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Energie & Management > F&E - Industrie-Flexibilitäten näher an den Strommarkt bringen
Quelle: Shutterstock
F&E

Industrie-Flexibilitäten näher an den Strommarkt bringen

Die Industrie soll Schwankungen der grünen Stromerzeugung ausgleichen und ihre Produktion damit synchronisieren - an einer solchen Plattform arbeitet Fraunhofer.
In 23 Jahren soll der Strom in Deutschland vollständig aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Doch die zunehmende Nutzung von grünem Strom führt aufgrund der Wetterabhängigkeit zu einem immer volatileren Stromangebot. Wie sich das Gleichgewicht mit der Nachfrage wiederherstellen lässt, das steht im Mittelpunkt des Projektes "SynErgie". Zusammen mit 19 Partnern aus Industrie und Forschung entwickelt darin das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hierzu eine Energiesynchronisationsplattform. 

Laut den Partnern lassen sich energieintensive Industrieprozesse flexibel gestalten. Mit der IT-Plattform soll sich der Energiebedarf der einzelnen Industrieunternehmen effektiv mit dem volatilen Energieangebot synchronisieren lassen, heißt es seitens Fraunhofers. Die Partner beabsichtigen, den kompletten Prozess des Energie-Flexibilitätenhandels von der Maschine bis an die Märkte mithilfe der Plattform und ihrer Services zu automatisieren und zu standardisieren.

Zum Funktionsprinzip: Digitale Services, die auf der Plattform laufen, greifen auf die Daten von IT-System oder Anlagen der Unternehmen zu. Sie bestimmen den bedarfsgerechten Einsatz verschiedener möglicher Flexibilitätsmaßnahmen.

Bis Ende dieses Jahres wollen die Partner eine Referenzarchitektur hierzu abgebildet haben. Mithilfe von Demonstratoren vor allem in der Modellregion Augsburg soll diese anschließend im Testbetrieb erprobt werden. Das Fraunhofer IPA koordiniert das Vorhaben gemeinsam mit dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) an der Universität Stuttgart.

Plattform sowohl für Unternehmen als auch für Aggregatoren

Ozan Yesilyurt, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA, erläutert: "Wir entwickeln im Projekt Produktions- und Querschnittstechnologien, die wir flexibilisieren, sowie den notwendigen IT-Backbone, um die Anlagen energieflexibel zu steuern und die Flexibilität am Energiemarkt nutzbringend einzusetzen." 

Als Basis soll die am Fraunhofer IPA entwickelte Cloud-Plattform "Virtual Fort Knox" zum Einsatz kommen. Die künftige Plattform soll eine Markt- und eine Unternehmensplattform enthalten:
  • Letztere soll die einzelnen Energieflexibilitäten eines Unternehmens erfassen, verwalten und aggregieren. Sie informiert das Unternehmen, wie es seine Flexibilität am Markt nutzen kann, um günstig Energie einzukaufen oder zu verkaufen, wenn es sie bereits erworben hat.
  • Die Marktplattform wiederum fungiert als Servicevermittler. Sie sorgt dafür, dass Unternehmen auf der Suche nach Flexibilität mit dem Angebot zusammenkommen. Aggregatoren können sich etwa auf der Marktplattform registrieren und ihr Interesse anzeigen, Flexibilitäten einzukaufen oder zu verkaufen. Die Marktplattform vermittelt dann die Unternehmensflexibilitäten an die Flexibilitätsvermarkter. Und diese wiederum verkaufen die Flexibilitäten an der Energiebörse.
Autonome Roboter als Energieversorger

Wie die Forschenden betonen, sollen die digitalen Services eine besondere Rolle einnehmen. Sie sollen den bedarfsgerechten Einsatz der Energie regeln und helfen, den Stromverbrauch in der Produktion zu senken. Ein Beispiel für dieses Dienste ist etwa der "Batterieeinsatzoptimierungsservice", der laut Fraunhofer bereits im Testbetrieb läuft. Mit seiner Hilfe sollen Industriebetriebe Verbrauchs-Lastspitzen umgehen: "Produktionsunternehmen haben einen hohen Stromverbrauch, vor allem wenn alle Maschinen gleichzeitig im Einsatz sind, steigt der Stromverbrauch sprunghaft an. Diese Lastspitzen können für einen Betrieb teuer werden, denn die Stromanbieter verwenden genau diese Spitzenwerte, um den Leistungspreis zu berechnen", führt Ozan Yesilyurt an.

Als Stromspeicher haben die Forschenden sogenannte "fahrerlose Transportfahrzeuge" (FTF) im Blick. Sie sind mit leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet und können Verbrauchsspitzen glätten (peak-shaving). "Dafür muss man die autonomen Roboter nur bei steigendem Strombedarf zu den Ladestationen rufen und überschüssige Ladung ins unternehmenseigene Netz einspeisen. Hierfür ermitteln wir die Verfügbarkeit der FTF und gleichen sie mit den Peaks ab. Die Anlage kann weiterarbeiten", erklärt Ozan Yesilyurt. So müssen die Betriebe den Strom nicht mehr vom Anbieter beziehen, die Batterie der autonomen Roboter wird zum Energielieferanten.

"Bislang gibt es dieses Konzept nur für E-Autos, aber nicht für FTF. Wir leisten hier quasi Pionierarbeit. Einen vergleichbaren Software-Dienst für die Produktion gibt es bislang noch nicht", so der Wissenschaftler. Der digitale Service funktioniere bereits: Unternehmen erhalten zuverlässige Prognosen, wie viel Geld sie sparen können.

Einziges Manko: Derzeit fehlt noch die komplette Hardware inklusive der Ladestationen.

Donnerstag, 2.06.2022, 11:41 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > F&E - Industrie-Flexibilitäten näher an den Strommarkt bringen
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Industrie-Flexibilitäten näher an den Strommarkt bringen
Die Industrie soll Schwankungen der grünen Stromerzeugung ausgleichen und ihre Produktion damit synchronisieren - an einer solchen Plattform arbeitet Fraunhofer.
In 23 Jahren soll der Strom in Deutschland vollständig aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Doch die zunehmende Nutzung von grünem Strom führt aufgrund der Wetterabhängigkeit zu einem immer volatileren Stromangebot. Wie sich das Gleichgewicht mit der Nachfrage wiederherstellen lässt, das steht im Mittelpunkt des Projektes "SynErgie". Zusammen mit 19 Partnern aus Industrie und Forschung entwickelt darin das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hierzu eine Energiesynchronisationsplattform. 

Laut den Partnern lassen sich energieintensive Industrieprozesse flexibel gestalten. Mit der IT-Plattform soll sich der Energiebedarf der einzelnen Industrieunternehmen effektiv mit dem volatilen Energieangebot synchronisieren lassen, heißt es seitens Fraunhofers. Die Partner beabsichtigen, den kompletten Prozess des Energie-Flexibilitätenhandels von der Maschine bis an die Märkte mithilfe der Plattform und ihrer Services zu automatisieren und zu standardisieren.

Zum Funktionsprinzip: Digitale Services, die auf der Plattform laufen, greifen auf die Daten von IT-System oder Anlagen der Unternehmen zu. Sie bestimmen den bedarfsgerechten Einsatz verschiedener möglicher Flexibilitätsmaßnahmen.

Bis Ende dieses Jahres wollen die Partner eine Referenzarchitektur hierzu abgebildet haben. Mithilfe von Demonstratoren vor allem in der Modellregion Augsburg soll diese anschließend im Testbetrieb erprobt werden. Das Fraunhofer IPA koordiniert das Vorhaben gemeinsam mit dem Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) an der Universität Stuttgart.

Plattform sowohl für Unternehmen als auch für Aggregatoren

Ozan Yesilyurt, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA, erläutert: "Wir entwickeln im Projekt Produktions- und Querschnittstechnologien, die wir flexibilisieren, sowie den notwendigen IT-Backbone, um die Anlagen energieflexibel zu steuern und die Flexibilität am Energiemarkt nutzbringend einzusetzen." 

Als Basis soll die am Fraunhofer IPA entwickelte Cloud-Plattform "Virtual Fort Knox" zum Einsatz kommen. Die künftige Plattform soll eine Markt- und eine Unternehmensplattform enthalten:
  • Letztere soll die einzelnen Energieflexibilitäten eines Unternehmens erfassen, verwalten und aggregieren. Sie informiert das Unternehmen, wie es seine Flexibilität am Markt nutzen kann, um günstig Energie einzukaufen oder zu verkaufen, wenn es sie bereits erworben hat.
  • Die Marktplattform wiederum fungiert als Servicevermittler. Sie sorgt dafür, dass Unternehmen auf der Suche nach Flexibilität mit dem Angebot zusammenkommen. Aggregatoren können sich etwa auf der Marktplattform registrieren und ihr Interesse anzeigen, Flexibilitäten einzukaufen oder zu verkaufen. Die Marktplattform vermittelt dann die Unternehmensflexibilitäten an die Flexibilitätsvermarkter. Und diese wiederum verkaufen die Flexibilitäten an der Energiebörse.
Autonome Roboter als Energieversorger

Wie die Forschenden betonen, sollen die digitalen Services eine besondere Rolle einnehmen. Sie sollen den bedarfsgerechten Einsatz der Energie regeln und helfen, den Stromverbrauch in der Produktion zu senken. Ein Beispiel für dieses Dienste ist etwa der "Batterieeinsatzoptimierungsservice", der laut Fraunhofer bereits im Testbetrieb läuft. Mit seiner Hilfe sollen Industriebetriebe Verbrauchs-Lastspitzen umgehen: "Produktionsunternehmen haben einen hohen Stromverbrauch, vor allem wenn alle Maschinen gleichzeitig im Einsatz sind, steigt der Stromverbrauch sprunghaft an. Diese Lastspitzen können für einen Betrieb teuer werden, denn die Stromanbieter verwenden genau diese Spitzenwerte, um den Leistungspreis zu berechnen", führt Ozan Yesilyurt an.

Als Stromspeicher haben die Forschenden sogenannte "fahrerlose Transportfahrzeuge" (FTF) im Blick. Sie sind mit leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet und können Verbrauchsspitzen glätten (peak-shaving). "Dafür muss man die autonomen Roboter nur bei steigendem Strombedarf zu den Ladestationen rufen und überschüssige Ladung ins unternehmenseigene Netz einspeisen. Hierfür ermitteln wir die Verfügbarkeit der FTF und gleichen sie mit den Peaks ab. Die Anlage kann weiterarbeiten", erklärt Ozan Yesilyurt. So müssen die Betriebe den Strom nicht mehr vom Anbieter beziehen, die Batterie der autonomen Roboter wird zum Energielieferanten.

"Bislang gibt es dieses Konzept nur für E-Autos, aber nicht für FTF. Wir leisten hier quasi Pionierarbeit. Einen vergleichbaren Software-Dienst für die Produktion gibt es bislang noch nicht", so der Wissenschaftler. Der digitale Service funktioniere bereits: Unternehmen erhalten zuverlässige Prognosen, wie viel Geld sie sparen können.

Einziges Manko: Derzeit fehlt noch die komplette Hardware inklusive der Ladestationen.

Donnerstag, 2.06.2022, 11:41 Uhr
Davina Spohn

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