Sitz der Bundesnetzagentur in Bonn. Quelle: Bundesnetzagentur
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht Kritik von Kapitalmarktakteuren an der geplanten Neuordnung der Anreizregulierung durch die Bundesnetzagentur.
Die Modernisierung und Digitalisierung der Netzinfrastruktur in Deutschland gilt laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) als Grundlage für ein klimaneutrales und widerstandsfähiges Energiesystem. Gleichzeitig stelle sie Industriepolitik für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort dar. Um die dafür notwendigen Milliardeninvestitionen zu ermöglichen, brauche es privates Kapital, so der Verband.
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, fordert deshalb einen Regulierungsrahmen, der die Investitionsbereitschaft stärkt. „Die Bundesnetzagentur muss die Sicht der Investoren einbeziehen. Wir brauchen einen attraktiven, international wettbewerbsfähigen Regulierungsrahmen“, sagt Andreae. Die Bundesnetzagentur hat dafür Vorschläge zur Regulierung (NEST) gemacht, die nach Branchenmeinung unzureichend sind.
Kapitalmarkt will andere RegelnDer Verband bezieht sich auf eine neue repräsentative Umfrage unter 33 Kapitalmarktakteuren. Diese untersucht die Einschätzung des sogenannten NEST-Prozesses. Die Bundesnetzagentur erarbeitet mit NEST eine Neuaufstellung der Anreizregulierung für Strom-, Gas- und Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland. Zwei Drittel der befragten Investorinnen und Investoren halten den aktuellen Diskussionsstand demnach nicht für geeignet, um den großen Kapitalbedarf für den Netzausbau und die Modernisierung im Zuge der Energiewende abzudecken.
Die Befragten verfolgen die Planungen der Regulierungsbehörde genau: 85 Prozent beschäftigen sich laut BDEW intensiv mit dem Thema. Die Anreizregulierung definiert das Risiko- und Renditeprofil der Netzbetreiber und entscheidet damit über die Attraktivität von Netzinvestitionen.
Besonders kritisch sehen die Kapitalmarktakteure die geplante Veränderung bei der Anerkennung von Fremdkapitalzinsen. Bislang akzeptiert die Regulierung die Kosten für Fremdkapital vollständig, künftig sollen sie pauschal vergütet werden. 90 Prozent der Befragten halten eine auskömmliche Anerkennung der Fremdkapitalkosten für sehr wichtig. Sie befürchten sonst Kostenunterdeckungen, die Netzbetreiber anderweitig ausgleichen müssten. Andreae fordert daher eine jährliche Anpassung der Vergütung an die tatsächlichen Marktbedingungen.
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33 Investoren beurteilen den Entwurf des NEST-Regulierungsrahmens (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken) Quelle: BDEW |
Effizienzanreize besser dosierenMehr Unsicherheit erwarten Investoren auch bei steigenden Betriebskosten und bei Effizienzanreizen. 70
Prozent sehen diese beiden Aspekte als zentrale Kriterien, um Investitionen in deutsche Netze attraktiv zu gestalten. Laut BDEW bleibt aber unklar, in welchem Umfang und nach welcher Methodik die Regulierungsbehörde höhere Betriebskosten innerhalb einer Regulierungsperiode anerkennen will. Auch die geplanten Änderungen beim Effizienzvergleich erschweren nach Einschätzung der Befragten die Planbarkeit von Mittelrückflüssen.
Positiver fällt die Bewertung einer anderen geplanten Umstellung aus: Die Bundesnetzagentur will künftig die durchschnittliche Gesamtkapitalvergütung der Netzbetreiber pauschal ermitteln. Internationale Investorinnen und Investoren beurteilen diesen Schritt eher günstig, weil die Vorgehensweise standardisierter und international vergleichbarer werde. Die restlichen Befragten äußern sich neutral und verweisen auf die konkrete Ausgestaltung.
Für Andreae bleibt entscheidend, dass die Regulierung die Bedingungen des Kapitalmarkts realistisch abbildet: Investorinnen und Investoren erwarteten eine marktkonforme Eigenkapitalrendite sowie eine vollständige Deckung der Fremdkapitalkosten. „Der WACC-Ansatz ist kein Allheilmittel für alle Herausforderungen der Regulierung. Um den großen Modernisierungsbedarf unserer Netzinfrastruktur zu sichern, brauchen wir einen attraktiven und international wettbewerbsfähigen Anreizregulierungsrahmen“, sagt die BDEW-Hauptgeschäftsführerin.
Die
Umfrageergebnisse zum NEST-Prozess stehen als PDF auf der Internetseite des BDEW zum Download bereit.
Montag, 27.10.2025, 12:04 Uhr
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