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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Industrie gegen den Emissionshandel
Quelle: MVV
E&M Vor 20 Jahren

Industrie gegen den Emissionshandel

Bereits vor 20 Jahren wurde intensiv über die Einführung des EU-Emissionshandels diskutiert. Von weiten Teilen der Industrie wurde er damals vehement abgelehnt.
Im Jahr 2005 führte die EU den Handel mit Emissionsberechtigungen ein. Seither ist er das zentrale Klimaschutzinstrument der Gemeinschaft. Der marktwirtschaftliche Ansatz des Emissionshandels hat mittlerweile viele seiner Kritiker von damals überzeugt. Allerdings hat seither immer wieder die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für Kritik und Unverständnis gesorgt. Denn die Wirksamkeit des Instruments hängt maßgeblich von der regulierten Menge der Zertifikate ab, die dem Markt zur Verfügung stehen.

Allerdings hatte schon im Dezember 2001 Franzjosef Schafhausen, Ministerialrat im Bundesumweltministerium bei einem Sachverständigengespräch der Arbeitsgemeinschaft Umweltfragen erklärt, es sei eine Illusion, zu glauben, die Einführung eines europaweiten Emissionshandelssystems noch blockieren zu können. Die EU-Kommission habe bislang zwar „nur“ einen Richtlinienvorschlag gemacht. Politisch sei noch nichts festgelegt. Die Einführung des Emmissionshandels sei jedoch sicher. Deshalb appellierte er an die Teilnehmer, die Chance wahr zu nehmen und sich „nicht wegzuducken“ sondern konstruktiv die Ausgestaltung eines europäischen Emissionshandelssystems zu begleiten.

Beim Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), wie auch andernorts in der deutschen Industrie, wollte man damals dem Appell allerdings nicht so richtig Gehör schenken und favorisierte weiter die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie, die erstmals 1995 zur Reduktion der CO2-Emissionen abgegeben wurde. Darin verpflichteten sich 15 Wirtschaftsverbände zur Reduktion der CO2-Emissionen im Zeitraum von 1987 bis 2005 um bis zu 20 %.

Der stellvertretende E&M-Chefredakteur Jan Mühlstein berichtete 2002 über die Diskussionen und die Haltung des VIK.

Es sei nicht einzusehen, warum ein so erfolgreiches Instrument wie die freiwillige Selbstverpflichtung durch einen standortschädlichen, teueren und in seiner Umweltbilanz zweifelhaften Emissionshandel nach der Art der EU-Kommission ersetzt werden soll, poltert der VIK in seiner Pressemeldung. Eine Begrenzung der CO2-Emissionen auf Unternehmensebene würde wie eine Wachstumsbremse wirken, so der Industrieverband, der auch eine Entwertung von „herausragenden deutschen Vorleistungen“ befürchtet.

Der vorgesehene Emissionshandel zwinge nach Ansicht des VIK dazu, bei Investitionen in Deutschland die kostspieligen Emissionszertifikate zu berücksichtigen, was EU-Staaten mit geringerem Emissionsminderungsdruck und damit billigeren Zertifikaten zum attraktiveren Investitionsstandort machen würde. Noch attraktiver für Investoren würden EU-Nachbarstaaten ohne jegliche Minderungsvorgaben werden. Besonders bei energieintensiven Produktionen wäre mit Verlagerung von Anlagen und Arbeitsplätzen zu rechnen. Das von der EU-Kommission vorgeschlagene System schade dem Standort Deutschland, ohne die Umwelt zu entlasten; lediglich eine Verschiebung der Umweltbelastungen zwischen den verschiedenen Staaten wäre die Folge, resümiert der VIK.

Verhältnis zu anderen Klimaschutzinstrumenten ist zu klären

Mit ähnlichen Argumenten haben sich unter anderen bereits der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und die nordrhein-westfälische Landesregierung als Sachwalterin der Kohle-Interessen gegen die EU-Pläne ausgesprochen. Weit differenziertere Stellungnahmen sind allerdings aus der von Franzjosef Schafhausen, Ministerialrat im Bundesumweltministerium, geleiteten Arbeitsgruppe „Emissionshandel zur Bekämpfung des Treibhauseffekts“ zu hören, in der auch Experten aus der Industrie mitarbeiten. Dort wird darauf hingewiesen, dass laut dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission die CO2-Minderungsziele und die Verteilungsmechanismen der Zertifikate national festgelegt werden sollen. Daher sei nicht zu erwarten, dass durch den Emissionshandel der deutschen Industrie über die Selbstverpflichtung hinausgehende Anstrengungen abverlangt werden. Einige der an der Diskussion beteiligten Fachleute erwarten von einem Zertifikatehandel sogar finanzielle Entlastungen, weil dann die CO2-Minderung – national und international – dort geschehe, wo sie am kostengünstigsten realisiert werde. Dabei beruft man sich auch auf die positiven Erfahrungen des BP-Konzerns mit seinem „innerbetrieblichen“ CO2-Handelssystem. Hingewiesen wird auch darauf, dass die deutsche Industrie ihre Chancen im internationalen Emissionshandel erst dann nutzen könne, wenn ein nationales System von CO2-Zertifikaten etabliert sei.

Als klärungsbedürftig gilt allerdings das Verhältnis des Emissionshandels zu anderen bereits bestehenden oder geplanten Klimaschutzinstrumenten, vor allem zur freiwilligen Selbstverpflichtung und der Ökosteuer. Aber auch hierfür könnten kreative Lösungen gefunden werden, betonen die Experten. Die vor einigen Monaten erfolgte Zustimmung zur britischen CO2-Börse zeige, dass Brüssel bereit sei, zumindest übergangsweise auch alternative Modelle zu akzeptieren, auch wenn sie vom Richtlinienentwurf abweichen. Bei der Vorlage eines Zwischenberichts seiner Arbeitsgruppe appellierte Schafhausen jedenfalls an die Beteiligten, die Chance wahrzunehmen und sich „nicht wegzuducken“, sondern konstruktiv die Ausgestaltung eines europäischen Emissionshandelssystems zu begleiten.

Freitag, 26.08.2022, 15:55 Uhr
Jan Mühlstein und Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Industrie gegen den Emissionshandel
Quelle: MVV
E&M Vor 20 Jahren
Industrie gegen den Emissionshandel
Bereits vor 20 Jahren wurde intensiv über die Einführung des EU-Emissionshandels diskutiert. Von weiten Teilen der Industrie wurde er damals vehement abgelehnt.
Im Jahr 2005 führte die EU den Handel mit Emissionsberechtigungen ein. Seither ist er das zentrale Klimaschutzinstrument der Gemeinschaft. Der marktwirtschaftliche Ansatz des Emissionshandels hat mittlerweile viele seiner Kritiker von damals überzeugt. Allerdings hat seither immer wieder die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für Kritik und Unverständnis gesorgt. Denn die Wirksamkeit des Instruments hängt maßgeblich von der regulierten Menge der Zertifikate ab, die dem Markt zur Verfügung stehen.

Allerdings hatte schon im Dezember 2001 Franzjosef Schafhausen, Ministerialrat im Bundesumweltministerium bei einem Sachverständigengespräch der Arbeitsgemeinschaft Umweltfragen erklärt, es sei eine Illusion, zu glauben, die Einführung eines europaweiten Emissionshandelssystems noch blockieren zu können. Die EU-Kommission habe bislang zwar „nur“ einen Richtlinienvorschlag gemacht. Politisch sei noch nichts festgelegt. Die Einführung des Emmissionshandels sei jedoch sicher. Deshalb appellierte er an die Teilnehmer, die Chance wahr zu nehmen und sich „nicht wegzuducken“ sondern konstruktiv die Ausgestaltung eines europäischen Emissionshandelssystems zu begleiten.

Beim Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), wie auch andernorts in der deutschen Industrie, wollte man damals dem Appell allerdings nicht so richtig Gehör schenken und favorisierte weiter die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie, die erstmals 1995 zur Reduktion der CO2-Emissionen abgegeben wurde. Darin verpflichteten sich 15 Wirtschaftsverbände zur Reduktion der CO2-Emissionen im Zeitraum von 1987 bis 2005 um bis zu 20 %.

Der stellvertretende E&M-Chefredakteur Jan Mühlstein berichtete 2002 über die Diskussionen und die Haltung des VIK.

Es sei nicht einzusehen, warum ein so erfolgreiches Instrument wie die freiwillige Selbstverpflichtung durch einen standortschädlichen, teueren und in seiner Umweltbilanz zweifelhaften Emissionshandel nach der Art der EU-Kommission ersetzt werden soll, poltert der VIK in seiner Pressemeldung. Eine Begrenzung der CO2-Emissionen auf Unternehmensebene würde wie eine Wachstumsbremse wirken, so der Industrieverband, der auch eine Entwertung von „herausragenden deutschen Vorleistungen“ befürchtet.

Der vorgesehene Emissionshandel zwinge nach Ansicht des VIK dazu, bei Investitionen in Deutschland die kostspieligen Emissionszertifikate zu berücksichtigen, was EU-Staaten mit geringerem Emissionsminderungsdruck und damit billigeren Zertifikaten zum attraktiveren Investitionsstandort machen würde. Noch attraktiver für Investoren würden EU-Nachbarstaaten ohne jegliche Minderungsvorgaben werden. Besonders bei energieintensiven Produktionen wäre mit Verlagerung von Anlagen und Arbeitsplätzen zu rechnen. Das von der EU-Kommission vorgeschlagene System schade dem Standort Deutschland, ohne die Umwelt zu entlasten; lediglich eine Verschiebung der Umweltbelastungen zwischen den verschiedenen Staaten wäre die Folge, resümiert der VIK.

Verhältnis zu anderen Klimaschutzinstrumenten ist zu klären

Mit ähnlichen Argumenten haben sich unter anderen bereits der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und die nordrhein-westfälische Landesregierung als Sachwalterin der Kohle-Interessen gegen die EU-Pläne ausgesprochen. Weit differenziertere Stellungnahmen sind allerdings aus der von Franzjosef Schafhausen, Ministerialrat im Bundesumweltministerium, geleiteten Arbeitsgruppe „Emissionshandel zur Bekämpfung des Treibhauseffekts“ zu hören, in der auch Experten aus der Industrie mitarbeiten. Dort wird darauf hingewiesen, dass laut dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission die CO2-Minderungsziele und die Verteilungsmechanismen der Zertifikate national festgelegt werden sollen. Daher sei nicht zu erwarten, dass durch den Emissionshandel der deutschen Industrie über die Selbstverpflichtung hinausgehende Anstrengungen abverlangt werden. Einige der an der Diskussion beteiligten Fachleute erwarten von einem Zertifikatehandel sogar finanzielle Entlastungen, weil dann die CO2-Minderung – national und international – dort geschehe, wo sie am kostengünstigsten realisiert werde. Dabei beruft man sich auch auf die positiven Erfahrungen des BP-Konzerns mit seinem „innerbetrieblichen“ CO2-Handelssystem. Hingewiesen wird auch darauf, dass die deutsche Industrie ihre Chancen im internationalen Emissionshandel erst dann nutzen könne, wenn ein nationales System von CO2-Zertifikaten etabliert sei.

Als klärungsbedürftig gilt allerdings das Verhältnis des Emissionshandels zu anderen bereits bestehenden oder geplanten Klimaschutzinstrumenten, vor allem zur freiwilligen Selbstverpflichtung und der Ökosteuer. Aber auch hierfür könnten kreative Lösungen gefunden werden, betonen die Experten. Die vor einigen Monaten erfolgte Zustimmung zur britischen CO2-Börse zeige, dass Brüssel bereit sei, zumindest übergangsweise auch alternative Modelle zu akzeptieren, auch wenn sie vom Richtlinienentwurf abweichen. Bei der Vorlage eines Zwischenberichts seiner Arbeitsgruppe appellierte Schafhausen jedenfalls an die Beteiligten, die Chance wahrzunehmen und sich „nicht wegzuducken“, sondern konstruktiv die Ausgestaltung eines europäischen Emissionshandelssystems zu begleiten.

Freitag, 26.08.2022, 15:55 Uhr
Jan Mühlstein und Fritz Wilhelm

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