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Energie & Management > Windkraft Onshore -
Quelle: Fotolia / John
Windkraft Onshore

"Irrsinn" der Schwerlast-Genehmigungen gefährdet Ziele

Geht es im bisherigen Rahmen der Großraumtransport-Genehmigungen weiter, kann Niedersachsen seine Windkraft-Ziele nur "sehr schwer" erreichen. Von "Irrsinn" war vor der Presse die Rede.
Nicht nur die Windräder an Land werden zu langsam, absurd und unflexibel genehmigt, sondern auch die Großraum- und Schwerlasttransporte ihrer Komponenten. Davon gaben sich am 22. Mai vor der Presse der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) Niedersachsen-Bremen, der Bauindustrieverband für die beiden Bundesländer sowie Fuhrunternehmer überzeugt.

LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek machte folgende Rechnung auf: Ihr zufolge müssen allein in Niedersachsen zu den aktuell 6.200 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von gut 12.000 MW in den 12 kommenden Jahren 18.000 MW hinzukommen, damit das Bundesland Ende 2035 das Ziel von 30.000 MW aus seinem eigenen Klimagesetz erfüllt. Dabei wurde bereits mit einer installierten Leistung von 6 MW pro Windrad gerechnet. Derzeit liegt sie bei Neuanlagen onshore im Schnitt etwas über 5 MW.

Hinzu kommt das Repowering mit 250 bis 900 neuen Anlagen mit 1.600 bis 5.400 MW, die alte Windmühlen ersetzen. Macht bis 2035 insgesamt 3.300 bis 4.000 zu transportierende Windräder. Da pro Windrad angeblich 10 Schwerlasttransporte nötig sind, ergeben sich daraus 33.000 bis 40.000 solcher Transporte. Mit dem bisherigen Genehmigungstempo und -umfang sei das niedersächsische Ziel nur "sehr schwer" zu erreichen, warnte Bärbel Heidebroek. Und Niedersachsen ist das deutsche Onshore-Windland Nummer eins.

Acht Probleme und Absurditäten

Dabei ergeben sich laut Aussagen aus den drei betroffenen Branchen folgende praktischen Probleme, die sich mit der Urlaubssaison mangels Beamten verschärfen dürften:
  • Die Großraum- und Schwerlasttransport-Genehmigungen können sechs bis acht Wochen dauern. Das sei "wahnsinnig lange", klagte Holger Dechant von Gruber Logistics und Universal Transport. Gehe eine Baumaschine, die einen Sondertransport erfordert, auf der Baustelle kaputt, bleibe sie während des Verfahrens wochenlang dort liegen. Dechant wäre damit zufrieden, wenn die Dauer auf zwei bis drei Wochen reduziert würde. Nur eine Woche wäre für ihn "ein Traum!"
  • Die Genehmigungen werden entlang der Strecke von der Autobahngesellschaft, mehreren Landkreisen und Kommunen separat ausgestellt, alle mit unterschiedlichen Anforderungen, Formularen und Fristen. Allein zwischen Nienburg und Braunschweig im selben Bundesland seien das zehn Behörden.
  • Die Zahl der beteiligten Behörden und damit auch die Fehleranfälligkeit der Anträge erhöht sich drastisch, wenn der Schwertransporter wegen Baustellen oder ungeeignet gewordener Abschnitte die Autobahn verlassen muss. Bundesweit, so Jörn Makko, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie Niedersachsen-Bremen, sei die Hälfte aller Brücken in einem "kritischen" Zustand. In Niedersachsen stünden 150 Brücken vor ihrer Stilllegung. Makko forderte ein Sanierungsprogramm.
  • Die Genehmigungen würden bürokratisch "spitzfindig" auf bestimmte Gesamtgewichte und Abmessungen erteilt, so Logistiker Dechant. Selbst wenn der Lkw weniger Tonnage mit sich führt und die Ladung weniger breit ist als ursprünglich beantragt, müssen neue Genehmigungen eingeholt werden. Der Vorstand bei Gruber Logistics: "Der Irrsinn ist mit den Händen zu greifen."
  • Daran sei eine starre Verwaltungsvorschrift des Bundes schuld, klagte Siegfried Serrahn von der gleichnamigen Osnabrücker Spedition.
  • Eine Genehmigung umfasse 30 bis 300 Seiten, berichtete Dechant.
  • In Vorahnung auf die langen Genehmigungszeiten und wechselnde Baustellenzeitfenster beantragten die Logistiker bereits auf gut Glück für ein und denselben Transport mehrere Genehmigungen.
  • Transportgenehmigungen sind Ländersache, "das macht es schwierig", meinten sowohl Bärbel Heidebroek als auch Jörn Makko von der Bauindustrie Niedersachsen-Bremen. So fordere Bremen nach der Corona-Ausnahme wieder eine Begleitperson im Führerhaus des Schwerlasttransporters, die dem Fahrer die jeweiligen Auflagen vorliest, Niedersachsen aber nicht. Die Bundesländer verlangten auch unterschiedlich viele Begleitfahrzeuge.
Bei Transporten für eine Windenergieanlage ist laut Logistiker Holger Dechant Ausrüstung im Wert von 7,5 Millionen Euro oder im Gegenwert von gut 60 LKW gebunden. Dem Spediteur Serrahn zufolge kostet allein die Polizeibegleitung eines Windmühlen-Transportes etwa 8.000 Euro.

Hoffung auf Runden Tisch beim BMDV

Serrahn äußerte sich zuversichtlich, dass der Runde Tisch, den der zuständige Parlamentarische Staatssekretär beim Verkehrsministerium (BMDV), Oliver Luksic (FDP), Anfang Mai erstmals veranstaltet hatte, bei Bund und Ländern "etwas bewegen" werde. Er habe darauf "Hoffnung", so Serrahn. Und sein Kollege Holger Dechant forderte, dass es bei einem einzigen Tisch bleibt.

Im Januar hatte sich eine Verbändeinitiative Großraum- und Schwertransporte gebildet. Deren Feder führt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Beteiligt sind auch Windkraft-Interessenverbände, Bauindustrie, Logistik und der europäische Schwertransportverband Esta.

Montag, 22.05.2023, 14:09 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore -
Quelle: Fotolia / John
Windkraft Onshore
"Irrsinn" der Schwerlast-Genehmigungen gefährdet Ziele
Geht es im bisherigen Rahmen der Großraumtransport-Genehmigungen weiter, kann Niedersachsen seine Windkraft-Ziele nur "sehr schwer" erreichen. Von "Irrsinn" war vor der Presse die Rede.
Nicht nur die Windräder an Land werden zu langsam, absurd und unflexibel genehmigt, sondern auch die Großraum- und Schwerlasttransporte ihrer Komponenten. Davon gaben sich am 22. Mai vor der Presse der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) Niedersachsen-Bremen, der Bauindustrieverband für die beiden Bundesländer sowie Fuhrunternehmer überzeugt.

LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek machte folgende Rechnung auf: Ihr zufolge müssen allein in Niedersachsen zu den aktuell 6.200 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von gut 12.000 MW in den 12 kommenden Jahren 18.000 MW hinzukommen, damit das Bundesland Ende 2035 das Ziel von 30.000 MW aus seinem eigenen Klimagesetz erfüllt. Dabei wurde bereits mit einer installierten Leistung von 6 MW pro Windrad gerechnet. Derzeit liegt sie bei Neuanlagen onshore im Schnitt etwas über 5 MW.

Hinzu kommt das Repowering mit 250 bis 900 neuen Anlagen mit 1.600 bis 5.400 MW, die alte Windmühlen ersetzen. Macht bis 2035 insgesamt 3.300 bis 4.000 zu transportierende Windräder. Da pro Windrad angeblich 10 Schwerlasttransporte nötig sind, ergeben sich daraus 33.000 bis 40.000 solcher Transporte. Mit dem bisherigen Genehmigungstempo und -umfang sei das niedersächsische Ziel nur "sehr schwer" zu erreichen, warnte Bärbel Heidebroek. Und Niedersachsen ist das deutsche Onshore-Windland Nummer eins.

Acht Probleme und Absurditäten

Dabei ergeben sich laut Aussagen aus den drei betroffenen Branchen folgende praktischen Probleme, die sich mit der Urlaubssaison mangels Beamten verschärfen dürften:
  • Die Großraum- und Schwerlasttransport-Genehmigungen können sechs bis acht Wochen dauern. Das sei "wahnsinnig lange", klagte Holger Dechant von Gruber Logistics und Universal Transport. Gehe eine Baumaschine, die einen Sondertransport erfordert, auf der Baustelle kaputt, bleibe sie während des Verfahrens wochenlang dort liegen. Dechant wäre damit zufrieden, wenn die Dauer auf zwei bis drei Wochen reduziert würde. Nur eine Woche wäre für ihn "ein Traum!"
  • Die Genehmigungen werden entlang der Strecke von der Autobahngesellschaft, mehreren Landkreisen und Kommunen separat ausgestellt, alle mit unterschiedlichen Anforderungen, Formularen und Fristen. Allein zwischen Nienburg und Braunschweig im selben Bundesland seien das zehn Behörden.
  • Die Zahl der beteiligten Behörden und damit auch die Fehleranfälligkeit der Anträge erhöht sich drastisch, wenn der Schwertransporter wegen Baustellen oder ungeeignet gewordener Abschnitte die Autobahn verlassen muss. Bundesweit, so Jörn Makko, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie Niedersachsen-Bremen, sei die Hälfte aller Brücken in einem "kritischen" Zustand. In Niedersachsen stünden 150 Brücken vor ihrer Stilllegung. Makko forderte ein Sanierungsprogramm.
  • Die Genehmigungen würden bürokratisch "spitzfindig" auf bestimmte Gesamtgewichte und Abmessungen erteilt, so Logistiker Dechant. Selbst wenn der Lkw weniger Tonnage mit sich führt und die Ladung weniger breit ist als ursprünglich beantragt, müssen neue Genehmigungen eingeholt werden. Der Vorstand bei Gruber Logistics: "Der Irrsinn ist mit den Händen zu greifen."
  • Daran sei eine starre Verwaltungsvorschrift des Bundes schuld, klagte Siegfried Serrahn von der gleichnamigen Osnabrücker Spedition.
  • Eine Genehmigung umfasse 30 bis 300 Seiten, berichtete Dechant.
  • In Vorahnung auf die langen Genehmigungszeiten und wechselnde Baustellenzeitfenster beantragten die Logistiker bereits auf gut Glück für ein und denselben Transport mehrere Genehmigungen.
  • Transportgenehmigungen sind Ländersache, "das macht es schwierig", meinten sowohl Bärbel Heidebroek als auch Jörn Makko von der Bauindustrie Niedersachsen-Bremen. So fordere Bremen nach der Corona-Ausnahme wieder eine Begleitperson im Führerhaus des Schwerlasttransporters, die dem Fahrer die jeweiligen Auflagen vorliest, Niedersachsen aber nicht. Die Bundesländer verlangten auch unterschiedlich viele Begleitfahrzeuge.
Bei Transporten für eine Windenergieanlage ist laut Logistiker Holger Dechant Ausrüstung im Wert von 7,5 Millionen Euro oder im Gegenwert von gut 60 LKW gebunden. Dem Spediteur Serrahn zufolge kostet allein die Polizeibegleitung eines Windmühlen-Transportes etwa 8.000 Euro.

Hoffung auf Runden Tisch beim BMDV

Serrahn äußerte sich zuversichtlich, dass der Runde Tisch, den der zuständige Parlamentarische Staatssekretär beim Verkehrsministerium (BMDV), Oliver Luksic (FDP), Anfang Mai erstmals veranstaltet hatte, bei Bund und Ländern "etwas bewegen" werde. Er habe darauf "Hoffnung", so Serrahn. Und sein Kollege Holger Dechant forderte, dass es bei einem einzigen Tisch bleibt.

Im Januar hatte sich eine Verbändeinitiative Großraum- und Schwertransporte gebildet. Deren Feder führt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Beteiligt sind auch Windkraft-Interessenverbände, Bauindustrie, Logistik und der europäische Schwertransportverband Esta.

Montag, 22.05.2023, 14:09 Uhr
Georg Eble

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