.

Mehr Transparenz für den Handel

Mehr Transparenz würde einem „fairen und geordneten Handel“ zugutekommen, heißt es in dem Bericht. Auf den Kohlenstoffpreis selbst hätte die Umsetzung der Empfehlungen aber keine Auswirkungen, weder auf das Preisniveau noch auf die Preisschwankungen.

Der Bericht zeige, „dass radikale Reformen der Marktmechanismen im ETS nicht notwendig sind“, sagte der Berichterstatter des Europäischen Parlamentes für den Emissionshandel, Peter Liese (CDU). Gleichzeitig sprach sich Liese dafür aus, das Niveau und die Volatilität der Zertifikatpreise besser zu kontrollieren. Dafür müsse der Einsatz der Marktstabilisierungsreserve (MSR) erleichtert werden.
 

Montag, 28.03.2022, 15:35 Uhr
Tom Weingärtner

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