E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Effizienz - Ineffiziente Effizienzregeln
Quelle: Fotolia / Dario Sabljak
Effizienz

Ineffiziente Effizienzregeln

Die deutsche Bauindustrie hadert mit den Plänen der EU, die Energieeffizienz des europäischen Gebäudeparks zu verbessern.
Der Ansatz der Gebäudeeffizienzrichtlinie, der sich gegenwärtig in den Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat abzeichne, sei schlicht „nicht nachvollziehbar“, sagte Alexander Tesche vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie in Brüssel. Die Orientierung an unterschiedlichen, nationalen Standards bei der Sanierung von Bestandsgebäuden leiste der Verschwendung wertvoller Ressourcen Vorschub.

Die Richtlinie soll nach dem gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, die allerdings noch nicht abgeschlossen sind, nationale Referenzwerte festlegen, die für die energetische Sanierung maßgebend sind. Die Mitgliedsstaaten müssten danach dafür sorgen, dass die Energieeffizienz der schlechtesten Gebäude (43 Prozent) bis 2030 um 55 Prozent verbessert wird. Das laufe angesichts der großen Unterschiede zwischen den EU-Staaten darauf hinaus, dass in den Staaten mit einem vergleichsweise energieeffizienten Immobilienpark deutlich mehr Mittel aufgewendet werden müssten, um den gleichen Effekt für den Klimaschutz zu erzielen, als in Ländern mit weniger effizienten Gebäuden.
 
 
Europaweiter Vergleich der Energieeffizienz nicht möglich 

Umgekehrt könnte mit dem gleichen Mitteleinsatz mehr für den Klimaschutz erreicht werden, wenn die Mittel zuerst zur Sanierung der europaweit schlechtesten Gebäude eingesetzt würden. Die deutsche Bauindustrie sei bereit und in der Lage, Sanierungsprojekte auch in anderen EU-Staaten durchzuführen.

Ein europaweiter Vergleich der Energieeffizienz von Gebäuden sei gegenwärtig allerdings nicht möglich, weil dafür keine Daten vorlägen. Um einen europaweiten Energiestandard zu etablieren, müssten die Daten auch europaweit erhoben werden. Ohne einheitliche Standards sei es auch nicht möglich, im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Sanierung oder ein Neubau klimaverträglicher wäre.

Tesche verlangte außerdem, dass bei der Ausschreibung von Bauaufträgen nicht alleine nach dem Preis entschieden werden dürfe. Der ökologische Fußabdruck, insbesondere die im Rahmen der Bauarbeiten entstehenden CO2-Emissionen, müssten ebenfalls berücksichtigt werden. Dadurch werde mancher Neubau entbehrlich, weil die Sanierung des bestehenden Gebäudes vorteilhafter wäre. Die öffentlichen Gebäude seien, nicht zuletzt in Deutschland, teilweise in einem „katastrophalen Zustand“. Staatliche Einrichtungen und Gebietskörperschaften würden ihrer Verantwortung für den Klimaschutz im Umgang mit ihren Immobilien vielfach nicht gerecht. Private Bauherren trügen den Erfordernissen des Klimaschutzes dagegen zunehmend Rechnung.

Die Bauindustrie begrüßt, dass es voraussichtlich keine individuelle Sanierungspflicht für die Eigentümer von Gebäuden und Einfamilienhäusern geben wird. Stattdessen sollen Zielquoten für die Sanierung ganzer Quartiere festgelegt werden. Dadurch könne die Sanierung im Rahmen größerer Baustellen mit erheblichen Skaleneffekten erfolgen. Das sei wesentlich kostengünstiger als die Sanierung von Einfamilienhäusern.

Ungeklärt sei bislang, wie die Mitgliedsstaaten für die Einhaltung der Zielquoten sorgen werden. Dafür müsse man sich in den Verhandlungen über die Gebäuderichtlinie auch auf Kontrollen und Sanktionen verständigen.

Donnerstag, 16.11.2023, 09:14 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Effizienz - Ineffiziente Effizienzregeln
Quelle: Fotolia / Dario Sabljak
Effizienz
Ineffiziente Effizienzregeln
Die deutsche Bauindustrie hadert mit den Plänen der EU, die Energieeffizienz des europäischen Gebäudeparks zu verbessern.
Der Ansatz der Gebäudeeffizienzrichtlinie, der sich gegenwärtig in den Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat abzeichne, sei schlicht „nicht nachvollziehbar“, sagte Alexander Tesche vom Hauptverband der deutschen Bauindustrie in Brüssel. Die Orientierung an unterschiedlichen, nationalen Standards bei der Sanierung von Bestandsgebäuden leiste der Verschwendung wertvoller Ressourcen Vorschub.

Die Richtlinie soll nach dem gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, die allerdings noch nicht abgeschlossen sind, nationale Referenzwerte festlegen, die für die energetische Sanierung maßgebend sind. Die Mitgliedsstaaten müssten danach dafür sorgen, dass die Energieeffizienz der schlechtesten Gebäude (43 Prozent) bis 2030 um 55 Prozent verbessert wird. Das laufe angesichts der großen Unterschiede zwischen den EU-Staaten darauf hinaus, dass in den Staaten mit einem vergleichsweise energieeffizienten Immobilienpark deutlich mehr Mittel aufgewendet werden müssten, um den gleichen Effekt für den Klimaschutz zu erzielen, als in Ländern mit weniger effizienten Gebäuden.
 
 
Europaweiter Vergleich der Energieeffizienz nicht möglich 

Umgekehrt könnte mit dem gleichen Mitteleinsatz mehr für den Klimaschutz erreicht werden, wenn die Mittel zuerst zur Sanierung der europaweit schlechtesten Gebäude eingesetzt würden. Die deutsche Bauindustrie sei bereit und in der Lage, Sanierungsprojekte auch in anderen EU-Staaten durchzuführen.

Ein europaweiter Vergleich der Energieeffizienz von Gebäuden sei gegenwärtig allerdings nicht möglich, weil dafür keine Daten vorlägen. Um einen europaweiten Energiestandard zu etablieren, müssten die Daten auch europaweit erhoben werden. Ohne einheitliche Standards sei es auch nicht möglich, im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Sanierung oder ein Neubau klimaverträglicher wäre.

Tesche verlangte außerdem, dass bei der Ausschreibung von Bauaufträgen nicht alleine nach dem Preis entschieden werden dürfe. Der ökologische Fußabdruck, insbesondere die im Rahmen der Bauarbeiten entstehenden CO2-Emissionen, müssten ebenfalls berücksichtigt werden. Dadurch werde mancher Neubau entbehrlich, weil die Sanierung des bestehenden Gebäudes vorteilhafter wäre. Die öffentlichen Gebäude seien, nicht zuletzt in Deutschland, teilweise in einem „katastrophalen Zustand“. Staatliche Einrichtungen und Gebietskörperschaften würden ihrer Verantwortung für den Klimaschutz im Umgang mit ihren Immobilien vielfach nicht gerecht. Private Bauherren trügen den Erfordernissen des Klimaschutzes dagegen zunehmend Rechnung.

Die Bauindustrie begrüßt, dass es voraussichtlich keine individuelle Sanierungspflicht für die Eigentümer von Gebäuden und Einfamilienhäusern geben wird. Stattdessen sollen Zielquoten für die Sanierung ganzer Quartiere festgelegt werden. Dadurch könne die Sanierung im Rahmen größerer Baustellen mit erheblichen Skaleneffekten erfolgen. Das sei wesentlich kostengünstiger als die Sanierung von Einfamilienhäusern.

Ungeklärt sei bislang, wie die Mitgliedsstaaten für die Einhaltung der Zielquoten sorgen werden. Dafür müsse man sich in den Verhandlungen über die Gebäuderichtlinie auch auf Kontrollen und Sanktionen verständigen.

Donnerstag, 16.11.2023, 09:14 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.