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Aus Der Aktuellen Ausgabe

"Keine Investitionssicherheit für neue KWK-Anlagen"

Warum bundesweit abermals ein Einbruch bei neuen KWK-Systemen droht und dies auch ein Problem für die Netzstabilität werden kann, erklärt Claus-Heinrich Stahl, Präsident des B.KWK.
„Die KWK-Branche ist derzeit wieder durch eine große Investitionsunsicherheit geprägt“, sagt Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), beim Gespräch mit E&M. Dies werde sich in den nächsten Monaten verstärken. Die Unsicherheitsfaktoren seien zum einen die schwierige Gaslage und zum anderen Gesetzesvorhaben − etwa das Osterpaket −, die in den vergangenen Wochen auf der Agenda standen und so vielfach neue regulatorische Hürden für die KWK geschaffen hätten.

„Mit dem Osterpaket wird die Situation für die KWK erheblich erschwert“, moniert Stahl. Ein Beispiel sei die Streichung der Förderung von Biomethan aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Damit werde das Potenzial gerade für die Wärmeerzeugung verschwendet. „Der Ausschluss von Biomethan aus der KWKG-Förderung ist nicht nur das Ende der Förderung, sondern auch das Ende der KWK in der Gebäude- und Quartiersversorgung“, warnt Stahl. Die Förderung im EEG, die nach wie vor erhalten bleibe, habe weitreichende Nachteile.

Seine Argumentation: Die Fördervoraussetzungen von Biomethan im EEG mit einer Förderdauer von 20 Jahren würden nur KWK-Anlagen ab 100 kW ermöglichen. „KWK-Anlagen unter 100 Kilowatt werden in der Objekt-, Quartiers- und Gewerbeversorgung wie zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder auch Schulen nach dem gültigen KWKG gefördert“, sagt Stahl: „Ein Ausschluss der Förderung für Neuanlagen oder für die Modernisierung von Anlagen wird diese Einrichtungen vom dezentralen Dekarbonisierungspfad ihrer Strom- und Wärmeversorgung abschneiden.“ Auch Wärmenetzbetreiber seien betroffen, die Abfall- und Reststoffbiomethan zur Dekarbonisierung ihrer Wärmenetze einsetzen wollen. Die nun − nach fast zwei Jahren − in Kraft getretene Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) werde hier keinen wirklichen Ausgleich schaffen. Auch wenn die BEW laut Stahl ein wichtiges Förderinstrument darstellt.

B.KWK vermisst Gesamtkonzept

Immerhin konnte beim Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz eine Verbesserung erreicht werden, sagt Stahl. Zuvor hatte die Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf die Gasmangellage, vorgesehen, die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zu pönalisieren. Dies sei vom Tisch, so Stahl. KWK-Anlagen, die auch zur Wärmeproduktion dienen, sind von Pönalen befreit. Gerade in Zeiten einer Gasmangellage werde die hohe Bedeutung der KWK aufgrund ihrer Möglichkeit einer flexiblen Fahrweise und der Effizienz beim Einsatz von Brennstoffen noch deutlicher.
Die Flankierung des angestoßenen − und auch für den KWK-Branchenverband − wichtigen Erneuerbaren-Ausbaus sei schon allein aufgrund der Netzstabilität geboten.

Nach Auskunft des B.KWK-Präsidenten hätten Netzbetreiber heute schon Probleme, Wärmepumpen zu genehmigen. Die Verteilnetzebene sei schlichtweg darauf noch nicht ausgerichtet. „Wärmepumpen, Direktheizungen sowie die E-Mobilität sind gewollt und das ist auch richtig so. Aber die Netze müssen dafür ertüchtigt werden“, sagt Stahl und fordert ein tragfähiges Gesamtkonzept seitens der Bundesregierung. Dazu gehören für ihn dringend KWK-Anlagen. Mit KWK-Technologien könne das Stromnetz entlastet werden, vor allem wenn künftig immer mehr Wärmepumpen im Wärmesektor betrieben werden. KWK-Anlagen würden schließlich systembedingt dort stehen, wo auch die Lastschwerpunkte sind. Der Transport volatiler Residualstrommengen über weite Entfernungen entfalle damit.

Zudem bieten KWK-Systeme „mit Wärmespeichern und -netzen die Möglichkeit, Wärme und Strom entkoppelt voneinander zu erzeugen, wie aktuelle Beispiele strommarktdienlicher Fahrweisen von Stadtwerkeanlagen aus Nürnberg, Kiel und Berlin oder auch aus Lemgo eindrücklich zeigen“, verweist Stahl auf Beispiele aus der Praxis. Insgesamt steht so bereits heute ein vom Wärmebedarf zeitlich entkoppeltes Stromerzeugungspotenzial für KWK von rund 24,5 GWh in Deutschland zur Verfügung. Damit biete sich die KWK insbesondere als Technologie zur Residuallastdeckung und Stromnetzsicherheit geradezu an. Dieser Residualbedarf wird bis 2050 im Umfang von 20 bis 40 GW weiter bestehen, so der B.KWK in seinen Berechnungen.

„Wir brauchen aber dazu nun unbedingt neue Anreize für den Bau neuer KWK-Anlagen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien flankieren, entscheidend zur Versorgungssicherheit beitragen und die Dekarbonisierung mit vorantreiben, vor allem in der Fernwärme.“ Dafür sei wesentlich, die „Ausschreibungsmengen deutlich zu erhöhen und seitens der Bundesregierung einen stabilen Rechtsrahmen zu schaffen. „Dazu gehört dringend die anstehende Evaluierung des KWKG“, so Stahl. „Die bisherige Bedingung der wärmegeführten Betriebsweise muss gestrichen werden. In Zukunft müssen KWK-Anlagen strommarktgeführt beziehungsweise stromnetzdienlich gefahren werden, um ihre Funktion zur Residuallastdeckung erfüllen zu können“, fordert Stahl.

Der B.KWK hat einen Vorschlag erarbeitet, wie die KWK-Förderung weiterentwickelt werden kann. Ziel des Vorschlags ist eine netzdienliche Förderung von Stromerzeugungsanlagen zum Anreiz einer hauptsächlich netzdienlichen Betriebsweise.

Anforderungskatalog an die Zulassung zur Förderung
  • Nachweis: 80 % Gesamtnutzungsgrad im Auslegungsfall FW 308
  • Nachweis: Wärmespeicherkapazität für mindestens 1 Volllaststunde bei Anlagen bis 500 kW, für mindestens 6 Stunden bei Anlagen bis 10 MW, für mindestens 12 Stunden bei Anlagen >10 MW
  • Nachweis: Die Anlage kann auf Anforderung durch den Netzbetreiber ohne Wärmenutzung mindestens 1 Stunde mit 50 % der installierten elektrischen KWK-Gesamtleistung fahren.
  • Nachweis: Die Anlage ist technisch mit den Gasgemischen im Verteilnetz kompatibel und für den bis auf 100 % steigenden Anteil von H2 ausgerüstet beziehungsweise ausrüstbar.
Förderung durch einen Mindestbetrag im Jahr
  • Um Fehlanreize durch die starre Bindung an die VBh zu vermeiden, wird die Förderung in einen jährlichen Sockelbetrag über acht Jahre und einen strombasierten Betrag pro erzeugte kWh aufgeteilt.
  • 60 % der Fördersumme werden in acht gleichen Jahresraten ausgekehrt, soweit der Betreiber dem Bafa mit der Jahresmeldung die Verfügbarkeit der Anlage von wenigstens 80 % der Jahreszeit nachweist.
  • Die anderen 40 % der Fördersumme werden anhand der tatsächlichen KWK-Stromerzeugung für maximal 1.000 VBh pro Jahr ausgekehrt.
Für die Zeiten der Abrufe, in denen nachweislich CO2-verminderte oder CO2-freie Brennstoffe eingesetzt werden, wird ein am jeweiligen CO2-Preis orientierter Aufschlag gezahlt, der so zu bemessen ist, dass keine Anreize zum Verbleib in der fossilen Welt bestehen.

Donnerstag, 15.09.2022, 08:31 Uhr
Heidi Roider
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"Keine Investitionssicherheit für neue KWK-Anlagen"
Warum bundesweit abermals ein Einbruch bei neuen KWK-Systemen droht und dies auch ein Problem für die Netzstabilität werden kann, erklärt Claus-Heinrich Stahl, Präsident des B.KWK.
„Die KWK-Branche ist derzeit wieder durch eine große Investitionsunsicherheit geprägt“, sagt Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), beim Gespräch mit E&M. Dies werde sich in den nächsten Monaten verstärken. Die Unsicherheitsfaktoren seien zum einen die schwierige Gaslage und zum anderen Gesetzesvorhaben − etwa das Osterpaket −, die in den vergangenen Wochen auf der Agenda standen und so vielfach neue regulatorische Hürden für die KWK geschaffen hätten.

„Mit dem Osterpaket wird die Situation für die KWK erheblich erschwert“, moniert Stahl. Ein Beispiel sei die Streichung der Förderung von Biomethan aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Damit werde das Potenzial gerade für die Wärmeerzeugung verschwendet. „Der Ausschluss von Biomethan aus der KWKG-Förderung ist nicht nur das Ende der Förderung, sondern auch das Ende der KWK in der Gebäude- und Quartiersversorgung“, warnt Stahl. Die Förderung im EEG, die nach wie vor erhalten bleibe, habe weitreichende Nachteile.

Seine Argumentation: Die Fördervoraussetzungen von Biomethan im EEG mit einer Förderdauer von 20 Jahren würden nur KWK-Anlagen ab 100 kW ermöglichen. „KWK-Anlagen unter 100 Kilowatt werden in der Objekt-, Quartiers- und Gewerbeversorgung wie zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder auch Schulen nach dem gültigen KWKG gefördert“, sagt Stahl: „Ein Ausschluss der Förderung für Neuanlagen oder für die Modernisierung von Anlagen wird diese Einrichtungen vom dezentralen Dekarbonisierungspfad ihrer Strom- und Wärmeversorgung abschneiden.“ Auch Wärmenetzbetreiber seien betroffen, die Abfall- und Reststoffbiomethan zur Dekarbonisierung ihrer Wärmenetze einsetzen wollen. Die nun − nach fast zwei Jahren − in Kraft getretene Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) werde hier keinen wirklichen Ausgleich schaffen. Auch wenn die BEW laut Stahl ein wichtiges Förderinstrument darstellt.

B.KWK vermisst Gesamtkonzept

Immerhin konnte beim Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz eine Verbesserung erreicht werden, sagt Stahl. Zuvor hatte die Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf die Gasmangellage, vorgesehen, die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage zu pönalisieren. Dies sei vom Tisch, so Stahl. KWK-Anlagen, die auch zur Wärmeproduktion dienen, sind von Pönalen befreit. Gerade in Zeiten einer Gasmangellage werde die hohe Bedeutung der KWK aufgrund ihrer Möglichkeit einer flexiblen Fahrweise und der Effizienz beim Einsatz von Brennstoffen noch deutlicher.
Die Flankierung des angestoßenen − und auch für den KWK-Branchenverband − wichtigen Erneuerbaren-Ausbaus sei schon allein aufgrund der Netzstabilität geboten.

Nach Auskunft des B.KWK-Präsidenten hätten Netzbetreiber heute schon Probleme, Wärmepumpen zu genehmigen. Die Verteilnetzebene sei schlichtweg darauf noch nicht ausgerichtet. „Wärmepumpen, Direktheizungen sowie die E-Mobilität sind gewollt und das ist auch richtig so. Aber die Netze müssen dafür ertüchtigt werden“, sagt Stahl und fordert ein tragfähiges Gesamtkonzept seitens der Bundesregierung. Dazu gehören für ihn dringend KWK-Anlagen. Mit KWK-Technologien könne das Stromnetz entlastet werden, vor allem wenn künftig immer mehr Wärmepumpen im Wärmesektor betrieben werden. KWK-Anlagen würden schließlich systembedingt dort stehen, wo auch die Lastschwerpunkte sind. Der Transport volatiler Residualstrommengen über weite Entfernungen entfalle damit.

Zudem bieten KWK-Systeme „mit Wärmespeichern und -netzen die Möglichkeit, Wärme und Strom entkoppelt voneinander zu erzeugen, wie aktuelle Beispiele strommarktdienlicher Fahrweisen von Stadtwerkeanlagen aus Nürnberg, Kiel und Berlin oder auch aus Lemgo eindrücklich zeigen“, verweist Stahl auf Beispiele aus der Praxis. Insgesamt steht so bereits heute ein vom Wärmebedarf zeitlich entkoppeltes Stromerzeugungspotenzial für KWK von rund 24,5 GWh in Deutschland zur Verfügung. Damit biete sich die KWK insbesondere als Technologie zur Residuallastdeckung und Stromnetzsicherheit geradezu an. Dieser Residualbedarf wird bis 2050 im Umfang von 20 bis 40 GW weiter bestehen, so der B.KWK in seinen Berechnungen.

„Wir brauchen aber dazu nun unbedingt neue Anreize für den Bau neuer KWK-Anlagen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien flankieren, entscheidend zur Versorgungssicherheit beitragen und die Dekarbonisierung mit vorantreiben, vor allem in der Fernwärme.“ Dafür sei wesentlich, die „Ausschreibungsmengen deutlich zu erhöhen und seitens der Bundesregierung einen stabilen Rechtsrahmen zu schaffen. „Dazu gehört dringend die anstehende Evaluierung des KWKG“, so Stahl. „Die bisherige Bedingung der wärmegeführten Betriebsweise muss gestrichen werden. In Zukunft müssen KWK-Anlagen strommarktgeführt beziehungsweise stromnetzdienlich gefahren werden, um ihre Funktion zur Residuallastdeckung erfüllen zu können“, fordert Stahl.

Der B.KWK hat einen Vorschlag erarbeitet, wie die KWK-Förderung weiterentwickelt werden kann. Ziel des Vorschlags ist eine netzdienliche Förderung von Stromerzeugungsanlagen zum Anreiz einer hauptsächlich netzdienlichen Betriebsweise.

Anforderungskatalog an die Zulassung zur Förderung
  • Nachweis: 80 % Gesamtnutzungsgrad im Auslegungsfall FW 308
  • Nachweis: Wärmespeicherkapazität für mindestens 1 Volllaststunde bei Anlagen bis 500 kW, für mindestens 6 Stunden bei Anlagen bis 10 MW, für mindestens 12 Stunden bei Anlagen >10 MW
  • Nachweis: Die Anlage kann auf Anforderung durch den Netzbetreiber ohne Wärmenutzung mindestens 1 Stunde mit 50 % der installierten elektrischen KWK-Gesamtleistung fahren.
  • Nachweis: Die Anlage ist technisch mit den Gasgemischen im Verteilnetz kompatibel und für den bis auf 100 % steigenden Anteil von H2 ausgerüstet beziehungsweise ausrüstbar.
Förderung durch einen Mindestbetrag im Jahr
  • Um Fehlanreize durch die starre Bindung an die VBh zu vermeiden, wird die Förderung in einen jährlichen Sockelbetrag über acht Jahre und einen strombasierten Betrag pro erzeugte kWh aufgeteilt.
  • 60 % der Fördersumme werden in acht gleichen Jahresraten ausgekehrt, soweit der Betreiber dem Bafa mit der Jahresmeldung die Verfügbarkeit der Anlage von wenigstens 80 % der Jahreszeit nachweist.
  • Die anderen 40 % der Fördersumme werden anhand der tatsächlichen KWK-Stromerzeugung für maximal 1.000 VBh pro Jahr ausgekehrt.
Für die Zeiten der Abrufe, in denen nachweislich CO2-verminderte oder CO2-freie Brennstoffe eingesetzt werden, wird ein am jeweiligen CO2-Preis orientierter Aufschlag gezahlt, der so zu bemessen ist, dass keine Anreize zum Verbleib in der fossilen Welt bestehen.

Donnerstag, 15.09.2022, 08:31 Uhr
Heidi Roider

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