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Energie & Management > Europa - Keine Entwarnung für Nordstream 2
Bild: Fotolia.com, koya979
Europa

Keine Entwarnung für Nordstream 2

In der Energiepolitik hoffen die Europäer auf mehr Gesprächsbereitschaft, wenn Joe Biden amerikanischer Präsident wird. An den Meinungsverschiedenheiten ändert sich aber nichts.
Die Sanktionen, mit denen die USA allen Unternehmen drohen, die sich am Bau der Ostsee-Gaspipeline Nordstream 2 beteiligen, bleiben auch nach dem Machtwechsel in Washington in Kraft. Anders als in der Klimapolitik sind sich Republikaner und Demokraten in den USA einig, dass das auch so bleiben soll. 

In einer Analyse von Ende September schreibt der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses, die beiden Kammern des amerikanischen Parlamentes teilten die Sorgen der Trump-Regierung: Nordstream 2 „begründet eine Abhängigkeit Europas von Russland und bedroht die Ukraine“. In Washington sieht man in der Ostseepipeline ein Element einer langfristigen Strategie Moskaus. Dafür sprächen auch umfangreiche russische Investitionen in die Gasinfrastruktur der EU.
 

Auf dieser Grundlage ersetze Gazprom den Rückgang der Gasvorkommen innerhalb der EU durch eigene Lieferungen und erhöhe systematisch seinen Marktanteil.
Den Politikern in Washington ist nicht entgangen, dass die Pipeline auch in Deutschland nicht mehr so uneingeschränkt verteidigt wird, seit Russland seinen Ruf als seriöser Geschäftspartner mit der Vergiftung von Oppositionellen oder Mordanschlägen im Berliner Tiergarten beschädigt. 

Ziel der USA müsse es weiter sein, die Flüssiggas-Exporte (LNG) nach Europa zu erhöhen, um die Abhängigkeit vom russischen Gas zu reduzieren, heißt es in der Analyse weiter. Der Widerstand gegen Nordstream 2 sei Teil der amerikanischen Politik, den Einfluss Russlands zurückzudrängen. Das „Gesetz gegen den russischen Einfluss in Europa und Asien“, das vom Kongress mit großer, parteiübergreifender Mehrheit beschlossen wurde, dürfte deswegen auf absehbare Zeit ebenso in Kraft bleiben wie das „Gesetz zum Schutz der europäischen Energiesicherheit“ (PEESA: Protecting Europe's Energy Security Act)

Der PEESA bedroht alle Personen und Firmen, die sich als Geldgeber, Lieferant oder Dienstleister am Bau und Betrieb von Nordstream 2 und der Pipeline „TurkStream“ beteiligen und die vom Präsidenten gelistet werden, mit Sanktionen. Der Präsident kann Sanktionen aufheben, wenn Vorkehrungen getroffen werden um zu verhindern, dass Russland seine Gaslieferungen als politischen Hebel einsetzt. 

Mehr amerikanisches Flüssigerdgas als Ausgleich

Hier könnte der Ansatzpunkt für eine Verständigung liegen, über die in Berlin schon länger nachgedacht wird. Würden die Europäer mehr amerikanisches Flüssigergas (LNG) einführen, wären sie weniger abhängig von russischem Gas. In Washington ist man sich durchaus der Tatsache bewusst, dass die EU nicht einfach beidrehen kann. Selbst Europäer, die Nordstream 2 nicht unterstützen, sind von den Sanktionen wenig begeistert. Die EU-Kommission, die selbst versucht, die Pipeline zu verhindern, muss Sanktionen gegen europäische Firmen grundsätzlich ablehnen. 

In Brüssel erwartet man zwar, dass Joe Biden wieder einen freundschaftlichen Ton gegenüber den Europäern anschlägt. Ein Zurück zu den Verhältnissen vor Trump werde es aber nicht geben, sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD): „Wir erwarten keine fundamentalen Änderungen in den Positionen bei Biden im Vergleich zu Trump – nur in der Art und Weise, wie er seine Interessen vertritt.“ Und Josef Braml, US-Experte der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik, ergänzt: „Die Strategie, die Wirtschaft als Waffe einzusetzen, wird unter Biden bestehen bleiben.“

Montag, 9.11.2020, 11:00 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europa - Keine Entwarnung für Nordstream 2
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Europa
Keine Entwarnung für Nordstream 2
In der Energiepolitik hoffen die Europäer auf mehr Gesprächsbereitschaft, wenn Joe Biden amerikanischer Präsident wird. An den Meinungsverschiedenheiten ändert sich aber nichts.
Die Sanktionen, mit denen die USA allen Unternehmen drohen, die sich am Bau der Ostsee-Gaspipeline Nordstream 2 beteiligen, bleiben auch nach dem Machtwechsel in Washington in Kraft. Anders als in der Klimapolitik sind sich Republikaner und Demokraten in den USA einig, dass das auch so bleiben soll. 

In einer Analyse von Ende September schreibt der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses, die beiden Kammern des amerikanischen Parlamentes teilten die Sorgen der Trump-Regierung: Nordstream 2 „begründet eine Abhängigkeit Europas von Russland und bedroht die Ukraine“. In Washington sieht man in der Ostseepipeline ein Element einer langfristigen Strategie Moskaus. Dafür sprächen auch umfangreiche russische Investitionen in die Gasinfrastruktur der EU.
 

Auf dieser Grundlage ersetze Gazprom den Rückgang der Gasvorkommen innerhalb der EU durch eigene Lieferungen und erhöhe systematisch seinen Marktanteil.
Den Politikern in Washington ist nicht entgangen, dass die Pipeline auch in Deutschland nicht mehr so uneingeschränkt verteidigt wird, seit Russland seinen Ruf als seriöser Geschäftspartner mit der Vergiftung von Oppositionellen oder Mordanschlägen im Berliner Tiergarten beschädigt. 

Ziel der USA müsse es weiter sein, die Flüssiggas-Exporte (LNG) nach Europa zu erhöhen, um die Abhängigkeit vom russischen Gas zu reduzieren, heißt es in der Analyse weiter. Der Widerstand gegen Nordstream 2 sei Teil der amerikanischen Politik, den Einfluss Russlands zurückzudrängen. Das „Gesetz gegen den russischen Einfluss in Europa und Asien“, das vom Kongress mit großer, parteiübergreifender Mehrheit beschlossen wurde, dürfte deswegen auf absehbare Zeit ebenso in Kraft bleiben wie das „Gesetz zum Schutz der europäischen Energiesicherheit“ (PEESA: Protecting Europe's Energy Security Act)

Der PEESA bedroht alle Personen und Firmen, die sich als Geldgeber, Lieferant oder Dienstleister am Bau und Betrieb von Nordstream 2 und der Pipeline „TurkStream“ beteiligen und die vom Präsidenten gelistet werden, mit Sanktionen. Der Präsident kann Sanktionen aufheben, wenn Vorkehrungen getroffen werden um zu verhindern, dass Russland seine Gaslieferungen als politischen Hebel einsetzt. 

Mehr amerikanisches Flüssigerdgas als Ausgleich

Hier könnte der Ansatzpunkt für eine Verständigung liegen, über die in Berlin schon länger nachgedacht wird. Würden die Europäer mehr amerikanisches Flüssigergas (LNG) einführen, wären sie weniger abhängig von russischem Gas. In Washington ist man sich durchaus der Tatsache bewusst, dass die EU nicht einfach beidrehen kann. Selbst Europäer, die Nordstream 2 nicht unterstützen, sind von den Sanktionen wenig begeistert. Die EU-Kommission, die selbst versucht, die Pipeline zu verhindern, muss Sanktionen gegen europäische Firmen grundsätzlich ablehnen. 

In Brüssel erwartet man zwar, dass Joe Biden wieder einen freundschaftlichen Ton gegenüber den Europäern anschlägt. Ein Zurück zu den Verhältnissen vor Trump werde es aber nicht geben, sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD): „Wir erwarten keine fundamentalen Änderungen in den Positionen bei Biden im Vergleich zu Trump – nur in der Art und Weise, wie er seine Interessen vertritt.“ Und Josef Braml, US-Experte der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik, ergänzt: „Die Strategie, die Wirtschaft als Waffe einzusetzen, wird unter Biden bestehen bleiben.“

Montag, 9.11.2020, 11:00 Uhr
Tom Weingärtner

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