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Energie & Management > Stadtwerke - Jetzt soll ein Insolvenzverfahren die Stadtwerke Bad Belzig retten
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stadtwerke

Jetzt soll ein Insolvenzverfahren die Stadtwerke Bad Belzig retten

Das brandenburgische Bad Belzig bleibt auch über die Feiertage in Alarmstimmung angesichts des finanziellen Fiaskos bei den Stadtwerken. Die Politik drängt auf ein Insolvenzverfahren.
Eine Sitzung reiht sich an die nächste, die Verantwortlichen in der kleinen brandenburgischen Kreisstadt Bad Belzig kommen nicht aus dem Krisenmodus heraus. Den in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Stadtwerken (wir berichteten) droht die Insolvenz. Das Stadtparlament fordert inzwischen, für den in kommunaler Hand befindlichen Versorger ein solches Verfahren „in Eigenverantwortung“ zu beantragen. Dieses hat zum Ziel, eine Liquidierung abzuwenden und stattdessen in Eigenregie Schulden ab- und Liquidität wieder aufzubauen.

Eigentlich sollte eine Finanzspritze in Höhe von 1,6 Mio. Euro, die die Kommune als Darlehen ihrem Unternehmen zur Verfügung stellt, die größten Probleme abwenden. Mit dem Geld solle die Zahlungsfähigkeit erhalten und somit die Insolvenz der Stadtwerke verhindert werden, hatte Bürgermeister und Aufsichtsratschef Roland Leisegang (parteilos) noch nach einer Stadtverordnetensitzung am 14. Dezember mitgeteilt.

Energie und Wasser Potsdam soll die Stromversorgung übernehmen

Eine Woche und eine Sondersitzung des Lokalparlaments später hat die Lage sich offenbar nicht entspannt. Am 21. Dezember stand das Thema bei einer neuerlichen Krisensitzung der Stadtverordneten obenan. Nach einem Bericht der Märkischen Allgemeinen - Brandenburger Kurier drängt die Politik nun darauf, die Stadtwerke in ein geordnetes Insolvenzverfahren zu führen.

Aus diesem soll der Versorger im kommenden Jahr gestärkt hervorgehen – aber ohne Stromsparte. Der Bereich ist dem Vernehmen nach defizitär. Zum existenziellen Problem für die Stadtwerke hat er sich ausgewachsen, weil der inzwischen entlassene Geschäftsführer Hüseyin Evelek laut Vorwürfen riskante Termingeschäfte an den Energiemärkten getätigt und zu spät Gas und Strom für den eigenen Vertrieb eingekauft haben soll. Mit den 1,6 Mio. Euro sollten die gestiegenen Beschaffungspreise abgefedert werden, zu denen die Stadtwerke sich nun eindecken mussten.

Schon am 15. Dezember hatte Leisegang mitgeteilt, die Stadtwerke auf die Sparten Gas, Fernwärme, Wasser und Abwasser konzentrieren zu wollen. Jetzt nannte er in einer Erklärung vom 22. Dezember auch den Namen des neuen Partners für den Stromsektor: die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), eine Tochter der Stadtwerke Potsdam.

Leisegang informierte die Öffentlichkeit darüber, dass die Potsdamer der Bad Belziger Stadtwerke-Kundschaft in Kürze ein „Partnerangebot“ unterbreiten würden. Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte ein Sprecher der Stadtwerke Potsdam, dass der Versorger inzwischen ein entsprechendes Angebot verschickt habe.

Ruinöse Leerverkäufe an Vattenfall sollen Probleme ausgelöst haben

Mit dem Insolvenzverfahren wollen die Verantwortlichen der Stadtwerke Bad Belzig den angehäuften Schuldenberg offenbar spürbar reduzieren. Dafür müssten allerdings Gläubiger zumindest in Teilen auf ihre Forderungen verzichten. Ob dies gelingt, ist offen.

Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. „Wir wollen das Eigenverwaltungsverfahren nutzen, um gegenüber der schon jetzt in die Verhandlungen eng einbezogenen Hauptgläubigerin und den weiteren Gläubigern Verzichte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens durchzusetzen“, so Roland Leisegang in seiner jüngsten Erklärung.

Nach dem Zeitungsbericht sollen dem Ex-Geschäftsführer Leerverkäufe zum Verhängnis geworden sein. Danach habe er besonders dem Energiekonzern Vattenfall, vermutlich die "Hauptgläubigerin", im Sommer per Vertrag Stromlieferungen für einen späteren Zeitpunkt in diesem Jahr zugesagt. Der vereinbarte Preis sollte eigentlich zum guten Geschäft für Bad Belzig werden. Allerdings spielte der Markt nicht mit, die Preise schossen in die Höhe. Die Belziger Stadtwerke mussten schließlich offenbar weit unter Einkaufspreis an Vattenfall verkaufen, wodurch das Millionenminus entstand.

Auf eine Anfrage unserer Redaktion, ob die Existenz der Stadtwerke grundsätzlich gefährdet sei und möglicherweise auch eine komplette Übernahme durch die Stadtwerke Potsdam denkbar wäre, reagierte Bürgermeister Leisegang bis Redaktionsschluss am 23. Dezember nicht. Auch der Sprecher der Stadtwerke Potsdam hielt sich in dieser Sache bedeckt und verwies lediglich auf die „partnerschaftliche Verbundenheit“ der Unternehmen.

Die Stadtwerke Bad Belzig GmbH sind erst seit 2017 im Stromvertrieb aktiv. Zu den Hauptfeldern zählt die Versorgung der 11.000-Einwohner-Stadt mit Erdgas, Fernwärme und Trinkwasser.

Donnerstag, 23.12.2021, 16:48 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Stadtwerke - Jetzt soll ein Insolvenzverfahren die Stadtwerke Bad Belzig retten
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stadtwerke
Jetzt soll ein Insolvenzverfahren die Stadtwerke Bad Belzig retten
Das brandenburgische Bad Belzig bleibt auch über die Feiertage in Alarmstimmung angesichts des finanziellen Fiaskos bei den Stadtwerken. Die Politik drängt auf ein Insolvenzverfahren.
Eine Sitzung reiht sich an die nächste, die Verantwortlichen in der kleinen brandenburgischen Kreisstadt Bad Belzig kommen nicht aus dem Krisenmodus heraus. Den in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Stadtwerken (wir berichteten) droht die Insolvenz. Das Stadtparlament fordert inzwischen, für den in kommunaler Hand befindlichen Versorger ein solches Verfahren „in Eigenverantwortung“ zu beantragen. Dieses hat zum Ziel, eine Liquidierung abzuwenden und stattdessen in Eigenregie Schulden ab- und Liquidität wieder aufzubauen.

Eigentlich sollte eine Finanzspritze in Höhe von 1,6 Mio. Euro, die die Kommune als Darlehen ihrem Unternehmen zur Verfügung stellt, die größten Probleme abwenden. Mit dem Geld solle die Zahlungsfähigkeit erhalten und somit die Insolvenz der Stadtwerke verhindert werden, hatte Bürgermeister und Aufsichtsratschef Roland Leisegang (parteilos) noch nach einer Stadtverordnetensitzung am 14. Dezember mitgeteilt.

Energie und Wasser Potsdam soll die Stromversorgung übernehmen

Eine Woche und eine Sondersitzung des Lokalparlaments später hat die Lage sich offenbar nicht entspannt. Am 21. Dezember stand das Thema bei einer neuerlichen Krisensitzung der Stadtverordneten obenan. Nach einem Bericht der Märkischen Allgemeinen - Brandenburger Kurier drängt die Politik nun darauf, die Stadtwerke in ein geordnetes Insolvenzverfahren zu führen.

Aus diesem soll der Versorger im kommenden Jahr gestärkt hervorgehen – aber ohne Stromsparte. Der Bereich ist dem Vernehmen nach defizitär. Zum existenziellen Problem für die Stadtwerke hat er sich ausgewachsen, weil der inzwischen entlassene Geschäftsführer Hüseyin Evelek laut Vorwürfen riskante Termingeschäfte an den Energiemärkten getätigt und zu spät Gas und Strom für den eigenen Vertrieb eingekauft haben soll. Mit den 1,6 Mio. Euro sollten die gestiegenen Beschaffungspreise abgefedert werden, zu denen die Stadtwerke sich nun eindecken mussten.

Schon am 15. Dezember hatte Leisegang mitgeteilt, die Stadtwerke auf die Sparten Gas, Fernwärme, Wasser und Abwasser konzentrieren zu wollen. Jetzt nannte er in einer Erklärung vom 22. Dezember auch den Namen des neuen Partners für den Stromsektor: die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), eine Tochter der Stadtwerke Potsdam.

Leisegang informierte die Öffentlichkeit darüber, dass die Potsdamer der Bad Belziger Stadtwerke-Kundschaft in Kürze ein „Partnerangebot“ unterbreiten würden. Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte ein Sprecher der Stadtwerke Potsdam, dass der Versorger inzwischen ein entsprechendes Angebot verschickt habe.

Ruinöse Leerverkäufe an Vattenfall sollen Probleme ausgelöst haben

Mit dem Insolvenzverfahren wollen die Verantwortlichen der Stadtwerke Bad Belzig den angehäuften Schuldenberg offenbar spürbar reduzieren. Dafür müssten allerdings Gläubiger zumindest in Teilen auf ihre Forderungen verzichten. Ob dies gelingt, ist offen.

Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. „Wir wollen das Eigenverwaltungsverfahren nutzen, um gegenüber der schon jetzt in die Verhandlungen eng einbezogenen Hauptgläubigerin und den weiteren Gläubigern Verzichte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens durchzusetzen“, so Roland Leisegang in seiner jüngsten Erklärung.

Nach dem Zeitungsbericht sollen dem Ex-Geschäftsführer Leerverkäufe zum Verhängnis geworden sein. Danach habe er besonders dem Energiekonzern Vattenfall, vermutlich die "Hauptgläubigerin", im Sommer per Vertrag Stromlieferungen für einen späteren Zeitpunkt in diesem Jahr zugesagt. Der vereinbarte Preis sollte eigentlich zum guten Geschäft für Bad Belzig werden. Allerdings spielte der Markt nicht mit, die Preise schossen in die Höhe. Die Belziger Stadtwerke mussten schließlich offenbar weit unter Einkaufspreis an Vattenfall verkaufen, wodurch das Millionenminus entstand.

Auf eine Anfrage unserer Redaktion, ob die Existenz der Stadtwerke grundsätzlich gefährdet sei und möglicherweise auch eine komplette Übernahme durch die Stadtwerke Potsdam denkbar wäre, reagierte Bürgermeister Leisegang bis Redaktionsschluss am 23. Dezember nicht. Auch der Sprecher der Stadtwerke Potsdam hielt sich in dieser Sache bedeckt und verwies lediglich auf die „partnerschaftliche Verbundenheit“ der Unternehmen.

Die Stadtwerke Bad Belzig GmbH sind erst seit 2017 im Stromvertrieb aktiv. Zu den Hauptfeldern zählt die Versorgung der 11.000-Einwohner-Stadt mit Erdgas, Fernwärme und Trinkwasser.

Donnerstag, 23.12.2021, 16:48 Uhr
Volker Stephan

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